Vortrag von Marcus Becker, Vizepäsident Hauptverband

Eröffnungsstatement
des Vizepräsidenten
des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie,
Dipl.-Ing. Marcus Becker,
zum
Workshop „Serieller Wohnungsbau“
am 26. Januar 2016
in Berlin
Es gilt das gesprochene Wort!
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Sehr geehrte Damen und Herren,
seien Sie herzlich begrüßt zu unserer Veranstaltung zum „Seriellen Bauen“ hier in
Berlin. Ich sehe, der Saal ist voll. Ich werte das als Zeichen, dass wir mit der
Veranstaltung den Nagel auf den Kopf getroffen haben und viel Informations- und
Redebedarf besteht.
Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und der GdW – Bundesverband
deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen haben Sie heute eingeladen, weil
wir mit Ihnen die Möglichkeiten ausloten möchten, wie wir schnell und nachhaltig zu
mehr bezahlbarem Wohnraum in unseren Ballungszentren kommen können. Thema
heute ist die Frage, welche Potenziale zur Kostensenkung und zur Beschleunigung im
seriellen Bauen schlummern. Gleichzeitig wollen wir eine Diskussion über das Für und
Wider unterschiedlicher Bauweisen anstoßen, auch vor dem Hintergrund, die
Bausünden der Vergangenheit zu vermeiden und dennoch kostengünstige Lösungen
anbieten zu können.
Aus diesem Grund war es uns besonders wichtig, Auftragnehmer, also die
Bauindustrie, und Auftraggeber, also die Wohnungsbaugesellschaften, wie sie der
GdW repräsentiert, an einen Tisch zu bringen. Wir sind fest davon überzeugt, dass
eine echte Win-Win-Situation dann entsteht, wenn Auftraggeber und Auftragnehmer
partnerschaftlich zusammenarbeiten und alle Projektbeteiligten auf Augenhöhe
kooperieren. Nur wenn sich alle auf gemeinsame Projektziele konzentrieren, können
Projekte effizienter umgesetzt und Konfliktpotenziale vermieden werden. Das ist für
uns eine Grundvoraussetzung für die schnelle und kostengünstige Bereitstellung von
Wohnraum. Dann lassen sich auch die bestmöglichen Resultate erzielen.
In diesem Sinne wollen wir unsere Veranstaltung in den Dienst des Bündnisses für
bezahlbares Wohnen und Bauen, das das BMUB im Juli 2014 ins Leben gerufen hat,
stellen. Unser Ziel ist es, eine breite öffentliche Diskussion über eine zielgerichtete
Wohnungsbaupolitik, in der das serielle Bauen ein Kernelement ist, ins Rollen zu
bringen.
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Meine Damen und Herren,
wir alle wissen, bezahlbarer Wohnraum in Ballungsgebieten ist knapp. Besonders
junge Familien, Studierende, Auszubildende und Senioren bekommen den Mangel
immer stärker zu spüren. Der Zustrom der Migranten nach Deutschland verschärft die
angespannte Situation weiter. Nach unseren Erhebungen müssten bis 2020 jährlich
mehr als 400.000 Wohneinheiten – durch Umbau oder Neubau – erstellt werden, um
die Lage nachhaltig zu entspannen. Darunter 80.000 Mietwohnungen im sozialen
Wohnungsbau
und
60.000
freifinanzierte
Mietwohnungen
in
Gebieten
mit
angespanntem Wohnungsmarkt. Aber dieses enorme Volumen lässt sich nur nach und
nach erreichen. Wir rechnen damit, dass 2016 erst rund 290.000 Wohneinheiten
fertiggestellt werden.
Der Handlungsdruck ist also enorm hoch. Die vor uns liegende Aufgabe ist aus unserer
Sicht nur zu schaffen, wenn wir uns beim Mehrfamilienhausbau auf industrielle Formen
des Wohnungsbaus – oder wie wir sagen: Serielles Bauen – konzentrieren. Statt dem
Leitbild der Unikatfertigung zu folgen, sollten nach Vorstellung der deutschen
Bauindustrie künftig stärker Prototypen geplant werden, die dann deutschlandweit in
Serie
umgesetzt
werden,
um
die
gewünschten
Beschleunigungs-
und
Kostensenkungseffekte zu erzielen.
Dabei bieten sich zwei Wege an. Zum einen im konventionellen Bau durch die
Optimierung der Planung, zum Beispiel der Grundrisse, und der Produktionsprozesse,
zum Beispiel durch stärkere Digitalisierung, unter dem Einsatz von Fertigelementen.
Dies werden wir gleich in Panel 1 intensiv diskutieren. Bei konsequenter Umsetzung
dieser Bauweise können unsere Unternehmen Wohnraum zu Preisen von 1.300 Euro
pro qm bereitstellen. Zum anderen durch Modul- bzw. Systembauweise, was viele
Unternehmen der deutschen Bauindustrie auch für Wohngebäude anbieten. Auch
diese Module können – qualitativ hochwertig, aber dennoch kostengünstig –
maßgeblich zur schnellen Beseitigung von Wohnraum-Engpässen in unseren
Kommunen beitragen. Dies ist möglich, weil beim systematisierten Bauen viele Teile
bis hin zu ganzen Wohnmodulen industriell vorgefertigt und anschließend auf der
Baustelle montiert werden. Das sichert kurze Bauzeiten bei hoher Gebäudequalität.
Wie das genau funktioniert werden wir heute in Panel 2 erfahren.
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In beiden Varianten geht es darum hohe Wiederholungseffekte für eine
Serienproduktion zu erreichen.
Mindestens genauso wichtig ist es, sehr frühzeitig die Planungskompetenz mit der
Bauwirtschaftlichen Kompetenz zusammen zu bringen. Planen und Bauen quasi aus
einer Hand im ständigen Dialog mit den Kompetenzen und Erfahrungen der
Auftraggeber.
So
entstehen
moderne
kostengünstige
und
nachhaltige
Wohnungsbauprojekte.
Meine Damen und Herren,
ich bin gespannt, welche Lösungen uns heute noch vorgestellt werden. Uns allen ist
aber klar, dass es den Königsweg nicht gibt. Oftmals werden verschiedene Bauweisen
kombiniert, um die erwünschten Kostenvorteile zu generieren.
Aber: Kostensenkungseffekte lassen sich nicht allein durch Standardisierung und
Serienfertigung erzielen; es gilt auch, die Regelungen des Bauordnungs- und des
Baunebenrechts, die Bauordnungen der Länder wie auch die kommunalen Satzungen
auf kostentreibende Standards zu durchforsten. Eine Umfrage des Hauptverbandes
bei seinen Mitgliedsverbänden hat eine Vielzahl von Ansatzpunkten ergeben. Dazu
zählen
die
zeitlich
befristete
Absenkung
der
Lärmschutzstandards,
die
Zurverfügungstellung von günstigem Bauland, genauso wie der Anforderungen an die
Bereitstellung von Stellplätzen, der Verzicht auf Fassaden- und Dachbegrünung und
die temporäre Aussetzung von Anforderungen an die Barrierefreiheit, vor allem dann,
wenn durch intelligente Systembauweise Nachrüstungen möglich sind. Wichtig ist vor
allem, die Landesbauordnungen daraufhin zu überprüfen, ob darin über die
Musterbauverordnung des Bundes hinausgehende kostentreibende Standards
enthalten sind. Mittelfristig sollten Bund und Länder aus Sicht der deutschen
Bauindustrie
den
Empfehlungen
der
Baukostensenkungskommission
des
Bundesbauministeriums folgen, die sich für eine bundesweit einheitliche Bauordnung
ausgesprochen hat.
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Darüber hinaus sehen wir die Politik am Zug, die Förderpolitik neu zu justieren. Und
es passiert auch was. Erst im Herbst vergangenen Jahres hatte Bundesregierung die
soziale Wohnraumförderung bis 2019 auf
eine Milliarde
Euro
verdoppelt.
Bundesbauministerin Hendricks reagiert jetzt erneut und schlägt die nochmalige
Verdopplung auf jährlich zwei Milliarden Euro vor. Ein Nachschlag, den viele Länder
bereits gefordert haben und der aus unserer Sicht auch zwingend notwendig ist.
Auch die jetzt zur Diskussion stehende Sonderabschreibung, mit der Bauherren in den
ersten drei Jahren bis zu 35 Prozent ihrer Kosten von der Steuer absetzen können,
wenn sie in Gegenden mit knappem Wohnraum bauen, ist aus Sicht der Bauindustrie
ein richtiges Instrument, um dem Wohnungsbau die nötigen Impulse zu geben.
Wichtig ist jedoch, dass die Länder diese Förderung nicht konterkarieren.
Bundesfinanzminister Dr. Schäuble hat deshalb vorsorglich den Verzicht der Länder
auf Grunderwerbsteuererstattungen bis 2019 ins Gespräch gebracht. Dies wäre aus
unserer Sicht nur konsequent.
Meine Damen und Herren,
mit diesen politischen Themen möchte ich insbesondere der ersten Runde einige
Impulse geben und freue mich nun auf eine muntere Diskussion. Uns allen wünsche
ich eine informative, spannende und erkenntnisreiche Veranstaltung.