Russland, Oktober 2015 - VDMA-Fachverbänden Bau

Bau- und
Baustoffmaschinen
Russland
Konjunkturbericht
Bauindustrie
Oktober 2015
Der Bericht wurde von der gtai mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt – der VDMA übernimmt für Inhalt
und Richtigkeit keine Haftung.
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Marktbericht Bauwirtschaft – Russische
Föderation
Moskau (gtai) - Die Auftragslage in der russischen Bauwirtschaft und ihren
Zulieferindustrien 2015 hat sich sichtlich eingetrübt. Hauptursache sind gedrosselte
Investitionen der öffentlichen Hand. Privaten Investoren fehlt der Glaube an eine rasche
Nachfrageerholung. Unternehmen akkumulieren Gewinne und fangen kaum neue Projekte
an. In der Baustoffindustrie gehen Kapazitätserweiterungen vorrangig auf das Konto
ausländischer Direktinvestitionen, die vor Beginn der aktuellen Wirtschaftskrise angestoßen
wurden.
1. Gesamtwirtschaftliches Umfeld und Strukturdaten zum
Bausektor
Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts
Russlands Industrie, insbesondere die Bauwirtschaft und nach gelagerte Bereiche, befinden sich in der Krise. Selbst das für seinen Optimismus bekannte Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung musste die amtlichen Prognosen zum BIP-Wachstum 2015 schon
mehrere Male nach unten korrigieren. Im Oktober laute die amtliche Voraussage -3,9%.
Wirtschaftliche Entwicklung 2013 bis 2016 (reale Veränderung gegenüber dem Vorjahr in
%)
BIP
Bruttoanlageinvestitionen
Privater Verbrauch
Einfuhr (cif) 2)
2013
2014
2015 1)
2016 1)
1,3
0,8
5,0
2,1
0,6
-2,7
1,3
-9,7
-3,9
-8,9
-9,5
-26,8
-1,0
-3,8
-2,0
-2,5
1) Prognose; 2) Waren und Dienstleistungen
Quellen: Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung, Zentralbank der Russischen
Föderation, Moskau 2015
Auf der Kabinettssitzung vom 8.10.2015 versuchte Wirtschaftsminister Uljukaew die eingetrübte Stimmung seiner Regierungskollegen zu heben. Nach seinen Worten würde sich
der freie Fall in den kommenden Monaten verlangsamen - ungeachtet der bestehenden
hohen Risiken - und sich im 2. Quartal 2016 in Wachstum drehen. Im Ergebnis soll das
BIP 2016 nach Meinung seines Hauses um 0,7% zulegen können. Die russische Zentralbank ist da weniger optimistisch.
2
Als Ausgangspunkt für seine mittelfristige Wachstumsprognose führte Minister Uljukaew
die These an, wonach sich die russische Wirtschaft allmählich an die gefallenen Exporterlöse für Erdöl und Erdgas adaptiert habe. Auch hätten sich die Unternehmen darauf
eingestellt, von den internationalen Kapitalmärkten abgeschnitten zu sein.
Wirtschaftliche Eckdaten
Indikator
2013
2014
2015 *)
BIP (nominal, Mrd. US$)
2.077
1.837
1.764
BIP pro Kopf (US$)
14.454
12.556
12.041
Bevölkerung (Mio.)
143,7
146,3
146,5
42,3
50,95
k.A.
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 Euro = ... Rubel)
*) Prognose
Quellen: Föderaler Statistikdienst (Rosstat), Zentralbank der Russischen Föderation, Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung, Moskau, 2015
Als derzeit größte Sorgenkinder definierte Uljukaew ausdrücklich die Bauwirtschaft und
die Baustoffindustrie. In diesen beiden Branchen sei die Lage ausgesprochen alarmierend. Beide Erwerbszweige hängen unmittelbar von der Investitionstätigkeit des Staates
und der Wirtschaft ab. Um die Investitionen ist es aber nicht zum Besten bestellt.
Investitionen
In Russland hat sich seit 2013 ein riesiger Investitionsstau gebildet, der sich von Jahr zu
Jahr verstärkt. Geld wird lediglich dort in die Hand genommen, wo es anders nicht mehr
geht. Dazu gehören Reparaturarbeiten oder die Fertigstellung laufender Vorhaben. Weitgehend ungekürzt bleiben die Rüstungsausgaben. Neue Projekte werden dagegen in die
Zukunft verschoben.
Die öffentliche Hand sieht zu, Haushaltslöcher zu stopfen. Die Ausgaben für den Hochund Tiefbau wurden bereits im Haushaltsjahr 2015 um 20 bis 30% gekürzt; für 2016
sehen die Prognosen aus dem Finanzministerium nicht viel besser aus. Die Wirtschaft hat
derweil auf den Modus "überwintern" umgeschaltet und wartet auf konjunkturell bessere
Zeiten.
Strengths (Stärken)
Weaknesses (Schwächen)
146 Mio. Konsumenten.
Opportunities
(Chancen)
Facharbeitermangel.
Threats
(Risiken)
Energieträger
und Rohstoffe.
Modernisierungsbedarf.
Geringe
Diversifizierung.
Ukraine-Konflikt.
Vorbereitung
Fußball-WM 2018 und Winter-Universiade
Gold- und Devisenreserven.
2019.
Geringe Staatsverschuldung.
Förderung Agrar- und Nahrungsmittelindustrie.
Sanktionen
und Gegensanktionen.
Regionale Monostrukturen.
Ausbau Schienennetz.
Rubelkurs.
Verbesserte Bedingungen für Investitionen und M&A.
Finanzklemme.
3
Primat der Politik vor Wirtschaft.
Protektionismus, Importsubstitution.
Zudem sehen im Ausland verschuldete Unternehmen zu, dass sie Kredite in Fremdwährung fristgemäß tilgen - im Quartalsrhythmus werden auf dieser Basis Milliardenüberweisungen ins Ausland fällig. Da die Schuldner die dafür notwendigen Euros und Dollars
sanktionsbedingt nicht mehr im Ausland aufnehmen können, führt das zu einer Zerreißprobe auf dem russischen Devisenmarkt. Jedes Mal entsteht ein weiterer Abwertungsdruck auf den Rubel.
Investieren wollen bei diesen Rahmenbedingungen nur wenige Firmen. Zwar sind die
Einnahmen russischer Betriebe auf Rubelbasis im Jahresverlauf 2015 um 40% gegenüber
dem Vorjahr inflations- und abwertungsbedingt gestiegen. Doch verbleibt das Geld auf
den Geschäftskonten oder fließt über Umwege in vermeintlich sichere "Häfen" im Ausland. Reinvestiert wird es kaum.
Minister Uljukaew gibt die aktuelle Unlust der Wirtschaft zu Investitionen offen zu. Ein
Gegenrezept auf marktwirtschaftlicher Basis hat er offensichtlich nicht. Die Lage ist fatal:
"Wir erwarten, dass die Investitionspläne der Unternehmen weiterhin auf unbestimmte
Zeit verschoben bleiben. Trotzdem wird der Investitionseinbruch 2016 geringer ausfallen
als im laufenden Jahr; 2015 wird der Rückgang der Investitionen bei 9,9% liegen. Im
kommenden Jahr fällt dieser Wert wesentlich geringer aus, doch er wird weiterhin ein
negatives Vorzeichen haben: -1,6%."
Einkommensentwicklung, Kaufkraft und Konsum
Bei der Bevölkerung ist die Einnahmesteigerung der Unternehmen nicht angekommen.
Das Wirtschaftsministerium beziffert den Verlust an Realeinkommen für 2015 mit -4%.
Tatsächlich dürfte der Einkommensrückgang sogar höher ausgefallen sein. Zumal die
Inflation derzeit offiziell bei 12,2% liegt, bei Lebensmitteln und Importwaren sogar bei 20
bis 25%.
Im Einzelhandel brach der Umsatz um -8,5% ein. Einzelhandelseinrichtungen schließen
reihenweise, selbst im einkommensstarken Moskau. Die Menschen rühren ihre Ersparnisse an und streichen Ausgabenposten. Gefragt ist, was billig und zur Zweckerfüllung
gerade noch ausreichend ist. Hochpreisige Waren aus dem Ausland leisten sich nur noch
Besserverdienende.
Strukturdaten zur Bauwirtschaft
Ausgewählte Strukturdaten zum Hochbau (Veränderung in %)
Kennziffer
Wert der Bauinvestitionen (in Mrd. Rubel)
Wohnungsbau (Fertigstellungen, in Mio. qm)
.öffentlich
.privat
Wohnungsbau (Fertigstellungen, Einheiten)
Bau von Industrieobjekten und sozio-kulturelle Einrichtungen:
.Bohrstellen (Einheiten):
..Öl
4
2013
2014
Veränderung
2013/2014
6.919,5
5.981,7
-4,5
39,4
30,4
912.100
45,8
35,2
1.080.300
16,2
15,8
18,0
5.338
3.577
-34,0
..Gas
.Gasnetz (in km)
.Kohleschächte (in 1.000 Tonnen)
.Mastvieh- und Schweinezuchteinrichtungen (in 1.000 Stellplätze)
.Geflügelzucht (in 1.000 Stellplätze)
.Kraftwerke (in 1.000 kW)
.Stromleitungen mit Spannung über 35 KW (km)
.Stromleitungen für Landwirtschaft mit Spannung 0,4 und 6-20 KW
(in km)
.Trafo-Stationen mit Spannung über 35 kW (in 1.000 kW)
.Handelsfläche (in 1.000 qm)
.Märkte und Pavillons (in 1.000 qm)
.Hotels (in 1.000 Betten)
.Sanatorien und Erholungsheime (Betten)
.Hoch- und Fachschulen (in 1.000 qm)
.Schulen (für 1.000 Schüler)
.Brücken, in:
..Einheiten
..Länge (in m)
.Getreidespeicher (in 1.000 t)
.Krankenhäuser (in 1.000 Betten)
.Klubhäuser (in 1.000 Plätzen)
.Freizeitzentren (in 1.000 qm)
.Theater (in 1.000 Plätzen
.Konzertsäle und Kinotheater (in 1.000 Plätzen)
117
13,8
11.150
1.306,4
21.033,8
3.585,8
3.910,8
11.450,5
102
10,5
4.910
1.239,5
5.997,6
3.438,1
3.108,3
14.744,8
-12,9
-13,4
-66,0
-5,2
-71,5
-4,2
-20,5
28,8
12.577,8
2.426,4
7.541
11,8
1.790,6
73,5
90,3
5.432,1
4.520,8
5.734
9,1
1.719
74,7
116,4
-56,8
86,3
-24,0
-22,6
-4,0
1,6
28,9
167
22.451,3
464,2
8,8
12,4
1.787,7
0,9
15,5
155
18.706,9
367,6
2,4
16,3
2.585,0
1,7
4,4
-7,2
-16,7
-21,5
-72,6
22,8
44,6
88,0
-71,6
Quelle: Föderaler Statistikdienst Rosstat, 2015, Moskau
2. Hochbau
Marktlage und Marktentwicklung
In den ersten sieben Monaten des Jahres 2015 wurden Bau- und Montageleistungen im
Wert von 2,76 Billionen Rubel (42,7 Mrd. Euro; 1 Euro = 64,6478 Rubel, Stand:
31.7.2015) erbracht. Im Vergleich zum analogen Vorjahreszeitraum bedeutete das einen
Rückgang um 7,7%. Im gesamten Vorjahr waren die Bau- und Montageleistungen schon
einmal gesunken - um 5,5% auf 5,98 Billionen Rubel (116,6 Mrd. Euro, 1 Euro = 50,5
Rubel, Durchschnittskurs für 2014).
Ein Ende der Talfahrt ist im 2. Halbjahr 2015 nicht in Sicht. Bauen erfordert Investitionsmittel, die 2015 und 2016 nicht im notwendigen Umfang zur Verfügung stehen. Der
Staat kürzt seine Ausgaben; Fremdfinanzierungen sind knapp und teuer geworden. Private Investoren halten sich angesichts ungewisser Vermarktungsmöglichkeiten für neu
gebaute Immobilien weitgehend zurück.
5
In Russland erbrachte Bau- und Montageleistungen (nominal)
Föderales Gebietssubjekt
Januar bis Juli 2015 (in
Mio. Rubel)
Veränderung gegenüber dem
Vorjahreszeitraum (in %)
2.756.137,90
718.099,60
388.552,90
239.394,90
83.062,20
491.766,80
330.357,00
276.944,50
141.385,00
2.068,9
-7,7
-3,1
-9,7
-12,1
+4,4
-6,4
-11,6
-10,9
-8,4
+41,3
Russische Föderation
.Zentraler Föderaler Kreis
.Nord-Westlicher Föderaler Kreis
.Südlicher Föderaler Kreis
.Nordkaukasischer Föderaler Kreis
.Föderaler Kreis Wolga
.Föderaler Kreis Ural
.Sibirischer Föderaler Kreis
.Fernöstlicher Föderaler Kreis
.Föderaler Kreis Krim
Quelle: Föderaler Statistikdienst Rosstat, Moskau, 2015
Wohnungsbau
In Russland wird 2015 auf dem Wohnungsmarkt mit einem Rekordeinbruch gerechnet.
Noch für 2014 wurde das Volumen des ersten und zweiten Wohnungsmarktes zusammen
auf 3 Billionen Rubel geschätzt. Davon wurden 1,8 Billionen Rubel über die Aufnahme
von Hypothekenkrediten und 1,2 Billionen Rubel über Eigenmittel der Immobilienkäufer
finanziert. Im Jahr 2015 soll das Volumen nicht über 800 Mrd. Rubel hinaus wachsen.
Dies würde einen wertmäßigen Rückgang um 73% bedeuten.
Selbst auf dem volumenmäßig größten regionalen Wohnungsmarkt - Stadt Moskau und
Moskauer Gebiet, wo landesweit die mit Abstand größte Kaufkraft vorherrscht, ist Ernüchterung eingetreten. Projektentwickler und Baufirmen sprachen im Spätsommer von
einem sich fortsetzenden Nachfrageeinbruch. Für den Herbst rechnen sie mit nicht mit
einer Trendwende.
Die Zahl der Besitzerwechsel auf dem primären und sekundären Wohnungsmarkt ist in
der Hauptstadt von Juni bis August 2015 im Vorjahresvergleich um 38% gesunken. Entsprechend fiel der nominale Quadratmeterpreis für Neubauwohnungen - von 211.300
Rubel/qm (4.400 Euro, 1 Euro = 48 Rubel, Stand: September 2014) auf 208.500 Rubel/qm (2.740 Euro, 1 Euro = 76 Rubel, Stand: September 2015). Insgesamt lag der
Flächenpreis im hauptstädtischen Moskau damit aber immer noch um das Vier- bis Achtfache über dem Niveau in anderen russischen Regionen.
Nachfragerückgang nach Wohnraum
Den Nachfragerückgang nach neu gebauten Wohnungen erklären Branchenkenner mit
den gesunkenen Realeinkommen und mit der steigenden Angst potenzieller Käufer, den
Arbeitsplatz zu verlieren. Arbeitslosigkeit bedeutet, die Hypothekenkredite nicht mehr
tilgen zu können. Aber auch der generell erschwerte und verteuerte Zugang zu Wohnungsbaukrediten spielt eine Rolle.
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Büro-/Gewerbe-/Industriebau
Auf dem Markt für Bürofläche geben die Miet- und Kaufpreise 2015 nach. Inzwischen sind
diese auf ein zehnjähriges Minimum gefallen. Auch hier ist der Grund eine sinkende
Nachfrage. Der Leerstand in Moskau erreichte 2015 das historische Hoch von 2,95 Mio.
qm. Neu übergeben werden in diesem Jahr 850.000 qm - anderthalbmal weniger als im
Vorjahr.
Bau von Logistikzentren rückläufig
Selbst in Logistikzentren, an denen lange Jahre Knappheit herrschte, befinden sich die
Mietpreise in Rubel auf Talfahrt. Gleiches gilt für Kaufpreise für Logistikzentren. Investoren müssen im Moskauer Großraum für den Erwerb maximal 45.000 Rubel pro qm (ca.
590 Euro/qm) auf den Tisch legen. Im 1. Halbjahr 2015 waren 641.000 qm Lagerfläche
im Angebot. Davon entfielen 66% auf den Großraum Moskau. Weitere 15% entfielen auf
Sankt Petersburg inklusive Umland und 19% auf den Rest des Landes.
Logistikzentren werden aktuell in Wladiwostok, Tscheljabinsk, Woronesch, Samara und in
Rostow am Don gebaut. Treibende Kraft ist hierbei die Expansion großer Einzelhandelsketten, die von den Konkursen kleiner Händler profitieren und deren Marktanteile zu geringen Kosten übernehmen. Überkapazitäten sind insbesondere in den südlichen Landesteilen zu beobachten, darunter erneut in Rostow und Samara, aber auch in
Krasnodar.
Lage bei Handelsflächen alarmierend
Bei Handelsflächen hat sich der Leerstand landesweit rigoros vergrößert. So stieg der
Leerstand in den hauptstädtischen Einkaufszentren binnen eines Jahres von 6,0% auf
aktuell 9,7% (das sind etwa 1 Mio. qm) - mit steigender Tendenz. Dabei handelt es sich
um den schlechtesten Wert seit der globalen Subprime-Krise von 2009. Im Jahr 2013
hatte der Leerstand 158.000 qm und 2014 schon 840.000 qm betragen.
In Folge gaben die Mietpreise im Fall von Neueröffnungen um 5% und mehr nach. Für
Geschäfte des täglichen Bedarfs fielen die Mietpreise um 20% und für Geschäfte für Bekleidung, Schuhe und Haushaltstechnik um 10%. Experten gehen von einem weiter sinkenden Niveau aus, da zahlreiche Geschäftsaufgaben den Leerstand nur noch vergrößern.
Industriebau im Nachfragetief
Der Industriebau leidet an der aktuellen Krise im verarbeitenden Gewerbe. Wenn in Bauleistungen investiert wird, dann vorrangig in Renovierungen, Sanierungen oder Anbauten
auf dem eigenen Firmengelände. Echte Kapazitätszuwächse finden, wenn überhaupt, nur
in neu geschaffenen Industrieparks oder in den Sonderwirtschaftszonen statt. Unter den
Investoren befinden sich dann in der Regel ausländische Firmen, die im Zuge der Importsubstitution in Russland eine eigene Montage/Produktion errichten (müssen).
7
Konkrete Marktchancen für deutsche Produkte und Dienstleistungen
Der Marktzugang ist 2014/2015 für deutsche Hersteller und Dienstleister schwieriger
geworden. Russland verfolgt eine Politik der Importsubstitution und bevorzugt bei öffentlichen Ausschreibungen juristische Personen aus der Eurasischen Wirtschaftsunion
(EAWU). Inzwischen legte die russische Regierung nach und möchte diese Vorschrift auch
auf alle Subauftragnehmer ausweiten.
Der für Ausschreibungen und Industriepolitik zuständige Minister für Industrie und Handel, Denis Manturow, fasste diese Entwicklung mit der griffigen Formel zusammen:
"Marktanteile gegen Technologietransfer". Mit anderen Worten, wenn sich eine ausländische Firma weiterhin an öffentlichen Bau- oder Beschaffungsausschreibungen beteiligen
will, sollte sie sich in Russland mit einer eigenen Montage- oder Produktionsstätte niederlassen. "Anwesenheitspflicht" gilt auch für Projektierungs- und Entwicklungsbüros.
Deutsche Unternehmen in der Bauwirtschaft tätig
Eine Reihe deutscher Architekten, Planer, Projektsteuerer, Ausrüster und Technologielieferanten, teilweise auch Spezialbaufirmen, sind in Russland mit einer eigenen Niederlassung vertreten. Dazu gehören unter anderem ASSMANN Beraten + Planen OOO, Bilfinger
OOO, Drees & Sommer Project Management and Building Technologies OOO, Ingenieurbüro Zammit OOO, pbr Architects & Engineers S.-Petersburg OOO, Peri OOO, RKW Architektur + Städtebau Russia OOO, Stieblich-Industriebau-Projektierungsbüro OOO,
Stahlbau Stieblich, Agiplan OOO, Hausmann & Partners OOO, Heitkamp Rus OOO,
HOCHTIEF Development Russland OOO, KVL Consult OOO, MosMeva ZAO, NOE-Schalttechnik Meier-Keller GmbH+Co.KG, Real Estate Managment ZAO und THOST Russia Projektierungsmanagement OOO.
Speziell für die Planung, den Bau und die Einrichtung von Kliniken zur Gesundheitsfürsorge hat sich die BPS Medical OOO niedergelassen. Softwareprogramme für die Bauund Immobilienwirtschaft stellt die conject OOO zur Verfügung. Zu den Lieferanten von
Bauteilen, Baustoffen, Bauchemie und Baumaterialien mit Niederlassungen in Russland
gehören quick-mix ZAO, Schöck OOO, STREIF Baulogistik Russland OOO, REHAU OOO,
Knauf Gips OOO, HeidelbergCement Rus OOO, Henkel und BASF (Bauchemie).
8
Projekte
Ausgewählte neue Großprojekte im Wohnungs- und Wirtschaftsbau
Vorhaben
Investition
Projektstand
Anmerkungen
Wohnviertel "Symbol“ in
Moskau (900.000 qm
Wohnfläche)
Wohnviertel (80.000 qm
Wohnungsfläche) in Moskau
Logistik-, Industrie- und
Tourismuscluster auf der
Insel Bolschoj Ussurijskij
über 140 Mrd.
Rbl
Projekt im August 2015
verabschiedet, Baustart: 2016
8,5 Mrd. Rbl
Grundstück erworben,
Absichtserklärung
Abkommen über Ausarbeitung
einer Konzeption
unterzeichnet
Zwei Wasserkraftwerke in der
Republik Karelien
7 Mrd. Rbl
Vereinbarung getroffen,
Bauanfang: 2016,
Projektende: 2019
Soja-Verarbeitungswerk in
der Region Primorje (um
Wladiwostok)
12 Mrd. Rbl
Abkommen unterzeichnet
Holzverarbeitungswerk im
Gebiet Sachalin
8 Mrd. Rbl
Abkommen unterzeichnet,
Bauzeit: 2016 bis 2017
Mega-Mall in Krasnojarsk
200 Mio. Euro
Suche nach einem
Baugrundstück
Generalauftragnehmer: DonStroj Invest
(www.donstroy.com)
Projektbetreiber: Gruppe
Morton
Ministerium für die Entwicklung
des Fernen Ostens
(www.minvostokrazvitia.ru) und
Gruppe Morton
Projektbetreiber und
Investoren: Nord Hydro
(www.nord-hydro.ru), CRCC
(VR China), Russischer
Investmentfonds RFPI
Projektbetreiber: OOO Jug Rusi
(www.goldenseed.ru) und
Verwaltung der Region
Primorje; Finanzierung:
Vneschekonombank (VEB)
Projektbetreiber und
Investoren: OAO BM Sachalin
und "Dalnewostotschnaja
stroitelnaja kompanija des 24.
Büros der chinesischen
Eisenbahn- und
Baugesellschaft“
IKEA (www.ikea.ru)
Flugzeugwerk im Gebiet
Chabarowsk
100 Mio. US$
Rahmenabkommen
unterzeichnet, Lokalisierung
der Produktion von
Flugzeugen Marke MA-600
Buswerk im Gebiet Saratow
100 Mio. US$
Zentrum für nukleare Medizin
auf der Insel Russkij
(Wladiwostok)
2,5 Mrd. Rbl
Vorprojektierungsarbeiten und
Erwerb von Grundstück;
Herstellung von 500 Bussen
jährlich geplant
Absichtserklärung über Bau
eines Tomographiezentrums
für Krebsdiagnostik
unterzeichnet,
Konzessionsabkommen
vorgesehen; Bauzeit: 2016 bis
2017
über 10 Mrd.
US$
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest
9
Projektbetreiber: Ministerium
für die Entwicklung des Fernen
Ostens
(www.minvostokrazvitia.ru),
Xian Aircraft Industrial
Corporation und Jiangsu Baoli
Dongfeng Yangtse Hongkong
Limited und OOO PK SignalMasch
Rosnano (www.rusnano.ru),
Rosatom (www.rosatom.ru),
Föderale Fernöstliche
Universität
3. Tiefbau/Infrastrukturbau
Marktlage und Marktentwicklung
In Zeiten rückläufiger Steuereinnahmen haben es insbesondere Unternehmen schwer, die
im Tiefbau/Infrastrukturbau tätig und damit von öffentlichen Investitionen abhängig sind.
Auf föderaler Ebene wurden die entsprechenden Ausgabentitel in einem Nachtragshaushalt für 2015 um etwa 25% gekürzt.
Gebaut wird jedoch eine Brücke vom russischen Festland auf die Halbinsel Krim. Aus
heutiger Sicht soll das Brückenvorhaben 228,3 Mrd. Rubel kosten. Im laufenden und den
zwei künftigen Haushalten verschlingt dieses Projekt allein 10% der Straßenbauausgaben
auf föderaler Ebene. Die verbleibenden 90% reichen dann nur noch dafür aus, das vorhandene Netz an Autobahnen und Bundesstraßen zu warten. An Streckenverlängerungen
ist in dieser Konjunkturlage kaum zu denken.
Schienenausbau wird für Private geöffnet
Um die Abhängigkeit der Staatsbahn OAO RZD von staatlichen Zuschüssen zu verringern,
arbeitet das Unternehmen derzeit an einer Änderung der Tarife im Gütertransport. RZD
und Regierung wurden sich schnell einig, dass der Streckenausbau weiterhin vom Staat
finanziert wird, die Modernisierung bestehender Strecken aber durch RZD. Selbst beim
Streckenausbau und beim Bau von Brücken, Stationen und Terminals ist eine Konzessionsvergabe an Private inzwischen kein Unwort mehr.
Eine andere Frage bleibt dabei aber bestehen: Welcher private Investor könnte sich in
der gegenwärtigen Konjunkturlage für derartige Vorhaben überhaupt interessieren? Zumal die Tarifpolitik der RZD weiterhin an politische Vorgaben des Verkehrsministeriums
und nicht an das Wechselspiel aus Angebot und Nachfrage gebunden bleibt. Mit anderen
Worten, neben dem Straßenbau kommt auch der Schienenausbau in zunehmende Finanzierungsschwierigkeiten.
Verwirrung um Hochgeschwindigkeitsstrecken
Um den Bau der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Moskau und Kazan im Gesamtwert von 1 Billion Rubel ist es im Spätsommer unerwartet ruhig geworden. Es schien
klar, dass RZD das System in Zusammenarbeit mit chinesischen Unternehmen bauen
wird.
Doch hat die Auswechslung der Führungsspitze bei den Russischen Eisenbahnen OAO
RZD im August 2015 für Verwirrung gesorgt. Wladimir Jakunin, ein langjähriger PutinVertrauter, wurde von Oleg Belozerow, einem Mann aus der zweiten Reihe und langjähriger Vizeminister für Transport, abgelöst. Im Unterschied zu Jakunin gilt Belozerow als
Techniker und nicht als Charismatiker.
10
Ein solcher Vorgang weist eher darauf hin, dass es bei der Hochgeschwindigkeitsstrecke
zu Verzögerungen kommen wird. Ursprünglich sollten die Züge schon zur Fußball-WM
2018 fahren. Dies wird nicht mehr für möglich gehalten. Somit besteht insgesamt kein
Termindruck. Inwieweit diese Hochgeschwindigkeitsstrecke wirtschaftlich überhaupt Sinn
macht oder doch nur ein Prestigeobjekt darstellt, dürften die Verantwortlichen in Zeiten
der Rezession sicher leichter beantworten können.
Ausbau von Transsib und BAM hat Vorrang
Milliardensummen verschlingt obendrein der Ausbau von Transsibirischer Eisenbahn
(Transsib) und Baikal-Amur-Magistrale (BAM). Allein dafür sollen 562 Mrd. Rubel fließen.
Davon wird RZD 302 Mrd. Rubel tragen, der Rest soll aus dem Nationalen Wohlstandsfonds kommen. Vom Fortschritt in dieser Sache hängt das Schicksal ganzer Regionen im
Südural, in Sibirien und im Fernen Osten ab. Allerdings wird auch hier nach Einsparpotenzial gesucht.
Aus dieser Sicht heraus stehen die Finanzierungschancen hier wesentlich höher als beim
Bau der Hochgeschwindigkeitsstrecke. Der Führungswechsel an der RZD-Spitze könnte
auf einen Richtungs- und Strategiewechsel hinweisen, auch wenn das offiziell nicht bestätigt wird.
RZD betont zudem die Wichtigkeit der Schienenanbindung von Häfen. Genannt werden
die Häfen Murmansk, Baltijsk, die Häfen am Schwarzen und am Asowschen Meer und im
Fernen Osten. Transportknoten wie Kuzbass/Nord-West, Kuzbass/Ferner Osten,
Kuzbass/Asowsches und Schwarzes Meer sollen ausgebaut werden.
Seehäfen bereiten sich auf Diversifizierung russischer Exporte vor
In den beiden fernöstlichen Seehäfen Nachodka und Nachodka-Wostotschnyj, über die
etwa 11% der gesamten russischen Seefracht (insbesondere Schütt- und Sammelgut wie
Metalle, Metallerze, Kohle und Erdöl) umgeschlagen werden, sind Erweiterungen geplant.
Speziell im Hafen Wostotschnyj streiten sich jedoch Investoren um das Entwicklungsmodell - ob der Ausbau der Schienenwege oder der Verladeterminals Vorrang bekommen
soll. Im Hafen Nachodka scheint die Marschrichtung dagegen jetzt schon klar: die Kapazitäten zur Kohleverschiffung sollen bis 2017 auf 24,5 Mio. und bis 2020 auf 39 Mio. jato
aufgestockt werden.
Im Hafen Noworossijsk am Schwarzen Meer soll ebenfalls Großes geschehen. Der Hafenbetreiber NMPT wird bis 2018 einen Terminal zum Verschiffen von 10 Mio. jato Eisenerz
und Gusseisen bauen, nachdem der Metallgroßhändler Metalloinvest sich vertraglich verpflichtet hat, diese Menge über den Hafen zu realisieren. Der Hafenbetreiber wird zusätzlich die Ro-Ro-Kapazitäten erweitern, unter anderem als Plattform für den Export von
Fahrzeugen.
In der eisfreien Ostseeregion Kaliningrad werden für 8,5 Mrd. Rubel am Standort
Pionersk vier Passagierterminals mit einer Kapazität von zusammen 1 Mio. Reisende pro
Jahr nebst Marina mit 300 Ankerplätzen für Jachten entstehen. Die Mittel dafür sagte das
föderale Transportministerium bereits 2014 zu. Bislang gibt es nur einen alten Fischerei11
hafen. Als Koinvestor fungiert die italienische Mediterranean Shipping Company.
Kaliningrad will damit neben dem litauischen Klaipeda und dem polnischen Gdansk zu
einem weiteren Anlaufpunkt für große Cruise-Schiffe werden, die auf der Ostsee mit
Touristen unterwegs sind.
Flughafenbau - föderale Finanzmittel gekürzt, Regionen springen teils ein
Um die Finanzierung von Flughafenprojekten seitens der Zentralregierung ist es nicht
zum Besten bestellt. Die föderalen Programme zum Bau und zur Modernisierung von Regionalflughäfen wurden 2015 um 14,2 Mrd. Rubel gekürzt. Das spezielle Ausbauprogramm für Flughäfen im Fernen Osten wird um 14 Mrd. Rubel reduziert. Dies gab das
Transportministerium in Moskau bekannt.
Von Kürzungen weitgehend ausgenommen bleiben lediglich die Flughäfen an den Austragungsorten der Fußball-WM 2018 sowie in den besonders schwer zugänglichen Orten des
Hohen Nordens und des Fernen Ostens. So wird der Terminal B des Moskauer Flughafens
Scheremetjewo für die Fußball-WM erweitert. Statt 33,5 Mio. können ab 2017 pro Jahr
48,5 Mio. Passagiere abgefertigt werden. Speziell für die WM wird auch in den Ausbau
der Flughäfen in Samara, Nischni Nowgorod, Jekaterinburg, Rostow und Nabereschnye
Tschelny (Tatarstan) investiert.
Projekte im Abfall- und Abwassermanagement kommen nur langsam voran
In Russland gibt es nur wenige Müllverbrennungsanlagen. Daher gilt Moskau mit seinen
drei Müllverarbeitungswerken geradezu als Vorbild. Das 200 Mrd. Rubel schwere Umweltschutzprogramm der Stadt fördert bis 2016 Projekte zur Reinigung der Gewässer (Fluss
Moskwa), zum Bau von Müllverarbeitungsanlagen und zur besseren Gestaltung der
Grünzonen. Das kommunale Unternehmen Moswodokanal rekonstruiert derzeit den
zweiten Block der Wasseraufbereitungsanlage Nowo-Kurjanowski. Die Arbeiten sollen
2018 beendet sein.
Beim Umweltschutz will auch Sankt Petersburg einen Schritt nach vorne tun. Bis 2025
sollen 125,6 Mrd. Rubel (knapp 2,3 Mrd. Euro) in Projekte zur Wasserversorgung fließen.
Davon investiert Sankt Petersburgs wichtigster Wasserversorger Wodokanal SanktPeterburga 123,5 Mrd. Rubel.
Auch beim Abwasser gibt es Nachholbedarf. In der Stadt existieren 13 Wasseraufbereitungsanlagen, 3 Werke zum Verbrennen von Rückständen, 138 Pumpstationen für das
Kanalisationssystem und ein 8.119 km langes Rohrnetz. Doch nicht das ganze Abwasser,
das in der Millionenmetropole entsteht, wird auch gereinigt.
Sankt Petersburg erneuert daher 900 km Kanalisation, baut neue Kläranlagen und wird
ein komplett überarbeitetes System zur Abwasserreinigung implementieren. Die Kosten
werden mit 164,7 Mrd. Rubel (rund 3 Mrd. Euro) veranschlagt. Investor ist auch hier
Wodokanal Sankt-Peterburga.
12
Investitionen in Öl- und Gaspipelines
Die Staatskonzerne Gazprom und Rosneft investieren in Pipelines in Richtung VR China
und Europa. Zu den wichtigsten Projekten gehören die Gaspipelines "Sila Sibiri" und
"Altaj" (Projekt aktuell zurückgestellt) nach China, "Northstream-2" und "Turkish
Stream" in die Türkei (aktuell gibt es Meinungsverschiedenheiten mit der türkischen Regierung und der türkischen Gasgesellschaft BOTAS über bestimmte Aspekte des Projekts,
wie den Gaspreis für die Türkei).
Dynamik im Kraftwerksbau lässt nach
Der Ausbau von Wärmekraftwerken vollzieht sich langsamer als geplant. Zwar sind mehr
als ein Dutzend Projekte auf den Weg gebracht worden. Doch ließ die Stromnachfrage im
Zuge der Wirtschaftskrise nach. Dagegen schießen die Finanzierungskosten in die Höhe.
Da das Energieministerium eine Reihe von Versorgungsunternehmen zum Ausbau vertraglich verpflichtete, sind Abweichungen von der Bauplanung nur mit staatlicher Genehmigung möglich. Das Ministerium lässt in dieser Frage jedoch mit sich reden.
Weniger Investitionen in Mobilfunknetze
Nachlassende Abonnentenzahlen ziehen sinkende Investitionen nach sich. Ende März
2015 gab es 44.300 LTE-Basisstationen. Das waren 2.300 Stationen mehr als zum Jahresende 2014. Dies geht aus einem Bericht der Agentur Telecom Daily hervor. Für Russland ist dieser Zuwachs gering - in den neun Monaten davor wurden 25.000 LTE-Stationen gebaut. Die meisten Stationen gehören dem Mobilfunkanbieter Megafon: 18.600
Stück. MTS besitzt 15.700 und VimpelCom 8.200 Stationen. Die Rubelabwertung wird als
der Hauptgrund für die aktuell verhaltenen Investitionen angegeben.
Konkrete Marktchancen für deutsche Unternehmen
Der Tiefbau-Markt wird generell von russischen Baukonzernen kontrolliert. Konkrete
Marktchancen für deutsche Produkte und Dienstleistungen sind deshalb nur als Subauftragnehmer und auch nur dann zu erwarten, wenn es sich um ein Bauvorhaben mit einer
besonderen Zweckbestimmung (besondere Exklusivität oder erhöhte Umweltstandards)
oder um feststehende Fertigstellungsfristen handelt, die unbedingt eingehalten werden
müssen. Dazu gehören Infrastrukturmaßnahmen zur Vorbereitung der Fußball-WM 2018.
Öffentliche Vorhaben sollen den drastischen Rückgang privater Bauinvestitionen auffangen, zumindest teilweise. Dies schließt Fördermaßnahmen für die örtliche Bau- und Baustoffindustrie ausdrücklich mit ein, aber auch Appelle oder gar Vorschriften, Produkte mit
dem Label "Made in Russia" auf dem Bau zu bevorzugen.
13
Deutsche Geschäftschancen im Moskauer Großraum
Zumindest in Moskau soll jedoch kein generelles Importverbot für Baumaschinen und
Baustoffe gelten. Dies betonte der stellvertretende Bürgermeister und Verantwortliche für
das Baugeschehen in Moskau, Marat Chusnullin. Deshalb können hier fallweise deutsche
Lieferanten zum Zuge kommen.
Die Moskauer Stadtregierung schließt ausländische Zulieferprodukte zwar nicht aus, hält
sich laut Chusnullin im bestimmten Maße aber dennoch an die föderalen Empfehlungen
zur Importsubstitution. So sollen bis Ende 2015 alle Rohrleitungen und die gesamte
Klima- und Belüftungstechnik für den U-Bahnbau komplett aus heimischer Herstellung
kommen. Es ist anzunehmen, dass sich unter den Lieferanten auch ausländische Firmen
befinden, die sich in der Zwischenzeit in Russland mit eigenen Werken niedergelassen
haben.
Projekte
Ausgewählte Großprojekte im Tiefbau/Infrastrukturbau
Vorhaben
Investitionssumme
Projektstand
Anmerkungen
Belkomur (Weißes MeerKomi-Ural) - Eisenbahnlinie und Hafenbau in
Archangelsk
über 250 Mrd. Rubel
Investitionsabkommen am
3.9.2015 unterzeichnet,
Projekt ist auch in Eisenbahnund Transportstrategie
Russlands eingeschlossen
Bau des 3. und 4.
Teilstücks der Zentralen
Ringautobahn Moskau
(ZKAD)
Bau des Teilstücks (km
58 bis 149) der
Autobahn-Mautstrecke
Moskau - SanktPetersburg (M 11)
Bau des karelischen
Teilstücks der
Autobahnstrecke
"Finnische Grenze - Ural"
Kostenvoranschläge
jeweils 75,6 Mrd. und
76,5 Mrd. Rubel
Konzessionsausschreibung bis
28.10.2015
70 Mrd. Rubel
Tender läuft bis November
2015
Projektbetreiber: Belkomur
(www.belkomur.com), Bauherr:
Poly Technologies Inc.; Das PPPProjekt sieht die Rekonstruktion
von bestehenden 449 km und
den Neubau von 712 km
Eisenbahnlinie in der nördlichen
Taiga vor, die Archangelsk mit
der industriellen Ural-Region
verbindet, sowie den Bau eines
Tiefwasserhafens
Auftraggeber: Avtodor;
Fertigstellung der 500 km
langen Mautstraße 2018 (zur
WM-2018)
Auftraggeber: Avtodor
(www.rosavtodor.ru)
80 Mio. US$
Bau einer 65 km langen Straße
auf dem Territorium der
Republik Karelien geplant;
derzeit Projektierungsphase,
Bauanfang: Sommer 2016,
Projektdauer: 10 Jahre
gemäß dem
Investitionsprogramm für
2015 bis 2020
OAO Sewero-Sapadnyj koridor
raswitija und AVIC International
(http://www.avic-intl.cn)
Ausschreibung bis Ende
September 2015
Projektbetreiber: Moskauer
Regierung; Die
8-spurige Straße soll die
Transportverbindungen
innerhalb des gerade
entstehenden Stadtteils NeuMoskau optimieren
PPP-Projekt; Projektbetreiber:
Administration des Gebiets
Kostroma und Sany Heavy
Industry Co
(www.sanygroup.com)
Bau von Energieanlagen
31 Mrd. Rubel
und Stromleitungen im
Föderalen Bezirk NordWest
Straße Solnzewo-Butowo- 27 Mrd. Rubel
Widnoje in Moskau
Umgehungsstraße und
Wolga-Brücke in
Kostroma
26 Mrd. Rubel
Absichtserklärungen
unterzeichnet
Quelle: Recherchen Germany Trade & Invest
14
Projektbetreiber: RAO Rosseti
(www.rosseti.ru)
4. Branchenüberblick und Geschäftspraxis
Branchenstruktur und Wettbewerbssituation
Große Gesellschaften zur Projektentwicklung führen laufende Projekte 2015 trotz
Rezession weiter. Gekürzt wird aber die Zahl neuer Vorhaben. Im Ergebnis wird weniger
investiert. Baufirmen stocken im Gegenzug ihre finanziellen Rücklagen auf.
Dies geschieht unter anderem als eine Erfahrung aus der letzten Baukrise in den Jahren
2008 und 2009. Erstens verringern die Baufirmen ihre Abhängigkeit von teuren
Fremdfinanzierungen und zweitens kürzen sie die laufenden Kosten, bei gleichzeitig
anhaltenden Zuflüssen aus Verkäufen fertig gestellter Immobilien.
Insbesondere im 4. Quartal 2014 setzte im Zuge des Rubelverfalls für einige Tage eine
panikartige Flucht von Investoren und Bevölkerung in Sachwerte, darunter Immobilien,
ein. Da Immobilien in Russland in US-Dollar ausgepreist sind, jedoch in Rubel bezahlt
werden, verdienten Projektentwickler automatisch mehr. Diese Nachfrage kam im 1.
Halbjahr 2015 aber recht schnell wieder zum Erliegen.
Generell leidet die Bauwirtschaft unter rückläufigen staatlichen und privaten Investitionen. Developer und Immobilienfonds halten sie sich wegen der anhaltend schwachen
Nachfrage nach Immobilien zurück. Zumal potenzielle Kunden aus der Wirtschaft in der
gegenwärtigen Rezession eher auf Kostensenkung achten, Mietkosten eingeschlossen.
Russland - Die größten Baufirmen gemäß Umsatz (Stand: 2013)
Baufirma
Tätigkeit
Strojgasconsulting
Engineering, Industrie- und
Infrastrukturbau
Engineering, Industrie- und
Infrastrukturbau
Engineering, Industrie- und
Infrastrukturbau
Bauindustrie
Engineering, Industrie- und
Infrastrukturbau
Engineering, Industrie- und
Infrastrukturbau
Baustoffindustrie
Bau- und Baustoffindustrie
Bauindustrie
Engineering, Industrie- und
Infrastrukturbau
Baustoffindustrie
Engineering, Industrie- und
Infrastrukturbau
Bauindustrie
259,7
www.sgc.ru
226,6
www.ooosgm.ru
116,7
www.mostro.ru
Engineering, Industrie- und
Infrastrukturbau
Engineering, Industrie- und
Infrastrukturbau
Wohnbau
Bau
Strojgasmontasch
Mostotrest
Gruppa kompanij SU-155
Mosinschprojekt
Rosingineering
Korporazija TechnoNIKOL
Gruppa LSR
Gruppa kompanij PIK
Strojtransgas
Eurozement Group
Globalstroj-Engineering
FGUP Spezstrojengineering pri
Spezstroje Rossii
Transjuschstroj
Gruppa E 4
Domostroitelny Kombinat N 1
Grupa kompanij Etalon
Umsatz in
Mrd. Rubel
Quelle: Rating Expert-400 (2014)
15
Internetadresse
96,8
82,6
www.su155.ru
www.mosinzhprojekt.ru
71,8
www.roing.ru
66,3
65,3
62,5
57,8
www.technonicol.ru
www.lsrgroup.ru
www.pik.ru
www.stroytransgaz.ru
55,0
51,8
www.eurocement.ru
www.globse.com
45,1
www.spezsstroy.ru
44,7
www.transugstroy.ru
44,7
www.e4group.ru
39,9
39,9
www.dsk1.ru
www.etalongroup.com
Geschäftspraxis
Die russische Regierung will europäische Unternehmen an der weiteren Wirtschaftsentwicklung beziehungsweise an öffentlich finanzierten Projekten nur noch dann teilnehmen
lassen, wenn es keine äquivalenten Anbieter aus einem der Mitgliedsländer der
Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) gibt. Der Weg für westliche Anbieter in technisch
anspruchsvolle Bauvorhaben bleibt dadurch im Prinzip offen.
Zudem wurde ein Gesetz über Industriepolitik verabschiedet, auf dessen Grundlage sich
die Investitionsbedingungen verbessern sollen. Dazu gehören Steuervorteile, die künftig
Verwaltungen der russischen Regionen ansiedlungswilligen Firmen zusagen können. Das
können sie zwar auch jetzt schon, aber nur für die Regional- und Lokalsteuern. Künftig
dürfen sie nach Absprache mit dem Finanzministerium in Moskau Zusagen auch für den
föderalen Steueranteil geben.
Das Netz an Industrieparks (www.indparks.ru, www.gisip.ru), das über eine geeignete
Infrastruktur für Firmenansiedlungen verfügt, wird von derzeit 49 langfristig auf 200 erweitert. Aktuell sind 30 neue Industrieparks in Vorbereitung. In Anbetracht möglicher
neuer Sanktionen unterstrich Industrie- und Handelsminister Denis Manturow, dass Gebietsverwaltungen und die föderale Regierung von einmal gegebenen Zusagen für Investoren während der Vertragslaufzeit nicht abrücken. Damit würde nach seinen Worten
Bestandsschutz und Planungssicherheit garantiert, unabhängig von sich möglicherweise
ändernden Rahmenbedingungen.
Planungsaufträge durchlaufen Modetrends
Die Vergabe von Planungsaufträgen in der Bauwirtschaft durchläuft inhaltliche Modetrends bezüglich der Architektur, teilweise auch der zu verwendenden Materialien und der
Bautechnologie. Stellten zu Anfang der 1990er Jahre Planer und Architekten in den Augen der Auftraggeber einen Kostenfaktor dar, den es zu minimieren galt, wurden nur
wenige Jahre später unter hohem finanziellen Aufwand international renommierte Büros
beauftragt, westliche Architektur in die Stadtbilder zu integrieren.
Inzwischen sind Präferenzen zu Gunsten russischer Planer und Architekten zu beobachten, die in den vergangenen Jahren internationale Erfahrungen sammeln konnten. Zudem
ist vor Ort eine neue Generation von Projektanten mit frischen Ideen herangewachsen.
Gleichzeitig besteht die öffentliche Hand als Auftraggeber für soziale Bauvorhaben auf der
Verwendung standardisierter Gebäudetypen. Damit sollen Planungskosten und Bauzeiten
verringert werden. Darauf wies unter anderem der Gouverneur des Moskauer Gebiets,
Andrej Worobjow, hin.
16
Generalauftragnehmer sind in der Regel russische Firmen
In der Bauausführung kommen in der Regel russische Generalauftragnehmer zum Zuge.
Ausnahmen gelten bei technisch schwer zu bewerkstelligenden Projekten, für die es Erfahrungen und besonderes Know-how benötigt. Oder ein ausländischer Investor beauftragt Unternehmen, die er aus seinem Heimatland kennt oder von dort eigens mitbringt.
Teilweise liegt die Bevorzugung heimischer Fachleute aber einfach auch am zuweilen
eigentümlichen Geschmack lokaler Bauherren, mit denen örtliche Planer, Architekten und
Projektsteuerer eventuell in der Tat etwas besser zurechtkommen.
Ausschreibungen im Wohnungsbau
Projekte im Wohnungsbau haben sich auf Grund des latenten Wohnungsmangels in der
jüngsten Vergangenheit fast von selbst verkauft. Vor allem aus sozialpolitischen Gründen
erfolgte ein gehöriger Teil der öffentlichen Ausschreibungen in diesem Bereich. Der private Wohnungsbau wird dagegen nur in den seltensten Fällen offen ausgeschrieben.
Vielmehr laden Projektentwickler und -steuerer in geschlossenen Tendern gezielt ein,
Konzepte zu unterbreiten.
Örtliche Holdings dominieren sozialen Wohnungsbau
Der öffentliche Wohnungsbau wird vor allem durch große Holdings betrieben, sowohl in
der Planung als auch in der Durchführung. Wie die Statistik zeigt, gehen regelmäßig die
gleichen Holdings aus öffentlichen Ausschreibungen als Gewinner hervor, auf welche Art
und Weise auch immer.
Plattenbauten, die weiterhin in Masse errichtet werden, erhalten eine leichte Aufwertung
durch Schmuckelemente, Simse und Säulen. Dem Massengeschmack scheint es jedenfalls zu entsprechen. Geringe bis moderate Bau- und im Ergebnis auch Verkaufskosten
spielen eine wichtige Rolle, besonders bei Käufern, die nicht zu den oberen Zehntausend
der Gesellschaft gehören.
Ausländische Planer haben Chancen bei Prestigebauten
Ausländische Planer und Architekten bekommen in der Regel Aufträge für Projekte in
besonders repräsentativen Bereichen, einschließlich Innenarchitektur. Hier werden Materialien der gehobenen Preisklasse nachgefragt und es zählen besondere, qualitativ höherwertige Aspekte. Für die Sanierung von Plattensiedlungen, bei der deutsche Architekten ihre Erfahrungen aus der Heimat einbringen könnten, scheint es dagegen weniger
Chancen zu geben. In diesem Bereich spielen erstklassige Beziehungen zu den Wohnungs- und Stadtverwaltungen die ausschlaggebende Rolle, sowie die sich erst etablierenden neuen Normen, die der Reihe EN angelehnt sind.
17
Baufirmen aus dem Ausland bleiben hinter den russischen zurück
Den Löwenanteil am Bauvolumen realisieren russische Unternehmen. Ihnen kommt dabei
ihr seit Jahren gepflegtes Beziehungsnetz zu den Auftraggebern, insbesondere aus der
öffentlichen Verwaltung, zugute, aber auch das breite Spektrum an Referenzen, auf das
sie in der Regel verweisen können.
Unter allen ausländischen Baufirmen haben türkische Auftragnehmer mit die stärksten
Positionen auf dem russischen Markt besetzt (Beispiel: Renaissance Construction,
Rönesans Holding). Nach Angaben der türkischen Botschaft in Moskau erreichte das Auftragsvolumen von Baufirmen aus diesem Land 2014 etwa 50 Mrd. Rubel. Die Höhe türkischer Direktinvestitionen in die russische Wirtschaft beträgt 10 Mrd. $. Einen Zuwachs an
Aufträgen verzeichnen inzwischen auch chinesische Baufirmen.
Die meisten ausländischen Firmen aus dem Baubereich sind nicht direkt in der Bauausführung angesiedelt, sondern arbeiten im Vorfeld bei der Projektierung und Planung sowie bei der Lieferung von Technologien, Maschinen, Materialien und Baustoffen.
Neben den bereits erwähnten Niederlassungen deutscher Spezialfirmen kommen aus
Europa und Übersee noch folgende hinzu: Ariston Therma Rus, Arkema France, Atron –
Lindab Buildings LLC, Bekaert N.V., Caverion Elmek OOO, CRH, Dow Corning LLC,
DuPoint Science and Technologies, Freudenberg Group, Interface Russia LLC, Legrand
Group, Rautaruukki OYJ, Roca, Rockwool, Saint-Gobain CIS, Ursa Eurasia LLC,
Wienerberger Kirpitsch LLC, Atlas Copco, Bell Equipment Rus OOO, Caterpillar Eurasia
LLC, CNH Industrial Rus, Doosan Infracore Co, Hitachi Construction Machinery Eurasia,
Hyundai Heavy Industry Co., JCB, John Deere Rus LLC, Komatsu CIS, Liebherr Rus, Volvo
Vostok ZAO und YIT Rakennus.
Kontaktadressen
Bezeichnung
Internetadresse
Anmerkungen
Ministerium für Bauwirtschaft
und Wohnungsverwaltung
www.minstroyrf.ru
Ministerium für die Entwicklung
des Fernen Ostens
Ministerium für Industrie und
Handel
http://minvostokrazvitia.ru
Russischer Bauverband
Nationale Vereinigung der
Projektanten
Verband für Privathäuserbau
Nachrichten für Bauwirtschaft
Nachrichten des Bauverbands
http://omorrss.ru
http://www.nostroy.ru
Normen und Standards, Wohnungsverwaltung, Genehmigungen, Gesetzesentwürfe, Wohnungsbaupolitik, staatl. Bauinvestitionen
wirtschaftliche und soziale Entwicklung des
Fernen Ostens
Industrie- und Handelspolitik, öffentliche
Ausschreibungen, Investitionsprogramme
für Industriezweige
CTT - 16. Internationale Messe
für Bautechnik
MosBuild – 22. Internationale
Messe für Bauwirtschaft und
Innenausgestaltung
ASNInfo, Agentur für
Baunachrichten
NSP.su, Bauportal
http://minpromtorg.gov.ru
http://www.svoydom.ru
www.vestnik.info
http://omorrss.ru/presscenter/media/magazine
www.ctt-expo.ru
31.5. bis 4.6.2016, Crocus Expo Moskau
www.mosbuild.com
5. bis 8.4.2016, Expocentre Moskau
http://asninfo.ru
www.nsp.su
18
strojABC.ru, Anzeigen zum
Häuserbau
Stroitelstwo.ru, Bauportal
www.strojabc.ru
www.rcmm.ru
5. Baustoffe und Zulieferprodukte
Baustoffe und Bauzulieferprodukte wurden in der Vergangenheit allein schon wegen der
damit verbundenen hohen Transportkosten kaum eingeführt, sondern wenn möglich vor
Ort gefertigt. Dies führte zur Ansiedlung zahlreicher ausländischer Hersteller in den verschiedenen russischen Regionen. Seit 2014 kommt der Wunsch der Politik nach Importsubstitution hinzu, wofür die Ansiedlungsbedingungen für ausländische Investoren sogar
noch verbessert wurden.
Gebietsverwaltungen und Gouverneure stehen im Wettbewerb untereinander, eine möglichst hohe Anzahl von in- und ausländischen Betrieben auf ihren Territorien anzusiedeln.
Wer in der russischen Innenpolitik in Fragen Importsubstitution passiv bleibt, darf davon
ausgehen, dass seine Karriere ein schnelles Ende nimmt.
Investitionen kommen aus dem Ausland
Zu den Regionen mit einer überaus aktiven Ansiedlungspolitik zählt schon seit einigen
Jahren die Republik Tatarstan. Erst im September 2015 feierte der Gouverneur, Rustam
Minnichanow, die Einweihung eines Werkes zur Herstellung von akustischen Deckenplatten. Besitzer des Werkes und Investor ist die US-Firma Armstrong World Industries. Der
Projektwert beträgt 3,6 Mrd. Rubel und die installierte Kapazität 20 Mio. qm pro Jahr.
Ein weiteres wichtiges Herkunftsland für Direktinvestitionen in die Baustoffindustrie ist
die Türkei. So eröffnete der türkische Hersteller von Baumaterial aus Holz, Kastamonu, in
der Sonderwirtschaftszone Ljudinowo in der Region Kaluga im September 2015 ein Werk
mit einer Fläche von 70 ha. Hier betrug der Investitionswert 200 Mio. US$. Hergestellt
werden unter anderem Holzplatten und -verkleidungen, Fußbodenparkett und Furnierholz.
Der Schweizer Hersteller von Bauchemie, Sika, wird bis Ende 2015 am Standort
Wolgograd sein fünftes Werk in Russland eröffnen. Hergestellt werden dort 30.000 jato
Trockenmischungen. Der Investitionswert wird mit 5,3 Mio. $ angegeben. Der deutsche
Wettbewerber Henkel Bautechnik besitzt in Russland ebenfalls fünf Werke – Russland
gehört für den Gesamtkonzern zu den vier wichtigsten Auslandsmärkten. Jedes Jahr setzt
der Konzern mit Haushalts- und Bauchemie hier 1 Mrd. Euro um. Das neueste Werk hat
Henkel in Nowosibirsk im Juni 2015 eingeweiht.
19
Baustoffindustrie schrumpft
Doch dürfen die Werkseröffnungen nicht darüber hinweg täuschen, dass die Produktion
der Verarbeitenden Industrie im 1. Halbjahr 2015 um 5,4% eingebrochen ist. Die Baustoffindustrie macht dabei keine Ausnahme. Lediglich in den Untersparten, in denen
Werkseröffnungen zu verzeichnen sind, konnte ein Zuwachs gegenüber dem Vorjahr registriert werden. Generell haben aber alteingesessene Hersteller 20 bis 50% an Umsatzeinbußen zu verkraften.
Entwicklung in der Baustoff- und Baumaterialindustrie der Russischen Föderation
Januar bis Juli 2015
Keramiksteine, nicht feuerfest, in Mrd. Stück
Zement, in Mio. t
Betonsteine und -platten, in Mio. Einheiten
Ziegel, Platten, Kacheln aus Zement, Beton oder
künstlichem Stein, in Mio. qm
Konstruktionen und Details aus Eisenbeton, in Mio. cbm
Türen und Rahmen aus Polymeren, in Mio. cbm
Boden- und Wandbedeckungen aus Polymeren, in Mio. qm
Rohre und Schläuche aus Polymeren, in 1.000 t
Quelle: Föderaler Statistikdienst Rosstat, Moskau, 2015
Januar-Juli 2015 ggü.
Januar-Juli 2014
(Veränderung in %)
4,0
37,5
338
8,6
-4,0
-5,2
-2,6
-8,3
13,1
508
302
253
-15,7
-12,3
26,1
-17,0
Für die russischen Hersteller von Lacken und Farben, beispielsweise das Unternehmen
Russkije Kraski aus Jaroslawl, werden asiatische Billigimporte ein zunehmendes Problem
– zusätzlich zur Nachfrageflaute auf dem russischen Markt. Allein der Rückgang bei Farben zur Fahrbahnmarkierung war signifikant. Somit leidet die Branche im Ergebnis der
rückläufigen Entwicklung im Infrastrukturbau.
Farben und Lacke für den Pipelinebau
Hoffnungen verknüpfen dagegen die Farbenhersteller mit den Gazprom-Projekten zur
Verlegung von Gasleitungen in Richtung VR China. Hierfür wird eine gigantische Menge
an wetterresistenten Oberflächenmaterialien benötigt, die allesamt den Planungen nach
aus russischer Produktion stammen sollen.
Dagegen werden aus den Privathaushalten kaum noch Nachfrageimpulse nach Farben
und Lacken erwartet. Dies hängt unter anderem mit den rückläufigen Realeinkommen
von Arbeitnehmern und Rentnern zusammen.
Rubelabwertung drückt Absatzchancen für Importprodukte
Stärker als die heimische Produktion gehen die Importe von Farben und Lacken zurück.
Wird dieses Kriterium herangezogen, festigen sich die Marktpositionen der heimischen
Hersteller gegenüber den ausländischen Lieferanten in Krisenzeiten in relativer Hinsicht
sogar, obwohl die Marktvolumina sinken. Durch die Rubelabwertung haben sich zudem
die Exportmöglichkeiten für russische Farben und Lacke verbessert. In umgekehrter
20
Richtung erhöhten sich die Kosten in Nationalwährung für den Import notwendiger Bestandteile zur Erzeugung von Farben und Lacken oder auch für Baustoffe, etwa von importiertem Mergel zur Ziegelherstellung.
Auch die Einfuhr von Endprodukten, etwa von hochwertigen Ziegelsteinen aus Deutschland, den Niederlanden, Belgien oder den baltischen Staaten, die 2014 zusammen 17%
des russischen Verbrauchs deckten, leidet unter den gestiegenen Importpreisen. Hersteller aus den genannten Ländern beliefern samt und sonders das Premiumsegment.
Importe wurden 2014 darüber hinaus aus Belarus und aus der Ukraine realisiert. Die
Einfuhren aus der Ukraine sind 2015 wegen der angespannten russisch-ukrainischen Beziehungen zusammen gebrochen.
Im Ergebnis sind Großhändler dazu übergegangen, Importe durch russische Produkte zu
ersetzen. Denn die Endverbraucher sind nicht in der Lage, die gestiegenen Einfuhrkosten
zu tragen, wie die Absatzentwicklung der zurückliegenden 12 Monate gezeigt hat.
Widersprüchliches Bild bei Zement - Eurozement investiert, Lafarge stoppt
Projekt
Analysten der Eurozement Group sehen einen Rückgang des Zementverbrauchs in Russland von bis zu 10% bis Jahresende voraus. Dies hängt insbesondere damit zusammen,
dass laufende Bauvorhaben zu Ende geführt, aber neue kaum angeschoben werden.
Die Eurozement Group ging im September 2015 mit einem neuen Werk im russischen
Uljanowsk an den Start. Die Kapazität beträgt 1,3 Mio. jato Trockenzement. Der Investor
hat dafür 18 Mrd. Rubel in die Hand genommen. Beliefert werden unter anderem die
Bauprojekte zur Vorbereitung der Fußball-WM 2018 in der gesamten Wolga-Region.
Die größten Zementhersteller in Russland
Zementhersteller
Projektierte Kapazität (nach
Jahresergebnissen 2014, in Mio. jato)
33,1
7,2
6,9
6,7
4,9
4,6
4,3
3,7
3,4
3,2
Eurozement Group
ZAO Vita Line (OAO Mordowzement)
OOO Gasmetalloprojekt (OAO Noworoszement)
HK Sibirski Zement
Heidelberg Zement
Holcim
Wostokzement (Park Group)
Dyckerhoff
Rosgraschdanrekonstrukzija (Serebjakowzement)
Basel Zement
Quelle: NEO Centr
Der Konkurrent Lafarge hat den Bau einer Zementfabrik in der Region Rostow gestoppt.
Offizieller Grund soll aber weniger die derzeitige Baukonjunktur, sondern ein Problem mit
den technischen Anschlüssen (Gas, Strom, Wasser) vor Ort sein. Damit bleibt es vorerst
bei zwei Lafarge-Werken in Russland an den Standorten Woskresensk (Moskauer Gebiet)
und Fersikowo (Gebiet Kaluga). Das nun gestoppte Werk in Rostow sollte eigentlich 2016
an den Start gehen und 800 Mio. Euro kosten.
21
Zertifizierungspflicht für Zement kommt
Zudem tritt zum 8.4.2016 eine Regierungsverordnung zur Einführung einer Zertifizierungspflicht für Zement in Kraft. Begründet wird diese Maßnahme mit Qualitätsmängeln,
da örtliche Hersteller auf die klimatischen Bedingungen in Russland zu wenig Rücksicht
genommen haben sollen. Die Zertifizierungspflicht betrifft Portlandzement, Tonerdezement, Hüttenzement, Supersulphatzement und andere hydraulische Zemente.
Schlechte Zeiten für Baustoffmaschinen
Für deutsche Hersteller von Maschinen zum Zerkleinern oder Mahlen mineralischer
Stoffe, wie sie in der Baustoffindustrie zur Herstellung von Schotter, Splitter oder
Brechsand benötigt werden, aber auch von Sortieranlagen für mineralische Stoffe, Transportbänder sowie Klima- und Lüftungstechnik für den Einsatz in der Schotterproduktion
ist 2015 kein gutes Absatzjahr in Russland.
Die potenziellen Maschinenkunden verfügen aktuell über weniger finanzielle Möglichkeiten als noch in den Vorjahren, um neue Anlagen aufstellen zu können. Sinkende Auftragslage und schrumpfende Verkaufsmengen lassen die Preise auf das Baumaterial und
somit die Einnahmen der Schotterindustrie schrumpfen.
Schotter 2014 mit leichtem Zuwachs
Noch 2014 wurde auf Vorjahresbasis eine hauchdünne Steigerung der Erzeugung von
Schotter, Splitter und Brechsand um 0,7% auf 226,9 Mio. cbm gemessen. Aber schon im
1. Quartal 2015 begann die Talfahrt, die sich über das gesamte Jahr hinziehen dürfte:
Der Ausstoß fiel gegenüber dem 1. Quartal 2014 um 14,6% auf 37,6 Mio. cbm. Die angekündigten Kürzungen der Haushaltsausgaben für den Infrastrukturbau schlagen kurzbis mittelfristig auf die Baustoffbranche durch.
Potenzial für Kapazitätsausbau vorhanden
Regional entfällt beim Absatz von Schotter, Splitter und Brechsand mit 12% der landesweit größte Anteil auf den Moskauer Großraum. Der Ausbau und die Modernisierung der
Verkehrsinfrastruktur laufen hier im Landesvergleich noch am besten. Es folgt mit 11%
die sibirische Region Tjumen und mit 6,5% der Großraum Sankt Petersburg. Unterteilt
nach Abnehmerbranchen führt mit 54% der Straßenbau an, gefolgt von der Erzeugung
von Eisenbeton mit 23%, von Transportbeton mit 15% und mit 7% vom Schienenwegebau.
Rein technisch gesehen verfügt Russland über ausreichende Rohstoffvorkommen zur Erzeugung von Schotter, Splitter und Brechsand auf Jahrzehnte voraus. Die Zahl der Steinbrüche beträgt 2.072 mit Granitvorkommen in einer Gesamthöhe von 14 Mrd. cbm. Von
allen Regionen verfügen etwa drei Viertel über mehr oder weniger gute Granitreserven.
Doch konzentrieren sich 40% des landesweiten Granitabbaus derzeit auf die Republik
22
Karelien, auf das Leningrader Gebiet, auf das Swerdlowsker Gebiet und auf das
Tscheljabinsker Gebiet.
Baustoffe und Baumaterial für grünes Bauen noch chancenlos
Grünes Bauen spielt in der Gegenwart nur eine untergeordnete Rolle; im internationalen
Vergleich hat Russland auf diesem Gebiet aufzuholen. Zwar sind die Forderungen an
ökologische und nachhaltige Aspekte in der Projektierung und Bauausführung recht hoch,
unter anderem durch die Regierungsverordnung Nr. 18 vom 25.1.2010. Seit 2013 muss
zudem auf die Verwendung nicht vollständig verbrauchter Energie und die Einbeziehung
erneuerbarer Energiequellen in die Planung und beim Betreiben von Gebäuden geachtet
werden. Doch schätzt der 2009 gegründete Russian Green Building Council (RuGBC),
dass viele dieser Forderungen das Papier nicht wert sind, auf dem sie stehen. Der RuGBC
geht in seiner Kritik sogar noch weiter.
So sei die Bauwirtschaft in Russland weniger energieeffizient, weniger wettbewerbsfähig
und weniger zuträglich für die Gesundheit und die Umwelt als in den entwickelten Industrieländern. Als Gründe dafür werden der Überfluss an Bodenschätzen und Energieträgern vor Ort bei einer gleichzeitig chronischen Nichtbeachtung der eigenen Baunormen
und einem durchschnittlich niedrigen Kenntnisstand potenzieller Anwender über Energiesparmöglichkeiten gesehen.
Fußball-WM 2018 könnte Trend zum grünen Bauen einleiten
Zumindest laufen Vorbereitungen, um nationale grüne Standards für Sportanlagen auszuarbeiten und einzuführen. Daran beteiligt ist das Ministerium für Naturressourcen und
Umwelt. Fachleute hoffen, dass die WM-Vorbereitungen langfristig nachwirken und zu
einem Trend führen. Belastbare Fakten für eine derartige Entwicklung lassen sich - über
den Bau der Fußball-Stadien hinaus - aber noch nicht finden. Skepsis bleibt geboten.
Um grünes Bauen zu fördern, stellt sich der RuGBC inzwischen schon seit sechs Jahren
als Sammelbecken für interessierte Firmen und Personen zur Verfügung. Neben der Lobbyarbeit in Industrie und Politik arbeitet die Organisation an der Ausarbeitung und
Durchsetzung von nationalen Standards und basiert dabei unter anderem auf den Empfehlungen des U.S. Green Building Council (LEED) und des BRE Building Research
Establishment (BREEAM).
Internationale Zertifikate LEED, BREEAM und DGNB freiwillig anwendbar
Immobilien in Russland können nach allen gängigen internationalen Standards auf freiwilliger Basis zertifiziert werden. Unter den etwa 240 Mitgliedern des RuGBC befinden
sich Architekten, Projektanten, Juristen, Wissenschaftler, Studenten und Ingenieure, aber
auch Hersteller von Baumaterialien, Baufirmen und Immobilienentwickler. Ausgewiesen
werden Energiespareffekte unter anderem in russischen Dokumentationen, etwa im sogenannten Energiepass, den örtliche Kontrollinstanzen ausstellen. De facto ist der Weg
für grünes Bauen dadurch geebnet.
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Erste Beispiele sind vorhanden, etwa das Einkaufszentrum "Belaja Datscha" vor den
Toren Moskaus (BREEAM), das Kugellagerwerk SKF in Twer (LEED) als erste zertifizierte
Fabrik in Russland, das Bürogebäude Dukat Place III in Moskau (BREEAM), das Bürogebäude am Obwodny Kanal in Sankt Petersburg (LEED) und das Bürogebäude "Barwicha"
im Moskauer Gebiet (DGNB, LEED und BREEAM).
Umweltaspekte können bei Vermarktung von Immobilien ein Plus darstellen
Zur Auftragsakquise für grünes Bauen können spezialisierte Architekten und Projektentwickler ihre potenziellen russischen Auftraggeber immer noch am ehesten von den ökologischen Aspekten - was zunächst Mehrausgaben in der Bauphase bedeutet - überzeugen,
wenn nach Bauvollendung die Betriebskosten geringer ausfallen als bei herkömmlichen
Gebäuden. Ein gewichtiges Argument ist auch die Wertsteigerung der Immobilie, wenn
diese mit einem grünen Zertifikat ausgestattet ist.
Insbesondere bei steigendem Leerstand auf dem Immobilienmarkt in Krisenzeiten erweisen sich Umweltaspekte als ein Wettbewerbsvorteil. Private und gewerbliche Mieter oder
Immobilienkäufer sind dann eher bereit, sich für dieses Objekt zu interessieren. Schwieriger wird es aber für Architekten und Projektentwickler, die einen grünen Ansatz realisieren, sich das Vorhaben in seinen Teilaspekten von den Ämtern genehmigen zu lassen.
Hier können verschiedene Aspekte das Vorhaben ausbremsen, wie die Praxis gezeigt hat.
Dazu gehören entgegen gesetzte Interessen der Energieanbieter, die natürliche Monopole
darstellen und daher über wirtschaftlichen und politischen Einfluss verfügen, weiterhin
administrative und technische Barrieren sowie konservative und veraltete Normen, die
den Einsatz von Energiespartechnik einfach nicht vorsehen oder mit ausländischen "grünen" Normen und Standards nicht kompatibel sind.
Zudem tragen sämtliche Nationalnormen und –standards im Bereich des grünen Bauens
(SNIP und GOST) lediglich fakultativen Charakter, sind somit nicht zwingend anzuwenden. Darunter befinden sich entsprechende Zertifizierungen, die von der Union der Architekten zusammen mit dem Rat für grünes Bauen (HP SPZS) speziell für Russland ausgearbeitet wurden.
Renommierte Anbieter bei Heiz- und Klimatechnik vor Ort
In den Bereichen Heizungs-, Klima- und Lüftungstechnik sind alle Firmen, die weltweit
Rang und Namen haben, aktiv. Teilweise tragen sie den Wettbewerb auf dem russischen
Markt unter sich aus. Bei den Anbietern von Rohren und Verbindungen und Komplettsystemen für Wasser, Wärme und Abwasser sowie Montagewerkzeugen spielen deutsche
Hersteller eine wichtige Rolle.
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Sanitärprodukte bleiben gefragt
Der Markt für Sanitärprodukte hatte 2014 nach Angaben der Discovery Research Group
ein Volumen von 6,5 Mrd. US$. Die Anteile der einzelnen Produktgruppen verteilen sich
wie folgt: Waschbecken, WC-Schüsseln und WC-Aufsätze (35%), Wannen (23%), Duschbecken (24%) und Duschkabinen (18%).
Auf Fußböden wird in 60% aller Fälle Linoleum verlegt
Die Anwendung von Kunststoffen, insbesondere von Linoleum als Fußbodenbelag, hat in
den letzten Jahren zugenommen. Derzeit wird Linoleum in 60% aller Fälle verlegt. Die
Produktion von Linoleum ist dennoch seit 2012 rückläufig. So erreichte der Ausstoß damals mit 142,4 Mio. qm seinen vorläufigen Höhepunkt. Im Folgejahr ging der Ausstoß auf
140,8 Mio. zurück. Im Jahr 2014 betrug die Produktion 136,8 Mio. qm. Mit einem Marktanteil von 70% führte das Unternehmen Tarkett.
Stagnierende Verkäufe bei Kunststoffrohren
Bei Kunststoffrohren stagnierte der Markt 2014. Für 2015 ist insgesamt mit einem Rückgang zu rechnen. Vor allem die Nachfrage seitens kommunaler Gas- und Wasserbetriebe
wird nachlassen. Bei PVC-Rohren bleibt allerdings die Importabhängigkeit beim Ausgangsmaterial bestehen, wogegen die Einfuhr von fertigen PVC-Rohren zurückgehen
wird.
Kunststofffenster haben Verkaufszenit überschritten
Der Markt für Kunststofffenster schrumpft seit 2012. Während 2012 insgesamt 58 Mio.
qm (+5% gegenüber Vorjahr) Fenster mit Kunststoffrahmen gefertigt wurden, waren es
2013 nur 53,4 Mio. qm (-8%) und 2014 nur noch 46,8 Mio. qm (-12%). Für 2015 wird
ein Rückgang der Produktion auf 42 Mio. qm (-10%) oder sogar auf 37 Mio. qm (-20%)
angenommen. Den Prognosen zufolge soll sich die Talfahrt bis 2020 fortsetzen. Alle Angaben stammen vom spezialisierten Internetportal Okna Media.
Im Jahr 2014 vollzog sich unter den Fensterherstellern eine Marktbereinigung, die sich
2015 fortsetzen dürfte. Laut Okna Media mussten 15% der Hersteller ihre Geschäftstätigkeit einstellen. Dies betraf insbesondere kleine Anbieter und Werkstätten, die zusammen einen mengenmäßigen Marktanteil von 7% hielten.
Auslöser für die Firmenpleiten waren die rückläufige Nachfrage und Verschiebungen in
der Kundenstruktur. So nahm der Anteil individueller Bauherren, die geringe Stückzahlen
zur Modernisierung ihrer Wohnungen oder Häuser bestellten, ab. Im Gegenzug steigt der
Anteil von Baukonzernen, die standardisierte Fenster zum Einbau in neu errichteten Gebäuden in hoher Stückzahl benötigen.
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Fensterhersteller müssen nachrüsten
Zur Herstellung von energieeffizientem Bau- und Fensterglas fehlt es unter den russischen Herstellern teilweise an Technologie. Modernisierungen konzentrierten sich in der
jüngsten Vergangenheit auf die Herstellung von Floatglas ohne Energiespar- und UV-Filterfunktion.
Inzwischen ist der Anteil von energieeffizientem Fensterglas an der Gesamtnachfrage
aber von 7% (2007) auf 17% (2012) gestiegen. Zu den dominierenden Firmen gehören
AGC Flat Glass (Produktion im Moskauer Gebiet), Pilkington Glass (Moskauer Gebiet) und
Guardian Industries (Gebiet Rjasan).
Mittels energieeffizienter Fenster könnte der Wärmeverlust in Neu- und Altbauten gesenkt werden. In Moskau wurde in Gebäuden, die zwischen 2003 und 2010 errichtet
wurden, ein Energieaufwand für Heiz- und Lüftungszwecke zwischen 150 und 180 kWh
pro Stunde und Quadratmeter gemessen. Dies verstößt sogar gegen die russische Baunorm SNiP, die maximal 95 kWh pro h/qm zulässt.
Auslandskapital fließt in Glas- und Fensterherstellung
Ausländische Glashersteller errichteten Produktionskapazitäten vor Ort. Darunter befindet
sich die Trakya Glass Rus, ein Gemeinschaftsunternehmen aus der französischen SaintGobain und der türkischen Trakya Cam Sanayi mit mehreren Standorten in Russland. Das
jüngste Werk wurde in Elabuga (Tatarstan) eröffnet. Zu den russischen Herstellern gehören Salavatsteklo (Baschkirien), Saratowstroisteklo (Gebiet Saratow), JurRosProdukt
(Kreis Stawropol), Saratowski Institut Stekla (Gebiet Saratow), Simwol (Gebiet Wladimir)
und Star Glas (Gebiet Brjansk).
Vertriebsstrukturen für Baumaterialien werden gen Osten erweitert
Für den Vertrieb von Baustoffen und Baumaterialien spielen regionale Großhändler und
andere Vertriebspartner in den Regionen eine außerordentlich wichtige Rolle - wegen der
großen Entfernungen im größten Flächenstaat der Welt. Hersteller sehen aus gleichem
Grund zu, möglichst flächendeckend und marktnah mit eigenen Produktionsstätten vertreten zu sein, um Transportkosten zu sparen und flexibel auf Nachfragänderungen reagieren zu können.
Baumärkte werden wichtiger Vertriebspartner
In den vergangenen Jahren spielen DIY-Märkte (www.diynews.ru) eine wachsende Rolle
im Vertrieb. Zunächst wurde das Netz von Baumärkten um die Millionenstädte im europäischen Teil herum immer enger. Anschließend begann die Expansion in Richtung Ural
und Sibirien. Als finales Ziel bleibt der Ferne Osten Russlands. Die französische Kette
Leroy Merlin kündigte an, bis 2017 mit eigenen Baumärkten in die Region Chabarowsk
vorstoßen zu wollen.
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Dabei setzt sich Leroy Merlin das Ziel, in allen Warengruppen die Preise der Konkurrenz
stets um 5% unterbieten zu wollen. Dafür geht der Konzern unter anderem Kooperationen mit lokalen Herstellern ein, um nicht das gesamte Sortiment aus dem europäischen
Teil Russlands oder gar aus der Europäischen Union einführen zu müssen. Im Jahr 2014
eröffnete Leroy Merlin Baumärkte in Zelenograd, im Gebiet Moskau, Nowosibirsk, Ufa,
Samara und Krasnojarsk.
Nach Zahlen aus dem Jahr 2013 kontrollierte der französische Konzern 11% des russischen Marktes für Waren des Baubedarfs und ließ damit die deutsche Kette Obi hinter
sich. Zur Abrundung seines Angebots betreibt Leroy Merlin einen regen Online-Handel.
Etwa 5% des Umsatzes sollen auf Bestellungen aus dem Internet zurückgehen.
OBI hält mit eigenen Expansionsplänen dagegen. Die zur Tengelmann-Gruppe gehörende
Baumarktkette will bis Ende 2017 weitere 18 Filialen in Russland eröffnen. Nach den
Worten von Ian Strickland, Managing Director von OBI Russia, sollen von den neuen Filialen zwölf in angemieteten und sechs in neu errichteten Gebäuden entstehen. Das Investitionsvolumen wird mit rund 250 Mio. Euro angegeben. Bislang ist OBI in Russland
mit 24 Märkten vertreten, wovon sich mehr als die Hälfte in Moskau (8) und Sankt
Petersburg (5) befindet.
Automatisierung von Gebäuden nimmt zu
Der Markt für Automatisierungstechnik hat sich in den zurückliegenden Jahren schnell
entwickelt. Gefragt sind LED-Kontrolleinrichtungen, Sensoren, Relais, Dimmer, Helligkeitssteuerungen, Signalübertrager, Verstärker, Umwandler, Pulte und Steueroberflächen. Als ein besonders starkes Wachstumsfeld erweisen sich mobile Lösungen zur Steuerung der Hausautomatisierungstechnik, zum Beispiel per Smartphone.
Eine ähnliche Tendenz kann für den Bereich Gebäudesicherheit festgestellt werden. Die
dafür angebotenen Lösungen werden oftmals mit der Hausautomatisierung gemeinsam
als Paketlösung angeboten. Zu den größten Anbietern gehört Honeywell, ein US-Konzern,
der in Russland seit 1972 tätig ist.
Inzwischen haben sich erste russische Anbieter als Spin-Off aus Forschungsinstituten
oder Großunternehmen beziehungsweise als Start-ups auf dem Markt etabliert, und das
recht erfolgreich. Zu einem bekannten Anbieter von Lösungen zur Meldung von Glasbruch, Feuer- und Bewegungsmeldern sowie Systemen der Videoüberwachung gehört
das Sankt Petersburger Unternehmen Argus Spektr.
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