9.3 Allokationswirkungen verschiedener Arten von Transfers a) Freie monetäre Transfers b) Gebundene monetäre Transfers c) Realtransfers d) Einkommensabhängige Transfers e) Das Konzept der negativen Einkommenssteuer Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-76 a) Freie monetäre Transfers Erhöhen verfügbares Einkommen des Empfängerhaushalts. Budgetgerade verschiebt sich parallel nach aussen. (Graphik: siehe folgende Seite) Bewegung von E nach E : Einkommenseffekt Transferhöhe gemessen in Einheiten von x2 : AA (Spiegelbildlich zu Pauschalsteuer) Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-77 x2 A' A u1 u0 E' E Budgetgerade ohne mit Transfer B B' Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik x1 III-78 b) Gebundene monetäre Transfers Senken Preis der Aktivität, an die der Transfer gebunden (z.B. staatliche Zuschüsse zu Kauf von x1) (Graphik: siehe folgende Seite) zusätzlich zu Einkommenseffekt (E E ) ein Substitutionseffekt ( E E ). Transferhöhe (gemessen in Einheiten von x2 ) bei freiem Transfer ( AA FD ) ceteris paribus niedriger als bei gebundenem Transfer ( FE ). Daher Effizienzverlust: Um DE höherer Transferbedarf bei gleichem Nutzen ( u1). Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-79 x2 A' A u0 E' E '' E u1 D F B B' Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik B '' x1 III-80 c) Realtransfers (Freifahrt, Food Stamps): Freie Versorgung mit bestimmten Gut, z.B. x1min . Fall 1: „Kleine“ Mindestversorgung x2 A' Gleiche Wirkung wie freier monetärer Transfer: Kein Effizienzverlust A E' E u1 u0 x1min B B' Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik x1 III-81 Fall 2: Grosszügige freie Versorgung x2 Haushalt erhält mehr, als er „will“. Ein freier monetärer Transfer, der den Haushalt gleich gut stellt, würde weniger kosten (Effizienzverlust). A' A E' C E u1 u0 x1min B B' Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik x1 III-82 d) Einkommensabhängige Transfers Reduktion der Transferzahlung mit steigendem Einkommen wirken wie Steuer auf Einkommen ("implizite" Besteuerung). Konflikt zwischen – Verringerung der Transferausgaben des Staates durch "Zielgenauigkeit" – negativen Anreizwirkungen der impliziten Besteuerung Spezielle Probleme je nach Ausgestaltung der Transferregelung: i) Schwellenproblem ii) Armutsfalle Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-83 i) Schwellenphänomen bei fixen Transfers B bis zu bestimmter Einkommensgrenze y 0 . Gesamt- 45° einkommen B , wenn y y 0 Tr ( y ) 0 , sonst Tr y0 Markteinkommen Anreizwirkungen je nach Heterogenität der Individuen. Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-84 Heterogenität 1: Unterschiedliche Präferenzen, gleicher Lohnsatz (w) Einkommen wH tan ... Lohnsatz w A' A y0 B L2 L1 H Freizeit Arbeitszeit Mehr als L1 zu arbeiten lohnt sich nur für relativ "Arbeitswütige" (A’). Jedenfalls wählt niemand einen Arbeitseinsatz zwischen L1 und L2 . Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-85 Heterogenität 2: Gleiche Präferenzen, unterschiedliche Lohnsätze wH wL. Einkommen w HH wLH AH AL y0 B L2 H Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik Freizeit III-86 ii) "Armutsfalle" bei einkommensabhängigen Transfers der Form Gesamteinkommen B y , falls y B Tr ( y ) 0, sonst Tr B Markteinkommen Anreizwirkungen hängen von der Heterogenität der Individuen ab. Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-87 Heterogenität 1: Unterschiedliche Präferenzen, gleicher Lohnsatz (w) Einkommen wH E3 E2 C E1 B Freizeit H Individuen, die ohne Transfersystem E1 oder E2 wählen würden, ziehen Punkt C vor. Sie partizipieren nicht am Arbeitsmarkt. (Impliziter Steuersatz für y B ist 100 %). Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-88 Heterogenität 2: Gleiche Präferenzen, unterschiedliche Lohnsätze wH wL. Einkommen w HH UC wLH UH UL EH EL C H Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik Freizeit III-89 e) Das Konzept der negativen Einkommenssteuer („Flat rate tax“ mit uniformem lump-sum Transfer) Integriertes Steuer- und Transfersystem Steuertarif: T ( y ) t ( y yTr ) ty tyTr Steuersatz Transfer- Grundgrenze einkommen Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-90 T (y ) tyTr yTr Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik y III-91 Verfügbares Einkommen y v y v y T ( y ) (1 t )y tyTr Markteinkommen Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik Grundeinkommen ( yG ) III-92 45° T yv tan 1 t yG tyTr yTr y Hohe Umverteilungswirkung bei hohem yG und hohem t. Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-93 Auswirkungen auf Arbeitsangebotsentscheidungen y v (1 t ) w (H f ) tyTr Bruttoeinkommen y (Graphik: siehe folgende Seite) t = impliziter Steuersatz unterhalb von yTr = expliziter Steuersatz oberhalb yTr . TENDENZIELL: negativer Anreizeffekt umso geringer, je geringer yG und t. (Konflikt zu Umverteilungsziel und Steueraufkommen). Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-94 Einkommen tan w tan (1 t )w ED Transferhöhe wH yG (1t )wH yTr E yG tyTr D Freizeit H Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-95 Heterogene Fähigkeiten (wHwL) Einkommen w HH yG + (1-t)wHH yG + (1-t)wLH wLH MH EH EL ML C yG H wL wH Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik Freizeit III-96 10. Auswirkungen von Steuern auf das Marktgleichgewicht 10.1 Allgemeine Überlegungen und Begriffe 10.2 Inzidenzanalyse bei perfektem Wettbewerb 10.3 Verteilungswirkungen spezifischer Förderungen 10.4 Inzidenz auf unvollkommenen Märkten 10.5 Partialanalyse vs. allgemeines Gleichgewicht Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-97 10.1 Allgemeine Überlegungen und Begriffe Gesetzliche Steuerinzidenz: Wie verteilt sich die Steuerlast auf die vom Gesetz vorgesehenen Steuerdestinatare? Ökonomische Steuerinzidenz: Wer trägt tatsächlich wieviel von der Steuerlast nach Ablauf der Überwälzungsvorgänge (Vorwälzung, Rückwälzung, Querwälzung)? Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-98 BEISPIEL: Sozialversicherungsbeiträge gesetzlich: Arbeitgeberbeiträge, Arbeitnehmerbeiträge ökonomisch: Vor- oder Rückwälzung auf Preise bzw. Löhne möglich Traditionell übliche Sicht: – direkte Steuern werden nicht überwälzt – indirekte Steuern werden überwälzt Ergebnis der ökonomischen Analyse: Überwälzung hängt von Marktkräften ab. Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-99 10.2 Inzidenzanalyse bei perfektem Wettbewerb Fall 1: Mengensteuer (auf spezielles Gut), die von Produzenten (Anbietern) eingehoben wird. pb pn t (Graphik: siehe folgende Seite) Steueraufkommen: Davon tragen die Nachfrager: die Anbieter: tx pb pn x pb p0 x p0 pn x Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-100 p MC t bzw. S( p t ) D( p) pb p0 MC bzw. S( p) t E' E pn x' x0 Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik x III-101 VARIATIONEN (Extremfälle) i) völlig elastisches Angebot p D pb MC t pn p0 MC x' x0 x Die gesamte Steuer wird von den Nachfragern bezahlt (vollständige Überwälzung) Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-102 ii) völlig unelastische Nachfrage p D MC t MC pb pn p0 x'x0 x Die gesamte Steuer wird von den Nachfragern bezahlt (vollständige Überwälzung). Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-103 iii) völlig unelastisches Angebot p " MC t MC (für MC )" D pb p0 p n t x'x0 x Die gesamte Steuer wird von den Anbietern bezahlt (keine Überwälzung) Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-104 iv) völlig elastische Nachfrage p MC t MC pb p0 D pn x' x0 x Die gesamte Steuer wird von den Anbietern bezahlt (keine Überwälzung). Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-105 Fall 2: Mengensteuer, die von Nachfragern eingehoben wird. p D( p t ) D( p) MC bzw. S( p) pb p0 pn x' x0 x Einhebung vom Nachfrager (statt vom Anbieter) ändert an Verteilungswirkungen nichts. Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-106 VARIATIONEN: i) elastisches Angebot p D( p) D( p t ) D D pb pn p0 MC x' x0 x gesamte Steuer tragen Nachfrager Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-107 ii) unelastisches Angebot p D " MC " bzw. S D pb p0 pn x'x0 x gesamte Steuer tragen Anbieter Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-108 Fall 3: Wertsteuer T t pn x (statt Mengensteuer): p pb pb pn (1 t ) MC(1 t ) D MC E' E p0 pn x' x0 x Wertsteuer mit gleichem Steueraufkommen wie Mengensteuer führt zum selben Marktgleichgewicht E und hat gleiche Verteilungswirkungen. (Ob E durch eine zu MC parallel verschobene oder gedrehte Gerade festgelegt wird, spielt keine Rolle.) Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-109 BEISPIEL: Inzidenz lohnabhängiger Abgaben Lohnsatz S D S D wb S D w0 wn L' L0 Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik Arbeit III-110 Ob Steueraufkommen w b w n L durch – reinen Arbeitnehmerbeitrag ( S und D relevant) – reinen Arbeitgeberbeitrag (S und D relevant) – gemischte Beiträge ( S und D relevant) eingehoben wird, ist für die Verteilungswirkung irrelevant. Allein Elastizität von D bzw. S für Änderungen w b w 0 bzw. w 0 w n massgeblich! (Vgl. Ricardo bis moderne Faktormobilität). Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-111 10.3 Verteilungswirkungen spezifischer Förderungen (z.B. Wohnbauförderung, Wohnungsbeihilfe, Zuschüsse zu Versicherungsprämien) Konsument zahlt um Zuschuss s reduzierten Produzentenpreis pb pn s. Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-112 p D( p) p D( p s ) S( p ) E' n p0 E D pb x0 x ' x Spiegelbildlich zu Steuerinzidenz kommt der Zuschuss vor allem der relativ unelastischen Marktseite zugute. Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-113 10.4 Inzidenz auf unvollkommenen Märkten Auf unvollkommenen Märkten kann vieles anders sein. i) Monopolmärkte: Zwar gilt: je steiler die Grenzkostenkurve, desto eher trägt Anbieter die Steuer Aber: Einerseits kann der Monopolpreis auch um mehr als die Steuer steigen (z.B. bei isoelastischen Nachfragekurven. Konstanter mark-up). Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-114 Andererseits ist es möglich, dass die Überwälzung auf die Nachfrager auf einem Monopolmarkt niedriger ist als im Polypol (z.B. bei linearer bzw. konkaver Nachfragekurve). Weiters: ii) Mengen- und Wertsteuer haben verschiedene Wirkung. Verhandelte Preise (z.B. Löhne) Gesetzliche Inzidenz kann bargaining power beeinflussen und daher auch für ökonomische Inzidenz bedeutsam sein. Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-115 10.5 Partialanalyse vs. allgemeines Gleichgewicht Partialanalyse Überwälzung auf einem einzelnen Markt (Sektor) wird analysiert. Allgemeines Gleichgewicht: Wenn ein Sektor gross ist, können Überwälzungsvorgänge in diesem Sektor Auswirkungen auf das Gesamtsystem haben, mit unerwarteten Rückkoppelungen: Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-116 BEISPIEL: Körperschaftsteuer (Harberger-Modell) Steuer auf Kapitaleinkommen in Aktiengesellschaften belastet nicht zwangsläufig die Gewinne oder die von Kapitalgesellschaften produzierten Güter, sondern kann je nach Kapitalintensität in den betreffenden Sektoren – auch auf Löhne – oder Güter in anderen Sektoren überwälzt werden. Teil III – Realisierung der öffentlichen Funktionen durch die Steuerpolitik III-117
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