MANZ · INTERN] Porträt des Monats: Im 21. Jahrhundert können Büros ziemlich nüchtern sein. Informationen gibt es im Internet, Ausdrucke sind passé, Bücher sowieso. Martin Schauer, Professor für Zivilrecht an der Universität sieht das anders. Wer in sein Büro kommt, ist von juristischer Literatur umgeben. Die Regale sind voll. „Es ist sozusagen eine private Bibliothek“, erzählt er und erklärt kurz, nach welchen Prinzipien die 3.000 Bände geordnet sind. Martin Schauer fühlt sich hier offensichtlich überaus wohl. „Ich arbeite viel und gerne, auch abends, und will nicht auf die Öffnungszeiten der Bibliothek angewiesen sein“, sagt er. „Logisches Denken ist die wichtigste Voraussetzung dafür, ein guter Jurist zu sein“, sagt Schauer, der aus einer Familie von Naturwissenschaftlern kommt. Er wuchs in Wien auf. Nach einer problemlosen Gymnasialzeit in der Wiener Rainergasse inskribierte er am Wiener Juridicum und fand schnell Gefallen an den Facetten der Juristerei – konkret am wissenschaftlichen Arbeiten und noch konkreter am Zivilrecht, „weil es in Interessenskonflikten immer um das Abwägen von Argumenten geht“. Schauer ist ein ernsthafter und nachdenklicher Mensch mit einem ausgeprägten Sinn für Humor. Noch während des Studiums wurde er Assistent am Institut für Zivilrecht und vertiefte sich ins Erbrecht. Eine Zeit lang liebäugelte er damit, in den Notariatsberuf zu wechseln. Als ihm Peter Doralt einen Posten im Institut für Unternehmensrecht an der Wirtschaftsuniversität anbot, entschied er sich dafür. „Doralt hat mir beigebracht, dass man sich nicht auf Recht und Gesetz beschränken darf, sondern immer auch die wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen im Blick haben muss“, erinnert er sich. Sein Habilitationsthema: „Nachfolge in Personengesellschaften“. Zu Recherchezwecken hatte er ein Stipendium am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg bekommen, wo, wie er sagt, die Arbeitsbedingungen perfekt seien. 1992 habilitierte er sich und verbrachte fortan nahezu alle Sommer in der Hansestadt. „Über die Jahre bin ich Teil des internationalen Netzwerks geworden“, sagt er, der seit acht Jahren zum Fachbeirat des Max-Planck-Instituts gehört. Neben zahlreichen Kontakten ergaben sich daraus eine umfangreiche Vortragstätigkeit und Gast- R E C H T A K T U E L L # 1 1 / 1 2 | N o ve m b e r / D e z e m b e r 2 015 professuren in London und Tokio. Schauer ist Mitglied der angesehenen „Académie internationale de droit comparé“. 1993 ging er für ein Jahr an die damals neu gegründete Universität Halle an der Saale, doch als 1994 eine Professur für bürgerliches Recht an der WU Wien vakant wurde, kam er zurück. 2000 schließlich kehrte er dorthin zurück, wo seine Lauf bahn begann: Er wurde Nachfolger von Franz Bydlinski am Wiener Juridicum. Publizieren, sagt Schauer, versteht er als seine Kernaufgabe. Für MANZ hat er an einem Buch zum Österreichischen Gesellschaftsrecht und am ABGB-ON mitgearbeitet, eben erschienen ist sein Kommentar zur EU-Erbrechtsverordnung, für den er zusammen mit der Linzer Universitätsprofessorin Astrid DeixlerHübner verantwortlich zeichnet. Druckfrisch liegen die 738 Seiten auf seinem Besprechungstisch. „Zwei Jahre Arbeit“, sagt er stolz. Mit Deixler-Hübner hat er einige Projekte. Unter anderem hat er die Österreichische Gesellschaft für Familien- und Vermögensrecht gegründet, „um eine Plattform zu haben, auf der wir interdisziplinär und universitätsübergreifend arbeiten können“, sagt er. Forschungsideen habe er genug. Allerdings: So intensiv und ausschließlich wie in den letzten Jahrzehnten möchte Martin Schauer nicht mehr arbeiten. Vor einigen Jahren hat er den Sport für sich entdeckt und geht regelmäßig ins Fitnessstudio. Auch sein Interesse für Theater und Kunst, seit Studien- © zumBeispiel: Gestaltung Das große Erbe Martin Schauer MARTIN SCHAUER ist Professor für Zivilrecht an der Universität Wien. Er ist Experte für Erbrecht und seit kurzem Mitglied der Arbeitsgruppe zur Erbrechtsreform im Justizministerium. „Logisches Denken ist die wichtigste Voraussetzung dafür, ein guter Jurist zu sein“ zeiten vernachlässigt, hat er wiederbelebt. „Und ich gehe gerne essen und schätze ein gutes Glas Wein“, lacht er. Als Büchermensch lässt er sich vom GaultMillau-Führer leiten, konkret von den Restaurantkritiken dort. Übrigens: Zu Hause hat Martin Schauer kein einziges juristisches Buch: Nur Belletristik. Romane findet er als Abwechslung nämlich auch ganz gut. Karin Pollack 11
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