2015/10: Der Arbeitsmarkt in Deutschland

Der Arbeitsmarkt in Deutschland – Ältere am Arbeitsmarkt
Statistik/Arbeitsmarktberichterstattung, Oktober 2015
Der Arbeitsmarkt in Deutschland –
Ältere am Arbeitsmarkt
1
Impressum
Titel:
Der Arbeitsmarkt in Deutschland – Ältere am Arbeitsmarkt
Veröffentlichung:
Oktober 2015
Herausgeber:
Bundesagentur für Arbeit
Statistik/Arbeitsmarktberichterstattung
Rückfragen an:
Christian Mackenrodt
Nicole Fleischer
Regensburger Straße 104
90478 Nürnberg
E-Mail:
[email protected]
Telefon:
0911 179-1080
Fax:
0911 179-1383
Internet:
http://statistik.arbeitsagentur.de
Register: "Arbeitsmarktberichte", Menüpunkt: Personengruppen
http://statistik.arbeitsagentur.de/Navigation/Statistik/Arbeitsmarktberichte/Personengruppen/Persone
ngruppen-Nav.html
Zitierhinweis:
Bundesagentur für Arbeit, Statistik/Arbeitsmarktberichterstattung (2015):
Der Arbeitsmarkt in Deutschland – Ältere am Arbeitsmarkt, Nürnberg.
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für Arbeit.
2
Der Arbeitsmarkt in Deutschland – Ältere am Arbeitsmarkt
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze .................................................................................................................................................................. 4
1
Die 55- bis unter 65-Jährigen ................................................................................................................................................. 5
1.1
Personengruppe von besonderem Interesse .................................................................................................................... 5
1.2
Demografische Entwicklung .............................................................................................................................................. 5
2
Rente ..................................................................................................................................................................................... 7
2.1
Rentenbezieher unter den 55- bis unter 65-Jährigen......................................................................................................... 7
2.2
„Rente mit 63“ .................................................................................................................................................................... 7
3
Erwerbsneigung und -beteiligung ........................................................................................................................................... 8
3.1
Erwerbsneigung ................................................................................................................................................................. 8
3.2
Erwerbstätigenquote .......................................................................................................................................................... 9
3.3
Struktur und Entwicklung der Erwerbstätigkeit ................................................................................................................ 10
4
Sozialversicherungspflichtige und geringfügige Beschäftigung ............................................................................................ 11
4.1
Entwicklung der letzten Jahre .......................................................................................................................................... 11
4.2
„Rente mit 63“ .................................................................................................................................................................. 12
4.3
Beschäftigungsquote ....................................................................................................................................................... 12
4.4
Beschäftigungsstrukturen ................................................................................................................................................ 14
4.5
Altersteilzeit ..................................................................................................................................................................... 15
5
Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung .............................................................................................................................. 16
5.1
Entwicklung der Arbeitslosigkeit Älterer ........................................................................................................................... 16
5.2
Die Auswirkungen von Sonderregelungen und der „Rente mit 63“ auf die Arbeitslosigkeit Älterer .................................. 18
5.3
Ältere in Maßnahmen aktiver Arbeitsmarktpolitik ............................................................................................................. 19
5.4
Unterbeschäftigung Älterer .............................................................................................................................................. 21
5.5
Strukturen der Arbeitslosigkeit ......................................................................................................................................... 22
5.6
Zugänge in und Abgänge aus Arbeitslosigkeit ................................................................................................................. 24
5.7
Dauer der Arbeitslosigkeit................................................................................................................................................ 25
Ergänzende Hinweise ................................................................................................................................................................... 27
3
Das Wichtigste in Kürze

Die Bevölkerungsstärke der 55- bis unter 65-Jährigen hat in den vergangenen Jahren zugenommen und wird auch in
den nächsten zehn Jahren weiter wachsen.

Die schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre erhöht seit 2012 die Bedeutung von Personen über
65 Jahre am Arbeitsmarkt.

Die „Rente mit 63“ wirkt sich vor allem auf die Zahl der männlichen Fachkräfte aus.

Ältere nehmen immer häufiger am Erwerbsleben teil: Die Erwerbstätigenquote der Personen zwischen 55 bis unter 65
Jahren ist in den letzten zehn Jahren stärker gestiegen als die der 15- bis unter 65-Jährigen.

In Deutschland ist die Erwerbstätigenquote von 55- bis unter 65-Jährigen, verglichen mit anderen europäischen Ländern, überdurchschnittlich hoch.

Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in der Altersklasse 55 bis unter 65 ist in den letzten Jahren deutlich
gestiegen. Insbesondere die Zahl der weiblichen Beschäftigten hat zugenommen. Das ist nicht nur eine Folge der gewachsenen Bevölkerungsstärke.

Die Beschäftigungsquote der 55- bis unter 60-Jährigen ist etwas höher als in allen Altersklassen. 60- bis unter 65Jährige sind wegen der Übergänge in den Ruhestand seltener beschäftigt.

Ältere arbeiten – auch wegen der Nutzung von Altersteilzeitmodellen – häufiger weniger als die tariflich vereinbarte
Wochenarbeitszeit.

Die Zahl der Älteren in Minijobs ist in den letzten Jahren überdurchschnittlich gestiegen.

Ältere sind stärker von Arbeitslosigkeit betroffen.

Die Arbeitslosenquote Älterer ist rückläufig.

Die Unterbeschäftigung Älterer ist in den letzten Jahren gesunken.

In den letzten Jahren begannen weniger Menschen eine Maßnahme aktiver Arbeitsmarktpolitik. Die Förderung Älterer
ging in einem etwas schwächeren Umfang zurück als im Durchschnitt über alle Altersklassen.

Ältere Arbeitslose sind vergleichsweise häufig langzeitarbeitslos und schwerbehindert. Sie weisen jedoch seltener als
Jüngere eine fehlende formale Qualifikation auf.

Das Risiko arbeitslos zu werden, ist für Ältere geringer als für Jüngere. Gleichzeitig ist es für Ältere schwieriger Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer Beschäftigung zu beenden.
4
Der Arbeitsmarkt in Deutschland – Ältere am Arbeitsmarkt
1 Die 55- bis unter 65-Jährigen
1.1 Personengruppe von
besonderem Interesse
Ältere stellen eine Personengruppe am Arbeitsmarkt dar, die
häufig im Mittelpunkt des Interesses steht. Ihr beruflicher
Erfahrungsschatz ist angesichts des Bedarfs an gut qualifizierten Fachkräften und des demografischen Wandels –
infolge dessen der Anteil der Älteren an der Bevölkerung
weiter steigen wird – von unschätzbarem Wert. Auf der anderen Seite nehmen Anforderungen und Belastungen der
Arbeitswelt zu. Dies stellt alle vor Herausforderungen, lebensältere Personen aber unter Umständen stärker als Jüngere.
Daneben unterliegt der Arbeitsmarkt speziell für Ältere häufig
veränderten Rahmenbedingungen, die die Entscheidungen
von Arbeitnehmern und Arbeitgebern für eine Partizipation
Älterer am Erwerbsleben beeinflussen: Beispielsweise führen das Auslaufen von Frühverrentungsprogrammen, Änderungen der Regelaltersgrenze oder auch die Höhe der Rente
zu Verhaltensänderungen beim Übergang zur Rente und
beeinflussen so auch die Entwicklung am Arbeitsmarkt.
Die Frage, ab welchem Alter von „Älteren“ am Arbeitsmarkt
zu sprechen ist, wird nicht einheitlich beantwortet. Häufig
wird die Altersgrenze bei 50 Jahren gezogen; auch in früheren Broschüren der Arbeitsmarktberichterstattung wurde
diese Grenze verwendet. In der vorliegenden Publikation
werden als Ältere am Arbeitsmarkt diejenigen Personen
betrachtet, die mindestens 55 Jahre alt sind. Die 50- bis
unter 55-Jährigen hingegen werden hier nicht mehr den
Älteren zugeordnet. Hierfür gibt es im Wesentlichen zwei
Gründe: Zum einen deuten die Arbeitsmarktdaten darauf hin,
dass die Gruppe der 50- bis unter 55-Jährigen am Arbeitsmarkt insgesamt gut positioniert ist. Die Arbeitslosenquote in
dieser Altersgruppe ist in den letzten Jahren stärker gesunken als im Durchschnitt über alle Altersklassen und liegt auf
durchschnittlichem Niveau. Der Anteil der 50- bis unter 55Jährigen, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen, ist überdurchschnittlich. Zum anderen wird die Entwicklung von
Beschäftigung und Arbeitslosigkeit bei den Älteren ab 55
Jahre von Gesetzen wie zum Renteneintritt (Erhöhung des
Rentenalters, „Rente mit 63“), zur Altersteilzeit und Sonderregelungen, die ab einem Alter von 58 Jahren greifen, beeinflusst. Somit erfordert speziell die Entwicklung der Arbeitslosigkeit in den Altersgruppen 55 bis unter 60 Jahre und über
60 Jahre eine besonders sorgfältige Betrachtung und Analyse. Die Arbeitslosigkeit der 50- bis unter 55-Jährigen hingegen ist davon nicht betroffen.
5
1.2 Demografische Entwicklung
Die Bevölkerungsstärke der Personen im Alter von 55 bis
unter 65 Jahren hat seit dem Jahr 2007 zugenommen. Nach
Angaben des Statistischen Bundesamtes waren zum Jahresende 2013 10,8 Millionen Menschen in Deutschland 55
bis unter 65 Jahre alt, knapp 1,2 Millionen mehr als fünf
Jahre zuvor. Dieser Anstieg hat vor allem in der Altersgruppe
der 60- bis unter 65-Jährigen stattgefunden. Die geburtenschwachen Jahrgänge der letzten Kriegsjahre und ersten
Nachkriegsjahre haben in dieser Zeit das 65. Lebensjahr
vollendet. Nachgerückt sind die Jahrgänge Ende der 1940erAnfang der 1950er-Jahre, als die Zahl der Geburten in
Deutschland wieder langsam anstieg. Die steigende Zahl der
Geburten in Nachkriegsdeutschland, die in der Generation
der sogenannten „Baby-Boomer“ von Mitte der 1950er- bis
Mitte der 1960er-Jahre ihren Höhepunkt erreichte, wird auch
in den nächsten Jahren die Gruppe der Älteren in Deutschland anwachsen lassen (Abbildung 1).
Abbildung 1
Bevölkerung am 31.12.2013 nach Altersjahren
Alter
75
Jahrgänge, die in den
letzten 5 Jahren in die
Gruppe der 55- bis
unter 65-Jährigen
hinein- bzw. herausgewachsen sind
70
65
60
55
50
45
40
35
30
25
20
15
0,5 Mio
1,0 Mio
1,5 Mio
Datenquelle: Bevölkerungsfortschreibung des Statistischen Bundesamtes
Nach den Bevölkerungsvorausberechnungen des Statistischen Bundesamtes werden 2023 fast 13 Millionen Menschen zwischen 55 und unter 65 Jahre sein. Sowohl die Zahl
der 55- bis unter 60-Jährigen als auch die der 60- bis unter
65-Jährigen wird zunehmen. Ab 2023 wird zunächst die Zahl
der Menschen zwischen 55 und unter 60 Jahre und vier
Jahre später auch die Zahl der 60- bis unter 65-Jährigen
zurückgehen. 2030 wird die Zahl der Älteren wieder unter die
11 Millionen-Marke fallen und das aktuelle Niveau erreichen.1
Neben der absoluten Zahl der Älteren wird in den nächsten
Jahren wahrscheinlich auch der Anteil der Älteren an der
Gesamtbevölkerung steigen. In welchem Ausmaß dies geschieht, hängt neben der Lebenserwartung der Menschen
von der Zahl der Geburten und der Zuwanderung ab. Ende
2013 betrug der Anteil der Menschen im Alter von 55 Jahren
und älter 34 Prozent; 13 Prozent der Bevölkerung waren
zwischen 55 und unter 65 Jahre alt. In den nächsten zehn
Jahren ist mit einem Anstieg des Anteils der 55- bis unter 65Jährigen an der Gesamtbevölkerung auf bis zu 17 Prozent
zu rechnen. Rund zwei von fünf Menschen in Deutschland
werden 2023 55 Jahre oder älter sein.
1
ausgegangen wird hier von der Modellrechnung ohne Zuwanderung W0 mit
einer Geburtenrate von 1,4 Kindern je Frau. Zu den Ergebnissen siehe:
Statistisches Bundesamt (2015): Bevölkerung Deutschlands bis 2060. Ergebnisse der 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung. Wiesbaden. URL:
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/Be
voelkerungsvorausberechnung/Bevoelkerungsvorausberechnung.html
6
Der Arbeitsmarkt in Deutschland – Ältere am Arbeitsmarkt
2 Rente
2.1 Rentenbezieher unter den 55bis unter 65-Jährigen2
Zum Jahresende 2014 bezogen 983.000 Personen zwischen
55 und unter 65 eine Rente wegen Alters (SGB IV). 3 Die
Zahl der Personen in Altersrente zwischen 55 und unter 65
Jahre hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als halbiert:
2004 waren es noch über zwei Millionen, 2009 1,3 Millionen.
Auch der Anteil der Bezieher einer Altersrente an der Bevölkerung von 55 bis unter 65 Jahren ging zurück. Er lag 2004
bei 21 Prozent, fünf Jahre später bei 13 Prozent und 2014
bei 9 Prozent. Diese Abnahmen sind auch eine Folge der
Anhebung des Rentenalters und des damit verbundenen
späteren Renteneintritts. Seit 2012 wird die Grenze für den
Bezug von Altersrente für die in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
schrittweise von 65 auf 67 Jahre erhöht. Das tatsächliche
Alter bei Eintritt in Rente wegen Alters lag 2014 bei 64,1
Jahren.4
2.2 „Rente mit 63“
Seit dem 1. Juli 2014 existiert in der gesetzlichen Rentenversicherung für Personen mit mindestens 45 Beitragsjahren die
Möglichkeit ab 63 Jahren abschlagsfrei Altersrente zu beziehen („Rente mit 63“). Zeiten, in denen Arbeitslosengeld bezogen wurde, werden bei der Berechnung der Beitragsjahre
berücksichtigt; in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn
allerdings nur, wenn sie Folge einer Insolvenz oder vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers sind. Zeiten des
Bezugs von Arbeitslosenhilfe oder Arbeitslosengeld II zählen
5
grundsätzlich nicht zu den notwendigen 45 Beitragsjahren.
Ab dem Geburtsjahrgang 1953 wird in den nächsten Jahren
die Altersgrenze für die abschlagfreie Rente schrittweise auf
65 Jahre angehoben. Im zweiten Halbjahr 2014 belief sich
die Zahl der Zugänge in die abschlagsfreie Rente für beson-
ders langjährige Versicherte auf 136.000. Mehr als sieben
von zehn Bezieher dieser Rente waren Männer; fast zwei
6
Drittel der Personen waren 63, ein Viertel 64 Jahre alt.
Auch am Arbeitsmarkt, in der Beschäftigung und bei der
Arbeitslosigkeit Älterer, zeigen sich Auswirkungen der „Rente
mit 63“, auf die in den jeweiligen Abschnitten eingegangen
wird (Abschnitte 4.1 und 5.2). Bei diesen Analysen muss
berücksichtigt werden, dass es schon vor der Einführung
dieser abschlagsfreien Rente die Möglichkeit gab mit Abschlägen vorzeitig Altersrente zu beantragen. Eine exakte
Quantifizierung der Effekte der „Rente mit 63“ auf Beschäftigung und Arbeitslosigkeit fällt schwer, weil unbekannt ist, wie
viele Personen auch ohne die Neuregelungen mit Abschlägen in Rente gegangen wären. Möglicherweise haben Personen aufgrund der bevorstehenden Neuregelung ihren
Renteneintritt vom ersten ins zweite Halbjahr 2014 verschoben. Vergleiche der Statistiken zu Arbeitslosigkeit und Beschäftigung vor und nach der Gesetzesänderung können
daher eine größere Wirkung suggerieren als tatsächlich
vorhanden. Der Personenkreis, der die „Rente mit 63“ beantragen kann, ist überdies beschränkt, so dass die in dieser
Broschüre im folgenden beschriebene Situation Älterer am
Arbeitsmarkt durch diese Neuregelung zwar beeinflusst, aber
nicht grundsätzlich revidiert wird.
.
2
zu den Daten zum Rentenbezug siehe: Deutsche Rentenversicherung Bund
(2015): Rentenbestand am 31.12.2014. Bd. 202. Berlin. URL:
http://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allgemein/de/Inhalt/6_Wir_ueber_
uns/03_fakten_und_zahlen/03_statistiken/02_statistikpublikationen/02_rv_in_z
ahlen.pdf?__blob=publicationFile&v=21
URL: Deutsche Rentenversicherung Bund: Forschungsportal der Deutschen
Rentenversicherung. Statistiken - Rente - Rentenbestand.
http://forschung.deutsche-rentenversicherung.de/ForschPortalWeb/view3sp.js
p?chstatakt_RenteRentenbestand=cc8eed12&open&viewName=statakt_Rent
eRentenbestand&viewCaption=Statistiken - Rente - Rentenbestand#cc8eed12
3
Renten wegen Alters fallen erst ab einem Alter von 60 Jahren an; da die
betrachtete Personengruppe die 55- bis 65-Jährigen sind, wird diese Abgrenzung jedoch auch hier beibehalten.
4
Unter Herausrechnung der Fälle der „neuen Mütterrenten“.
5
Im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2010 führte der Bezug
von Arbeitslosengeld II regelmäßig zu einer Pflichtbeitragszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung und wird daher bei der „Rente ab 63“ berücksichtigt.
7
6
Deutsche Rentenversicherung Bund (2015): Zentrale Ergebnisse des Rentenzugangs 2014. URL:
http://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allgemein/de/Inhalt/0_Home/meld
ungen/rentenbestand_2014_download.pdf?__blob=publicationFile&v=1
Der Arbeitsmarkt in Deutschland – Ältere am Arbeitsmarkt
3 Erwerbsneigung und -beteiligung
dem 65. Geburtstag und dem Renteneintritt zählten vieler
dieser Personen nun zu den Erwerbspersonen. Folglich ist –
ausgehend von einem niedrigen Niveau – in den letzten
Jahren auch die Erwerbsquote der Personen über 65 Jahre
merklich gestiegen. Die gestiegene Erwerbsneigung Älterer
betrifft beide Geschlechter. Die weibliche Erwerbsquote
zeichnete sich im letzten Jahrzehnt zwar durch stärkere
Zuwächse aus als die männliche, weiterhin ist aber auch in
der Gruppe der Älteren die Erwerbsneigung der Männer
höher als die der Frauen: 2014 waren 75,1 Prozent der älteren Männer und 62,7 Prozent der älteren Frauen erwerbstätig oder auf der Suche nach Arbeit.
3.1 Erwerbsneigung
Die Erwerbsneigung Älterer hat in den letzten Jahren im
Vergleich zur Erwerbsneigung insgesamt überproportional
stark zugenommen: Die Erwerbsquote – der Anteil der Erwerbspersonen an der Bevölkerung – stieg bei den Personen im Alter von 55 bis unter 60 Jahren von 2004 auf 2014
um 7,8 Prozentpunkte auf 80,6 Prozent. Bei den 15- bis
unter 65-Jährigen war im gleichen Zeitraum ein Anstieg um
rund vier Prozentpunkte zu verzeichnen. Sehr deutliche
Zuwächse waren in der Gruppe der 60- bis unter 65-Jährigen
zu verzeichnen. Hier hat sich die Erwerbsquote in den zehn
Jahren von 2004 bis 2014 annähernd verdoppelt. Der Zuwachs bei den 60- bis unter 65-Jährigen hat in den letzten
Jahren unvermindert angehalten, während die Erwerbsneigung im Durchschnitt über alle Altersklassen im erwerbsfähigen Alter (15 bis unter 65 Jahre) nur marginal gestiegen
ist (Abbildung 2).
Die Erwerbsneigung Älterer ist in Deutschland – wie die
Erwerbsneigung insgesamt – mit 69,1 Prozent deutlich höher
als im europäischen Durchschnitt. Lediglich in Island,
Schweden, Norwegen und der Schweiz gingen 2014 mehr
Personen im Alter von 55 bis unter 65 Jahren einer Erwerbstätigkeit nach bzw. suchten danach. Zehn Jahre zuvor hatte
Deutschland bezüglich der Erwerbsneigung Älterer noch im
Mittelfeld gelegen. Am unteren Ende der Rangliste liegen
südosteuropäische Staaten (Slowenien, Malta, Kroatien,
Griechenland), wo die Erwerbsquote um die 40 Prozent
liegt.7
Wer 2014 den 65. Geburtstag feierte, konnte aufgrund der
Anhebung des Rentenalters seit 2012 erst drei Monate später Altersrente beanspruchen. In dem Vierteljahr zwischen
Abbildung 2
Erwerbsquoten nach Altersgruppen in Prozent
2004, 2013, 2014
80,0
80,6
73,3
72,8
53,1
77,4
77,5
55,6
2014
2013
2004
29,5
55 bis unter
60 Jahre
2,9
60 bis unter
65 Jahre
5,6
5,3
65 Jahre und
älter
15 bis unter
65 Jahre
Datenquelle: Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes
7
In diesem Abschnitt werden Daten zur Erwerbsbeteiligung verwendet, wie
sie von der europäischen Statistikbehörde Eurostat publiziert werden. Diese
Daten können geringfügig von den national veröffentlichten Daten abweichen.
8
Der Arbeitsmarkt in Deutschland – Ältere am Arbeitsmarkt
Abbildung 3
Erwerbstätigenquoten nach Altersgruppen in Prozent
2004, 2013, 2014
75,8
76,9
73,3
73,6
64,3
61,1
49,8
52,3
2014
2013
2004
25,1
55 bis unter
60 Jahre
2,8
60 bis unter
65 Jahre
5,6
5,2
65 Jahre und
älter
15 bis unter
65 Jahre
Datenquelle: Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes
3.2 Erwerbstätigenquote
Die Erwerbsneigung nimmt dann zu, wenn bezogen auf die
Bevölkerung mehr Personen einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder danach suchen, also erwerbstätig oder erwerbslos
sind. Die gestiegene Erwerbsneigung von Älteren geht – wie
auch die wachsende Erwerbsneigung insgesamt – auf ein
Plus bei der Erwerbstätigkeit zurück. Die Zahl der älteren
Erwerbslosen hingegen war 2014 deutlich niedriger als zehn
Jahre zuvor.
Wie auch bei der Erwerbsquote fiel der Anstieg bei den Älteren weitaus kräftiger aus als im Durchschnitt über alle Altersklassen (Abbildung 3). Die Erwerbstätigenquote der 15- bis
unter 65-Jährigen hat von 2004 auf 2014 um
9,3 Prozentpunkte zugenommen. Die der 55- bis unter 60Jährigen ist mit +15,8 Prozentpunkten erheblich stärker
gestiegen, die Erwerbstätigenquote der 60- bis unter 65Jährigen hat sich mit einem Plus von 27,2 Prozentpunkten
mehr als verdoppelt und auch bei den Menschen, die 65
Jahre und älter sind, hat die Erwerbsbeteiligung verbunden
mit der Anhebung des Rentenalters deutlich zugelegt.
Wie auch bei der Erwerbsquote zeichnen sich die 60- bis
unter 65-Jährigen zwar durch das größte Wachstum der
Erwerbstätigenquote aus, ihr Niveau ist mit 52,3 Prozent
aber niedriger als im Durchschnitt über alle Altersklassen
(73,6 Prozent). Der Anteil der Erwerbstätigen an der Bevöl-
9
kerung der 55- bis unter 60-Jährigen ist hingegen mit
76,9 Prozent überdurchschnittlich.
In den Lissabon-Zielen der Europäischen Union war für die
Altersgruppe der 55- bis unter 65-Jährigen eine Erwerbstätigenquote von 50 Prozent vorgegeben worden, die bis zum
Jahr 2010 realisiert werden sollte. Dieses Ziel wurde in
Deutschland bereits ab dem Jahr 2007 erreicht, damals lag
die Erwerbstätigenquote der 55- bis unter 65-Jährigen bei
über 51,3 Prozent. Bis 2014 hat sie um weitere
14,3 Prozentpunkte zugenommen. Damit wird auch das
nationale EU-2020-Ziel, das bis 2020 eine Erwerbstätigenquote für 55- bis unter 65-Jährige von 60 Prozent anstrebt,
bereits erreicht.8
Im europäischen Vergleich weist Deutschland 2014 eine der
höchsten Erwerbstätigenquoten aus. Nur in Island, Schweden, Norwegen und der Schweiz ging ein noch höherer Anteil der 55- bis unter 65-Jährigen einer Erwerbstätigkeit nach.
Ebenfalls Anteile von über 60 Prozent finden sich in Estland,
Dänemark und dem Vereinigten Königreich. Schlusslicht war
Griechenland, dort ging 2014 nur rund ein Drittel der 55- bis
unter 65-Jährigen einer Erwerbstätigkeit nach. Aber auch in
den Nachbarländern Luxemburg, Polen, Belgien, Österreich
und Frankreich war weniger als jede zweite Person in dieser
Altersgruppe erwerbstätig.
8
https://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/M-O/nationalesreformprogramm-2015,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf
Abbildung 4
Bevölkerung nach der Stellung im Erwerbsleben
15 bis unter 65 Jahre, 55 bis unter 65 Jahre, Anteile in Prozent
2014
7
9
4
22
Selbständige/
mithelfende
Familienangehörige
4
31
4
15 bis unter
65 Jahre
Bevölkerung:
53,0 Millionen
55 bis unter
65 Jahre
Bevölkerung:
10,9 Millionen
Beamte
Angestellte, Arbeiter,
Auszubildende
Erwerbslose
4
Nichterwerbspersonen
52
62
Datenquelle: Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes
3.3 Struktur und Entwicklung der
Erwerbstätigkeit
Die Erwerbsneigung Älterer ist in den letzten Jahren deutlich
gestiegen (siehe Abschnitt 3.1). Nach wie vor sind aber
Ältere unterdurchschnittlich am Erwerbsleben beteiligt. In der
Bevölkerung geht gut ein Fünftel der Personen keiner bezahlten Arbeit nach oder sucht danach, bei den Älteren trifft
dies auf ein knappes Drittel zu (Abbildung 4). Der Anteil
Erwerbsloser, die eine Tätigkeit suchen, aber noch keine
gefunden haben, ist hingegen mit vier Prozent in der Gesamtbevölkerung ebenso hoch wie bei den 55- bis unter 65Jährigen. Insgesamt nimmt ein gutes Drittel der Älteren nicht
am Erwerbsleben teil. Gut die Hälfte der 55- bis unter 65jährigen Personen zählt zur Gruppe der Angestellten, Arbeiter oder Auszubildenden. Neun Prozent sind selbständig,
vier Prozent verbeamtet.
Die Erwerbsneigung und -beteiligung der Älteren ist in den
letzten zehn Jahren deutlich gestiegen, damit einhergehend
ist der Anteil der Nicht-Erwerbspersonen und der Erwerbslosen in der Gruppe der Älteren deutlich zurückgegangen
(Abbildung 5). Gestiegen ist vor allem der Anteil der Angestellten, Arbeiter und Auszubildenden. Dieser hat sich von
weniger als einem Drittel auf über die Hälfte erhöht. Der
Selbständigen-Anteil ist leicht gestiegen, der Anteil von Beamtinnen und Beamten unter den Älteren ist gleich geblieben.
Abbildung 5
Ältere nach der Stellung im Erwerbsleben
55 bis unter 65 Jahre, 2004 und 2014, Anteile in Prozent
9
4
Selbständige, mithelf.
Familienangehörige
Beamte
52
Angestellte, Arbeiter
31
Nichterwerbspersonen
8
4
Erwerbslose
2004
2014
8
4
30
51
Datenquelle: Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes
10
Der Arbeitsmarkt in Deutschland – Ältere am Arbeitsmarkt
4 Sozialversicherungspflichtige und geringfügige Beschäftigung
unter 65 Jahre handelt es sich bei den beschäftigten Personen, die 65 Jahre und älter sind, mit 191.000 jedoch um eine
vergleichsweise kleine Gruppe.
4.1 Entwicklung der letzten Jahre
Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist in den
letzten Jahren gestiegen: Am 30. Juni 2014 waren in
Deutschland 30,2 Millionen Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt – 14 Prozent mehr als zehn Jahre zuvor.
Das Beschäftigungsplus Älterer fällt bei Frauen deutlicher
aus als bei Männern: Die Zahl der weiblichen Beschäftigten
im Alter von 55 bis unter 65 Jahren hat sich von Juni 2004
auf Juni 2014 von 1,1 Millionen auf 2,3 Millionen mehr als
verdoppelt (+108 Prozent). Die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Männer stieg um 71 Prozent auf
2,7 Millionen. Förderlich speziell für die gestiegene Beschäftigung von Frauen ist, dass einerseits immer mehr gut ausgebildete Frauen am Erwerbsleben teilnehmen und andererseits Regelungen zur vorzeitigen Altersrente für Frauen
ausgelaufen sind.
Die Beschäftigung Älterer ist stärker gestiegen als die Beschäftigung insgesamt. Das ist nicht nur eine Folge der gewachsenen Bevölkerungsstärke dieser Altersgruppe. Zur
Jahresmitte 2014 waren über 5,0 Millionen Menschen im
Alter von 55 bis unter 65 Jahren sozialversicherungspflichtig
beschäftigt, 2,3 Millionen bzw. 87 Prozent mehr als zehn
Jahre zuvor. Besonders deutlich fiel der Anstieg in der Gruppe der 60- bis unter 65-Jährigen aus: Hier hat sich die Beschäftigung von 2004 auf 2014 mit einem Plus von über
einer Million auf 1,8 Millionen mehr als verdoppelt
(+134 Prozent). Die Beschäftigung der 55- bis unter 60Jährigen ist im gleichen Zeitraum um mehr als zwei Drittel
(68 Prozent) auf 3,2 Millionen gewachsen. Bedingt durch die
Anhebung des Renteneintrittsalters steigt seit 2012 auch die
Zahl der Beschäftigten über 65 Jahre deutlich an. Im Vergleich zu den fünf Millionen Beschäftigten zwischen 55 und
Was für die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gilt,
trifft auch auf die geringfügige zu: Die Zahl der Älteren zwischen 55 und 65 Jahre, die einen Minijob ausüben, ist in den
letzten zehn Jahren überdurchschnittlich um 38 Prozent
gestiegen; bei Frauen stärker als bei Männern. 2014 waren
1,3 Millionen der insgesamt 7,8 Millionen geringfügig Beschäftigen zwischen 55 und unter 65 Jahre alt. Bei den Per-
Abbildung 6
Beschäftigungsquoten in Prozent
2004, 2013, 2014
55,0
56,5
55,0
55,8
47,4
43,3
2014
2013
2004
32,4
55 bis unter
60 Jahre
13,9
0,6
60 bis unter
65 Jahre
Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
11
35,0
1,0
1,1
65 Jahre und
älter
15 bis unter
65 Jahre
sonen, die 65 Jahre und älter sind, zeigt sich ein anderes
Bild als in der Altersgruppe zwischen Mitte 50 und Mitte 60:
Die Mehrheit der 918.000 geringfügig Beschäftigten in der
obersten Altersklasse ist männlich (54 Prozent). Die Zahl der
Minijobber in dieser Altersgruppe ist in den letzten zehn
Jahren beträchtlich gewachsen (+44 Prozent), so dass 2014
knapp jeder neunte geringfügig Beschäftigte 65 oder älter
war.
4.2 „Rente mit 63“
Die Einführung der abschlagsfreien Rente mit 63 macht es
für Beschäftigte jenseits dieser Altersgrenze attraktiver eher
aus dem Erwerbsleben auszuscheiden und wirkt damit –
zumindest potentiell – in Richtung einer sinkenden Beschäftigung Älterer. Tatsächlich ist die Zahl der Beschäftigten über
63 Jahre zurückgegangen. Ein Zusammenhang dieser Beschäftigungsentwicklung mit der Einführung der „Rente mit
63“ scheint plausibel. So zeigen sich von Juni 2014, dem
letzten Monat vor Einführung der Neuregelung, auf Juni 2015
nennenswerte Rückgange in der Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Alter von 63, 64 oder 65
Jahren (-27.500 bzw. -5,8 Prozent). Im Vorjahr hatte die
Beschäftigung in dieser Altersgruppe noch deutlich zugenommen und auch in der Vergleichsgruppe der 61- und 629
Jährigen ist die Zahl der Beschäftigten weiter gewachsen.
Detaillierte Daten zur Struktur der älteren Beschäftigten
liegen bis März 2015 vor: In diesen zeigt sich, dass der Beschäftigungsrückgang von Juni 2014 bis März 2015 zu fast
neun Zehntel durch Männer verursacht wird. Dies war zu
erwarten, da gemäß den Daten der Deutschen Rentenversicherung vor allem Männer die neue Regel zum vorzeitigen
Ruhestand nutzen. Besonders deutlich macht sich der Rückgang in der Gruppe der Fachkräfte über 63 Jahre bemerkbar, deren Zahl von Juni 2014 auf März 2015 um 34.600
bzw. 13,1 Prozent zurückgeht. Akademikerinnen und Akademiker können die „Rente mit 63“ oft nicht nutzen, da sie
aufgrund des späteren Berufseinstiegs keine
45 Beitragsjahre vorweisen. Geringqualifizierte Beschäftigte
nehmen die Regelung vermutlich aus finanziellen Erwägungen seltener in Anspruch.
Fachkräfte in MINT-Berufen überdurchschnittlich oft die
10
„Rente mit 63“ nutzen. Erwartungsgemäß und offensichtlich wirkt sich die „Rente mit 63“ negativ auf die Zahl der
Beschäftigten über 63 Jahre aus. Allerdings sind die Auswirkungen auf die Beschäftigung Älterer insgesamt aufgrund
der vergleichsweise kleinen Zahl von Personen, die diese
Sonderregelung nutzen dürfen, moderat.
4.3 Beschäftigungsquote
Die Beschäftigungsquote – der Anteil der Personen, die
einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen, an allen Personen der entsprechenden Altersgruppe –
hat für Ältere in den letzten Jahren deutlich zugenommen.
Die Beschäftigungsquote von Personen im Alter von 55 bis
unter 60 Jahren ist von 2004 auf 2014 um 13,2 Prozentpunkte auf 56,5 Prozent angestiegen und lag damit 2014 höher
als die im Durchschnitt über alle Altersklassen von 15 bis 64
Jahre. Ein noch kräftigeres Plus gab es in der Gruppe der
60- bis unter 65-Jährigen, ihre Beschäftigungsquote stieg im
gleichen Zeitraum um 21,1 Prozentpunkte auf 35,0 Prozent.
Sie liegt damit knapp 21 Prozentpunkte unter der Quote aller
15- bis unter 65-Jährigen (Abbildung 6).
Hier zeigen sich die Übergangsprozesse dieser Altersgruppe
in den Ruhestand. Dabei dürfte bei den Älteren der Anteil
derer, die tatsächlich einer Beschäftigung nachgehen, aufgrund von Regelungen zur Alterszeit geringfügig niedriger
sein, als durch die Beschäftigungsquoten ausgewiesen (siehe Abschnitt 4.4).
Betrachtet man die Entwicklung differenziert nach Branchen,
existiert ein deutliches Minus im Verarbeitenden Gewerbe,
insbesondere in der Metallverarbeitung. Dies deutet darauf
hin, dass in diesem Wirtschaftszweig die Möglichkeit zum
vorzeitigen Renteneintritt gerne genutzt wird. Auch in der
Baubranche zeigen sich bei den Älteren Rückgänge, die
über die in diesen Monaten üblichen Rückgänge hinausgehen. Neben den Bauberufen gibt es auch Hinweise, dass
9
Von Juni 2013 bis Juni 2014 nahm die Zahl der sozialversicherungspflichtig
Beschäftigten im Alter über 63 Jahre um 62.200 bzw. 15,2 Prozent zu; die
Zahl der beschäftigten 61- und 62-Jährigen nahm von Juni 2014 bis Juni 2015
um 66.400 bzw. 7,8 Prozent zu.
10
siehe auch: Institut der deutschen Wirtschaft (2015): MINT-Frühjahrsreport
2015. Köln. URL: http://www.iwkoeln.de/studien/gutachten/beitrag/226208
12
Der Arbeitsmarkt in Deutschland – Ältere am Arbeitsmarkt
Abbildung 7
Beschäftigungsquoten Älterer nach Bundesländern in Prozent
55 bis unter 65 Jahre, Vergleich zu 15 bis unter 65 Jahre
2014
Beschäftigungsquote der 55- bis unter 65-Jährigen liegt
um... Prozentpunkte unter der der 15- bis unter 65-Jährigen
Beschäftigungsquote
Deutschland
15 bis unter 65 Jahre: 55,8
55 bis unter 65 Jahre: 46,3
SchleswigHolstein
44,2
Bremen
45,0
Hamburg
45,5
Berlin
42,7
Niedersachsen
45,4
SachsenAnhalt
49,4
NordrheinWestfalen
44,1
Hessen
44,8
-12,1
-11,2
-10,4
-10,1
-10,1
-10,0
-9,7
-9,6
-9,3
-9,2
-9,1
-9,1
-8,9
-8,2
-6,1
-5,4
MecklenburgVorpommern
47,3
Thüringen
51,0
Brandenburg
49,2
Sachsen
50,5
RheinlandPfalz
44,8
Saarland
41,3
unter 44,4
44,4 bis unter 45,5
45,5 bis unter 49,3
49,3 und höher
BadenWürttemberg
49,7
Bayern
46,7
Bayern
Saarland
Hessen
Niedersachsen
Hamburg
Schleswig-Holstein
Sachsen
Rheinland-Pfalz
Mecklenburg-Vorpommern
Thüringen
Sachsen-Anhalt
Brandenburg
Nordrhein-Westfalen
Baden-Württemberg
Berlin
Bremen
Datenquelle: Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes, Statistik der BA
Differenziert nach Ländern reichen die Beschäftigungsquoten der 55- bis unter 65-Jährigen von 41,3 Prozent im Saarland bis zu 51,0 Prozent in Thüringen (Abbildung 7). Tendenziell fällt – wie auch die Beschäftigungsquote über alle
Altersgruppen – auch die Beschäftigungsquote der Älteren in
Ost- und Süddeutschland höher aus als im übrigen Bundesgebiet. In allen Bundesländern sind die Beschäftigungsquoten der 55- bis unter 65-Jährigen im Vergleich über alle Altersklassen unterdurchschnittlich. In den Stadtstaaten Bremen und Berlin ist die Abweichung zu den 15- bis unter 65Jährigen mit 5 bzw. 6 Prozentpunkten relativ gering, in Bayern fällt sie mit 12 Prozentpunkten am deutlichsten aus.
Differenziert nach den einzelnen Altersgruppen zeigt sich
wieder der Übergang in den Ruhestand: Die Beschäftigungsquoten der 60- bis unter 65-Jährigen liegen je nach
Bundesland 24,5 bis 14,7 Prozentpunkte unter denen der 15bis unter 65-Jährigen. Unter den „jüngeren Älteren“ (55- bis
unter 60-Jährige) geht in 11 Bundesländern ein höherer
Prozentsatz einer Beschäftigung nach als im Durchschnitt
aller Altersklassen. Nur in Bayern, im Saarland, in Hamburg
und Schleswig-Holstein ist die Beschäftigungsquote der 55bis unter 60-Jährigen unterdurchschnittlich.
In Ostdeutschland sind entsprechend ihrem Anteil an der
Bevölkerung mehr Frauen sozialversicherungspflichtig beschäftigt als in Westdeutschland.11 Auch unter den Älteren
zeigt ist die Beschäftigungsquote von Frauen im Osten deutlich höher als im Westen: In Ostdeutschland waren
59,8 Prozent der Frauen zwischen 55 und unter 60 und
35,0 Prozent zwischen 60 und unter 65 Jahre sozialversicherungspflichtig beschäftigt. In Westdeutschland waren dies
8,1 bzw. 5,3 Prozentpunkte weniger.
11
Zur Situation von Frauen auf dem Arbeitsmarkt siehe auch: Bundesagentur
für Arbeit (2015): Der Arbeitsmarkt in Deutschland
Frauen und Männer am Arbeitsmarkt 2014. Nürnberg. URL:
http://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Arbeitsmarktberichte/Perso
nengruppen/generische-Publikationen/Frauen-Maenner-Arbeitsmarkt-201507.pdf
13
deutlich an: Kommen bei den 55- bis unter 60-Jährigen 20
geringfügig entlohnt Beschäftigte auf 100 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, sind es bei den 60- bis unter 65Jährigen 34. Bei den 65-Jährigen und Älteren übersteigt
dann die Zahl der geringfügig entlohnten Minijobber die der
sozialversicherungspflichtig Beschäftigten: Auf einen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten kommen 4,7 geringfügig
entlohnt Beschäftigte. Auch die Verhältnisse zwischen ausschließlich und im Nebenjob ausgeübten Minijobs verschieben sich zugunsten der ausschließlichen Beschäftigung.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass durch den Wegfall der
sozialversicherungspflichtigen (Haupt-)Beschäftigung z. B.
durch den Renteneintritt, aus einem Minijob in Nebentätigkeit
ein ausschließlicher Minijob wird.
4.4 Beschäftigungsstrukturen
Unterschiede zwischen der Gruppe der älteren Beschäftigten
und der Beschäftigten insgesamt zeigen sich bei der Differenzierung nach der Arbeitszeit. Insgesamt arbeitete in
Deutschland im Juni 2014 ein gutes Viertel der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten vereinbarungsgemäß weniger als die normalerweise übliche bzw. tariflich festgesetzte
Arbeitszeit. Unter den Beschäftigten im Alter von 55 bis unter
65 Jahren ist – auch wegen Nutzung von Altersteilzeitmodellen – der Anteil der Teilzeitbeschäftigten höher: Dort arbeiteten 29 Prozent in Teilzeit.
Minijobs sind anders als Teilzeitmodelle bei 55- bis unter 65Jährigen nicht überdurchschnittlich verbreitet. Sowohl im
Durchschnitt über alle Altersklassen als auch bei den 55- bis
unter 65-Jährigen kam 2014 ein Minijobber auf 4 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Fast alle der 1,3 Millionen
Personen im Minijob zwischen 55 und 65 Jahre zählten zu
den geringfügig entlohnt Beschäftigten, kurzfristige Beschäftigung spielt bei den Älteren kaum eine Rolle. Wie in der
Nähe des Übergangs in den Ruhestand zu erwarten, sind
unter Älteren ausschließlich ausgeübte Minijobs verbreiteter
als Minijobs zur Nebentätigkeit: Fast drei Viertel der geringfügig entlohnt beschäftigten Älteren arbeitete ausschließlich
auf dieser Basis, ein gutes Viertel im Nebenjob. Die Bedeutung von Minijobs steigt mit zunehmendem Alter – und damit
rückläufiger sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung –
Hinsichtlich der Verteilung der Beschäftigten auf Wirtschaftszweige überwiegen bei den älteren Beschäftigten dieselben
Branchen wie im Durchschnitt über alle Altersklassen (Abbildung 8). Über alle Branchen beträgt der Anteil Älterer an den
sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 17 Prozent.
Abbildung 8
Sozialversicherungspflichtig beschäftigte Ältere in den Wirtschaftszweigen in Prozent
Anteil 55 bis unter 65 Jahre am Insgesamt, Juni 2014
Insgesamt:
17 Prozent
16
22
18
17
17
18
15
14
18
11
12
16
13
17
10
27
20
15
18
19
Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
14
Der Arbeitsmarkt in Deutschland – Ältere am Arbeitsmarkt
Betrachtet man die Anteile Älterer in den Branchen, zeigt
sich ein unterdurchschnittlicher Anteil in der Arbeitnehmerüberlassung, im Gastgewerbe und im Bereich Information
und Kommunikation. Ein hohes Gewicht kommt den 55- bis
unter 65-Jährigen in der Öffentlichen Verwaltung zu; mehr
als ein Viertel der Beschäftigten ist 55 Jahre und älter. Zu
den Branchen mit einem überdurchschnittlichen Anteil Älterer zählt auch Bergbau, Energie und (Ab-)Wasser. Auch als
Minijobber sind Ältere in allen Branchen vertreten.
Bezüglich des Frauenanteils unterscheiden sich die älteren
Beschäftigten mittlerweile nur noch wenig von der Beschäftigungsstruktur insgesamt. Im Jahr 2014 waren im Durchschnitt aller Altersklassen 46 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten weiblich. Bei den 55- bis unter
65-Jährigen ist der Anteil nur einen Prozentpunkt höher.
Zehn Jahre zuvor lag der Frauenanteil bei den 55- bis unter
65-Jährigen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten noch
drei Prozentpunkte niedriger als im Durchschnitt über alle
Altersklassen, da insbesondere in der Altersgruppe der 60bis 65-Jährigen ein geringerer Prozentsatz der Frauen einer
Beschäftigung nachging. Seither hat bei weiblichen Älteren
die Beschäftigung stärker zugenommen, daher haben sich
die Quoten angeglichen.
15
4.5 Altersteilzeit
Arbeitnehmer, die vor 2010 ihre Arbeitszeit auf die Hälfte
reduzierten, zu diesem Zeitpunkt das 55. Lebensjahr vollendet hatten und deren Arbeitsplatz mit einem Arbeitslosen,
Ausgebildeten und Auszubildenden wiederbesetzt wurde,
können von der Bundesagentur für Arbeit gemäß Altersteilzeitgesetz gefördert werden. 2014 befanden sich im Jahresdurchschnitt 61.000 Beschäftige in geförderter Altersteilzeit;
fünf Jahre zuvor waren es mit 95.000 noch gut die Hälfte
mehr gewesen.
Die überwiegende Mehrheit der Personen, die nach dem
Altersteilzeitgesetz gefördert wird, hatte das „Blockmodell“
gewählt, gemäß dem der Arbeitnehmer zunächst wie vor
Eintritt in die Altersteilzeit weiterarbeitet und anschließend in
der zweiten Hälfte der Altersteilzeit nicht mehr arbeitet
(„Freistellungsphase“). Personen, die sich in der Freistellungsphase des Blockmodells befinden, zählen weiterhin zu
den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Sie fließen
damit in den Zähler der Beschäftigungsquote (siehe Abschnitt 4.2) ein, gehen aber aktiv keiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung mehr nach. Für Personen im
Blockmodell kann plausibel vermutet werden, dass sie in den
frühen Altersjahren noch aktiv ihrer Beschäftigung nachgehen, sich nahe am Renteneintrittsalter hingegen in der Freistellungsphase befinden. Die errechneten Beschäftigungsquoten insbesondere der 60- bis unter 65-Jährigen sind
daher geringfügig höher als der Anteil der älteren Personen
an der entsprechenden Bevölkerung, die tatsächlich noch
eine Beschäftigung aktiv ausüben.
5 Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung
5.1 Entwicklung der Arbeitslosigkeit Älterer
Nach Anstiegen seit Einführung des Sozialgesetzbuchs II im
Jahr 2005 – also der Zusammenlegung von Arbeitslosenund Sozialhilfe – ist die Arbeitslosigkeit insgesamt deutlich
zurückgegangen. Einem moderaten Anstieg der Arbeitslosigkeit während der Wirtschaftskrise 2009 folgte eine Phase
der Erholung, die die Arbeitslosenzahl unter die Marke von
drei Millionen sinken ließ. Die Arbeitslosigkeit von Menschen
im Alter von 55 Jahren und mehr hingegen ist seit 2008
angestiegen. Die Arbeitslosenquote setzt die absolute Zahl
der Arbeitslosen ins Verhältnis zu den Erwerbspersonen und
berücksichtigt so die gestiegene Zahl älterer Menschen.
Betrachtet man diese relative Größe, zeigt sich am aktuellen
Rand auch bei den Älteren eine positive Entwicklung.
als 55 Jahre. Gegenüber dem Jahr 2004 hat die Zahl der
arbeitslosen 55- bis unter 60-Jährigen um knapp ein Fünftel
abgenommen. Damit hat sich die Arbeitslosigkeit in dieser
Altersgruppe in den letzten zehn Jahren günstig entwickelt.
Die Zahl der arbeitslosen 60- bis unter 65-Jährigen hingegen
hat im letzten Jahrzehnt um mehr als das Dreieinhalbfache
zugenommen. Hinter dieser Entwicklung steht neben der
demografischen Entwicklung, der gestiegenen Erwerbsneigung und schwierigeren Arbeitsmarktsituation Älterer das
Auslaufen von Sonderregelungen für Ältere, die sich früher
reduzierend auf die Arbeitslosigkeit ausgewirkt haben (siehe
auch Abschnitt 5.2).
Im Jahr 2014 waren durchschnittlich 584.000 Personen im
Alter von 55 Jahren und älter als arbeitslos registriert, davon
346.000 55- bis unter 60-Jährige, 234.000 60- bis unter 65Jährige und – aufgrund der sukzessiven Anhebung des
gesetzlichen Renteneintrittsalters – 3.800 Arbeitslose, die
65 Jahre alt waren. 2014 war jeder fünfte Arbeitslose älter
Abbildung 9
Arbeitslose und Arbeitslosenquoten für Insgesamt und Ältere
15- bis unter 65-Jährige in Millionen, Anteil 55- bis unter 65-Jährige
Arbeitslosenquote
55 bis unter 65 Jahre*
11,7%
10,5%
7,9%
10,8%
9,0%
7,8%
Arbeitslose
15 bis unter
65 Jahre in
Millionen
Anteil
Arbeitslose
55 bis unter
65 Jahre
4,4
4,9
8,7%
8,8%
8,1%
7,7%
8,6%
8,2%
8,1%
7,9%
7,1%
6,8%
6,9%
6,7%
Arbeitslosenquote
Insgesamt
4,5
3,8
3,3
3,4
3,2
3,0
2,9
2,9
2,9
11%
12%
13%
13%
13%
15%
16%
18%
19%
19%
20%
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
*Daten liegen erst ab 2008 vor.
16
Der Arbeitsmarkt in Deutschland – Ältere am Arbeitsmarkt
Abbildung 10
Arbeitslosenquoten Älterer nach Bundesländern in Prozent
55 bis unter 65 Jahre, Vergleich zu 15 bis unter 65 Jahre
2014
Arbeitslosenquote der 55- bis unter 65-Jährigen liegt um...
Prozentpunkte über/ unter der der 15- bis unter 65-Jährigen
Arbeitslosenquote
Deutschland
15 bis unter 65 Jahre: 6,7
55 bis unter 65 Jahre: 7,9
SchleswigHolstein
7,6
Hamburg
8,3
Bremen
9,8
Berlin
11,4
Niedersachsen
7,2
SachsenAnhalt
12,0
Nordrhein-Westfalen
8,7
Hessen
6,6
+2,8
+2,6
+2,1
+1,4
+1,4
+1,3
+1,1
+0,9
+0,8
+0,8
+0,7
+0,7
+0,5
+0,4
+0,3
MecklenburgVorpommern
12,6
Thüringen
10,4
Brandenburg
11,5
Sachsen
11,6
RheinlandPfalz
6,2
Saarland
7,6
unter 7,0
7,0 bis unter 8,6
8,6 bis unter 11,5
11,5 und höher
BadenWürttemberg
Bayern
5,2
5,1
-1,1
Sachsen
Thüringen
Brandenburg
Mecklenburg-Vorpommern
Bayern
Sachsen-Anhalt
Baden-Württemberg
Hessen
Schleswig-Holstein
Rheinland-Pfalz
Hamburg
Niedersachsen
Nordrhein-Westfalen
Saarland
Berlin
Bremen
Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
Betrachtet man die Quoten zeigt sich aktuell insgesamt und
für die Älteren eine positive Entwicklung. Mit 7,9 Prozent lag
die Arbeitslosenquote der 55- bis unter 65-Jährigen (bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen) zwar um
1,2 Prozentpunkte höher als die Arbeitslosenquote im
Durchschnitt über alle Altersklassen. Trotz des Wegfalls
vieler Sonderregeln, die die Arbeitslosigkeit reduzierten, liegt
damit die Arbeitslosenquote für Ältere aber wieder auf dem
Niveau von 2008. Die Gruppe der 60- bis unter 65-Jährigen
ist mit einer Arbeitslosenquote von 8,3 Prozent stärker von
Arbeitslosigkeit betroffen als die „jüngeren“ Alten von 55 bis
unter 60 Jahre (Arbeitslosenquote 7,6 Prozent) (Abbildung 9).
17
In regionaler Differenzierung zeigt sich bei den Arbeitslosenquoten von 55- bis unter 65-Jährigen ein ähnliches regionales Gefälle wie bei der Gesamtarbeitslosigkeit. Die Arbeitslosenquoten von Arbeitslosen zwischen 55 und unter 65 Jahren reichen von 5,2 Prozent in Baden-Württemberg bis zu
12,7 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern. In allen Bundesländern außer in Bremen liegt die Arbeitslosenquote der
Älteren über der Gesamtarbeitslosenquote. Vor allem in Südund in Ostdeutschland sind die Unterschiede ausgeprägt und
die Differenz beträgt über einen Prozentpunkt (Abbildung 10).
5.2 Die Auswirkungen von Sonderregelungen und der „Rente mit
63“ auf die Arbeitslosigkeit Älterer
Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit Älterer wird nicht nur
von konjunkturellen und demographischen Faktoren, sondern auch von gesetzlichen Veränderungen beeinflusst. So
hat beispielsweise zum Jahreswechsel 2005/2006 die gesetzliche Neuregelung der Bezugszeiten des Arbeitslosengeldes für Ältere dazu geführt, dass offensichtlich noch etwa
50.000 Beschäftigungsverhältnisse beendet wurden, um von
den bis dahin geltenden längeren Bezugsdauern zu profitieren. Die Arbeitslosigkeit Älterer ist dadurch angestiegen.
Außerdem unterliegt die statistische Erfassung der Arbeitslosigkeit von Personen im Alter von 58 Jahren und älter Sonderregeln, die sich in der Entwicklung der registrierten –
gesetzlich definierten – Arbeitslosigkeit widerspiegeln. Seit
Juli 2014 ist zudem die „Rente mit 63“ in Kraft und senkt
potentiell die Arbeitslosigkeit Älterer. Änderungen dieser
rechtlichen Rahmenbedingungen schlagen sich in den Daten
zur Arbeitslosigkeit nieder und müssen bei der Interpretation
der Zahlen berücksichtigt werden.
Für die Erfassung von älteren Arbeitslosen haben bis Ende
2007 Sondervorschriften gegolten (§ 428 SGB III, § 65 Abs.
4 SGB II und § 252 Abs. 8 SGB VI), die faktisch vorruhestandsähnliche Rahmenbedingungen geschaffen haben.
Ältere Bezieher von Arbeitslosengeld und Arbeitslosengeld II
konnten unter erleichterten Bedingungen Leistungen beziehen, da sie sich nicht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen mussten. Entsprechend galten sie als nicht arbeitslos.
2008 haben jahresdurchschnittlich über eine halbe Million
Personen im Alter von 58 Jahren und älter die erleichterten
Voraussetzungen des Leistungsbezugs genutzt (Abbildung 11). Ihre Zahl hat sich in 2015 auf null reduziert.
Anfang 2008 sind diese Regelungen mit der Folge ausgelaufen, dass über 58-jährige Personen diese Regelungen nicht
mehr in Anspruch nehmen können. Infolgedessen ist die
registrierte Arbeitslosigkeit in der Gruppe der 58-Jährigen
und älteren zunächst in beiden Rechtskreisen angestiegen,
da die Regelung auch im SGB II Anwendung fand. Dort wird
seit 2009 der Anstieg der Arbeitslosigkeit aber durch die
Auswirkungen einer weiteren Sonderregelung zur Arbeitslosigkeit Älterer gedämpft, die sich in § 53a SGB II findet.
Dieser Vorschrift zufolge gelten erwerbsfähige Leistungsberechtigte nicht als arbeitslos, wenn sie nach Vollendung des
58. Lebensjahres mindestens ein Jahr lang Leistungen der
Grundsicherung für Arbeitsuchende erhalten haben, ohne
dass ihnen eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
angeboten wurde. Die Regelung trat 2008 in Kraft und wirkt
sich seit 2009 aus. 2014 wurden jahresdurchschnittlich
162.000 über 58-Jährige aufgrund des § 53a SGB II als nicht
Abbildung 11
Personen in Sonderregelungen für Ältere und Arbeitslose nach Altersgruppen
Januar 2009 bis Dezember 2014
436.000 Personen in
Sonderregelungen
173.000
Personen in §53a SGB II
Personen in §428 SGB III, §65 SGB II,
§525 SGB IV
4.000
570.000
492.000
229.000
60 bis unter 65 Jahre
130.000
58 bis unter 60 Jahre
207.000
55 bis unter 58 Jahre
58 Jahre und älter
arbeitslose Ältere
55 bis unter 58 Jahre
Jan 09
65 Jahre und älter
Jan 10
Jan 11
Jan 12
Jan 13
Jan 14
Dez 14
Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
18
Der Arbeitsmarkt in Deutschland – Ältere am Arbeitsmarkt
arbeitslos erfasst. Sie werden in den Statistiken der Bundesagentur für Arbeit ebenso wie die ausgelaufene Sonderregelung nach § 428 SGB III in der Unterbeschäftigung ausgewiesen (siehe Abschnitt 5.4).
63“ besteht.
Im ersten Halbjahr 2014 wurde pro Monat bei 3.900 Arbeitslosen „Ausscheiden aus dem Erwerbsleben“ als Abgangsgrund erfasst. Nach Einführung der Neuregelung stieg diese
Zahl im Juli 2014 auf 6.300 und im August 2014 auf 8.900
an. In den ersten drei Quartalen 2015 hat sie sich bei monatsdurchschnittlich 5.400 eingependelt und lag im September bei 5.200. Offensichtlich wirkt sich die „Rente mit 63“
auch auf die Arbeitslosenzahlen aus. Wie bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung (siehe Abschnitt 4.1)
sind aufgrund der vergleichsweise geringen absoluten Zahlen die Auswirkungen auf die Arbeitslosigkeit Älterer insgesamt jedoch begrenzt.
Der in den letzten Jahren verzeichnete Anstieg der Arbeitslosigkeit Älterer ist wesentlich auf diese rechtlichen Änderungen zurückzuführen. Betrachtet man die Veränderung
von registrierter Arbeitslosigkeit und den Personen, die unter
die genannten Sonderregelungen fallen, gemeinsam, ist seit
von Anfang 2009 bis Ende 2014 ein deutlicher Rückgang um
186.000 zu verzeichnen.
Wer Rente bezieht, kann nicht arbeitslos werden bzw. wird
nicht mehr als arbeitslos gezählt. So wirkt der vorzeitige
Bezug einer „Rente mit 63“ dämpfend auf die Zahl der älteren Arbeitslosen. Von Juni 2014 auf Juni 2015 sank die
Arbeitslosigkeit von Personen über 63 Jahre um 11.200 bzw.
16,3 Prozent – im Vorjahreszeitraum war sie noch deutlich
angestiegen (+14.400). Im September 2015 lag die Arbeitslosenzahl in dieser Altersgruppe mit einem Minus von 12.500
noch etwas deutlicher unter dem Wert aus dem Juni 2014 –
aufgrund des saisonalen Musters von Arbeitslosigkeit sind
Vergleiche unterschiedlicher Monate jedoch nur eingeschränkt aussagekräftig. Die Angaben zu den Gründen,
warum eine Person nicht mehr als arbeitslos gezählt wird,
legen nahe, dass ein direkter Zusammenhang des Rückgangs der Arbeitslosigkeit in dieser Gruppe zur „Rente mit
5.3 Ältere in Maßnahmen aktiver
Arbeitsmarktpolitik
Seit 2009 geht die Zahl der Maßnahmezugänge Älterer zurück. Dieser Rückgang ist allerdings nicht ganz so stark wie
der Rückgang bei Fördermaßnahmen insgesamt, so dass
sich der Anteil Älterer an allen Eintritten in arbeitsmarktpolitische Maßnahmen leicht erhöht hat. Im Vergleich zu 2006,
als lediglich fünf Prozent der Maßnahmezugänge auf die 55bis unter 65-Jährigen entfielen, zeigt sich ein deutliches Plus
in der Beteiligung Älterer. 2014 machten diese neun Prozent
aller Maßnahmezugänge aus (Abbildung 12).
Abbildung 12
Zugang älterer Teilnehmer in ausgewählte arbeitsmarktpolitische Maßnahmen
55 bis unter 65 Jahre, Anteil der Älteren am Insgesamt
Anteil der Älteren an allen
Maßnahmezugängen
8%
9%
9%
9%
9%
395.000
389.000
395.000
8%
589.000
530.000
465.000
Aktivierung und berufliche Eingliederung
58%
Berufliche Weiterbildung
14%
Förderung d. Aufnahme einer Erwerbstät.
10%
Beschäftigung schaffende Maßnahmen
16%
Sonstiges (u.a. Freie Förderung)
3%
71%
2009
Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
19
6%
8%
13%
2%
2010
2011
2012
2013
2014
Abbildung 13
Eine Änderung der Förderpolitik zeigt sich bei der Auswahl
der Instrumente: War 2009 noch rund jede sechste von Älteren neu begonnene Maßnahme eine Beschäftigung schaffende Maßnahme, liegt deren Anteil mittlerweile nur noch bei
13 Prozent. An Gewicht gewonnen haben Maßnahmen zur
Aktivierung und beruflichen Eingliederung. 2014 hatten
71 Prozent der Maßnahmeeintritte Älterer dieses Ziel.
Vergleicht man die Förderinstrumente für Ältere mit den
Zugängen in Maßnahmen insgesamt zeigen sich ebenfalls
merklich Unterschiede (Abbildung 13). Bei Maßnahmen zur
Berufswahl sind Ältere naturgemäß praktisch nicht vertreten.
Ihr Anteil an Personen, die eine Förderung mittels einer
Beschäftigung schaffenden Maßnahme oder durch Aktivierung und Eingliederung erhalten, ist hingegen überdurchschnittlich.
Die Aktivierungsquote setzt die Zahl der Maßnahmeteilnehmer in Relation zur Zahl der Arbeitslosen und trifft damit eine
Aussage, in welchem Umfang Personengruppen, die potentiell an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme hätten teilnehmen können, aktiviert wurden und tatsächlich von einer
Förderung profitiert haben. Über alle Altersgruppen ist die
Zahl der Maßnahmeteilnehmer in den letzten Jahren stärker
zurückgegangen als die Arbeitslosigkeit, so dass die Aktivierungsquote sinkt. In der Gruppe der 55- bis unter 65Jährigen stehen sinkende Bestände an Maßnahmeteilnahmen steigenden absolute Zahlen bei den Arbeitslosen gegenüber, so dass die Aktivierungsquote kontinuierlich zurückgegangen ist und sich seit 2009 mehr als halbiert hat
(Abbildung 14).
Ein Maß für den Erfolg einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme ist die Eingliederungsquote, mit der gemessen wird,
welcher Anteil der Teilnehmerinnen oder Teilnehmer ein
halbes Jahr nach Maßnahmeende sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist. Ältere stehen beim (Wieder-)Eintritt ins
Erwerbsleben vor besonderen Herausforderungen. Trotzdem
ist die Eingliederungsquote Älterer nicht generell niedriger:
So waren 64,9 Prozent der Älteren, die zwischen Juli 2013
und Juni 2014 die Förderung der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit abschlossen, ein halbes Jahr später sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Insgesamt lag die Eingliederungsquote nur bei 62,8 Prozent.
Zugänge in arbeitsmarktpolitische Maßnahmen
Anteile Insgesamt und 55 bis unter 65 Jahre; in Prozent
Jahresdurchschnitt 2014
66
Aktivierung und berufliche
Eingliederung
10
Berufswahl und
Berufsausbildung
8
6
1
6
3
Insgesamt
71
Berufliche Weiterbildung
Aufnahme einer Erwerbstätigkeit
besondere Maßnahmen zur
Teilhabe behinderter Menschen
Beschäftigung schaffende
Maßnahmen
Sonstiges (u. a. Freie
Förderung)
0
6
8
0
13
2
Ältere
Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
Abbildung 14
Aktivierungsquoten in Prozent
Insgesamt, 55 bis unter 65 Jahre
26,1
26,6
Insgesamt
23,0
24,2
19,5
23,2
17,5
17,4
18,8
15,7
55 bis unter 65
Jahre
2009
2010
2011
2012
12,5
2013
11,1
2014
Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
20
Der Arbeitsmarkt in Deutschland – Ältere am Arbeitsmarkt
5.4 Unterbeschäftigung Älterer
In der Unterbeschäftigung werden zusätzlich zu den registrierten Arbeitslosen auch diejenigen Personen erfasst,
die an entlastenden Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik
teilnehmen, sich in einem Sonderstatus befinden oder zeitweise arbeitsunfähig erkrankt sind und deshalb nicht als
arbeitslos gezählt werden. Damit wird ein umfassendes Bild
vom Defizit an regulärer Beschäftigung in einer Volkswirtschaft gegeben. Die realwirtschaftliche Lage und Entwicklung kann dann besser erkannt werden, weil der Einsatz von
entlastender Arbeitsmarktpolitik zwar die Arbeitslosigkeit,
aber nicht die Unterbeschäftigung verändert.
Daneben waren 2014 jahresdurchschnittlich 21.000 der 55bis unter 65-Jährigen kurzfristig arbeitsunfähig erkrankt und
daher nicht als arbeitslos registriert. Beide Personengruppen
könnten aber prinzipiell – nach Abschluss der Maßnahme
bzw. Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit – in eine Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden. Weitere 176.000 Personen fielen 2014 unter die Sonderregelungen für Ältere (siehe Abschnitt 5.2), darunter 17.000 unter
die ausgelaufenen Regelungen nach § 428 SGB III und
160.000 unter § 53a SGB II. Gemeinsam mit den Arbeitslosen bilden diese Personen, die – existierten der jeweilige
Status nicht – vermutlich arbeitslos wären, die Unterbeschäftigung im engeren Sinn. Ihre Zahl betrug 2014 841.000 (Abbildung 15).
2014 gab es 580.000 Arbeitslose im Alter von 55 bis unter 65
Jahren. 63.000 Ältere befanden sich in entlastenden Maßnahmen aktiver Arbeitspolitik, wie zum Beispiel Bildungsund Aktivierungsmaßnahmen oder Arbeitsgelegenheiten. Sie
werden nicht zu den registrierten Arbeitslosen gezählt, da sie
kurzfristig dem Arbeitsmarkt wegen der Förderung nicht zur
Verfügung stehen bzw. in einer geförderten Beschäftigung
tätig sind.
Abbildung 15
Unterbeschäftigung Älterer im engeren Sinn inklusive der Förderung Selbständigkeit
55 bis unter 65 Jahre
Ohne Kurzarbeit und Altersteilzeit
Unterbeschäftigung
Personen in Sonderregelungen
für Ältere
1.002.000
377.000
976.000
303.000
927.000
276.000
867.000
861.000
844.000
229.000
200.000
176.000
3.000
84.000
11.000
130.000
11.000
97.000
6.000
88.000
2.000
88.000
Förderung der Selbständigkeit
Personen in entlastenden Maßn.
u. kurzfristiger Arbeitsunfähigkeit
10.000
119.000
Arbeitslose
496.000
532.000
543.000
544.000
571.000
580.000
2009
2010
2011
2012
2013
2014
Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
21
Ebenfalls zur Unterbeschäftigung zählen Personen, die eine
Förderung der Selbständigkeit durch einen Gründungszuschuss oder Einstiegsgeld (Variante Selbständigkeit) erhalten. Es kann davon ausgegangen werden, dass sie ihr Arbeitsmarktproblem durch Aufnahme der selbständigen Tätigkeit weitgehend gelöst haben und aufgrund der Selbständigkeit auch nicht für eine Vermittlung in abhängige Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. 2014
belief sich die Zahl der mit diesen Maßnahmen Geförderten
in der Altersgruppe der 55- bis unter 65-Jährigen auf 2.800.
Addiert man diese zur Unterbeschäftigung im engeren Sinn
ergibt sich die Zahl von 844.000 für die Unterbeschäftigung
im engeren Sinn plus Förderung der Selbständigkeit (ohne
Kurzarbeit und ohne Altersteilzeit)12. Gegenüber dem Vorjahr
ist diese Zahl 2014 um 17.000 bzw. 2,0 Prozent gesunken.
Im Vergleich zu 2009 errechnet sich ein Rückgang von
15,8 Prozent, da insbesondere die Sonderregelungen, aber
auch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen in geringerem Umfang zum Tragen kamen als in den Vorjahren.
5.5 Strukturen der Arbeitslosigkeit
Hinsichtlich der Strukturmerkmale unterscheiden sich ältere
Arbeitslose teilweise deutlich vom Durchschnitt über alle
Altersklassen. Die schwierigere Wiedereingliederung in das
Erwerbsleben führt zu einer höheren Dauer der Arbeitslosigkeit: Arbeitslose im Alter von 55 bis unter 65 Jahren sind
deutlich häufiger langzeitarbeitslos als im Durchschnitt über
alle Altersklassen (siehe ausführlicher Abschnitt 5.7).
Abbildung 16
Anteile älterer Arbeitsloser nach Strukturmerkmalen in Prozent
15 bis unter 65 Jahre, 55 bis unter 65 Jahre
2014
6
37
49
langzeitarbeitslos
12
schwerbehindert
46
35
46
45
Frauen
Ohne
Berufsausbildung*
Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
18
11
Ausländer
49
39
geringqualifiziert
*Anteile an Merkmalen, für die eine Nennung vorliegt.
12
Für eine Betrachtung der Unterbeschäftigung nach Personengruppe wird
nur die Unterbeschäftigung im engeren Sinn plus die Maßnahmen zur Förderung der Selbständigkeit betrachtet. Eine Differenzierung der Unterbeschäftigung inklusive Kurzarbeit und Altersteilzeit nach Personengruppe ist nicht
sinnvoll. Kurzarbeit geht in die Unterbeschäftigungsrechnung als Beschäftigtenäquivalent ein und kann nicht sinnvoll bestimmten Personengruppen
zugeordnet werden. Das gilt auch für geförderte Personen in der Altersteilzeit,
die in der Unterbeschäftigungsrechnung während der Freistellungsphase
berücksichtigt werden. Zählte man die Geförderten zur Personengruppe der
Älteren, würde man in der Logik der Unterbeschäftigungsrechnung unterstellen, dass diese Personen ohne die Förderung arbeitslos wären. Das trifft aber
bei Altersteilzeit nicht zu: Personen die über Altersteilzeit gefördert werden,
machen ihren Arbeitsplatz frei, damit Arbeitslose oder Auszubildende übernommen werden und so die Arbeitslosigkeit Jüngerer, die nachrücken, reduzieren.
22
Der Arbeitsmarkt in Deutschland – Ältere am Arbeitsmarkt
Mit 12 Prozent ist zudem der Anteil der Schwerbehinderten
knapp doppelt so hoch wie unter allen Arbeitslosen. Hierbei
ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Merkmale Alter
und Schwerbehinderung positiv miteinander korrelieren:
Behinderungen treten vor allem bei älteren Menschen auf
und oft ist eine im Lebensverlauf erworbene Krankheit die
Ursache einer Schwerbehinderung (Abbildung 16).13
45 Prozent für eine Tätigkeit als Experte vorgesehen (insgesamt 59 Prozent), zu 18 Prozent als Spezialist (insgesamt
15 Prozent) und zu 24 Prozent als Fachkraft (insgesamt
16 Prozent). Hier dürfte eine Rolle spielen, dass der akademische Abschluss schon eine längere Zeit zurückliegt. Andererseits waren ältere Arbeitslose ohne abgeschlossene Berufsausbildung nur zu 58 Prozent für eine Helfertätigkeit
vorgesehen (insgesamt 71 Prozent), zu 38 Prozent hingegen
als Fachkraft (insgesamt 27 Prozent). Eine fehlende formale
Ausbildung könnte hier durch jahrelange Berufserfahrung
kompensiert werden (Abbildung 17).
Auf der anderen Seite sind unter den älteren Arbeitslosen
vergleichsweise wenige Ausländer, Geringqualifizierte und
Arbeitslose ohne Berufsausbildung. Mangelnde Qualifikationen erschweren den Einstieg in eine Beschäftigung deutlich.
Ältere haben häufiger trotz vorhandener Ausbildung Schwierigkeiten, ihre Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer Beschäftigung zu beenden (siehe Abschnitt 5.6) – ihr Alter an
sich ist ein Vermittlungshemmnis.
Kaum Unterschiede zeigen sich bei der Verteilung nach
Geschlecht: 45 Prozent der 55- bis unter 65-jährigen und
46 Prozent aller Arbeitslosen sind weiblich. Allerdings zeigt
sich in der altersspezifischen Betrachtung ein Unterschied: In
der Altersklasse ab 60 liegt der Frauenanteil bei 43 Prozent.
Hier machen sich die niedrigere Erwerbsbeteiligung und der
früherer Renteneintritt von Frauen in den vergangenen Jahren bemerkbar.
Andererseits ist bei älteren Arbeitslosen der strukturelle
Zusammenhang zwischen dem formalen Bildungsabschluss
und der Tätigkeit, für die sie geeignet erscheinen, geringer
als im Durchschnitt über alle Altersklassen. Arbeitslose Akademiker im Alter von 55 bis unter 65 Jahren waren 2014 zu
Abbildung 17
Arbeitslose nach Anforderungsniveau und Berufsabschluss* in Prozent
Insgesamt, 55 bis unter 65 Jahre
2014
Helfer
Ohne abgeschlossene Berufsausbildung
Insgesamt
71
Ältere
58
Fachkraft
Spezialist
27
29
Ältere
29
Insgesamt
12
Ältere
9
62
29
9
16
12
16
15
24
Bundesagentur für Arbeit, Statistik/Arbeitsmarktberichterstattung (2015):
Der Arbeitsmarkt in Deutschland – Die Arbeitsmarktsituation von schwerbehinderten Menschen, Nürnberg. URL:
https://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Arbeitsmarktberichte/Pers
onengruppen/generische-Publikationen/Brosch-Die-Arbeitsmarktsituationschwerbehinderter-Menschen-2015.pdf
23
21
58
22
7
62
58
Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
13
2 2
27
38
29
akademische Berufsausbildung
21
38
71
58
betriebliche/ schulische Berufsausbildung
Insgesamt
Experte
8
3
4
7
8
15
24
18
3
4
59
18
59
45
*Anteil an Merkmalen, für die eine Nennung vorliegt.
45
Abbildung 18
Zugangsrisiken und Abgangschancen Älterer in Prozent
Gleitende Jahresdurchschnitte
7,04
7,20
6,65
6,08
Zugangsrisiken
6,53
6,57
2,99
3,06
Insgesamt
55 Jahre und älter
2,73
1,06
0,96
0,88
0,85
0,83
0,79
0,73
0,68
0,63
0,61
0,59
0,56
3,00
3,08
2,94
Abgangschancen
Dez 09 Dez 10 Dez 11 Dez 12 Dez 13 Dez 14
Dez 09 Dez 10 Dez 11 Dez 12 Dez 13 Dez 14
Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
5.6 Zugänge in und Abgänge aus
Arbeitslosigkeit
Hinter den reinen Veränderungen der Arbeitslosenzahlen
stecken Bewegungen in weitaus größerem Umfang. Im Jahr
2014 wurden 7,6 Millionen Menschen arbeitslos und
7,8 Millionen Menschen beendeten ihre Arbeitslosigkeit.
13 Prozent der Zugänge und 14 Prozent der Abgänge des
Jahres 2014 gehen auf Personen aus der Altersgruppe 55
bis unter 65 Jahre zurück. Die insgesamt rückläufigen Arbeitslosenzahlen der letzten Jahre gingen mit ebenfalls abnehmenden Bewegungszahlen einher. Die Zugänge in Arbeitslosigkeit 2014 lagen 17 Prozent, die Abgänge
14 Prozent unter dem Niveau von 2009. Bei den Älteren ist
die Arbeitslosigkeit gestiegen und die Bewegungen haben
zugenommen. Sie liegen 12 (Zugänge) bzw. 15 Prozent
(Abgänge) über dem Wert fünf Jahre zuvor.
35 Prozent der Zugänge in Arbeitslosigkeit 2014 erfolgten
aus Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt. Bei den 55- bis
unter 65-Jährigen war der Anteil mit 33 Prozent etwas niedriger. Auf der anderen Seite gingen in 29 Prozent der Abgänge aus Arbeitslosigkeit die Personen in Beschäftigung
am ersten Arbeitsmarkt ab. Bei 55- bis unter 65-Jährigen
belief sich dieser Anteil auf 20 Prozent. Diese Altersgruppe
beendet ihre Arbeitslosigkeit aufgrund der Nähe zum gesetzlichen Renteneintrittsalter aber häufiger durch das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben: 6 Prozent aller Abgänge aus
Arbeitslosigkeit der Älteren erfolgten 2014 mit diesem Abgangsgrund.
Bei der Betrachtung von reinen Bewegungszahlen muss
berücksichtigt werden, dass neben den Beständen auch die
Fluktuationen Veränderungen unterliegen. Auch unterschiedlich große Personengruppen weisen unterschiedlich hohe
absolute Bewegungszahlen auf. Zum Vergleich von Abgangschancen aus Arbeitslosigkeit verschiedener Personengruppen oder im Zeitablauf bei abnehmenden oder zunehmenden Beständen können daher Abgangsraten herangezogen werden, die den Abgang eines Monats auf den Arbeitslosenbestand des Vormonats beziehen. Entsprechend
kann das Risiko, aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung heraus arbeitslos zu werden, ermittelt werden, indem
der Zugang eines Monats zum Beschäftigtenbestand des
Vormonats in Relation gesetzt wird (Abbildung 18).
In den letzten Jahren stehen rückläufige Zugänge aus Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt steigenden Beschäftigungszahlen gegenüber. Damit ist das Risiko, aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung heraus arbeitslos zu
werden, gesunken. Diese Abnahmen waren sowohl im
Durchschnitt über alle Altersklassen als auch für Ältere zu
verzeichnen.
24
Der Arbeitsmarkt in Deutschland – Ältere am Arbeitsmarkt
Ältere Beschäftigte sehen sich einem im Vergleich zum
Durchschnitt über alle Altersgruppen geringeren Risiko gegenüber, aus Beschäftigung heraus arbeitslos zu werden: es
lag 2014 für die 55- bis unter 65-Jährigen bei monatsdurchschnittlich 0,56 Prozent, im Durchschnitt aller Altersklassen
bei 0,79 Prozent. Ältere haben zwar ein niedrigeres Risiko,
aus Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt heraus arbeitslos
zu werden; auf der anderen Seite haben sie auch deutlich
geringere Chancen, ihre einmal eingetretene Arbeitslosigkeit
durch Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung wieder zu beenden. 55- bis unter 65-Jährige
hatten mit 3,06 Prozent eine weniger als halb so hohe Chance, ihre Arbeitslosigkeit durch eine Beschäftigungsaufnahme
zu beenden, wie im Durchschnitt über alle Altersklassen. Im
Vergleich zu 2013 haben sich die Chancen Arbeitslosigkeit
zu überwinden für ältere Arbeitslose aber – wie insgesamt
auch – verbessert. Betrachtet man die Branchen, in denen
Arbeitslose, die wieder eine Beschäftigung ergreifen, tätig
sind, steht bei Älteren wie insgesamt die Zeitarbeit an erster
Stelle. 20 Prozent der registrierten Arbeitslosen insgesamt
und 17 Prozent der älteren Arbeitslosen, die 2014 eine Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt aufnahmen, arbeiteten in
der Arbeitnehmerüberlassung. Die Logistikbranche, Land-
und Forstwirtschaft sowie das Baugewerbe kommen für
ältere Arbeitslose seltener in Frage. Eine im Vergleich zu
den Jüngeren größere Bedeutung als potentieller Arbeitgeber für den Wiedereinstieg Älterer kommt dem Handel und
dem Gesundheits- und Sozialwesen zu.
5.7 Dauer der Arbeitslosigkeit
Die vergleichsweise geringen Chancen, die Arbeitslosigkeit
durch Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung wieder zu beenden, gehen bei Älteren mit einer
längeren Dauer der Arbeitslosigkeit einher. Die durchschnittliche Arbeitslosigkeitsdauer von 55- bis unter 65-Jährigen
hingegen war mit 93 Wochen deutlich länger als die bisherige Dauer über alle Altersklassen (69 Wochen). Entspre14
chend ist der Anteil der Langzeitarbeitslosen , also von
Personen, die länger als 12 Monate arbeitslos waren, bei
Älteren ebenfalls höher. Während im Jahr 2014 im Durchschnitt aller Altersgruppen 37 Prozent aller Arbeitslosen
bereits seit einem Jahr arbeitslos war, traf dies bei den 55bis unter 65-Jährigen auf knapp die Hälfte aller Arbeitslosen
zu (Abbildung 19).
Abbildung 19
Langzeitarbeitslosigkeit nach der Dauer der Arbeitslosigkeit
2014, Anteile in Prozent
17
1 bis unter 2 Jahre
21
2 bis unter 3 Jahre
15 bis unter
65 Jahre
Arbeitslose:
2,9 Millionen
55 bis unter
65 Jahre
Arbeitslose:
580.000
8
5
3
63
51
3 bis unter 4 Jahre
9
6
5
4
8
51
4 bis unter 5 Jahre
5 Jahre und länger
nicht langzeitarbeitslos
21
9
6
4
8
Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
14
Zur Situation langzeitarbeitsloser Menschen am Arbeitsmarkt siehe: Bundesagentur für Arbeit, Statistik/Arbeitsmarktberichterstattung (2015): Der
Arbeitsmarkt in Deutschland – Die Arbeitsmarktsituation von langzeitarbeitslosen Menschen, Nürnberg. URL:
https://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Arbeitsmarktberichte/Pers
onengruppen/generische-Publikationen/Langzeitarbeitslosigkeit.pdf
25
In Daten zur Langzeitarbeitslosigkeit spiegeln sich Hindernisse bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt, aber
auch hier zeigen sich die Folgen des Auslaufens der Sonderregelungen für Ältere (siehe Abschnitt 5.2): In den letzten
Jahren hat der Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Arbeitslosen in der Gruppe der 60- bis unter 65-Jährigen merklich zugenommen und lag 2014 bei 47 Prozent. Er ist damit
aber nach wie vor etwas niedriger als in der Gruppe der 55bis unter 60-Jährigen, in der die Hälfte (50 Prozent) der
Arbeitslosen ein Jahr und länger arbeitslos war. Dies hängt
damit zusammen, dass Personen, die noch unter den ausgelaufenen § 428 SGB III bzw. unter die Regelung des § 53a
SGB II fallen, überwiegend der Altersgruppe der 60- bis
unter 65-Jährigen zuzurechnen sind.
26
Der Arbeitsmarkt in Deutschland – Ältere am Arbeitsmarkt
Ergänzende Hinweise
Abgangschance/Chance, Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zu
beenden
Die Abgangschance bezieht den Abgang aus Arbeitslosigkeit eines Monats in Beschäftigung am 1. Arbeitsmarkt einschließlich
(außer-)betrieblicher Ausbildung auf den Arbeitslosenbestand des Vormonats. Um saisonale Schwankungen auszugleichen,
wird ein gleitender Jahresdurchschnitt verwendet.
Aktivierungsquote
Die Aktivierungsquote gibt Aufschluss darüber, wie hoch der Anteil der geförderten Personen („aktivierte" Personen) an den
potentiellen Maßnahmeteilnehmern („zu aktivierenden" Personen) ist. Dabei werden Einmalleistungen (z. B. Unterstützung der
Beratung und Vermittlung) in der Regel nicht berücksichtigt. Die in dieser Broschüre dargestellte arbeitsmarktorientierte Aktivierungsquote (AQ1) setzt die Zahl der Maßnahmeteilnehmer zu der Zahl an Arbeitslosen plus den Maßnahmeteilnehmern
(jeweils ohne die Kategorie „Berufswahl und Berufsausbildung“) in Beziehung;
Beschäftigungsquote
Die Beschäftigungsquote ist der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (einer bestimmten Personengruppe) an
der entsprechenden Gesamtbevölkerung. Im Gegensatz zur Erwerbstätigenquote berücksichtigt die Beschäftigungsquote nur
die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, nicht aber bspw. Selbstständige oder Mini-Jobber; sie ist daher niedriger als die
Erwerbstätigenquote.
Eingliederungsquote
Die Eingliederungsquote als aussagekräftigerer Wirkungsindikator weist den Zustand „in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung zum Zeitpunkt 6 Monate nach Teilnahmeende“ nach, und liefert somit einen wichtigen Anhaltspunkt für die Beurteilung der Wirksamkeit von Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung. Sie sagt aus, zu welchem Anteil Maßnahmeabsolventen in angemessener Zeit im Anschluss an die Maßnahme eine Beschäftigung aufgenommen haben.
Erwerbsquote
Die Erwerbsquote ist ein Maß für die Beteiligung der Wohnbevölkerung am Erwerbsleben. Sie wird berechnet als Anteil der
Erwerbspersonen (Erwerbstätige und Erwerbslose) an der Bevölkerung. Wie bei der Beschäftigungsquote und der Erwerbstätigenquote ist eine Einschränkung auf Personengruppen möglich, z.B. die Bevölkerung im Alter von 15 bis unter 65.
Erwerbstätigenquote
Die Erwerbstätigenquote ist der Anteil der Erwerbstätigen (einer bestimmten Personengruppe) an der entsprechenden Gesamtbevölkerung. Im Gegensatz zur Beschäftigungsquote werden hier neben den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten
auch andere Erwerbstätige berücksichtigt; die Erwerbstätigenquote liegt daher höher als die Beschäftigtenquote.
Zugangsrisiko/Risiko, aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung heraus arbeitslos zu werden
Das Risiko, aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung heraus arbeitslos zu werden, bezieht den Zugang in Arbeitslosigkeit aus Beschäftigung am 1. Arbeitsmarkt einschließlich (außer-)betrieblicher Ausbildung eines Monats auf den Bestand
an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung des Vormonats. Um saisonale Schwankungen auszugleichen, wird ein gleitender Jahresdurchschnitt verwendet.
27