kommunalwahlprogramm die linke. vogelsberg zur kreistagswahl

 KOMMUNALWAHLPROGRAMM DIE LINKE. VOGELSBERG ZUR KREISTAGSWAHL 2016 (Textfassung) Kommunalwahlprogramm 2016 DIE LINKE. Vogelsberg Impressum: DIE LINKE. Kreisverband Vogelsberg Volkmarstr. 3 36304 Alsfeld Verantwortlich: Dietmar Schnell Bildnachweis / Umschlagbild © DIE LINKE, 2008 2 Kommunalwahlprogramm 2016 DIE LINKE. Vogelsberg 1 LINKS wählen bewegt 2 Seit mehr als 10 Jahren arbeitet DIE LINKE im Vogelsberg als Motor sozialer Fragen, der kommunalen Demokratie und Bürgerbeteiligung. Etliches haben wir zur Debatte gebracht und einiges wurde auch erfolgreich im Kreistag beschlossen. Soziale Gerechtigkeit verwirklichen Die zunehmende soziale Spaltung in Reiche und Arme sowie soziale Ungerechtigkeiten können nicht alleine in einer einzelnen Kommune aufgehoben werden. Aber es gibt Möglichkeiten, die Situation der wirtschaftlich Schwachen zu verbessern und ihnen so mehr Beteiligung am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Wir wollen Armut bekämpfen und öffentliche Einrichtungen für jeden bezahlbar machen. Sozialpass einführen Deshalb fordert DIE LINKE die Einführung eines Sozialpasses, der erwerbslosen und armen Menschen den kostenlosen oder ermäßigten Zugang zu öffentlichen Einrichtungen (z. B. Kindergärten, Büchereien, Bädern und bei der Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel oder der Volkshochschule) gewährt. Von den kommunalen Vertretern bei der OVAG erwarten wir, sich für Sozialtarife einzusetzen. Sozialbudget einrichten Für die Vogelsberger Abfalldeponie auf dem Bastwald müssen vom Abfallzweckverband auf viele Jahre hin erhebliche Summen zurückgestellt werden. Diese Mittel müssen die Gebührenzahler neben den Kosten der Müllentsorgung aufbringen. Weil Ermäßigungen für kinderreiche Familien, Arbeitslose und Geringverdiener aus Gebühren nicht erlaubt sind, soll der Vogelsbergkreis ein entsprechendes Sozialbudget für den Ausgleich von Ermäßigungen einrichten. Verhütungsmittelfonds aufstocken Auf Initiative der LINKEN gibt es im Vogelsbergkreis einen Verhütungsmittelfonds, aus dem Verhütung für die finanziert wird, die Grundsicherung erhalten oder Flüchtlinge sind, und bei denen die Krankenkassen die Kosten nicht mehr übernehmen. Der Umfang des Fonds soll aufgestockt werden. Vor allem sollen Auszubildende und Studierende ebenfalls Hilfen beantragen können. 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 3 Kommunalwahlprogramm 2016 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 DIE LINKE. Vogelsberg SGB II ist Armut per Gesetz Für DIE LINKE ist Hartz IV Armut per Gesetz und gehört abgeschafft. Wir wollen jeden Handlungsspielraum nutzen, um den Folgen dieser Armutsgesetzgebung entgegenzutreten. Wir werden uns vor allem dafür einsetzen, die Sanktionen gegen Hilfeempfänger*innen abzuschaffen oder zu begrenzen. DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass Zwangsvermittlungen in unterbezahlte oder unzumutbare Arbeit unterbleiben und Wiedereingliederungsprogramme auf freiwilliger Basis durchgeführt werden. Bei regulären Beschäftigungen ist auf die Einhaltung des Mindestlohns zu achten. Die Beschäftigungsgesellschaft „Neue Arbeit Vogelsberg“ engagiert sich bei der Integration von benachteiligten Menschen in den Beruf. Die Zukunft der „Neuen Arbeit“ soll durch einen ausreichenden Kreiszuschuss dauerhaft abgesichert werden. Gute Gesundheitsversorgung für alle gewährleisten Bis zum Jahr 2020 müssen nahezu die Hälfte aller Hausarztpraxen wiederbesetzt werden. Aber es gibt kaum Interessenten, sodass schon heute Standorte schließen. Bei den Facharztpraxen verläuft die Entwicklung ähnlich. Das Problem des ärztlichen Angebots können einzelne Kommunen nicht lösen, schon gar nicht in Konkurrenz zueinander. Ungeachtet neuer Konzepte der Arbeit in Gemeinschaftspraxen und der Betreuung von Patienten durch Versorgungsassistenten, die Hausbesuche machen, muss der Vogelsbergkreis ein gutes und wohnortnahes medizinisches Angebot absichern und für ausreichende Pflegedienstleistungen sorgen. DIE LINKE favorisiert deshalb den Weg, dass Praxen, die länger als ein Jahr nicht wieder besetzt werden können, vorübergehend vom Kreiskrankenhaus mit entsprechendem Personal übernommen und mit angestellten Ärzt*innen betrieben werden. Alle Versuche, das Kreiskrankenhaus Alsfeld mit größeren Kliniken zu verbinden sind bisher gescheitert. Gleichzeitig wird von Landrat Görig, der SPD und auch der CDU der falsche Eindruck erweckt, das Krankenhaus hätte ohne Fusion keine Zukunft. Statt die notwendige medizinische Arbeit in den Mittelpunkt zu stellen, dreht sich das Denken von SPD und CDU vornehmlich darum, dass die Einrichtung nichts kosten darf. Die daraus folgende ständige Kommerzialisierung dieses Betriebes und der Druck auf die Beschäftigten müssen ein Ende haben. 4 Kommunalwahlprogramm 2016 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 DIE LINKE. Vogelsberg Für DIE LINKE steht der Erhalt des Krankenhauses als kommunale Einrichtung mit gutem medizinischem Angebot im Vordergrund. Deshalb soll auch die Geburtshilfe erhalten bleiben, zumal diese die einzig verblebene im Vogelsbergkreis ist. Ein gutes Krankenhaus muss der Kommunalpolitik etwas wert sein und folglich auch ausreichend finanziert werden. Die Wege zu den Arztpraxen sind zum Teil zu weit und mangels Verkehrsangeboten für ältere und kranke Menschen schwer zu erreichen. Fahrten zu Ärzten müssten für diese Personengruppen angeboten werden. Drogenpolitisch vertreten wir ein Konzept der Entkriminalisierung und Stärkung von Präventionsangeboten. Auf kommunaler Ebene sind hier vor allem ausreichende Finanzierung von Präventions-­, Beratungs-­ und Therapieangeboten, bessere ortsnahe Substitutionsbehandlung mit Methadon und Diamorphin sowie legale Cannabis-­
Abgabemodelle erforderlich. Gute Bildung, Ganztagsschulen und Inklusion Nachdem es Initiativen der Eltern, Schüler und Lehrer gelungen war, die Teilschließung der Mittelpunktschule Angersbach und der Gerhart-­Hauptmann-­Schule in Alsfeld zu verhindern, trat der Kreis in einen groß angelegten Dialog mit allen Betroffenen über die Zukunft des Schulwesens in unserer Region ein. Das begrüßt DIE LINKE. Die Diskussionen in den Arbeitsgruppen haben bestätigt, was Experten seit langem herausgefunden haben: Längeres gemeinsames Lernen hilft allen, den guten wie den schwächeren Schülern und es ist Voraussetzung für gelingende Inklusion. Ein Ende des katastrophalen G8-­Versuches ist glücklicherweise absehbar. Auch dies wird die Chancen auf längeres gemeinsames Lernen wieder erhöhen. Deutschland hat sich zur inklusiven Bildung verpflichtet, das ist gut so. Auf lange Sicht kann sie nur gelingen, wenn alle Formen der Aussonderung beendet werden. Das gilt für Gymnasien wie für Förderschulen. Kurzfristig kann aber nicht auf alle Förderschulen verzichtet werden, da an den Regelschulen oft nicht die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind. Das Schulsystem braucht den Ausbau zu echten Ganztagsschulen mit sportlichen und
kulturellen Nachmittags- und schulischen Förderangeboten. Der hessische Pakt für den
Nachmittag ist eine Mogelpackung. Er hilft manchen Erwerbstätigen aber einem
Ganztagsschulkonzept bringt er uns nicht näher. Weitere Schließungen von Schulen
oder Schulzweigen lehnen wir ab, solange die Alternativen nicht eindeutig bessere
5 Kommunalwahlprogramm 2016 116 117 118 119 120 DIE LINKE. Vogelsberg Chancen für die Kinder darstellen. Ein wohnortnahes Schulangebot muss erhalten
bleiben. Die unzumutbaren baulichen Zustände mancher Schulen, wie nicht benutzbare
Toiletten, müssen vorrangig beseitigt werden. Kostenloses in öffentlichen Küchen
gekochtes Essen soll zum Standard jeder Schule gehören. Auch damit werden regionale
Wirtschaftskreisläufe gestärkt.
121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 Gleiche Chancen für alle heißt auch kostenfreie Schülerbeförderung. Bildung fängt bei den Kleinsten an. Hier wird das Fundament für Chancengleichheit gelegt. Deshalb muss der Besuch von Kinderkrippen und Kindertagesstätten kostenfrei sein. Darüber hinaus braucht es ausreichend gut ausgebildetes und tariflich entlohntes Personal. Die Volkshochschule hat ihr Angebot im Bereich kulturelle und politische Bildung erweitert und damit eine alte Forderung von uns erfüllt. Dennoch bleibt auch in diesem Bereich einiges zu tun: Berufliche Qualifikations-­ und Weiterbildungsmaßnahmen sind Aufgabe der Unternehmen nicht des Kreises, die Kurs-­Gebühren der vhs dürfen nicht immer weiter steigen.
Die Honorare der Kursleiter müssen endlich angehoben werden. Aber auch an der Altersversorgung und den Versicherungen der Freiberufler muss sich der Kreis beteiligen. Gerade bei den notwendigen Deutsch-­Integrationskursen sollte die vhs die Lehrkräfte ordentlich nach Tarifvertrag beschäftigen. Jugend fördern Jugendliche sind Experten in eigener Sache. Wir unterstützen deshalb die politischen Initiativen auf Landesebene, das Wahlalter für Kommunalwahlen auf 16 Jahre festzulegen. Das Kreisjugendparlament soll im Kreistag nicht nur sprechen und Anträge stellen können. Wir wollen, dass es bei Planungen und Vorhaben, die die Interessen von Kindern und Jugendlichen berühren, vor Entscheidungen gehört werden muss. Das Kreisjugendparlament muss für seine Arbeit auch souverän über sein finanzielles Budget entscheiden können. Der Vogelsbergkreis soll auch vereinsunabhängige Jugendgruppen und -­Initiativen finanziell fördern. 6 Kommunalwahlprogramm 2016 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191 DIE LINKE. Vogelsberg Der Vogelsberg ist weltoffen Die Menschen, die vor Verfolgung und Krieg fliehen, werden auch den Vogelsberg nachhaltig verändern. Mit Humanismus und Engagement muss die Kommunalpolitik die menschenwürdige Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge organisieren und ihre Integration in den Vogelsbergkreis fördern. Unabhängig davon, wie groß auch das bereitwillige Engagement der Vogelsberger*innen bei der Flüchtlingshilfe ist, bleibt es die Aufgabe der Kommunalpolitik, im Kreis für gute Aufnahme-­ und Integrationsbedingungen zu sorgen. Hierzu gehören menschenwürdige Unterkünfte, eine gesundheitliche Versorgung, wie für alle anderen Versicherten auch, Sprachkurse, Arbeitsvermittlung und die soziale Integration in Vereine und gesellschaftliche Organisationen. Um diese Aufgaben zu bewältigen, sollte eine eigene Abteilung für Integration in der Kreisverwaltung gebildet werden. Die LINKE tritt dafür ein, dass alle hier länger oder dauerhaft lebenden Menschen ein kommunales Wahlrecht erhalten, wie es für EU-­Bürger schon gilt. Schon jetzt könnte der Kreistag einen entsprechenden Ausschuss einrichten, der sich gezielt mit den Belangen all derer befasst, die kein kommunales Wahlrecht besitzen. Rassismus und Ausländerhass treten wir entschieden entgegen. Jede Form des Rassismus richtet sich gegen ein menschliches Zusammenleben und untergräbt die Demokratie. Im Vogelsberg ist unter dem Dach des Programms „Demokratie leben“ ein aktives Netz von Institutionen, Vereinen und Aktionsgruppen entstanden, das gute Arbeit gegen Rassismus und für Demokratie leistet. Dieses Netzwerk gilt es weiter in seiner Arbeit zu fördern. Es ist notwendig, für Weltoffenheit zu werben und für eine politische Kultur der Menschenwürde, der Solidarität, der Toleranz und des Respekts vor den Menschenrechten einzutreten. Sozialen Wohnungsbau wiederbeleben Viele sozial schwache Menschen , Ältere und Flüchtlinge brauchen Wohnungen, die es in passender Größe im Kreis schon seit Jahren nicht in genügender Anzahl gibt. Beinahe 60% aller Wohnungen im Kreis sind älter als 40 Jahre und haben Wärmedämmungsprobleme. Es gibt auch wegen der Kosten einen erheblichen Nachholbedarf, für Energieeinsparungen bei solchen Wohnungen zu sorgen. Der Vogelsbergkreis braucht deshalb einen politischen Plan, wie mit den Gemeinden und Wohnungsbaugesellschaften Sozialwohnungen und Wohnraummodernisierung realisiert werden können. 7 Kommunalwahlprogramm 2016 192 193 194 195 196 197 198 199 200 201 202 203 204 205 206 207 208 209 210 211 212 213 214 215 216 217 218 219 220 221 222 223 224 225 226 227 228 229 230 DIE LINKE. Vogelsberg Kommunale Wirtschafts-­ und Arbeitsmarktpolitik sozial und ökologisch gestalten Die öffentliche Verwaltung und Betriebe, an denen der Vogelsbergkreis beteiligt ist, haben als gesellschaftliche Vorbilder tarifliche, soziale und umweltschonende Standards einzuhalten. Das heißt beispielsweise Ausschluss von Lohndumping durch Leiharbeit. Das bedeutet auch klima-­ und umweltschonendes Arbeiten, Energieeinsparung und entsprechender Energiebezug. Bei der Auftragsvergabe soll die Einhaltung sozialer, ökologischer und nachhaltiger Kriterien gefordert werden. Das bezieht sich im Sozialen vor allem auf die Einhaltung von Tarifbedingungen und des gesetzlichen Mindestlohnes, die berufliche Chancengleichheit für Frauen, Aspekte der Förderung von Benachteiligten, Beteiligung an der Erstausbildung. Das bedeutet im Bereich des Ökologischen vor allem Einsatz von ökologisch nachhaltigen Geräten und Produkten und die Beschaffung von fair gehandelten Erzeugnissen. Mit der Vogelsberg Consult besteht schon viele Jahre eine Gesellschaft zur Wirtschaftsförderung, an der die Vogelsberger Wirtschaft beteiligt ist. Es ist überfällig, dass die Wirtschaft ihre Blockade aufgibt und sich an der Finanzierung der Vogelsberg Consult beteiligt. Die Sparkasse hat neben den Bankgeschäften die Aufgabe, die kommunalen Belange insbesondere im wirtschaftlichen, regionalpolitischen, sozialen und kulturellen Bereich zu fördern. Deshalb müssen die kommunalen Vertreter in der Sparkasse Oberhessen endlich durchsetzen, dass Gewinnanteile an die Haushalte der beteiligten Kreise ausgeschüttet werden. Die Sparkasse muss im Vogelsberg wieder wohnortnäher aktiv werden. Die LINKE fordert auch, dass die Entscheidungen der Sparkassenvorstände und Verwaltungsräte transparenter werden und unter größere öffentliche Kontrolle kommen. Breitband-­Internet für alle Schnelle Internetverbindungen sind heute so wichtig wie Telefon und Fernsehanschluss. Wie in anderen ländlichen Gebieten gibt es im Vogelsberg noch keinen flächendeckenden Zugang zu schnellen Internet-­Leitungen. Die Bundesregierung setzt weiterhin auf wettbewerbliche Lösungen und Zuschüsse für Telekommunikationsgesellschaften, damit sie auch ländliche Regionen an das schnelle Internet anschließen. DIE LINKE dagegen meint: Jeder Haushalt muss ein Anrecht auf einen bezahlbaren, schnellen Breitband-­Internetanschluss haben. Deshalb unterstützen wir den kommunalen Ausbau eines Glasfasernetzes im Vogelsberg. 8 Kommunalwahlprogramm 2016 231 232 233 234 235 236 237 238 239 240 241 242 243 244 245 246 247 248 249 250 251 252 253 254 255 256 257 258 259 260 261 262 263 264 265 266 267 268 269 DIE LINKE. Vogelsberg Strukturentwicklung: Demografischer Wandel ist kein Schreckgespenst Nach neuesten Erhebungen wird der Vogelsbergkreis bis zum Jahr 2030 mit einem Verlust von fast 11 000 Einwohnern rechnen müssen. Dies entspricht einem Minus von 10,2 Prozent der heutigen Bevölkerung. 2030 werden rund 15,6 Prozent der hier lebenden Frauen und Männer 75 Jahre und älter sein. Es gibt aber keinen Anlass, in die Demografie-­Hysterie einzustimmen. Die Geburtenzahlen steigen nicht oder nicht umfänglich und Menschen, vor allem Junge, verlassen zunächst den Vogelsberg. Die Beweggründe sind nachvollziehbar. Entscheidend wird es sein, ob die Attraktivität der Kleinstädte und Gemeinden erhalten werden kann, damit auch junge Familien bereit sind, sich im Vogelsberg niederzulassen. Ungeachtet der Bevölkerungsdichte müssen nach dem Grundgesetz gleiche Lebenschancen in Stadt und Land herrschen. Der ländliche Raum braucht eine Nachteilsfinanzierung, damit trotz des Bevölkerungsrückganges die Gemeinden funktionsfähig bleiben und es nicht zu Schließungen von Schulen, Schwimmbädern oder Kindergärten kommt oder diese Leistungen zu hohen Gebühren angeboten werden müssen. Sozialökologische Politik: für Klima-­ und Umweltschutz sorgen Wir befinden uns in einer tief greifenden Krise des Kapitalismus als eines welt-­
ökologischen Systems – die Krise, die zum ersten Mal in der Geschichte tatsächlich die Zukunft aller auf dem Planeten lebenden Menschen verknüpft. Die kapitalistische Produktionsweise mit ihrem Wachstumszwang erschließt und vernutzt die Ressourcen der Erde und belastet die Lebensgrundlagen der Menschen. Der Klimawandel steht fest und ist nur noch begrenzbar. Reduzierung des Ressourcen-­ und Energieverbrauchs ist Basis einer sozialökologischen Klima-­ und Umweltpolitik. Das ist nicht nur eine globale, das ist auch eine lokale Aufgabe. Grundlage einer kommunalen Umwelt-­ und Energiepolitik muss deshalb die Reduzierung des Energieverbrauchs sein. Das betrifft vor allem die kommunalen Liegenschaften. Energieeinsparungen und der Umstieg auf erneuerbare Energien müssen Hand in Hand gehen. Entsprechende Festlegungen sollen nach Auffassung der LINKEN in die kommunalen baurechtlichen Festlegungen für private und gewerbliche Baugebiete Eingang finden. Die Energieversorgung ist eine öffentliche Aufgabe und muss auch eine solche bleiben. 9 Kommunalwahlprogramm 2016 270 271 272 273 274 275 276 277 278 279 280 281 282 283 284 285 286 287 288 289 290 291 292 293 294 295 296 297 298 299 300 301 302 303 304 305 306 307 308 DIE LINKE. Vogelsberg DIE LINKE unterstützt die Erstellung eines Energie-­ und Klimaschutzkonzeptes für den Vogelsbergkreis. DIE LINKE unterstützt lokale Energie-­ und Umweltprojekte, zur Verbesserung der ökologischen Lebensbedingungen und für den Ausbau lokaler erneuerbarer Energieerzeugung, sowie die Bildung lokaler Energiegenossenschaften, die dies umsetzen. Vor diesem Hintergrund lehnen wir den Bau teurer Stromtrassen von Nord nach Süd ab, die einer ökologischen Energiepolitik widersprechen, auch wenn diese jetzt zum großen Teil unterirdisch verlegt werden sollen. Der bezahlbare Zugang zu Energie ist ein Menschenrecht und soll durch entsprechende Tarife realisiert werden. Eine wichtige Maßnahme zur Energieeinsparung sind hohe Energiegebühren bei Überschreitung eines Grundkontingents. Der Vogelsberg ist reich an sehr gutem Wasser. Dieser Schatz ist Bedingung für einen einzigartigen Naturraum mit vielen seltenen Arten. Ihn zu schützen muss ein Anliegen der Politik im Kreis sein. Seit vielen Jahren haben wir den Widerstand gegen die Wasserprivatisierung unterstützt. Das werden wir auch weiterhin machen. Ein kostengünstiges, ökologisches und soziales Abfallentsorgungskonzept für den Vogelsberg umsetzen Der Vogelsberger Abfallzweckverband ZAV hat sich im Streit um die Getrenntsammlung von Bioabfällen vollständig zerstritten und blockiert. Die Vogelsberger*innen brauchen eine dem Kreislaufwirtschaftsgesetz konforme getrennte Sammlung der Bioabfälle in einem für die Nutzer komfortablen Abholsystem. Wir treten für die baldige Umsetzung der Wertstoffeinsammlung als Ersatz für die bisherige eingeschränkte gelbe Tonne ein. Der ZAV soll die Abfalleinsammlung und den Transport zukünftig in eigener Regie durchführen. Bitte einsteigen! Für mehr sozial-­ökologische Mobilität Während der Öffentliche Nahverkehr (ÖPNV) schon in vielen Klein-­ und Mittelstädten in die Abwärtsspirale geraten ist, sieht es mit den Angeboten auf dem Lande ziemlich mau aus. Wegen Unwirtschaftlichkeit und sinkender öffentlicher Zuschüsse werden Linien gestrichen und Fahrpläne ausgedünnt. Entsprechend sinkt die Attraktivität immer weiter, und die verminderte Nachfrage führt zu noch höheren Verlusten. Die demografische Entwicklung sollte nicht als Argument für die Einschränkung des 10 Kommunalwahlprogramm 2016 309 310 311 312 313 314 315 316 317 318 319 320 321 322 323 324 325 326 327 328 329 330 331 332 333 334 335 336 337 338 339 340 341 342 343 344 345 346 DIE LINKE. Vogelsberg ÖPNV-­Angebotes missbraucht werden. Gerade bei alternder Bevölkerung werden immer mehr Menschen, trotz Führerscheinbesitz, aus gesundheitlichen oder finanziellen Gründen auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sein. Für junge Menschen, Erwerbstätige (Pendler*innen) und gerade auch Familien mit Kindern wird ein „ländlicher Raum“ wie der Vogelsbergkreis nur attraktiv bleiben oder wieder werden, wenn ein hochwertiges öffentliches Verkehrsangebot geschaffen wird. Die Vogelsbergbahn ist das Rückgrat und zugleich Aushängeschild des öffentlichen Verkehrs im Vogelsbergkreis. Hier sollte das Angebot durch verlängerte Betriebszeiten attraktiver werden. In der Verbindung der größeren Orte des Kreises untereinander sowie mit den größeren Orten der Nachbarkreise und der wichtigsten Bahnstationen der durch die Nachbarkreise führenden Bahnlinien liegt ein großes Potenzial für die Fahrplanverbesserung und die Verlagerung vom Auto auf den Umweltverbund. Die Schüler-­ und Kinderbeförderung muss kreisweit kostenlos möglich gemacht werden. Für alle Kinder und Jugendlichen in einem Bus muss ein Sitzplatz mit Sicherheitsgurt vorhanden sein. Wir wollen den ÖPNV ausbauen und die Fahrpreise schrittweise senken und mittelfristig einen Nulltarif einführen, damit viel mehr Menschen vom Auto auf Bahn und Bus umsteigen können. Wo große Verkehrsströme vor allem von LKW die Lebensbedingungen der Menschen beeinträchtigen, da müssen Geschwindigkeitsbeschränkungen und nächtliche Durchfahrverbote, sowie Maßnahmen zur Verhinderung von Mautumgehungen eingeführt werden, um den Verkehr zu reduzieren. Ortsumgehungen können nur die letzte Möglichkeit darstellen. Dabei ist besonders auf den Schutz der Natur, geringen Flächenverbrauch, Schutz der Anwohner vor Lärm und Abgasen und die Vermeidung zusätzlicher Verkehre zu achten. Mehr Demokratie und Bürgerbeteiligung verwirklichen Die Möglichkeiten der Hessischen Gemeindeordnung für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide sind immer noch völlig unzureichend. Bürgerbegehren, Bürgerentscheide und Einwohneranträge ermöglichen es aber den Bürger*innen, auf kommunaler Ebene mitzubestimmen. 11 Kommunalwahlprogramm 2016 347 348 349 350 351 352 353 354 355 356 357 358 359 360 361 362 363 364 365 366 367 368 369 370 371 372 373 374 375 376 377 378 379 380 381 382 383 384 385 DIE LINKE. Vogelsberg Bürgerversammlungen, auch auf Kreisebene, sind wichtige Foren zur demokratischen Meinungsbildung, sie sollen auch ein eigenes Antragsrecht für den Kreistag erhalten. Noch immer fehlt dem Land Hessen ein eigenes Transparenzgesetz. Die Verabschiedung einer Informationsfreiheits-­ bzw. Transparenzsatzung für den Kreis könnte die notwendige Transparenz der Verwaltungen schaffen, damit Bürgerinnen und Bürger über die Tätigkeit der Kreisverwaltung gut informiert sind. DIE LINKE setzt sich für Bürgerhaushalte ein. Ein Bürgerhaushalt ist ein Instrument, damit die Bürger*innen direkt Einfluss auf die Entwicklung der Kreisfinanzen nehmen können, es ist kein Mittel, um Bürger*innen die Verantwortung von Gebührenerhöhungen und Leistungskürzungen aufzubürden. Kommunale Beiräte und die Vertretungen der Jugendlichen müssen in Zukunft mehr Möglichkeiten der Mitbestimmung erhalten. Das bedeutet, dass sie Rede-­ und Antragsrecht im Kreistag bekommen sollen und alle Kreisentscheidungen, die ihre Belange berühren, vorab mit den entsprechenden Beiräten abgestimmt werden müssen. In dieser Richtung sind in den vergangenen Jahren keine Fortschritte gemacht worden. Freihandelsabkommen TTIP ist undemokratisch Die geplanten Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TiSA sind ein fundamentaler Angriff auf Demokratie und Sozialstaat. Die Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge soll ausgeweitet und beschleunigt werden. Profit soll Vorrang vor der öffentlichen Versorgung haben. Gesundheitsversorgung, Sozialdienste, Bildung, Kulturförderung, Abwasser-­ und Müllentsorgung, öffentlicher Nahverkehr und Wasserversorgung werden aus der kommunalen Infrastruktur herausgelöst und dauerhaft den profitorientierten Unternehmen unterworfen werden. Eine mögliche Rekommunalisierung bereits privatisierter Einrichtungen würde damit verhindert. Kommunale Parlamente werden damit ausgehebelt und obendrein durch privilegierte Klagerechte der Unternehmen so vor privaten Schiedsgerichten gegen Beschlüsse von Parlamenten in ihrem demokratischen Entscheidungsspielraum eingeengt. Wir LINKE stellen uns diesem geplanten Ausverkauf unserer kommunalen Infrastruktur entgegen. 12 Kommunalwahlprogramm 2016 386 387 388 389 390 391 392 393 394 395 396 397 398 399 400 401 402 403 404 405 406 407 408 409 410 411 412 413 414 415 416 417 418 419 420 421 422 423 DIE LINKE. Vogelsberg Landwirtschaft: ökologisch und fair Der Vogelsbergkreis hat sich auf unsere Initiative hin zur Agrogentechnikfreiheit bekannt und einige Maßnahmen dazu ergriffen. Die flächendeckende Land-­ und Forstbewirtschaftung als traditioneller Kern der ländlichen Ökonomie muss erhalten und durch nicht-­landwirtschaftliche Gewerbe und Dienstleistungen ergänzt werden: Belebung von traditionellem dörflichem Handwerk, Erschließung des ländlichen „sanften“ Tourismus, Umweltwirtschaft, dezentrale Verlagerung von Wirtschaftsstandorten in ländliche Regionen mittels moderner Informations-­ und Kommunikationstechnologien. Die Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe liegt uns am Herzen. Wir setzen auf die Entwicklung einer wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und multifunktional ausgerichteten Landwirtschaft. Das beinhaltet die Qualitätsproduktion von Agrarrohstoffen und Nahrungsgütern, die Ökologisierung konventionell produzierender Betriebe und den Ausbau des Ökolandbaus. Düngung und Pestizideinsatz in der Landwirtschaft müssen von der Kreisverwaltung stärker kontrolliert werden, damit es nicht zur Belastung von Böden, Organismen und Menschen kommt. Seit vielen Jahren stehen wir auf der Seite der Milchbauern in ihrem Kampf um adäquate Preise für ihr Produkt. Die Marktmacht der Handelskonzerne und Molkereien muss eingeschränkt werden. Sport für alle fördern Ein erheblicher Teil des kulturellen Angebotes in unserem Kreis wird von Vereinen geleistet. Deren Förderung wurde in der Vergangenheit aufgrund der prekären finanziellen Situation stark heruntergefahren. Situationsverschärfend kommt hinzu, dass selbst eine eigentlich nichtmaterielle Unterstützung z.B. durch Raumüberlassung oder technische Hilfe nach Einführung neuer Bilanzierungsvorschriften schwieriger geworden ist. Die Sportförderung muss ausgebaut werden um vor allem die Jugendarbeit und die Förderung Benachteiligter zu unterstützen. Ein weiteres Verschleppen der Diskussion über einen Sportentwicklungsplan darf es nicht geben. Die Frei-­ und Hallenbäder im Vogelsberg dürfen nicht Opfer der Kürzungspolitik sein. Der Schwimmsport muss stärker gefördert und bestehende Bäder sollen erhalten werden. Es sollten Möglichkeiten gefunden werden, in Schlitz wieder ein Hallenbad zu eröffnen. 13 Kommunalwahlprogramm 2016 424 425 426 427 428 429 430 431 432 433 434 435 436 437 438 DIE LINKE. Vogelsberg Den Landkreis und die Kommunen ordentlich finanzieren Statt einer untauglichen Schuldenbremse und einem Schutzschirm für notleidende Kommunen, der nur ein Instrument der finanziellen Erpressung ist, brauchen die Kreise und Kommunen eine generelle Entschuldung und eine verlässliche staatliche Finanzierung. Die gegenwärtigen Mehreinnahmen und Investitionsförderungen sind nicht nachhaltig und sollten nicht über die Gefahren für zukünftige Entwicklungen hinwegtäuschen. Notwendig ist deshalb die Weiterentwicklung der Gewerbesteuer zu einer Kommunalwirtschaftssteuer. Aber viele Kommunalpolitiker aus CDU und SPD unterwerfen sich den so genannten Spar-­ und Sachzwängen. Auf diesem Wege wird der hilflose Versuch der Haushaltskonsolidierung zum reinen Selbstzweck, bei dem die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bürger*innen vollständig auf der Strecke bleiben. 14