Grundlegender Umbau der Nutztierhaltung zu mehr Tierschutz

Grundlegender Umbau der Nutztierhaltung zu mehr Tierschutz notwendig und
machbar
Am 15.6.2016 gab es auf Haus Düsse eine von den Grünen initiierte Fachtagung zu dem Thema
„Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung“. Dort wurden unter anderem die
Inhalte des gleichnamigen Gutachtens des Wissenschaftlichen Beirates für Agrarpolitik (WBA)
vorgestellt und in diskutiert.
Anne-Monika Spallek vom Vorstand der Grünen des Kreises Coesfeld war auch vor Ort und war
beeindruckt von den doch so sachlichen Aussagen des Leiters des WBA Prof. Dr. Harald Grethe,
mit denen er ihr doch mitten aus der Seele sprach.
Kurz und knapp formulierte er, die heutige Nutztierhaltung basiere nur auf dem Prinzip von
Effizienz und Gewinnmaximierung und das führte zu Defiziten im Tier- und Umweltschutz, die
von der Gesellschaft so nicht mehr akzeptiert werden und ohne gesellschaftliche Akzeptanz
geht es nicht. Ein Umbau der Nutztierhaltung sei daher dringend notwendig, aber auch
machbar und bezahlbar. Es ginge dabei nicht um Einzelmaßnahmen – wie hier ein bisschen
mehr Stroh, dort ein wenig mehr Spielmaterial … es ginge um einen Gesamtumbau, der einer
gesellschaftlichen Akzeptanz stand hält.
Rund 200 Landwirte verfolgten mit ihr die Veranstaltung und waren deutlich weniger
beeindruckt von den so klaren Worten. So wurde dem Professor vom Vertreter des Westf.-Lipp.
Landwirtschaftsverbandes (WLV) vorgeworfen, er mache mit seinem Gutachten doch nur "die
Drecksarbeit für die Grünen"! Ähnlich unsachliche Argumente kamen immer wieder von Seiten
der Landwirtschaft. Aber auch die FDP öffnete sich in diesem Thema nicht, ihr genüge wohl der
derzeitige Grad an Tierschutz in der Nutztierhaltung.
Anne-Monika Spallek war schon überrascht über die teils hohe Ignoranz der Bauernverbände
und auch der FDP gegenüber den doch so detailliert und wissenschaftlich begründeten
Aussagen des Beirates der Bundesregierung.
Der Professor machte aber auch deutlich, dass er eben nicht von einer kompletten Wende,
sondern von einem sukzessiven Umbau der Nutztierhaltung sprechen wolle und dieser sei in 20
– 30 Jahren auch zu erreichen. Aber die Anwendung alleine von Ordnungsrecht würde nur dazu
führen, dass die Betriebe ins Ausland wandern. Er sieht den Dialog zwischen allen Beteiligten
und auch dem normalen Bürger als zentrales Instrument für den Umbau. „Ohne
gesellschaftliche Akzeptanz geht es nicht“ mahnte er deutlich „ … und die ist nur im Dialog und
nicht im Monolog zu erreichen“. Den Bürger überzeugen zu wollen, dass die heutige
konventionelle Nutztierhaltung doch auch tiergerecht wäre, wäre nicht zielführend. Das wäre
ein Monolog. Im Dialog muss man den Bürger mit seinen Wünschen ernst nehmen.
Zudem sollte man in der Diskussion die Anforderungen an mehr Tierschutz und mehr
Umweltschutz strikt trennen, um so die Ziele besser erreichen zu können.
Auch sollte das Wort „Massentierhaltung“ nicht so unspezifisch verwendet werden, denn die
Größe des Unternehmens ist unabhängig von dem Grad an Tierschutz, der Anwendung findet.
Man beschränke sich auf Intensivtierhaltung oder industrielle Tierhaltung.
Der Beirat ermittelte für den Umbau einen Finanzierungsbedarf von 3-5 Mrd. Euro. „Das sind
nur 3-5% mehr, die jeder Bürger für Lebensmittel ausgibt“ erläuterte der Professor. Das
Gutachten empfiehlt dazu ein großes staatliches Label, welches stark beworben werden müsse.
Es zeigt auf, dass so zwischen 60% und 70% der Bürger dann auch wirklich mehr Geld für mehr
Tierschutz ausgeben würden. Darüber hinaus müssten die Agrarsubventionen aus Brüssel in
verstärktem Maße dafür zielgerichtet eingesetzt werden und nationale Fördermittel ebenfalls.
Ein Umbau hin zu einer artgerechteren Nutztierhaltung ist also möglich, man muss ihn nur
gemeinsam wollen … und wer weiß, vielleicht hat ja irgendwann sogar jedes Tier mal ein Recht
darauf die Sonne zu sehen, sowie Wind und Regen zu spüren.