Wie clevere Unternehmer Steuern sparen

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Datum: 17.07.2015
Wie clevere Unternehmer Steuern sparen
Von Bernhard Kislig.
Aktualisiert vor 15 Minuten
Wenn Unternehmen höhere Gewinne erwirtschaften wollen, müssen sie ihre Steuern senken. Das verleitet
manche zu umstrittenen Winkelzügen. Die folgenden Methoden zeigen, wie sie ihre Steuern legal optimieren
und wo es heikel wird.
Der Berner Bauriese Marti Holding verbuchte auch die private Steuerberatung des Patrons und seines Sohns
als Geschäftsaufwand. Dabei ging es um 50'000 Franken. Ein Whistleblower meldete das den
Steuerbehörden, wie diese Zeitung kürzlich berichtete. Wie die Steuerbehörden in diesem Fall entschieden
haben, ist nicht bekannt.
In der Praxis gibt es vergleichbare Fälle. So zum Beispiel wenn der Gärtner seine Arbeiten bei der
Privatliegenschaft auch gleich dem Geschäft verrechnet. Manchmal ist es schwierig, zwischen
Geschäftsaufwand und Privatbezügen eine Grenze zu ziehen. Donatus Hürzeler stellt fest, dass die
Steuerverwaltungen der meisten Kantone in solchen Fragen heute härter durchgreifen als noch vor wenigen
Jahren. Hürzeler war früher Steuerverwalter des Kantons Bern, ist heute Leiter Steuern und Recht Mittelland
bei der Wirtschaftsprüfungs- und Treuhandgesellschaft BDO Visura.
Vorsicht bei alten Darlehen
Als Beispiel einer Verschärfung nennt Hürzeler auch Darlehen. Es kommt vor, dass ein Unternehmer so Geld
in die eigene Firma einbringt oder dass ein Investor sich auf diesem Weg an der Finanzierung beteiligt. Für
solche Darlehen sieht die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) einen Höchstzinssatz von 2,5 Prozent bei
Holding- und Vermögensverwaltungsgesellschaften vor. Bei Handels- und Fabrikationsunternehmen liegt er
bei 3 Prozent. Bei Darlehen aus früheren Jahren kann aber durchaus ein Zinssatz von 4 Prozent oder mehr
vereinbart worden sein.
Doch alles, was über den ESTV-Vorgaben liegt, taxieren die Steuerbehörden nun als verdeckte
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Gewinnausschüttung. Diese ist nachträglich als Gewinn zu versteuern, zudem wird darauf ein Verzugszins
von 5 Prozent und eine Verrechnungssteuer von 35 Prozent fällig. Unternehmer und Investoren müssten
aufpassen, warnt Hürzeler, da sie sich nicht mehr auf die gewohnte Praxis verlassen könnten.
Lukrative Transferzahlungen
Gewiss müssen Unternehmer Stolpersteine beachten. Doch im Gegensatz zu Privatpersonen haben sie auch
mehr Möglichkeiten, Steuern zu optimieren. Dabei können Unternehmen innerhalb der Schweiz auch eine
Methode anwenden, die bei internationalen Konzernen gang und gäbe ist: Sie verlagern Gewinne in Kantone
mit niedriger Steuerbelastung. Martin Röthlisberger, Steuerexperte bei der T+R AG, nennt als Beispiel eine
Holding, bei der die Muttergesellschaft im Kanton Bern weder Staats- noch Gemeindesteuern zahlt.
Die Tochterfirma in Genf müsste jedoch ihren beträchtlichen Reingewinn zu einem hohen Satz versteuern.
Die Muttergesellschaft stellt nun ihrer Tochter Rechnung für operative und strategische Unterstützung. Der
höhere Aufwand senkt die Gewinnsteuern in Genf. Der höhere Ertrag im Kanton Bern löst hingegen keine
zusätzlichen Steuern aus.
Anstelle von solchen «management fees» sind auch andere interne Transferleistungen möglich wie zum
Beispiel Lizenzgebühren. Für die Preise bei der internen Verrechnung gibt es einen gewissen
Ermessensspielraum, den Unternehmen nutzen können. Sie haben also die Möglichkeit, höhere Kosten in
Rechnung zu stellen, um die Steuern im gewünschten Umfang zu optimieren. Mit der anstehenden
Unternehmenssteuerreform III wird zwar das Holdingprivileg abgeschafft.
Röthlisberger geht aber davon aus, dass Unternehmen das «kantonale Steuersatzgefälle» danach noch
häufiger ausnutzen werden, weil die Unternehmenssteuerreform III in vielen Fällen keinen adäquaten Ersatz
für den Verlust des Holdingstatus liefere.
Und dank dem Beteiligungsabzug kann die Holding im erwähnten Beispiel auch bei den direkten
Bundessteuern sparen. So sind bei der Muttergesellschaft Dividendenerträge der Tochtergesellschaften von
der Gewinnsteuer befreit. Für eine Optimierung des Beteiligungsabzuges sei eine gute Planung nötig, sagt
Simone Fluri, Steuerexpertin bei BDO AG.
Gewinn kurzfristig senken
Viele unternehmerische Steueroptimierungen folgen dem Leitsatz: Spare in der Zeit, so hast du in der Not.
Dabei geht es um einen sogenannten Aufschub: Steuern werden dabei in der Regel auf einen späteren
Zeitpunkt vertagt. Eine Möglichkeit, den Gewinn und somit die Steuerlast auf diese Weise kurzfristig zu
senken, sieht Hans Jürg Steiner, Partner Steuern und Standortleiter von KPMG in Bern, bei Zahlungen in die
Arbeitgeberbeitrag-Reserve der Pensionskasse. Ein Unternehmen kann bis zum Fünffachen der üblichen
Arbeitgeberbeiträge einzahlen.
Im Kanton Bern muss dies im Regelfall bis spätestens sieben Monate nach dem Bilanzstichtag erfolgen, im
Kanton Zürich gemäss einer ungeschriebenen Praxis bis spätestens sechs Monate nach dem Bilanzstichtag,
damit es in dieser Periode noch angerechnet werden kann. Der Nachteil dieser Lösung ist: Ein Unternehmen
muss über genügend flüssige Mittel verfügen.
Patentrezept Abschreibungen
Doch auch mit weniger Liquidität können Unternehmer in einigen Kantonen die Gewinnsteuern kurzfristig
senken. So zum Beispiel im Kanton Bern mit Sofortabschreibungen auf mobilen Sachanlagen. Das sind unter
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anderem Autos oder Inneneinrichtungen, nicht aber Immobilien. Kauft eine Firma 100 neue Bürotische, so
kann sie deren Wert sofort abschreiben.
Die Abschreibung ist ein buchhalterischer Aufwand, der vom Ertrag voll abgezogen werden kann. Das
schmälert den steuerbaren Gewinn. Das ist aber nur zulässig, wenn der steuerbare Reingewinn gegenüber
dem Durchschnitt der vergangenen drei Jahre nicht um mehr als 25 Prozent sinkt. Es darf auch kein Verlust
entstehen.
Spielraum beim Vermögen
Bei Unternehmern fallen nicht nur die Gewinnsteuern ins Gewicht, sondern rasch einmal auch
Vermögenssteuern. Bei nicht an der Börse kotierten Aktiengesellschaften oder GmbH kann der Steuerwert in
guten Jahren stark steigen. Hier kann es sich lohnen, die Wegleitung zu studieren, wie Lukas Scheidegger
sagt. Er ist Partner und Steuerexperte bei PWC Bern. Denn es gibt verschiedene Methoden dazu, den
Steuerwert von Aktien zu bestimmen.
Und je nach Vorgehensweise kann das Ergebnis beträchtlich variieren. Wenn ein Unternehmen Aktien an
einen potenziellen Nachfolger verkauft, lässt sich beispielsweise der Verkaufspreis als Referenzgrösse
einsetzen. Und dieser kann deutlich tiefer sein, als der von der Steuerverwaltung ermittelte Wert.
Gefährliche Grenzen
Oft gibt es einen erheblichen Ermessensspielraum, den Unternehmer bei ihrer Steueroptimierung ausnutzen
können. Gefährlich wird es, wenn dieser Spielraum überstrapaziert wird. Ein unter Steuerexperten
vielbeachtetes Beispiel ist der «Appenzeller Fall», der auch «Ferrari-Fall» genannt wird und in den 90erJahren für Aufsehen sorgte. Ein Appenzeller Unternehmer bediente sich damals nach Belieben aus seiner
Aktiengesellschaft und ging deutlich weiter als die Marti Holding im eingangs erwähnten Beispiel. Es gab
massiv überhöhte Spesenentschädigungen, Luxussportwagen, eine Karibikreise, Ausbildung für die Söhne
und etliche Geschenke.
Da der Inhaber die bezogenen Leistungen privat nicht voll deklarierte, wurde er schliesslich wegen versuchter
Steuerhinterziehung verurteilt. Der Firmenbesitzer musste die Privatbezüge nachträglich versteuern. Weil die
Richter die Bezüge als verdeckte und nicht deklarierte Gewinnausschüttung einstuften, musste der
Hauptaktionär auch noch 35 Prozent Verrechnungssteuer entrichten, die er nicht zurückfordern konnte. Und
da die Bezüge als Geschäftsaufwand verbucht wurden, verurteilte das Bundesgericht schliesslich Inhaber und
Revisor am Ende sogar noch wegen mehrfacher Urkundenfälschung zu einer bedingten Gefängnisstrafe.
Urkundenfälschung – das sind auch bewusst irreführende Buchungen – gilt als Steuerbetrug und kann mit
Gefängnis geahndet werden. Was hingegen in der Steuererklärung vergessen geht oder falsch deklariert wird,
ohne dass Urkunden im Spiel sind, gilt als Hinterziehung und wird mit Bussen bestraft.
Dem Betrugsrisiko vorbeugen
In weniger spektakulären Fällen gibt es in der Praxis immer wieder Abgrenzungsprobleme zwischen
Geschäftsaufwand und Privatbezügen. Röthlisberger von T+R rät in solchen Fällen, vorsorglich einen
gewissen Anteil als Privatbezug zu deklarieren. Sollten die Steuerbehörden intervenieren, geht es so nur
noch um eine Frage des Ermessens und nicht um ein Steuervergehen. (Berner Zeitung)
Erstellt: 16.07.2015, 21:26 Uhr
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