Vergleichende Darstellung der Verbrennung in Rostfeuerung und Drehrohr Vergleichende Darstellung der Verbrennung in Rostfeuerung und Drehrohr Andreas Neuss und Horst Suchomel 1. Entwicklung der Mitverbrennung von gefährlichen Abfällen in MVA............................................................520 2. Gefährlicher Abfall......................................................................................522 3. Verbrennungsverfahren..............................................................................523 3.1. Rostfeuerung.................................................................................................524 3.2. Drehrohrtechnik..........................................................................................526 4. Vergleich der Verbrennung in SAV und MVA.........................................530 4.1. Aufgabesysteme............................................................................................531 4.2. Verbrennungsbedingungen........................................................................531 4.3. Schadstoffeinbindung..................................................................................533 4.4. Vergleich der Verbrennungsrückstände....................................................533 5. Behandlung vorgemischter Abfälle............................................................534 6. Rolle der SAV als Schadstoffsenke/Ausschleusen aus dem Stoffkreislauf .................................................................................535 7. Zusammenfassung und Ausblick...............................................................536 8. Quellen..........................................................................................................537 Bei der Verbrennung gefährlicher Abfälle steht die Verbrennung im Drehrohr im Wettbewerb zur Verbrennung auf dem Rost, zwei grundsätzlich unterschiedliche Techniken, die allerdings für denselben Zweck eingesetzt werden. Mit diesem Beitrag soll die Technik in einen Vergleich gestellt werden, um damit einen Beitrag zu leisten bei der Beurteilung, welche Technik für die Verbrennung gefährlicher Abfälle am besten geeignet ist. 519 Gefährliche Abfälle Zunehmende Mengen an gefährlichen Abfällen werden in Hausmüllverbrennungsanlagen mitverbrannt, was kritisch zu betrachten ist. Andreas Neuss, Horst Suchomel Der Bundesverband Deutscher Sonderabfallverbrennungsanlagen e.V. vertritt die Belange der deutschen Sonderabfallverbrennungsanlagen, indem er sich • gegenüber der Öffentlichkeit, • gegenüber Politik und Behörden auf europäischer, Bundes- und Landesebene, oder sonstigen Gremien und Einrichtungen, • gegenüber nationalen und internationalen Interessengruppen, Fachverbänden und Einzelunternehmen, • durch seine Mitgliedschaft im europäischen Verband der Sonderabfallverbrennungsanlagen (EURITS) für eine breite Akzeptanz und Förderung der Sonderabfallverbrennung im Drehrohrofen einsetzt. Der BDSAV verfolgt das Ziel einer technisch hochwertigen, sicheren und umweltverträglichen Behandlung von gefährlichen Abfällen. Dabei ist auf eine größtmögliche Transparenz der Entsorgungsvorgänge zu achten, damit das Vertrauen von Erzeugern und Öffentlichkeit sichergestellt ist. Die Behandlung gefährlicher Abfälle außerhalb von Hochtemperaturverbrennungsanlagen (SAV) kann nur dann akzeptiert werden, wenn diese mindestens genauso umweltverträglich ist wie diejenige in einer SAV. Höchste Umweltstandards können nur dann gewährleistet werden, wenn die optimale Behandlungsmethode bereits am Ort der ursprünglichen Abfallentstehung festgelegt wird. Das Vermischen mit anderen Abfällen zur Verdünnung von Schadstoffbelastungen lehnt der BDSAV demzufolge ab. Derzeit vertritt der BDSAV acht Unternehmen, die über eine Behandlungskapazität von etwa 900.000 t/a verfügen, entsprechend etwa 65 Prozent der öffentlich zugänglichen Kapazität. Damit bilden sie das Rückgrat der Entsorgung gefährlicher Abfälle in Deutschland und tragen maßgeblich zur Sicherstellung der industriellen Produktion bei. An allen Standorten wird die bewährte Verbrennungstechnik der Kombination aus Drehrohrofen und Nachbrennkammer angewendet, die es erlaubt, die gesamte Palette an thermisch zu behandelnden gefährlichen Abfällen (flüssig, fest, pastös, gasförmig, verpackt) sicher und umweltverträglich zu entsorgen. Der Energieinhalt der Abfälle wird – entsprechend den Abfalleigenschaften und Standortgegebenheiten – durch Dampferzeugung und/oder Verstromung effizient genutzt. Die Abgasreinigung entspricht der besten verfügbaren Technik und ist für hohe Schadstoffgehalte, insbesondere auch Spitzenbelastungen im Abgas, ausgelegt. Gefährliche Abfälle 1. Entwicklung der Mitverbrennung von gefährlichen Abfällen in MVA Hinsichtlich der Entwicklung der Mengen an gefährlichen Abfällen, die in Hausmüllverbrennungsanlagen mitverbrannt werden, in den letzten Jahren wird auf [11] verwiesen. Darin wurden im Wesentlichen die Ergebnisse einer Studie von Prognos vorgestellt, die der BDSAV anfertigen ließ. 520 Vergleichende Darstellung der Verbrennung in Rostfeuerung und Drehrohr Menge t 400.000 350.000 300.000 250.000 200.000 150.000 100.000 50.000 2010 Bild 1: 2011 2012 Nordrhein-Westfalen 2013 Deutschland 2014 Entwicklung der Mengen der in Deutschland in den MVA verbrannten gefährlichen Abfälle 2010–2014 Die Fortschreibung dieser Mengen zeigt zum einen, dass sich der Trend einer steigenden Menge von gefährlichen Abfällen in Hausmüllverbrennungsanlagen bis in das Jahr 2014 fortgesetzt hat: Die Mengen sind auch im Jahr 2014 wieder gestiegen, auf nunmehr 350.000 Tonnen. Aufgrund der aktuellen Marktentwicklung, die zu einer besseren Auslastung der Hausmüllverbrennungsanlagen durch Hausmüll und Gewerbeabfälle führt, wird sich dieser Trend im letzten Jahr umgekehrt haben. Anteil % 70 60 50 40 30 20 10 0 2002 2011 15 02 02 19 12 11 Gegenüberstellung der AVV-Codes im Jahr 2002 und 2011 Im letzten Jahr hatten wir in unserer Darstellung u.a. ausgeführt, dass sich eine Verlagerung der Abfallschlüssel über die Jahre ergeben hat, hin zu dem Schlüssel 19 12 11* – sonstige Abfälle (einschließlich Materialmischungen) aus der mechanischen Behandlung von Abfällen, die gefährliche Stoffe enthalten – als Ersatz für den eigentlich 521 Gefährliche Abfälle Bild 2: 19 02 04 Andreas Neuss, Horst Suchomel anzuwendenden Schlüssel 19 02 04* für vorgemischte Abfälle. Da dieser bis auf einige wenige Ausnahmen allerdings nicht im Katalog der meisten Hausmüllverbrennungsanlagen enthalten ist, wird auf den Ersatzschlüssel ausgewichen. Interessant ist hier der Vergleich mit den Ergebnissen einer Prognos-Studie von 2004: Damals wurde der weitaus überwiegende Anteil der Abfälle unter AVV – Schlüsseln angeliefert, die nicht Misch-Schlüssel waren. Dieses hat sich gravierend verändert. Der weitaus überwiegende Anteil der in den MVA verbrannten gefährlichen Abfälle wird aus sogenannten Vorbehandlungsanlagen angeliefert, die unterschiedliche Abfälle verschiedener Erzeuger mit unterschiedlichen entwickelten technischen Mitteln aufbereiten und vermischen. Diese Abfallgemische werden dann über die Bunker der MVA auf Rostfeuerungen verbrannt. Diese Darstellungen in Fortschreibung unseres letztjährigen Beitrages erscheinen uns im Kontext einer bezogen auf den Abfall angemessenen thermischen Behandlung gefährlicher Abfälle wichtig. Im aktuellen Beitrag wollen wir die Angemessenheit durch Darstellung der Unterschiede bei der Verbrennung auf dem Rost und im Drehrohr begründen, und damit einen Beitrag leisten zur objektiven Beurteilung des Behandlungsverfahrens in Bezug auf die Belastung des gefährlichen Abfalls. Aus unseren vielfältigen Diskussionen mit Vertretern von Behörden, die für die Beurteilung von Entsorgungsverfahren zuständig sind, und auch mit Abfallerzeugern, die letztlich für die ordnungsgemäße Entsorgung ihrer Abfälle bis zu derem Endverbleib verantwortlich sind, ist uns das Fehlen dieser Beurteilungsgrundlage klar geworden. Diese Wissenslücke zu schließen, soll dieser Beitrag eine Hilfestellung sein. 2. Gefährlicher Abfall Gefährliche Abfälle Die Einstufung eines Abfalls als gefährlich oder nicht gefährlich basiert auf dem Europäischen Chemikalienrecht, insbesondere der CLP-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008. Auf dieser Grundlage erfolgt die Übertragung in das Europäische Abfallrecht durch die Verordnung (EU) Nr. 1357/2014, mit welcher der Anhang III der Abfallrahmenrichtlinie 2008/98/EG an die novellierten chemikalienrechtlichen Vorgaben angepasst HP 1 explosiv HP 2 brandfördernd HP 3 entzündbar HP 4 reizend – Hautreizung und Augenschädigung HP 5 spezifische Zielorgan Toxizität (STOT)/Aspirationsgefahr HP 6 akute Toxizität HP 7 karzinogen HP 8 ätzend HP 9 infektiös HP 10 reproduktionstoxisch HP 11 mutagen HP 12 Freisetzung eines akut toxischen Gases HP 13 sensibilisierend HP 14 ökotoxisch HP 15 Abfall, der eine der oben genannten gefahrenrelevanten Eigenschaften entwickeln kann, die der ursprüngliche Abfall nicht unmittelbar aufweist 522 Tabelle 1: Gefahrenrelevante Eigenschaften von Abfällen Vergleichende Darstellung der Verbrennung in Rostfeuerung und Drehrohr wird, wobei keine wesentliche Änderung zur bisherigen Systematik stattfindet. Die HKriterien des bisherigen Chemikalienrechts werden abgelöst und durch die folgenden in diesem Anhang aufgeführten gefahrenrelevanten Eigenschaften der Abfälle (HP = Hazardous Properties) neu definiert sowie Berücksichtigungsgrenzwerte festgelegt: Mit dem Beschluss der Kommission 2014/955/EU wird auch das Europäische Abfallverzeichnis fortgeschrieben. Die Systematik der Kennzeichnung von als gefährlich eingestuften Abfallarten mit einem Sternchen bleibt bestehen. Der Beschluss enthält eine Sonderregelung, in der bestimmt wird, dass Abfälle generell als gefährlich gelten, die persistente organische Schadstoffe (POPs, derzeit 24 eingestufte Stoffe bzw. Stoffgruppen) in Konzentrationen enthalten, die die Grenzwerte im Anhang IV der POP-Verordnung (EG) Nr. 850/2004 überschreiten. In Deutschland werden diese beiden Europäischen Regelungen vom 18.12.2014 durch die Novellierung der Abfallverzeichnis-Verordnung – AVV umgesetzt. Bei der thermischen Behandlung von gefährlichen Abfällen kommt es auf eine möglichst hohe Zerstörungseffizienz organischer Inhaltsstoffe an, um diese vollständig aus der Umwelt und den Stoffkreisläufen auszuschleusen. Anorganische Schadstoffe wie Schwermetalle sind in die festen Rückstände sicher einzubinden und anschließend abzulagern. Die entsprechenden technischen Lösungen sind in den folgenden Kapiteln dargestellt. 3. Verbrennungsverfahren In einer Verbrennungsanlage werden die Abfälle unter Zugabe von Verbrennungsluft oxidiert/mineralisiert. Kohlenwasserstoffverbindungen werden dabei aufgespalten, so dass nach der vollständigen Verbrennung auf dem Rost bzw. Drehrohr und der Nachbrennkammer als Verbrennungsprodukte CO2, Wasser(dampf), und mineralische Bestandteile temperaturabhängig in Form von Aschen oder gesinterten bzw. glasartigen Schlacken (oberhalb des Erweichungspunktes) verbleiben. Die bei der Verbrennung entstehenden Abgase werden bei den beiden betrachteten Verbrennungsverfahren in den Abgasreinigungsanlagen gereinigt, die in unterschiedlicher Zusammenstellung aus Elektrofiltern, Wäschern, Aktivkohlefiltern, Katalysatoren und Tuchfiltern bestehen. Anlagen mit Rost- oder Drehrohrfeuerung unterscheiden sich in dieser Technik nicht wesentlich, da beide Anlagentypen die Vorgaben der 17. BImSchV einhalten müssen. Die genaue Auslegung der Abgasreinigungsanlagen wird individuell, u. a. nach Art der Belastung der Abfälle, festgelegt. 523 Gefährliche Abfälle Als technische Standards haben sich am Markt die Rostfeuerung, die Drehrohrfeuerung und mit Einschränkungen verschiedene Wirbelschichtverfahren durchgesetzt. Alternative Verfahren wie Pyrolyse- oder Plasmaverfahren bieten an sich keine verfahrenstechnischen Vorteile und konnten sich – insbesondere in Europa – nicht durchsetzen. Der Vergleich beschränkt sich daher auf die Verfahren Rostfeuerung und Drehrohrfeuerung. Andreas Neuss, Horst Suchomel Die bei der Verbrennung freiwerdende Wärme wird in den den Verbrennungsräumen nachgeschalteten Kesseln zur Dampferzeugung genutzt. Je nach Standort der Anlage und Wärmenutzungsmöglichkeiten wird der Dampf z.B. in Fernwärmenetze eingespeist, oder zur Stromerzeugung genutzt. Die beiden Verbrennungstypen unterscheiden sich hier dadurch, dass Rostfeuerungsanlagen, die für Hausmüll oder hausmüllähnliche Gewerbeabfälle konzipiert sind, für höhere Dampfparameter (Druck + Temperatur) ausgelegt sind. Bei Sonderabfallverbrennungsanlagen liegen diese niedriger, da durch die höhere Belastung der gefährlichen Abfälle z.B. mit Chlor Korrosionsprobleme bei den Wärmetauschern im Kessel vermieden werden sollen. Die technischen Anforderungen an die Verbrennung von Abfällen sind in der 17. BImSchV formuliert. Im Wesentlichen sind dies außer den Emissionsparametern, die für die Verbrennung von gefährlichen und nicht gefährlichen Abfällen gleich sind, die folgenden Temperaturen der Verbrennungsgase, die nach der letzten Verbrennungsluftzuführung einzuhalten sind: > 1.100 °C bei der Verbrennung von gefährlichen Abfällen mit einem Halogengehalt aus halogenorganischen Stoffen von > 1 %, > 850 °C bei der Verbrennung aller sonstigen Abfälle. Die Verbrennungsverfahren müssen geeignet eingesetzt werden, d.h. die Zusammensetzung des Abfalls sollte anhand von Analysen im betriebseigenen Labor bekannt sein. 3.1. Rostfeuerung Gefährliche Abfälle Die erste Hausmüllverbrennungsanlage in Deutschland wurde ab 1896 in Hamburg betrieben. Motivation waren damals die verheerenden hygienischen Zustände, die zu Ausbrüchen von Seuchen wie z.B. Ruhr, Cholera und Typhus führten. Diese Hygienisierung der Abfälle ermöglichte auch eine Volumenreduzierung und eine Gewinnung von Wertstoffen wie z.B. Metallen aus der Asche. Eine Wärmenutzung erfolgte seinerzeit noch nicht. Rostfeuerungsanlagen sind für die Verbrennung fester Abfälle besonders geeignet, die fast ohne Aufbereitung (ggfs. Sperrmüllschredder) direkt auf die Roste aufgegeben werden. Eine Vermischung und Konditionierung mit dem Ziel einer weitgehenden Homogenisierung der Abfälle erfolgt im Bunker der Verbrennungsanlage. Über eine Beschickungseinrichtung, die aus einer Schleuse und einem Aufgabetisch besteht, wird der Abfall auf den Rost aufgegeben. Im Einsatz sind Roste unterschiedlicher Bauart, z.B. Walzen-, Vorschub- oder Wanderroste. Die Roste werden entweder durch die von unten zugeführte Verbrennungsluft oder zusätzlich durch in den einzelnen Rostelementen 524 Vergleichende Darstellung der Verbrennung in Rostfeuerung und Drehrohr zirkulierendes Wasser gekühlt. In der ersten Zone des Rostes findet eine Trocknung des Abfalls statt, bei Temperaturen > 100 °C durch Verdampfung des Wasseranteils. In der nächsten Zone erfolgt im Temperaturbereich von 200–600 °C eine Entgasung des Abfalls. Mit Erreichen des Flammpunktes der Entgasungsprodukte setzt die Verbrennung ein, die unterstöchiometrisch bei Temperaturen von 800–1.150 °C im Brennraum über dem Abfall-/Aschebett stattfindet. Auf der letzten Rostzone erfolgt der Restausbrand. Bild 4: Blick auf eine Rostfeuerung Die Temperatur im Aschebett auf dem Rost steigt von zunächst 20 bis 200 ° C in der Trocknungszone auf 200 bis 600 °C in der Verbrennungszone, und sinkt wieder auf 300 °C in der Ausbrandzone. Die Zuführung der Verbrennungsluft erfolgt von unten durch die Roste und den Abfall. Da die Luft deutlich kälter ist als die Temperatur auf dem Rost, kühlt die Luft die Rostelemente, allerdings auch die Brennzone. Temperaturen, die für die Verbrennung von höher chlorbelasteten Abfällen notwendig sind, lassen sich mit einer Rostfeuerung i. d. R. nicht erreichen. Abfall Flugasche 20 kg Flugasche / t Abfall 930 °C 0,1 kg Unverbranntes / t Abfall Sekundärluft Asche 1.200 °C 200 °C 240 kg Asche / t Abfall Asche: 20-200 °C 4 kg Unverbranntes / t Abfall Asche: 200-600 °C 10 °C Asche: 300 °C 300 °C Rostdurchfall Primärluft Kalter Bypass Rostdurchfall 80 °C 1 kg Unverbranntes / t Abfall Bild 5: Verbrennungsbedingungen in einer Rostfeuerung 525 Gefährliche Abfälle 10 kg Asche / t Abfall Andreas Neuss, Horst Suchomel Der Rostdurchfall, d.h. die durch die Lücken im Rost fallenden kleineren Partikel, werden mehr oder weniger verbrannt als Asche in den Nassentschlacker gefördert. Eine zweite Möglichkeit des sogenannten kalten Bypasses ist Material, das über den Rost rollt oder rutscht und ebenfalls mehr oder weniger verbrannt im Nassentschlacker landet. In der Asche finden sich somit etwa 5 kg/t unverbranntes Material, das in der anschließenden Aufbereitung aussortiert und erneut der Verbrennung zugeführt wird. Bild 6: Aussortierte, unverbrannte Bestandteile Die Verbrennungsgase werden durch Zufuhr von Sekundärluft ausgebrannt und kühlen in der Nachbrennkammer auf > 850 °C ab. Nach der weiteren Abkühlung im Dampferzeuger erfolgt anschließend deren Reinigung durch die Abgasbehandlungsanlage. 3.2. Drehrohrtechnik Gefährliche Abfälle Die erste Sonderabfallverbrennungsanlage mit einem Drehrohr wurde 1964 bei der BASF in Ludwigshafen in Betrieb genommen. Vorher wurden ab 1956 Versuche mit einem Schachtofen zur Entsorgung von flüssigen und pastösen Rückständen durchgeführt. 1960 wird für die Entsorgung eigener Sonderabfälle der BASF eine Rostofenanlage mit einem Durchsatz von etwa 3,8 t/h in Betrieb genommen, in der auch Hausmüll der Stadt Ludwigshafen mitverbrannt wird. Allerdings bringen die höheren Heizwerte des Sonderabfalls und dessen stark schwankende Zusammensetzung Probleme auf dem Rost mit sich. Kunststoffabfälle, feste und pastöse Abfälle führen sowohl zu einem verstärkten Schlackefluss und damit einer starken Abdeckung des Rostes als auch zu einem Durchtropfen und Zünden unter dem Rost. Da flüssige Bestandteile des Abfalls durch den Rost tropfen konnten und zu einer Kontamination der Schlacke führten, wurde diese Technik bei der BASF nicht weiterverfolgt. Im Jahr 1964 wurden die ersten beiden Drehrohröfen in Betrieb genommen, in Verbindung mit einer Nachbrennkammer. Der Verbrennungsraum des Drehrohres besteht bei einem Einsatz für die Sonderabfallverbrennung aus einem 10 bis 15 m langen Rohr mit einem Durchmesser von 2,5 bis 5 m, das in Längsrichtung < 3 ° Richtung Auslauf geneigt ist und mit einer Drehzahl von etwa 526 Wir sind die Guten! Ralf Schuster Schlosser, 19 Jahre bei J+ Als Experten im Feuerfestbau schaffen wir innovative Lösungen für alle Industriebereiche. Seit mittlerweile mehr als 75 Jahren. Weltweit. Dabei hat uns immer die Nähe zu unseren Kunden stark gemacht. Denn wir konzentrieren uns auf die individuellen Bedürfnisse unserer Geschäftspartner und beantworten diese mit maßgeschneiderten Gesamtlösungen. Grenzen im Feuerfestbau kennen wir nicht. In diesem Sinne sind wir gerne uneingeschränkt für Sie da. Jünger+Gräter GmbH • D-68723 Schwetzingen • www.jg-refractories.com Vergleichende Darstellung der Verbrennung in Rostfeuerung und Drehrohr 0,3 min-1 rotiert. Dadurch wird das Verbrennungsgut Richtung Auslauf transportiert. Das Rohr und die Nachbrennkammer sind komplett mit einer Ausmauerung versehen, die gegen chemische, thermische und mechanische Beanspruchung schützen soll. Am Ende des Drehrohres ist die Ausmauerung i. d. R. als Schwelle hochgezogen, damit die Schlacke zurückgehalten wird. Damit wird ein besserer Ausbrand erreicht. Grundsätzlich werden im Drehrohr feste, flüssige, pastöse und gasförmige Abfälle verbrannt. Die Zuführung erfolgt dabei durch unterschiedliche Aufgabesysteme (Brenner, Lanzen, Schurre) an der Stirnseite des Drehrohres. Da verschiedene Abfälle nicht selbstgängig brennen, erfolgt über Brenner/Lanzen die Zugabe von heizwertreichen Flüssigkeiten zur Stützfeuerung bzw. zur Erhaltung einer Mindesttemperatur im Brennraum. Vergleichbar der Verbrennung auf dem Rost erfolgt in den ersten Metern des Drehrohres eine Trocknung des Abfalls. Nach Entgasung und Zündung verbrennen die brennbaren Bestandteile des Abfalls. Nicht brennbare Bestandteile werden in die Schlacke eingebunden. Auf der Wandung des Drehrohres bildet sich dabei ein einheitlicher, dickflüssiger Schlackepelz, der durch die Rotation des Drehrohres laufend umgewälzt wird. Damit wird ein gleichmäßiger Ausbrand der Abfälle erreicht. Der Anteil an unverbrannten Abfällen ist wesentlich geringer als bei der Rostfeuerung und liegt bei deutlich unter einem Prozent. Die Temperaturen im Schlackebett liegen bei 1.000 bis 1.300 °C und sind damit deutlich höher als die Temperaturen im Aschebett einer Rostfeuerung. In der Nachbrennkammer liegen die Temperaturen im Bereich von 1.000 bis 1.250 °C und damit ebenfalls über den Temperaturen der Nachbrennzone einer Rostfeuerung. Durch die hohen Temperaturen und die Umwälzung der Abfälle während der Verbrennung bildet sich eine gesinterte bis verglaste Schlacke. Bild 7: Blick in Drehrohr und Nachbrennkammer Zum System gehört die adiabatisch ausgelegte Nachbrennkammer, in welche die heißen Gase aus dem Drehrohr geleitet werden. Durch Zugabe von erneuter Verbrennungsluft (Sekundärluft) wird eine Nachverbrennung und Zerstörung der gasförmigen kohlenwasserstoffhaltigen Restbestandteile des Abfalls erreicht. Die Verbrennungsluft wird wie der Großteil der Abfälle als Primärluft über die Stirnwand aufgegeben, und durchströmt das Drehrohr in Richtung Schlackeaustrag. Der Sauerstoff-Überschuss im Drehrohr ist mit λ > 2 deutlich über dem einer Rostfeuerung. 529 Gefährliche Abfälle Das Phänomen des Rostdurchfalls und des kalten Bypasses kann bei der Verbrennung im Drehrohr nicht auftreten, da das Rohr einen umschlossenen und dichten Verbrennungsraum bildet. Andreas Neuss, Horst Suchomel Abfall Flugasche 40 kg Flugasche / t Abfall 0,04 kg Unverbranntes / t Abfall Abfallgebinde Sekundärluft 1.100 bis 1.250 °C Schlacke 200 kg Grobschlacke/ t Abfall Unverbranntes / t Abfall: < 1.000 mg/kg EOX 1.000 bis 1.300 °C Primärluft Schlacke Bild 8: 80 °C Verbrennungsbedingungen im Drehrohr 4. Vergleich der Verbrennung in SAV und MVA Mit den beiden Verbrennungstechnologien Rost- und Drehrohr-Feuerung stehen zwei ausgereifte Systeme zur Verfügung, in denen die jeweils dafür vorgesehenen und geeigneten Abfälle sicher und schadlos für die Umwelt, bei bestmöglicher Reinigung der Abgase, verbrannt werden. Jedes System hat dabei andere Stärken, die bei der Wahl der eingesetzten Abfälle zu berücksichtigen sind. Für die Rostfeuerung stehen die Nutzung von Energie bei der Verbrennung von Hausmüll und Gewerbeabfall sowie die Rückgewinnung von Eisen und NE-Metallen aus den Aschen im Vordergrund. Für die Sonderabfallverbrennung ist die höchste Priorität die effiziente Zerstörung von gefährlichen oder schädlichen organischen Komponenten. Anorganische gefährliche Bestandteile sollen nach nicht umkehrbarer Umwandlung in einen ungefährlichen Zustand sicher deponiert werden. Eingesetzte und bei der Verbrennung freigesetzte Energie werden dabei bestmöglich genutzt, auch werden Metalle und Schrotte soweit möglich aussortiert. Tabelle 2: Prioritäten bei der Verbrennung auf dem Rost und im Drehrohr Gefährliche Abfälle Rostfeuerung Priorität Effiziente Zerstörung organischer Komponenten Transfer von anorganischen gefährlichen Komponenten in einen ungefährlichen Zustand Nutzung von Energie und Material 530 Drehrohrverbrennung Vergleichende Darstellung der Verbrennung in Rostfeuerung und Drehrohr 4.1. Aufgabesysteme Die Rostfeuerung ist gedacht für die Verbrennung von stückigen, heterogenen Abfällen. Bei der Drehrohrfeuerung können unterschiedliche Abfälle über verschiedene Aufgabesysteme dem Verbrennungsraum zugeführt werden: Tabelle 3: Aufgabesysteme bei Rost- und Drehrohrfeuerung Rostfeuerung Aufgabesystem Drehrohrverbrennung • Bunker + Greifer • Fassaufzug • Lanzen für Flüssigkeiten (Tanklager) • Lanzen für Flüssigkeiten (Direktverbrennung) • Lanze für schlammige Stoffe • Lanze für Gase • Lanze für Stäube • Die Drehrohrtechnik ist damit flexibel auf die verschiedensten Abfallkonsistenzen einstellbar, die mit wechselnden Anteilen am gesamten Verbrennungsmenü eingesetzt werden können. Bei der Rostfeuerung werden nur in Ausnahmefällen flüssige Abfälle, z.B. Deponiesickerwasser, mit eingedüst, oder klinische Abfälle in Fässern über besondere Vorschaltsysteme mitbehandelt. 4.2. Verbrennungsbedingungen Bei der Verbrennung von Hausmüll und Gewerbeabfall in einer Rostfeuerung liegt ein Hauptaugenmerk auf der Energieerzeugung. Diese funktioniert am besten, wenn gleichmäßige Bedingungen (Wärmestrom im Kessel) herrschen. Die Steuerung der Verbrennung legt bei der Rostfeuerung den Fokus darauf, diese Bedingungen zu erreichen, z.B. durch geeignete Abfallaufgabe und Steuerung der Verbrennungsluft in Abhängigkeit vom Heizwert des verbrannten Abfalls. Durch möglichst große Bunker und eine intensive Mischung der Abfälle im Bunker wird dabei versucht, einen homogenen Brennstoff zu erzeugen. Bei einer Verbrennung im Drehrohr können aufgrund der unterschiedlichen Ziele die Bedingungen dem jeweils zu zerstörenden Abfall angepasst werden, durch Variation verschiedener Parameter: Einflussparameter für eine schadlose Verbrennung im Drehrohr Parameter Ziel T = Time = Zeit T= Temperature = Temperatur Vollständiger Ausbrand = Zerstörung und Einbindung T = Turbulence = Durchmischung von Schadstoffen T = Type of waste = Abfallart T = Throughput = Durchsatz Technische Umsetzung Anpassung Ausbrandzone, Zuführung Abfall Temperaturerhöhung im Drehrohr durch Heizwertregelung Anpassung Drehgeschwindigkeit z. B. Zugabe von schadstoffbindenden Komponenten Durchsatzanpassung 531 Gefährliche Abfälle Tabelle 4: Andreas Neuss, Horst Suchomel Dieses Prinzip, der 3-T (Time, Temperature, Turbulence), hier erweitert auf ein 5-TPrinzip, wird im BREF-Dokument als beste verfügbare Technik für die thermische Behandlung von gefährlichen Abfällen beschrieben. Als analytisch bestimmbarer Leitparameter dient dabei der TOC, der nach der Richtlinie 2010/75/EU (IED), Artikel 50 in Schlacke oder Asche < 3 % sein soll. In Versuchen in einem unserer Mitgliedsunternehmen wurde zunächst statistisch abgesichert, dass der visuelle Eindruck des Bedienpersonals zur Ausbrandqualität, wahrnehmbar über Aussehen und Geruch der Rohschlacke, sich mit den analytischen Ergebnissen deckt. Die linke Darstellung zeigt den Einfluss der Zeit auf die Ausbrandqualität. Dies wurde erreicht, indem im Drehrohr die Position verändert wurde, ab der der Abfall nicht mehr brennt, und damit voll ausgebrannt war. Wenn diese Position bei Null Metern liegt, der Abfall also das Drehrohr noch brennend verlässt, ist die Ausbrandqualität schlecht. Bei mehr als ein Meter ist die Ausbrandqualität gut. Die rechte Darstellung zeigt den Einfluss der Temperatur auf die Ausbrandqualität. Bei höherer Temperatur ist der Ausbrand höher. Temperaturen unter 930 °C wurden bei diesen Versuchen nicht gefahren. T °C 1.250 Position m 5 1.200 4 1.150 3 1.100 1.050 2 1.000 xxxxxxx 1 950 900 0 1: schlecht Bild 9: 2: gut 8 7 0,250 6 0,225 5 0,200 4 3 0,175 2 0,150 1 1: schlecht 532 3: sehr gut Durchsatz t/u 9 0,275 Bild 10: 2: gut Einfluss von Zeit und Temperatur auf die Qualität des Ausbrandes Turbulenz U/min 0,300 Gefährliche Abfälle 1: schlecht 3: sehr gut 2: gut 3: sehr gut 1: schlecht 2: gut 3: sehr gut Einfluss von Turbulenz und Durchsatz auf die Qualität des Ausbrands Vergleichende Darstellung der Verbrennung in Rostfeuerung und Drehrohr Die Turbulenz im Drehrohr kann auf zwei Arten variiert werden, indem entweder die Umdrehung des Drehrohrs dauerhaft verändert wird, oder nur kurz während z.B. einer 15-minütigen Zeitdauer die Rotationsgeschwindigkeit erhöht wird, und anschließend wieder auf normale Umdrehung zurückgenommen wird. Das Schema zeigt deutlich die Verbesserung der Ausbrennqualität bei Erhöhung der Umdrehung. Zu berücksichtigen sind die technischen Möglichkeiten der Veränderung der Rotation in den einzelnen Anlagen. Der Einfluss des Durchsatzes ist auf der rechten Seite des Bildes dargestellt. Wichtig ist, dass bei einer Erhöhung des Durchsatzes die Ausbrandqualität sinkt, ein Effekt, der sicher auch genauso bei der Rostfeuerung eintritt. Bei der Rostfeuerung besteht die Möglichkeit durch Regelung der Geschwindigkeit der Rostbewegung den Durchsatz zu steuern. 4.3. Schadstoffeinbindung Die Bedingungen, insbesondere die hohen Temperaturen, im Drehrohrofen bieten in Bezug auf anorganische Abfall-Inhaltsstoffe und die Qualität der Schlacke eine Reihe von Vorteilen. Flüchtige Schwermetallverbindungen (z.B. von Arsen, Antimon, Cadmium, Thallium, Quecksilber, zu einem erheblichen Anteil auch Zink und Blei) verdampfen – vorwiegend als Chloride – und werden in der nachfolgenden Abgasreinigung wirksam abgeschieden. Die verbleibenden Schwermetalle werden in der sinter- bis glasartigen Schlackematrix in oxidischer oder auch silikatischer Form fest eingebunden und führen somit zu sehr geringen Eluatwerten, die in der Regel die direkte Ablagerung auf einer Deponie der Klasse II grundsätzlich zulassen. Auch der Gesamtgehalt an gelösten Feststoffen bewegt sich i.d.R. im Bereich unterhalb des Zuordnungswertes einer Deponie der Klasse I. Dies liegt u.a. daran, dass anorganische Chloride unter den Bedingungen im Drehrohrofen zu einem größeren Anteil Chlorwasserstoff bilden und so in die Abgasreinigung gelangen. Anorganische Sulfate werden überwiegend thermisch in SO2 zersetzt. 4.4. Vergleich der Verbrennungsrückstände Schlacken aus der Sonderabfallverbrennung werden in der Regel nur über einen Metallabscheider entschrottet. Da das Hauptaugenmerk bei der Verbrennung im Drehrohr auf der Zerstörung und Einbindung der Schadstoffe liegt, werden die Schlacken aus 533 Gefährliche Abfälle Die unterschiedlichen Verbrennungsbedingungen zeigen sich bei einem Vergleich der Rückstände: während die Schlacke einer SAV gleichmäßig durchgeglüht und quasi verglast ist, sind in der Asche einer MVA noch unverbrannte Bestandteile vorhanden. Diese werden mit mehr oder weniger hohem technischem Aufwand in den in der Regel nachgeschalteten Aufbereitungsanlagen z.B. mit Verfahren wie Windsichtung, Schwimm-Sinkverfahren oder Siebung aussortiert und anschließend wieder der Verbrennung zugeführt. Erst nach dieser Aufbereitung sind die Abfallverbrennungsaschen ablagerungsfähig oder verwertbar. Andreas Neuss, Horst Suchomel den Sonderabfallverbrennungsanlagen fast ausschließlich auf Deponien abgelagert. Obwohl aufgrund der hohen Schlacketemperaturen die Eluatwerte eine Deponierung auf Deponien der Klasse II (HMD) erlauben würden, werden die Schlacken überwiegend auf Sonderabfalldeponien (Klasse III) abgelagert, damit die eingebundenen Schadstoffe sicher dem Stoffkreislauf entzogen sind. Bild 11: Schlacke einer SAV (links) und Asche einer MVA (rechts) 5. Behandlung vorgemischter Abfälle Die obigen Ausführungen zeigen, dass die Verbrennungsverfahren Rostfeuerung und Drehrohr auf unterschiedliche Arten von Abfälle spezialisiert sind. Die Rostfeuerung ist besonders geeignet für feste, stückige Abfälle, die über einen Bunker mit Greifer aufgegeben werden. Das Drehrohr ist durch spezielle Aufgabesysteme für nahezu alle Abfallkonsistenzen geeignet. Die Versuche seinerzeit bei der BASF haben gezeigt, dass bestimmte Arten von gefährlichen Abfällen nicht für die Verbrennung auf dem Rost geeignet sind, da sie schlecht verbrennen, durch den Rost tropfen oder unverbrannt die Asche verunreinigen. Weiterhin können im Drehrohr aufgrund der höheren Verbrennungstemperaturen höher belastete Abfälle behandelt werden. Unter Berücksichtigung dieser Fakten ist die Verbrennung vorgemischter Abfälle auf dem Rost, die, wie zu Beginn dieses Beitrags dargestellt, in den zurückliegenden Jahren zugenommen hat, differenziert zu sehen: • Welche Abfälle (Abfallarten) sind in den vorgemischten Abfällen enthalten? • Wie ist deren Schadstoffbelastung? • Wird die Konsistenz gezielt so verändert, dass Abfälle bunkerfähig konditioniert werden? Gefährliche Abfälle • Ändert sich die Konsistenz bei der Verbrennung auf dem Rost wieder? Gefährlicher Abfall kann dann thermisch am besten schadlos behandelt werden, wenn die genaue Zusammensetzung bekannt ist. Die Drehrohrverbrennung kann bei Kenntnis der Abfallzusammensetzung die Verbrennungsparameter geeignet einstellen, 534 Vergleichende Darstellung der Verbrennung in Rostfeuerung und Drehrohr bei der Rostfeuerung ist dies kaum möglich. Über die Vorbehandlung von Abfällen mit dem Ziel, eine Mischung herzustellen, gehen Informationen über Belastungen verloren, die für die zugeschnittene Behandlung wichtig sind. Eine Vorbehandlung gefährlicher Abfälle zur Mitverbrennung auf der Rostfeuerung, z.B. über mechanische oder chemisch-physikalische Behandlungsverfahren, ist unter diesen Gesichtspunkten nur dann sinnvoll, wenn es sich um gleichartige Abfälle mit geringer Schadstoffbelastung handelt, die von Belastung und Konsistenz für die Verbrennung auf dem Rost geeignet sind. Beispielhaft hierfür sind belastete Hölzer, ölverunreinigte Betriebsmittel aus Werkstätten oder Verpackungsmaterialien mit schädlichen Verunreinigungen. Die TA Abfall hat dies seinerzeit für 13 Abfallschlüssel als Priorität 2 (Verbrennung in HMV) ausgewiesen. Vor diesem Hintergrund sind Annahmekataloge einiger Hausmüllverbrennungsanlagen, die mehr als 50 gefährliche Abfallschlüssel umfassen, kritisch zu sehen. Tabelle 5: LAGA-Schlüssel mit Priorität 2 für die HMV LAGA-SchlüsselBezeichnung 17211 Sägemehl und -späne, ölgetränkt oder mit schädl. Verunreinigungen, vorw. organisch 17212 Sägemehl und -späne, mit schädlichen Verunreinigungen, vorwiegend organisch 17213 Holzabfälle und -behältnisse mit schädlichen Verunreinigungen, vorwiegend organisch 18710 Papierfilter mit schädlichen Verunreinigungen, vorwiegend organisch 18712 Papierfilter mit schädlichen Verunreinigungen, vorwiegend anorganisch 18714 Verpackungsmaterial mit schädl. Verunreinigungen oder Restinhalten, vorw. organisch 31428 Verbrauchter Ölbinder 54209 Feste fett- und ölverschmutzte Betriebsmittel 54920 Schlamm aus Glycerinreinigung 55503 Lack- und Farbschlamm 59906Industriekehricht 6. Rolle der SAV als Schadstoffsenke/ Ausschleusen aus dem Stoffkreislauf Manchmal ist die Beseitigung allerdings die beste Alternative: Wenn Schadstoffe kontrolliert aus den Stoffkreisläufen auszuschleusen und gesichert abzulagern sind. Die Verbrennung im Drehrohr kann genau dies leisten, für die gefährlichen, besonders belasteten Abfälle. Hier ist die Schadstoffsenke, durch welche die Umwelt dauerhaft entlastet wird. 535 Gefährliche Abfälle Auf europäischer wie auch auf deutscher Ebene wird die weitgehende und möglichst hochwertige Verwertung von Abfällen diskutiert mit den Schlagworten: Weg von einer Abfallwirtschaft, hin zu einer Ressourcenwirtschaft. Der Vorrang liegt dabei auf Wiederverwendung, Recycling und sonstiger Verwertung. Die Beseitigung steht in dieser Abfallhierarchie an letzter Stelle. Andreas Neuss, Horst Suchomel Rohstoffe Design Recycling Herstellung Wiederaufbereitung Restabfall Kreislaufwirtschaft Sammlung Vertrieb Verwendeung, Wiederverwendung, Reparatur Bild 12: Das Prinzip der Schadstoffsenke in der Kreislauf- oder Ressourcenwirtschaft Aufgrund der besonderen Verbrennungsbedingungen im System Drehrohr/Nachbrennkammer mit effektiver Abgasreinigung ist die Effizienz der Zerstörung aller organischen Komponenten gegenüber anderen Verfahren besonders hoch. Die Ausschleusung anorganischer Schadstoffe erfolgt ebenfalls durch chemische Umwandlung und Einbindung in Schlacke und Abgasreinigungsrückständen besonders effizient. 7. Zusammenfassung und Ausblick Drehrohr- und Rostfeuerung sind zwei hoch entwickelte und ausgereifte Verfahren der thermischen Abfallbehandlung, die jeweils für unterschiedliche Abfälle bestens geeignet sind: • Im Drehrohr können alle Konsistenzen von Abfällen, höher und stark schwankend belastet, niedrig bis hochkalorisch, behandelt werden. • Die Rostfeuerung ist am besten geeignet für feste stückige, weitgehend homogene Abfälle mit durchschnittlichem Heizwert. Beim eigentlichen Verbrennungsvorgang kann die Verbrennung im Drehrohr durch technische Maßnahmen wie auch durch geeignete Menü-Zusammenstellung auf die Schwankungen in der Abfallzusammensetzung (chemisch + physikalisch) eingestellt werden. Bei der Rostfeuerung gelingt dies nur eingeschränkt. Damit kann auch bei schwankender Abfallzusammensetzung jeweils ein guter Ausbrand als Qualitätskriterium erreicht werden. Gefährliche Abfälle Die beiden Verfahren verfolgen dabei unterschiedliche Ziele: • Bei der Verbrennung im Drehrohr steht die effiziente Zerstörung organischer Komponenten und der Transfer von anorganischen gefährlichen Komponenten im Vordergrund, bei bestmöglicher Nutzung der freiwerdenden Energie. 536 Vergleichende Darstellung der Verbrennung in Rostfeuerung und Drehrohr • Bei der Verbrennung auf dem Rost liegt die Nutzung von Energie und Material im Vordergrund, ohne dass dabei das Ziel einer schadlosen Verbrennung vernachlässigt wird. Liegt bei der Verbrennung von Hausmüll und Gewerbeabfall auch ein Fokus auf der Nutzung der festen Verbrennungsrückstände, z.B. als Ersatzbaustoff, werden die Schlacken aus der Verbrennung im Drehrohr überwiegend auf besonders gesicherten Deponien abgelagert, damit die in die Schlacke eingebundenen Schadstoffe sicher und dauerhaft den Stoffkreisläufen entzogen sind. Aufgrund der höheren Temperaturen im eigentlichen Verbrennungsraum werden die Schadstoffe besser in die Schlacke eingebunden als bei den niedrigeren Temperaturen im Festbett auf dem Rost. Gefährliche und hochbelastete Abfälle werden somit am besten in Drehrohren verbrannt. Für weniger gefährliche Abfälle kann die Verbrennung auf dem Rost eine Alternative sein, wenn die Abfälle von ihrer Belastung her den üblichen Hausmüll und Gewerbeabfällen ähnlich sind. Für vorgemischte Abfälle, insbesondere wenn diese aus einer Vielzahl von Abfallschlüsseln hergestellt werden, ist die Verbrennung auf dem Rost weniger geeignet. Beim Mischen gehen Transparenz und Wissen um die jeweilige Belastung der Einzelabfälle verloren, damit ist die Gefahr einer nicht angepassten Verbrennung gegeben. Letztendlich ist es Ziel unseres Handelns, auch in der Abfallwirtschaft: Das Richtige zu machen, und das, was man macht, richtig zu machen. 8. Quellen [1] Alderweireldt, N. (Indaver): Ash properties with various combustion technologies, 2008 [2] Alwast, H., Thörner, Th.: Analyse der derzeitigen Praxis der Mitverbrennung von gefährlichen Abfällen in Hausmüllverbrennungsanlagen in Deutschland; Studie im Auftrag des BDSAV, Berlin November 2013 [3] Block, Ch. et al: Research in view of the revision of the BREF on waste incineration, Final report University of Leuven, 2015 [4] Gesetz zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts vom 24. Februar 2012, erschienen im Bundesgesetzblatt Jahrgang 2012, Teil I, Nr. 10 vom 29. Februar 2012 [5] INDAVER Policy (persönliche Informationen): HW in MSWI (PP-presentation), 2012 [6] ITAD: Jahresbericht 2014 der Interessengemeinschaft der thermischen Abfallbehandlungsanlagen in Deutschland e.V., Würzburg 2015 [7] Leidinger, W.; Beyer, J.: Möglichkeiten und Grenzen verschiedener Methoden der Sonderabfallverbrennung, In: UWSF – Z Umweltchem Ökotox 17 (2) 59 – 63, 2005 [9] Quicker, P. et al. Sachstand zu den alternativen Verfahren für die thermische Entsorgung von Abfällen, Gutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes, September 2014 [10]Spohn, C.: Die Umsetzung der neuen Abfallrahmenrichtlinie aus Sicht der Abfallverbrennung, Vortrag im Rahmen der 5. Fresenius-Jahrestagung, Abfallrecht 2013, Mainz, 25. Oktober 2012 537 Gefährliche Abfälle [8] Prognos AG, RSP: Verbesserung der umweltrelevanten Qualitäten von Schlacken aus Abfallverbrennungsanlagen, Sachverständigengutachten für das Umweltbundesamt, Berlin, April 2010 Andreas Neuss, Horst Suchomel [11]Suchomel, H.; Neuss, A.: Mitverbrennung gefährlicher Abfälle in Hausmüllverbrennungsanlagen. In: Thomé-Kozmiensky, K. J. (Hrsg.): Strategie Planung Umweltrecht, Band 9. Neuruppin: TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky, 2015, S. 157-175 [12]Umweltbundesamt: Integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IVU), BVT-Merkblatt über beste verfügbare Techniken der Abfallverbrennung, Dessau, Juli 2005 [13]Van Caneghem, J.; Block, C.; Van Brecht, A.; Wauters, G.; Vandecasteele, C.: Mass balance for POPs in hazardous and municipal solid waste incinerators. In: Chemosphere 2009 [14]Wauters, G.: Research for revision BREF WI, Präsentation auf der ISWA´15 World Congress, Antwerpen Gefährliche Abfälle [15]Zweite Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Abfallgesetz (TA Abfall) vom 12. März 1991 (GMBl. S 139) 538
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