„[…] die Autorität der Antichen […]“ – Das Modell

„[…] die Autorität der Antichen […]“ – Das Modell
visueller Autorität am Beispiel frühneuzeitlicher
Antikenrezeption
Sebastian Dohe, Oldenburg
Wie Status, Ruhm und Prestige entstehen, ist eine Frage, die immer
wieder in den Fokus der Rezeptionswissenschaft gerät: Warum werden und wurden bestimmte Kunstwerke mehr als andere beachtet
und wie hat diese Wahrnehmung Geltung bestimmt? Um dies zu beantworten, haben sich nicht nur in der Kunstgeschichte Rezeptionsgeschichten zu einem beliebten Thema entwickelt, die immer wieder
auf ein Ziel hinauslaufen: zu erklären, wie ein bestimmtes Werk oder
ein bestimmter Künstler zu Ruhm, Rang und Namen durch die
Wahrnehmung von Zeitgenossen und Nachwelt gelangt ist. Dies basiert auf der Grundannahme, dass die Bildung von Status und Geltung eine Frage der Rezeption ist: Nur, indem ein Artefakt wahrgenommen und sozial verortet wird, kann es Geltung erlangen. Dabei
lassen sich vor allem zwei übergreifende Strategien beobachten: zum
einen das Sammeln von Quellen, literarisch oder bildlich, die in der
Summe mehrheitlich positiv Bezug zu einem Künstler oder Kunstwerk nehmen oder es reproduzieren und verbreiten; zum anderen die
daraus resultierende Schlussfolgerung, dass der zu einem bestimmten
Zeitpunkt ausgemachte Erfolg für einen weiteren Anschlusserfolg
verantwortlich sei, dass also Erfolg Erfolg generiere.1 Eine Menge an
1
Vgl. die Analyse von Kemmer (2007, 45) zur Popularisierung von Kunstwerken durch ihre
Reproduktion: „Haben jene Werke erst einmal eine gewisse Berühmtheit erlangt, wird
durch einen immerwährenden Rekurs in den populären Medien die Vorstellung an jene
wachgehalten.“ Ähnlich schlussfolgert Derpmann (2012, 127) bezüglich der Rezeption der
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Rezeption durch ein mehrheitlich positives Werturteil plus eine
Menge an Reproduktionen sind demnach Garant für überragenden
Status und kreieren selbstlaufende Erfolgsspiralen.
Dass Erfolg Erfolg hervorbringt, ist prinzipiell keine falsche Feststellung: Sie ist aber grob vereinfachend und vor allem pragmatisch
motiviert, um eine Unüberschaubarkeit von Quellen mittels eines
einfachen Prinzips zu ordnen. Dieses Prinzip ist teleologisch angesetzt und nimmt den gegenwärtigen Ruhm eines Artefaktes oder einer Person als Ausgangspunkt, um ihn historisch herzuleiten; für dynamische Entwicklungsrichtungen wie das zeitweise Verschwinden
oder dauerhafte Vergehen von Status ist es hingegen blind. Wenn es
so etwas wie eine selbstlaufende Erfolgsspirale bei der Rezeption von
Kunst gäbe, wie erklärt es sich dann, dass einige Künstler und Kunstwerke, die lange Zeit überragenden Status einnahmen, wieder aus
dem Blickfeld der Öffentlichkeit verschwinden können? Wenn nur
Erfolg Erfolg generiert, ist eine solche Entwicklung paradox. Auch
visuelle Reproduktionen gehorchen nicht unbedingt dem Prinzip,
dass Erfolg grundsätzlich Anschlusserfolg hervorbringt: So können
Druckgraphiken ein Kunstwerk auch dann noch über Jahrzehnte
hinweg unter einer bestimmten Zuschreibung reproduzieren, obwohl das Original längst abgewertet ist und diese Degradierung auch
in der Fachwelt anerkannt ist.2 Erfolg und Misserfolg finden gewissermaßen gleichzeitig statt und verhalten sich alles andere als gegenseitig verstärkende Komponenten in einer Erfolgsspirale. Obendrein
werfen Rezeptionsgeschichten, die Ruhmesgeschichten schreiben
wollen, noch eine ganz andere Frage hinsichtlich der angelegten wissenschaftlichen Methode auf: wenn ein Wissenschaftler es als hinreichende Erkenntnisleistung darstellt, herzuleiten, warum der von ihm
als wichtig diskutierte Gegenstand zu einem solchen werden musste.
2
Putti in Raffaels Sixtinischer Madonna: „Die wenigen Bilder, die den Sprung in die Populärkultur dauerhaft geschafft haben, verdanken diesen Ruhm einer Feedback-Schleife: Sie
sind berühmt, weil sie oft gedruckt werden und werden oft gedruckt, weil sie berühmt
sind.“
Dies ist z. B. Ende des 19. Jahrhunderts der Fall für das als Selbstbildnis Raffaels
abgeschriebene Porträt des Bindo Altoviti (Washington D.C., National Gallery), vgl. Dohe
2014, 232–235.
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Diese Haltung wirkt zwar selbstreflexiv, zugleich gehen hier aber eine
teleologisch angesetzte Geschichtsinterpretation und die eigene wissenschaftliche Aufmerksamkeitsmaximierung eine verdächtige Verbindung miteinander ein.3
Warum Status durch Rezeption entsteht, wie er sich verändert
und wie er wieder verschwindet, benötigt demnach ein erweitertes
Erklärungskonzept, das dynamisch angelegt ist, nicht notwendig teleologisch funktioniert und zugleich eine selbstreflexive Komponente ermöglicht. Hier kann die Verwendung des Begriffes der Autorität Abhilfe schaffen: Autorität bietet ein dynamisches Konzept,
entsteht durch die Zuweisung von anderen, wird konstruiert und dekonstruiert, kann wachsen oder abnehmen, übertragen, geteilt und
gekoppelt werden, entstehen oder verschwinden; sie erhebt, ordnet
und orientiert, schafft Identität und Sinn, drängt, ohne zu zwingen
und ist potent, aber nie alternativlos. Als soziologischer Begriff ist
Autorität besonders gut geeignet, um das Phänomen der Statusbildung durch Rezeption zu erklären.
Greifen wir auf diesen Begriff für eine historische Rezeptionsanalyse zurück, benötigen wir im Folgenden drei Vorgehensschritte:
Zum einen eine detaillierte Aufschlüsselung der Eigenschaften des
Autoritätsbegriffs und seiner Übertragbarkeit auf die Rezeption von
Kunstwerken, zum anderen die Überprüfung der historischen Bedingungen des Begriffes, um der Gefahr ahistorischer Überformung zu
entgehen. Die Eignung des so entstandenen Modells soll dann überprüft werden, indem es exemplarisch an der Rezeptionsgeschichte
eines prominenten Kunstwerks, der Laokoongruppe (Abb. 1), erprobt wird. Die frühneuzeitliche Antikenrezeption erweist sich dabei
als besonders gut geeignetes Rezeptionsfeld, um das Prinzip visueller
Autorität zu erörtern.
3
Schon Kemp (1983, 30 f.) warnt vor einer solchen zirkulär geschlossenen Rezeptionswissenschaft, die als Forschungsergebnis das beforschte berühmte Kunstwerk weiter mit
Ruhm auflädt und sich damit wiederum selbst zum Forschungsgegenstand machen müsse.
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Autorität als Forschungsbegriff
Autorität ist ein polyvalentes Konzept: Das macht die Beschreibung
ihrer Eigenschaften komplex; in dieser Polyvalenz liegt aber zugleich
ihre besondere Stärke, indem sie unterschiedliche Aspekte bündelt,
die in rezeptionswissenschaftlichen Untersuchungen oft nur nebeneinander betrachtet werden. Einen probaten Überblick über den umfangreichen Eigenschaftskatalog von Autorität bietet die Einführung
zur Studie von Wolfgang Sofsky und Rainer Paris aus dem Jahr 1994,
die einerseits die Komplexität des Begriffes analysiert und andererseits klar und übersichtlich gestaltet ist.4
1. Autorität ist keine Eigenschaft eines Gegenstandes per se, sondern eine soziale Zuschreibung.5
2. Autorität beschreibt eine wechselseitige Bindung: Der Unterlegene anerkennt die Überlegenheit einer Autorität, die dadurch wiederum auf eine korrekte Funktionserfüllung hin verpflichtet wird.
Die entstehende Hierarchie beschreibt eine asymmetrische und zugleich reziproke Beziehung.6
3. Die Anerkennung einer Autorität kann nicht erzwungen werden, sondern muss freiwillig geleistet werden. Ohne Zustimmung
wird Autorität brüchig und kann sich nicht dauerhaft stabilisieren.7
4. Durch Autorität ordnet sich eine Gruppe: Die eigene autoritative Haltung beeinflusst die Haltungen anderer, ihr zuzustimmen
oder sich davon abzusetzen. Dadurch kann sich eine Gruppe einerseits nach außen hin abgrenzen, indem eine zu anderen Gruppen
inkongruente Autorität anerkannt wird, und andererseits nach innen
hin ordnen. Die Nähe zur Autorität strukturiert die Gruppe mittels
einer Binnenhierarchie: Wer der Autorität näher steht, der erhält
selbst einen Teil dieser Autorität und vermittelt sie nach unten hin.
4
5
6
7
Die folgende Übersicht fasst in leicht geänderter Reihenfolge die neun Gliederungspunkte
von Sofsky – Paris (1994, 22–42) zusammen. Vgl. analog dazu Dohe 2013, 23–28 und
2014, 18–23.
Sofsky – Paris 1994, 22: „Autorität wird zugeschrieben. Jemand ‚hat‘ oder ‚ist‘ nur dann
Autorität, wenn andere sie ihm zuerkennen. Autoritäten sind Autoritäten durch andere.“
Ebd., 26 und 31.
Ebd., 24.
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Es bilden sich „Zwischenautoritäten“8 als gewissermaßen subautorisierte Vermittler aus.
5. Eine Autorität definiert sich inhaltlich durch Werte: Wer als
Autorität anerkannt werden will, muss über eine überragende Qualität, etwa eine besondere Kompetenz, verfügen. Über eine Wertebindung kann eine Autorität die Gruppe inhaltlich definieren und gibt
der Anerkennung Substanz: Gemeinsam geteilte Werte verkörpern
sich in der Autorität und verpflichtet diese auf eine überzeugende
Vertretung dieser Werte. Wenn sie Werte nicht oder nicht mehr
überzeugend vertritt, destabilisiert dieses die Autorität.9 Mit dieser
Werteorientierung gibt Autorität auch vor, was als richtig und was als
falsch aufgefasst wird.
6. Autorität korreliert mit Quantität: Je mehr eine Autorität anerkannt wird, desto stärker wird sie stabilisiert, und umso mehr wird
sie auf weitere Anerkennung drängen. Dies bedeutet einen Gruppendruck: Die Anerkennung anderer legt die eigene Anerkennung nahe
und verpflichtet regelrecht darauf, wenn man zur Gruppe gehören
will.10 Der entstehende Anerkennungsdruck kann sich so zu einer
Handlungen beeinflussenden Macht entwickeln.
7. Dennoch ist Autorität mehr als die Summe ihrer Werte und
Zustimmungen: Sie erhält den „Nimbus einer objektiven Distanz“11,
eine aus einer gewöhnlichen Seinswelt entrückende Qualität, die den
Status der Autorität bis zu einer Erhebung in einen anderen Seinsstatus diffundieren lässt.12
8
Ebd., 23: „Entwicklung und Fortbestand des Autoritätsglaubens werden daher oftmals
durch Zwischenautoritäten vermittelt und sichergestellt: mindere Autoritäten, deren
Autoritätszuschreibungen selbst Autoritätsgeltung erlangen.“
9 Vgl. ebd., 26–28.
10 Ebd., 29 f: „Je massenhafter die Autoritätszuschreibung, je allgemeiner die Werte, die sie
repräsentiert, um so unangreifbarer, entrückter ist die Autorität. […] Die Anerkennung der
anderen motiviert selbst zur Anerkennung und erhöht die Objektivität des Anerkannten.“
11 Ebd., 28. Vgl. auch ebd., 30.
12 Sofsky – Paris (1994, 28) verwenden Nimbus und Aura in diesem Kontext als gleichwertige
Begriffe. M. E. erscheint der Begriff „nimbische Qualität“ als sinnvoller zur Beschreibung
von Status, um nicht mit dem problematischen Aura-Begriff Walter Benjamins in
Verwechslung zu geraten.
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8. Die wechselseitige Bindung zwischen Anerkennendem und
Anerkanntem muss nach außen hin kommuniziert und markiert werden. Dazu verwendet die anerkannte Autorität Mechanismen der
Distanzierung, während der Anerkennende sich komplementär mit
„Achtung und Ehrfurcht“13 gebärdet. Dies mündet in eine regelrechte
„Dramaturgie der Zuschreibungen und Handlungen“14.
9. Autorität schafft Sinn: Wer die Überlegenheit des anderen aufgrund gemeinsamer Werte anerkennt, definiert auch die eigene Unterlegenheit als sinnvoll und notwendig.15 Das gesamte soziale Gefüge erscheint so sinnhaft geordnet. Dies ist auch gegenläufig lesbar:
Sinn fordert und schafft Autorität, um Stabilität in einem sozialen
Gefüge herzustellen.
Übertragen wir diese Eigenschaften auf die Rezeption eines
Kunstwerkes, das als „visuelle Autorität“16 funktioniert, ergibt sich
folgender Definitionskatalog:
1. Ein Kunstwerk hat keine Autorität per se, sondern erhält Autorität nur durch die Zuweisung, wofür die Rezeption des Kunstwerks
eine notwendige Grundannahme bedeutet. Wenn sie zugewiesen
werden muss, kann sie auch verweigert oder genommen werden, worin der Begriff ein dynamisches Konzept beschreibt.
2. Zwischen Kunstwerk und Rezipient entsteht bei der Zuweisung von Autorität eine wechselseitige Bindung: Ein Rezipient erkennt das Kunstwerk als Autorität an und kann dadurch zugleich
Orientierung, Sinnstiftung und Wertebindung durch dieses erwarten.
3. Ein solche Anerkennung kann nicht erzwungen werden und
ein Kunstwerk, das visuelle Autorität sein soll, kann ohne Anerkennung nicht dauerhaft funktionieren. Wenn allerdings ein Anerkennungsdruck herrscht, kann dies durchaus auf eine Anerkennung hin
13
14
15
16
Ebd., 36.
Ebd.
Ebd., 41.
Die begriffliche Zuspitzung auf das Visuelle wird hier in Hinblick auf den gewählten
Untersuchungsgegenstand gemacht, Werke bildender Kunst, die primär visuell
wahrgenommen werden; für die mögliche Ausweitung auf Artefakte im Allgemeinen vgl.
Dohe 2013, 41–44.
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verpflichten, will man erfolgreich als Teil einer Gruppe – Connaisseure, Sammler, Künstler, Wissenschaftler – agieren.
4. Kunstwerke als Autoritäten ordnen solche Gruppen von Rezipienten, die sich über die gemeinsame Autorität definieren. Innerhalb
solcher Gruppen bilden sich Binnenhierarchien aus, die Zwischenautoritäten als Vermittler visueller Autorität hervorbringen: Ein
Künstler, der ein vorbildliches Kunstwerk kopiert, steht dessen Autorität näher und kann durch seine Vermittlungsleistung selbst Geltung erlangen. Gleiches gilt für einen Kunstschriftsteller, der über ein
bedeutendes Kunstwerk schreibt und sich so zum Vermittler von
dessen vorbildlichen Werten macht, wofür er wiederum auf Aufmerksamkeit spekulieren darf. Auch ein Sammler, der ein bedeutendes Kunstwerk besitzt, wird aus dieser Nähe zur Autorität profitieren, und Besitzbegehren an bedeutenden Kunstwerken kann gerade
dadurch Motivation erzeugen, dass eine exklusive Nähe zur anerkannten visuellen Autorität durch den Besitz in Aussicht gestellt
wird, inklusive des daran anknüpfenden Rechts, den Zugang für andere zu limitieren. Indem sich Autorität als teilbar, übertragbar und
durch gegenseitige Referenz heraus verstärkbar beschreiben lässt und
es erlaubt, Subautoritäten auszubilden und durch Nähe Potenz zu
verheißen, lassen sich unterschiedliche Vermittlungsleistungen und
-motivationen unter einem Begriff bündeln und erklären.
Die Funktion als Zwischenautorität bezieht sich aber auch auf die
Situation des Wissenschaftlers, der eine Rezeptionsgeschichte
schreibt. Die besondere Attraktivität, Rezeptionsgeschichten als teleologisch organisierte Ruhmesgeschichten zu erzählen, erklärt sich
demnach auch darin, dass man als Vermittler von etwas mit hohem
gegenwärtigem Ansehen auftreten kann. Anstatt dies nun aber als
verdächtig bezeichnen zu müssen, ein Wissenschaftler habe zum eigenen Vorteil erklären wollen, warum ein Meisterwerk ein Meisterwerk geworden sei, gewinnen wir über den Autoritätsbegriff eine
nüchternere und selbstreflexive Perspektive: Auch die wissenschaftliche Produktion und Vermittlung von Inhalten kann autoritativ bestimmt sein und erfüllt dabei Kriterien wie Ordnung und Sinnstiftung im Dienste sozialen Funktionierens.
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5. Inhaltlich verbürgt sich eine visuelle Autorität für Werte: Das
kann zum Beispiel für ein Gemälde eine raffinierte Maltechnik von
hoher Illusionskraft sein, eine reizvolle Farbgebung oder eine harmonische Komposition. Wie diese Werte konkret aussehen und welche einzelnen Eigenschaften des Kunstwerks als herausragend gelten, ist höchst relativ und kann sich über längere Zeiträume immer
wieder wandeln. Gerade dort, wo Wertmaßstäbe ausgetauscht werden, lassen sich dann Kompensationsleistungen in der Rezeption eines Kunstwerks erkennen, indem Gegner und Verteidiger einer Autorität aufeinandertreffen; dies kann in Destabilisierungen, Modifikationen, Rekonfigurationen oder auch Dekonstruktion von visueller
Autorität münden, die sich so als ein dezidiert dynamisches Phänomen erweist.
6. Visuelle Autorität profitiert von Quantität: Hier nimmt der Begriff ein zentrales Element von Rezeptionsgeschichte auf, wenn die
Menge historischer Quellen zum Argument von Statuserzeugung gemacht wird. Je häufiger ein Kunstwerk beschrieben und gelobt wird,
je häufiger es reproduziert, kopiert, gestochen und fotografiert wird,
desto mehr wird seine visuelle Autorität steigen und sich festigen. Es
entsteht ein Anerkennungsdruck: Wer erfährt, dass ein Kunstwerk
anderen besonders wichtig, wertvoll, anerkennenswert erscheint,
wem es immer wieder in reproduzierter Form begegnet, kann sich zu
einem anerkennenden Urteil bewegt sehen. Wer Teil einer bestimmten Gruppe sein möchte, wird sich wahrscheinlich sogar auf die Anerkennung dieser Autorität verpflichtet fühlen. Der Anerkennungsdruck hilft wiederum zu verstehen, wie es zu paradoxen Entwicklungen bei einer Statuskonstruktion oder -dekonstruktion kommen
kann: Eine besondere Menge an Kritik kann eine Autorität dekonstruieren, aber dabei muss sich diese Kritik eventuell gegen einen Anerkennungsdruck stemmen, sodass hier eben nicht eine linear-arithmetische Menge an Kritik automatisch eine Dekonstruktion bedeutet. Umgekehrt kann sich die Konstruktion einer neuen Autorität gegen eine vorherrschende Ablehnung und damit wirkenden negativen
Anerkennungsdruck möglicherweise lange nicht durchsetzen und
Dohe, „[…] die Autorität der Antichen […]“
633
bleibt ein Phänomen einiger weniger. Nichtlineare Abwertungsprozesse mit Verzögerungen oder Wellenbewegungen lassen sich so
über die Interaktion von Kritik und Anerkennungsdruck erklären.
Hiermit erweist sich Autorität als tiefgreifenderes Konzept, um Erfolgsspiralen zu erklären, und lässt sich als soziologischer Begriff
auch sinnvoll mit anderen soziologischen Erklärungsmodellen dieses
Phänomens in Verbindung bringen.17
Dass Vervielfältigung Probleme hinsichtlich des Status eines
Kunstwerkes aufwerfen müsse, ist ein Topos, der sich mit Rekurs auf
Walter Benjamin hartnäckig hält und immer wieder bei Diskursen
um die Rezeption von Meisterwerken der Kunstgeschichte aufgerufen wird.18 Auch in der Rezeption der Laokoongruppe scheint dies
reflexartig auf, wenn das Verhältnis von Kopien zum Original angesprochen wird bezüglich eines „Modus der ‚technischen‘ Reproduzierbarkeit“19. Dass allerdings der Status von Originalen durch Kopien leide, da diese per definitionem nicht über deren „Aura“ verfügen
könnten, hat sich zwar im 20. Jahrhundert zu einem routiniert zitierten Gemeinplatz entwickelt, der aber weder die Bildpraxis der Frühen Neuzeit noch unserer Gegenwart adäquat und vollständig beschreibt. Dass zum Beispiel Leonardos Mona Lisa im Louvre durch
ihre unzähligen Reproduktionen etwas an Status und Attraktivität
eingebüßt haben könnte, lässt sich bei jedem Besuch im Louvre, der
Besichtigung der dortigen Menschenmassen vor dem Original und
dessen komplementär dazu entsprechenden, distanzierten Inszenierung anzweifeln.20 Ebenso ist es in der Frühen Neuzeit durchweg
17 Hier ist einerseits an den „Matthäus-Effekt“ zu denken (vgl. Lutter 2012, 10 f.),
andererseits an das Konzept der Kapitalisierung von Aufmerksamkeit (vgl. Franck 1998,
bes. 113–157).
18 Den Aura-Begriff erörtert Benjamin vor allem in „Kleine Geschichte der Photographie“
(1931; Benjamin 2002, 300–324. bes. 309–310) und darauf aufbauend in „Das Kunstwerk
im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ (frz. 1936/dritte und letzte Fassung
1939; Benjamin 2002, 351–383. bes. 355–359).
19 Tauber 2009, 205, die zugleich die klassische Sicht, Kopien seien grundsätzlich Originalen
unterlegen, umdreht, indem sie die Kopien Primaticcios als überlegen interpretiert.
20 Vgl. z. B. die in den letzten Jahren zunehmende offensive Praxis einiger Museen,
hochaufgelöste Abbildungen von Originalen der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen,
von denen man sich eine Steigerung an Bekanntheit und Wertschätzung der Originale
erhofft. Vgl. Nina Siegel, Masterworks for One and All, in: New York Times, 29.05.2013,
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geläufig, dass sich Künstler Ruhm mit Kopien oder Druckgraphiken
nach berühmten Originalen erwerben können. Solange die Distanz
der Autorität, die Dramaturgie ihrer Zuschreibung, auch in der Vervielfältigung gewahrt bleibt, etwa durch eine besondere Untertitelung, solange nutzt sich auch Autorität nicht ab und wird im Gegenteil gesteigert. Eine Haltung, die die verengte Sicht auf Benjamin hinter sich lässt, öffnet gerade für rezeptionswissenschaftliche Untersuchungen von Statusbildung und -veränderung eine gewichtige Argumentationslinie.21 Der Autoritätsbegriff kann diese Tendenz aufnehmen, indem Geltungserhöhung durch vermehrte Anerkennung Reproduktionen grundsätzlich als wertvolles Indiz in den Blick nimmt.
7. Visuelle Autorität ist mehr als die Summe der Eigenschaften
eines Kunstwerkes: Sie macht aus dem Kunstwerk ein entrücktes,
überhöhtes Seiendes. Regelrechte Meisterwerkskulte, die ein Kunstwerk zum Kultobjekt oder zur Reliquie machen, können das Ergebnis einer solchen Überhöhung sein. Hier kann der Begriff Autorität
wiederum bekannte Tendenzen aus Rezeptionsgeschichten aufnehmen, die einem vielgerühmten Kunstwerk eine quasi-magische Potenz zuweisen und von dessen „Mythos“ oder „Mana“ sprechen.22
8. Ein Kunstwerk kann einem Rezipienten durchaus als reziprokes Gegenüber erscheinen, obgleich ihm kein lebendiges Subjekt gegenübersteht: Indem sich ein Rezipient dem Gegenstand mit Achtung und Ehrfurcht nähert, darf er im Gegenzug die von der Autorität verkörperten Werte oder auch deren nimbische Qualität erfahren.
Jeder Museumsbesuch, vor allem zugespitzt in mit besonderen Meisterwerken ausgestatteten und beworbenen Sonderausstellungen, offenbart eine solche Dramaturgie der Zuschreibung und Inszenierung.
C 1, <http://www.nytimes.com/2013/05/29/arts/design/museums-mull-public-use-ofonline-art-images.html?pagewanted=all&_r=0> (03.09.2014).
21 Die gleiche Feststellung machen Grebe (2013, 172–173) mit Blick auf die Dürer-Rezeption
und Brown – Van Nimmen (2005, 158 f.) zur Rezeption von Raffaels Porträt des Bindo
Altoviti.
22 So z. B. für die Rezeption der Mona Lisa bei McMullen 1975, 4 f.
Dohe, „[…] die Autorität der Antichen […]“
635
9. Visuelle Autorität ordnet und schafft dadurch Sinn: Mittels
Kunstwerken als visuelle Autoritäten lassen sich Staffelungen und
Hierarchien in der unüberblickbaren Menge aller Kunstwerke erstellen und diese Ordnung wiederum durch die persönliche Bindung als
sinnvoll erfahren. Wer sich mit Kunst beschäftigt, kann in visuellen
Autoritäten Identitätsstiftung erfahren.
Autorität als historischer Begriff
Das erörterte Autoritätsmodell ist ein modernes: Es bietet eine detailliert ausdifferenzierte Analyse der unterschiedlichen Aspekte, die
der Mehrwertbegriff Autorität umfasst. Dass bei Autoritätsforschung ein modernes Primat naheliegt, ist vor allem der soziologischen Forschung zuzurechnen, die sich dem Begriff seit Anfang des
20. Jahrhunderts intensiv widmete.23 Autorität als Modell für eine
Analyse historischer Prozesse anzuwenden, muss aber nicht notwendigerweise eine ahistorische Überformung bedeuten: Sowohl die Antike als auch das Mittelalter und die Frühe Neuzeit verfügen über
einen differenzierten Autoritätsbegriff, der in unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen angebracht werden kann: rechtlich, politisch und dezidiert auch für die Künste.
Auctoritas ist ein genuin lateinischer Begriff, der zunächst eine
rechtliche Beziehung bezeichnet: Mit ihr gibt ein Verkäufer Gewähr
dafür, dass die verkaufte Ware frei von den Ansprüchen Dritter ist.24
Über diese Gewährsfunktion erhält der Begriff seine zweite Bedeutung im politischen Bereich: Auctoritas ist die Eigenschaft von Personen, die qua Alter oder damit korrelierend aufgrund hoher Abstammung für andere Personen oder auch für Sachverhalte bürgen. Dieses Ansehen lässt sich machtpolitisch verwerten, wie es sich prominent bei Augustus herausliest, wenn er in seinen Res Gestae darauf
verweist, nur durch überlegene auctoritas zu höchstem gesellschaftlichem Rang gelangt zu sein, nicht mittels der für eine Einzelperson
23 Vgl. überblickend Boschung – Dohe 2013, 8 f. und Dohe 2014, 18–20.
24 Für eine Zusammenfassung der im Folgenden erörterten historischen Dimension des
Begriffs vgl. Dohe 2013, 21 – 23 und Dohe 2014, 12–18.
636
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unangemessenen potestas.25 Auctoritas ist also ein öffentlichkeitswirksames Mittel, das man für Rangfragen einsetzen kann. Mit der politischen Potenz ist dann auch die rhetorische Funktion eng verknüpft
und welche wesentliche Bedeutung auctoritas für den antiken Redner
einnahm, um seine Rede mit Gewährsfunktionen aufzuwerten und
effizienter zu gestalten, lesen wir aus antiken Rhetorikanleitungen
heraus.26 Auctoritas bezeichnet hier die Funktionsweise eines wegen
seiner Vorbildlichkeit aufrufbaren exemplum, das damit seine Potenz
auf die Rede des Aufrufenden überträgt, um der erfolgreichen Überzeugung eines Zuhörers zuträglich zu sein. Autorität ist demnach
Teil einer Erfolgsstrategie und dient zur Qualitätssteigerung, wofür
sie geliehen und übertragen werden kann.
Nicht nur für den Redner, auch für bildende Künstler der Antike
ist auctoritas eine Kategorie, um ihren Rang zu bezeichnen. Plinius d.
Ä. zeichnet Malerei als „ars nobilis“27 aus und verwendet für die besondere Bezeichnung von hervorragendem Rang von Künstler und
Kunstwerken neben einer Reihe von Begriffen wie fama, gloria, honos,
celeber oder clarus regelmäßig den Begriff auctoritas. Sowohl Künstler
25 Vgl. Augustus 2004, 38 f.
26 So vor allem bei Cicero, Quintilian und der Rhetorica ad herennium; vgl. Calboli Montefusco
1992.
27 Dies bereits zu Beginn des Buches, das sich der Malerei widmet (Plin. nat. 35, 2), wo Plinius
die gegenwärtige Ablösung der Malerei durch eine reine Wertschätzung des Materials
beklagt. Hervorragende Kunstwerke werden analog als „opera nobilia“ geführt; vgl.
Boschung 2013, 13–14.
Dohe, „[…] die Autorität der Antichen […]“
637
als auch Stifter als auch Kunstgegenstände können sich durch auctoritas auszeichnen.28 Außerdem kommt auch einer Vielzahl an Materialien, aus denen Kunstwerke gefertigt werden, auctoritas zu.29 Systematisch konstatiert Plinius dabei immer wieder unterschiedliche
Rangfolgen in der Wertschätzung sowohl von Künstlern als auch der
von Materialien, um so gestaffelte Ordnungen zu erzeugen und der
enzyklopädischen Aufzählung Struktur zu verleihen.30 Dies schließt
auch die Wandelbarkeit von auctoritas mit ein.31
Auch für die Frühe Neuzeit ist Autorität ein Wirkungsprinzip der
bildenden Künste. In Quellen des 16. bis 18. Jahrhunderts kommt es
immer wieder vor, dass Phänomene von Status und Geltung über
den Autoritätsbegriff beschrieben werden. Paolo Lomazzo fordert
von dem idealtypischen Künstler, voll und ganz Philosoph zu sein,
28 Künstler mit auctoritas sind Eupompos, dessen auctoritas schulenbildend wirkt (Plin. nat.
35, 75), Pamphilus, dessen auctoritas Ursache gewesen sei, dass man Freigeborene im
Zeichnen unterrichte (Plin. nat. 35, 77), Apelles, der so der politischen Autorität Alexanders
des Großen gegenübersteht (Plin. nat. 35, 85–86) und Metrodoros, zugleich Philosoph und
Maler (Plin. nat. 35, 135). Als Beispiele der Kopplung der auctoritas eines Stifters und eines
gestifteten Kunstwerks werden L. Mummius, Iulius Caeasar, M. Agrippa, Augustus und
Tiberius genannt (Plin. nat. 35, 24–28). Die auctoritas einer Wagengruppe des Lysias
äußert sich demensprechend durch die Aufstellung des Augustus auf dem Palatin (Plin.
nat. 36, 36); auch Bronzestandbildern kommt auctoritas zu (Plin. nat. 34, 22; 28). Ringe als
Mittel zur Ausweisung von Status tragen zu dürfen, ist ebenfalls eine Frage von auctoritas
(Plin. nat. 33, 32).
29 Schon die grundsätzliche Frage des Wertes von Dingen ist Plinius eine Frage der
„auctoritas rerum“ (Plin. nat. 33, 164). Materialien mit auctoritas sind Gold (Plin. nat. 33, 8–
9), Elektron, schon in der Überlieferung Homers mit auctoritas versehen (Plin. nat. 33, 81),
Zinnober (Plin. nat. 33, 111; 115), Kupfer und Bronze (Plin. nat., 34, 1), weißes Blei,
ebenfalls von Homer als autoritativ besetzt überliefert (Plin. nat. 34, 158), Indigo (Plin. nat.
35, 46), Marmor, dessen Autorität mit der Wertschätzung der Malerei konkurriert (Plin.
nat. 36, 46), Edelsteine, deren Geschichte der Wertschätzung bereits mit auctoritas
beschrieben wird (Plin. nat. 37, 3), Kristall, der sich über sein Gewicht auctoritas verdient
(Plin. nat. 37, 28), Bernsteingemmen (Plin. nat. 37, 30), rötlicher Bernstein (Plin. nat. 37,
47), Smaragde (Plin. nat. 37, 62), Sardonyx (Plin. nat. 37, 85) und Achat (Plin. nat. 37, 139;
141).
30 Für Künstler gilt eine solche Staffelung z. B. zwischen Apelles und Zeuxis als
herausragende Künstler ersten Ranges, denen Nikophanes dagegen nur nachgeordnet
wird (Plin. nat. 35, 111). Bei Materialien wird z. B. rötlichem Bernstein „maior auctoritas“
vor anderen Bernsteinsorten zugewiesen (Plin. nat. 37, 47) und Smaragde haben unter
allen Edelsteinen eine Autorität dritten Ranges („tertia auctoritas“; Plin. nat. 37, 62).
31 So z. B. für den Edelstein Achat, der früher viel auctoritas besessen habe, zu Plinius Zeiten
aber nicht mehr (Plin. nat. 37, 139). Außerdem sei auctoritas von Edelsteinen grundsätzlich
an die Vorliebe und Rivalität („aemulatio“) bestimmter Personen gekoppelt, sodass ihre
Wertschätzung sich je davon ableite (Plin. nat. 37, 85).
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um die Natur seiner Gegenstände zu durchdringen und sie wahrhaftig darstellen zu können, worin die eigentliche „autorità dell’arte nel
Pittore“ läge und wofür „pittori più nobili“ Gewähr gäben.32 Der
Werdegang eines Künstlers kann dezidiert über den Begriff auctoritas
beschrieben werden, wie die erste Vita Raffaels den Aufstieg des jungen Künstlers am Hofe von Julius II. skizziert.33 Wer es sich später
erlauben will, den Malerfürsten Raffael zu kritisieren, mag dies vielleicht wie Jonathan Richardson nur mit der Berufung auf die Autorität Michelangelos wagen, um in diesem Fall Raffaels Fresko der Galathea in der Villa Farnesina zu beurteilen.34 Wörtlich auf die Autorität berühmter Maler verweist auch Antonio Franchi in seinem
Kunsttraktat, um so die Regeln guter Kunst zu erörtern.35
Dabei kann für alle Kunstgattungen die Antike mit Autorität bereitstehen: Wir finden diese Interpretation bei Joachim von Sandrart
bezüglich der Regeln, aber auch Freiheiten, denen sich ein Architekt
bedienen solle, um gut zu bauen. So erörtert Sandrart zur richtigen
„invention“, wie ein Architekt Elemente wie Maueröffnungen, Säulen und Architrave anordnen solle, und dass er sich dabei bisweilen
auch ein Abweichen von strengen Proportionsregeln erlauben dürfe,
„[…] weil solches die Autorität der Antichen/ welche dergleichen
viel zu Rom hinterlassen/ auf das beste entschuldiget.“36 Antike Vor-
32 „Nel che propriamente consiste l‘autorità dell’arte nel Pittore, è verrebbe egli oltra ciò ad
esse modesto, humano, & circonspetto in tutte le sue ationi.“ Lomazzo 1590, 38. Als „pittori più nobili“ folgen Leonardo, Michelangelo, Mantegna, Raffael, Gaudenzio Ferrari und
Dürer.
33 „Pinxit in Vaticano nec adhuc stabili authoritate cubicula duo ad praescriptum Julii pontificis […].“ Paolo Giovio, Raphaelis Urbinatis vita, um 1525. Zit. nach Shearman 2003, Bd.
1, 807. Vgl. Dohe 2014, 41.
34 Richardson 1722, 201: „I had said that That Figure was too Little for That place, I had
Criticised Raffaele indeed […]. And I should have been Justify’d in my Censure by the Authority of Mich. Angelo who said the same thing, (would to God I could say it as He did!)“
35 Vgl. Franchi 1739, 51 („con tante autorità di Pittori grandi“) und 150 („coll’autorità di gran
Pittori“).
36 Sandrart 1675, I, Buch 1, 20 (Online-Edition hrsg. von Thomas Kirchner u. a.:
<http://ta.sandrart.net/de/facs/69> [02.06.2014]): „Und obwol die Colonnen zweyer Dicke/ gegen gegebner Maße der Regeln/ excediren: jedoch weil eine nahe bey der andern
stehet/ und dieselben zimlich in die Mauer eingefasset/ dannenhero auch mehr zur
Dohe, „[…] die Autorität der Antichen […]“
639
bilder werden also mittels des Begriffs Autorität zur Gewähr angeführt, um mit ihrer Potenz für den frühneuzeitlichen Architekten zu
bürgen. Sandrart übernimmt praktisch ungefiltert den Wortlaut aus
dem Architekturtraktat von Sebastiano Serlio, der bereits im 16. Jahrhundert zur Erörterung von Architekturregeln von einer solchen Antikenautorität, von der „[…] auttorità di molte cose antiche […]“37,
spricht. Ähnlich erscheint das bürgende Verhältnis, wenn antike Vorbilder mit ihrer Autorität für Raffaels Idee bürgen, dem Apoll im
Fresko des Parnass in der Stanza della Segnatura eine Violine statt
einer Harfe in die Hände zu geben.38
Mit Blick auf die rhetorische Funktion, die auctoritas bei antiken
Autoren einnimmt, erklärt sich die Anwendbarkeit dieses Begriffes
auch für die bildenden Künste in der Frühen Neuzeit. Kunst wird
auch in dieser Epoche dezidiert über ein rhetorisches Vokabular beschrieben und theoretisiert. Wie in der antiken Rede soll ein Künstler
über die imitatio von Vorbildern bilden und damit eigene Qualität gewinnen; nur durch die Berufung auf Vorgänger und deren besonderen Status kann die Idee verfolgt werden, man könne die Vorgänger
im Rahmen einer aemulatio übertreffen. Dieses System dezidierter Berufung auf Vorläufer entspricht einer Berufung auf Autoritäten:
Durch ihre Gewährsfunktion bürgen sie für bestimmte Werte und
können damit für die Qualität und damit Überzeugungskraft der eigenen Kunst eingesetzt werden. Wie ein Redner exempla herbeizitiert,
so kann auch ein bildender Künstler Vorbilder oder bestimmte Bildfindungen in einem Kunstwerk herbeizitieren, um zu überzeugen.39
Eine solche rhetorisiert-analoge Struktur ist vor allem dazu geeignet,
Zierde/ als das Werk zu tragen/ gestellet sind: als ist bey solcher Begebenheit also zu verfahren gar vorträglich und wol zulässig/ weil solches die Autorität der Antichen/ welche
dergleichen viel zu Rom hinterlassen/ auf das beste entschuldiget.“
37 Serlio 1584, Libro Quarto, fol. 135r (vgl. den Kommentar von Christina Posselt zu Sandrart:
<http://ta.sandrart.net/de/annotation/view/6703> [02.06.2014]): „[…] parte d’esse incaßate nel muro, poste piu per ornamento che per sostegno dell’opera; in tal caso si comporta, per l’auttorità di molte cose antiche.“
38 Wright 1730, 265: „There is one thing in the Parnassus which looks a little odd, and has
frequently been found fault with. Instead of the Harp, his usual Instrument, Apollo is playing upon a Violin.– But Raphael had his Authority for this from the Antients.“
39 Zum exemplum als Autoritätsträger vgl. Klein 1996.
640
Visual Past 2015
um Rezeptionsprozesse bis Ende des 18. Jahrhunderts zu beleuchten, solange klassische Rhetorik Wert und Gültigkeit besitzt.
Das skizzierte Modell kann damit ein alternatives Konzept zum
Kanonbegriff geben, der durchaus mit Autorität korreliert, aber bestimmte Aspekte der Statuskonstruktion wie -dekonstruktion nicht
befriedigend erfassen kann.40 Kanon zielt dezidiert auf überzeitliche
Fixierung und Stillstellung von Zuschreibungsprozessen; dennoch
können Kunstwerke an Status erlangen und ihn wieder verlieren, was
sich über Autorität als dynamischen Prozess fassen lässt. Kanon ist
ein Zustand, den man nur wissen, aber nicht erfahren kann, während
Autorität etwas ist, was sich über die gegenseitige Bindung durchaus
als persönliche Erfahrungsdimension beschreiben lässt. Autorität
und Kanon verhalten sich zueinander wie Fluss und Gerinnung:
Während sich eine stetig wiederholende autoritative Zuschreibung
zu einem Kanon hin verfestigen kann, läuft der autoritative Prozess
dennoch stetig weiter, sodass ein kanonisiertes Kunstwerk, das seine
autoritative Zuschreibung über einen längeren Zeitraum einbüßt,
auch wieder an Geltung verliert.
40 Zum Kanonbegriff vgl. Asper 1998, zu Kanon und Autorität vgl. Dohe 2013, 20 und 2014,
26 f.
Dohe, „[…] die Autorität der Antichen […]“
641
Abb. 1: Laokoongruppe, Marmor, Höhe: 184 cm, Rom, Vatikan, Museo Pio Clementino, Inv.
1059; 1064; 1067; Wikimedia Commons, Photo: Marie-Lan Nguyen.
Die Laokoongruppe als visuelle Autorität
Als eines der berühmtesten Werke der Antike, das vor allem Ruhm
und Geltung in der Frühen Neuzeit erlangt, bietet die Laokoongruppe (Abb. 1) ein besonders eindrückliches Beispiel, um das erörterte
Modell visueller Autorität zu erproben.41 Entdeckt wird die Gruppe
am 14. Januar 1506 auf dem Esquilin in Rom auf einem Weinberg
41 Zu der grundsätzlich gut aufgearbeiteten Rezeptionsgeschichte der Laokoongruppe vgl.
Preiss 1995, Settis 1999, Décultot 2003, Buranelli 2006, Schmälzle 2006 und Gall –
Wolkenhauer 2009.
642
Visual Past 2015
und unmittelbar identifiziert durch den von Michelangelo begleiteten
Giuliano da Sangallo als die bei Plinius überlieferte Statue der drei
rhodischen Bildhauer Hagesandros, Polydoros und Athenodoros.42
De Fredis, der Besitzer des Weinbergs, veräußert die Statue an Julius
II., der sie 1511 im Cortile del Belvedere aufstellen lässt, wo sich
weitere berühmte antike Kunstwerke versammeln und der so einen
ausgezeichneten Ort der Konzentration von Meisterwerken bildet.43
In den folgenden Jahrzehnten und Jahrhunderten ist die Statuengruppe nicht nur Ziel bewundernder Besucher, sondern wird schon
früh restauratorischen Versuchen unterzogen. 44 Den fehlenden rechten Arm des Laokoon dürfen zuerst Baccio Bandinelli temporär aus
Wachs und 1532–1533 Giovanni Angelo Montorsoli durch einen
Terrakottaarm ergänzen, wobei dessen Autorschaft von späteren Rezipienten diskutiert und wechselnden Bildhauern zugeschrieben
wird. 1797 im Vertrag von Tolentino als Beutegut festgelegt, steht
die Laokoongruppe neben der Transfiguration Christi von Raffael an
der Spitze einer nie gekannten Meisterwerkskonzentration im Musée
Napoléon und autorisiert mit ihrem Namen den Antikensaal des
Museums als „Salle du Laocoon“. Nach der Restitution 1815 gelangt
die Gruppe zurück in die vatikanische Sammlung. Entscheidend ist
die Ergänzung des rechten Arms des Laokoon durch ein 1905 von
Ludwig Pollak entdecktes Armfragment, das sich nach einer Debatte
als originales Armfragment Anerkennung verdient und 1957–1959
angestückt wird.
Die Frage nach Autorität beginnt bereits bei der Identifizierung
der Statue, ob es sich um diejenige handelt, die bei Plinius erwähnt
wurde. Bejaht wird sie von dem durch Michelangelo Buonarroti als
weiterem Sachverständigen begleiten Giuliano da Sangallo, der mit
42 Plin. nat., 36, 37. Zur dokumentarischen Überlieferung des Fundes vgl. Maffei 1999, 99–
115.
43 Für die Antikensammlung im Cortile del Belvedere vgl. überblickend Luchterhandt 2013,
der ihr eine eigene, vor Sammlungseingriffen schützende „Autorität“ attestiert (ebd., 39).
44 Zur Restaurierungsgeschichte der Laokoongruppe vgl. Rebaudo 1999 und Wiggen 2011.
Dohe, „[…] die Autorität der Antichen […]“
643
der Laokoongeschichte vertraut war.45 Antikes Bildungsgut, neben
Plinius Vergils Aeneis,46 motiviert unmittelbar die Authentifizierung.
Autorität ist hier gleich an zwei Punkten wirksam: Zum einen die
Autorität antiker Autoren, zum anderen Pliniusʼ Identifikation der
Bildhauer der Gruppe. Dem hohen Bedürfnis an Subjektivierbarkeit
von Kunstwerken, ihre Verbindbarkeit mit Namen und Persönlichkeiten, kommt Plinius so entgegen. Ob sie mit real existierenden
Bildhauern der Antike übereinstimmt oder nicht, ist für die Rezeption zweitrangig: Entscheidend ist, dass Plinius die Statue autorisiert
und mit besonderem Rang ausstattet, dem Superlativ eines „opus
omnibus et picturae et statuariae artis praeferendum“47. Entsprechend bildet Plinius auch die „oberste Autorität“48 für die Literatur
des 16. bis 18. Jahrhunderts, die den Laokoon beschreibt und mit
einer geradezu normierenden Selbstverständlichkeit den Rang von
Weltruhm auf dieser Basis durch stete Wiederholung festigt.49 Dass
auch in diesen Beschreibungen wortwörtlich mit dem Begriff „autorità“ operiert werden kann, beweist die Objektbeschreibung von Bernardo Gamucci in seinem Führer zu den Antiken Roms, „Le antichità della citta di Roma“, indem er den Bericht von Plinius und die
Namen der rhodischen Bildhauer aufruft: „[…] si tiene che fosse
opera & disegno di Egisandro, di Polidoro, & di Atenodoro Rodiotti
scultori in quei tempi di grandissima autorità, & forse i primi, che in
quell’ arte fossero al mondo.“50 Das auszeichnende Lob von Weltrang erklärt über die Autorität der Künstler den Rang des Kunstwerkes.
45 Sangallo war Architekt der von Lorenzo deʼ Medici beauftragten Villa in Poggio a Caiano,
in der Filippino Lippi um 1492 ein Fresko mit der Geschichte des Laokoon schuf. Vgl.
Catterson 2005, 31–33 fig. 2–4.
46 Verg. Aen. 2, 201–233.
47 Plin. nat. 36, 37 (zit. nach König–Hopp 2007, 36).
48 Preiss 1995, 20.
49 Wie dominant Plinius als Autorität die Rezeption bestimmt, lässt sich auch daran ablesen,
dass im 18. Jahrhundert das Plinius-Zitat zur Laokoongruppe über der Tür zur Nische der
Statue angebracht ist; vgl. Wright 1730, 268.
50 Gamucci/Porcacchi 1580, fol. 99 recto. Mit dem gleichen Autoritätssuperlativ können
auch Gelehrte beschrieben werden; vgl. ebd., fol. 118 recto: „[…] C. Aquilio legista in quei
tempi di grandissima autorità […]“ und fol. 148 recto „[…] havendo Manilio matematico in
644
Visual Past 2015
Die herausragende Bezeichnung vor dem Hintergrund einer
grundsätzlichen Antikenbegeisterung trifft auf den Anblick eines
Kunstwerkes, dessen Werte alles das zu bedienen scheinen, was zeitgenössische Kunsttheorie von einem Kunstwerk verlangt: Umsetzung einer auf klassischem Bildungsgut basierenden Historie, eine
höchste Affektsteigerung zur Bewegung des Betrachters und eine
Umsetzung auf höchstem technischen Niveau.51 Unter den rezeptiven Rahmenbedingungen der Frühen Neuzeit hält die Statue, was
Pliniusʼ Lob verspricht, und kann sich mit diesen Werten als visuelle
Autorität verbürgen. Die Rezeption der Statue ist also einerseits
durch bestimmte Werte geleitet, von denen sich ein Rezipient selbst
überzeugen kann, und bildet andererseits selbst autoritative Strukturen aus, indem bestimmte Meinungen und Haltungen sich verfestigen und im Rahmen eines Anerkennungsdrucks eine bestimmte Haltung vorgeben. Dass sich eine Riege später hochverehrter Geistesgrößen wie Winckelmann, Lessing, Herder und Goethe mit der Laokoongruppe zur Formulierung ästhetischer Gedanken beschäftigt,
indem sie als Zwischenautoritäten agieren, stärkt die visuelle Autorität der Statue auch über die neuen Wertbedürfnisse einer klassizistischen Ästhetik hinweg.52 Erst mit einer zunehmenden archäologischen Forschung und ästhetischen Neuorientierung Ende des
19. Jahrhunderts erfährt die Position der Laokoongruppe dann eine
Relativierung, die ihre Autorität wieder schmälert.53
quei tempi di grandissima autorità […]“. Auch dass Autorität grundsätzlich staffelbar begriffen werden kann, ist Gamucci geläufig (ebd., fol. 187 verso): „[…] i Re potentissimi, &
gli altri di minor autorità & ricchezze […].“
51 Zur ästhetischen Einschätzung der Laokoongruppe im 16. und 17. Jahrhundert vgl.
Schmälzle 2013.
52 Henke 1862, 4: „Die neuere, besonders die klassische deutsche Literatur hat nach dem
Vorgange von Visconti, Winkelmann [sic] und Lessing ihr Ansehen sehr hoch gestellt und
sie als ein klassisches Muster allgemein bekannt gemacht.“
53 Kekulé 1883, 9: „Der Glaube an den Laokoon als an eine recht eigentlich vorbildliche
höchste Leistung der griechischen Kunst lässt sich nicht festhalten. Er ist für uns nicht
mehr ein leuchtendes Meteor im Dunkel von Jahrhunderten, sondern er fügt sich in eine
feste Reihe ein.“ – Auch Förster (1906, 177 f.) attestiert der Laokoongruppe ein Schwinden
an künstlerischer Wirkmacht in jüngerer Zeit und deutet Tizians Affenlaokoon dazu als
frühe, vorausweisende Kritik.
Dohe, „[…] die Autorität der Antichen […]“
645
Autorität durch Vervielfältigung
Ein Kunstwerk wie die Laokoongruppe wiederholend ins Gedächtnis zu rufen, ist nicht allein eine Angelegenheit von Literatur, sie ist
eine Kernaufgabe visueller Medien: Mit Kopien und Reproduktionen
werden vorbildliche Kunstwerke verbreitet und zu der Rezeptionsgeschichte eines Kunstwerkes in der Frühen Neuzeit gehört es seit
langem selbstverständlich dazu, eine Liste von Druckgraphiken und
Kopien anzuführen. Ruhm äußert sich demnach in der Menge von
Reproduktionen, in deren Qualität und auch in prominenten Namen,
die hiermit verbunden sind: Je mehr ein Artefakt kursiert, desto bekannter und berühmter wird es. Sobald eine Menge an Reproduktionen das Maß der Unüberschaubarkeit erreicht hat, kann dann ein allgemein anerkannter Ruhm konstatiert werden. Wenn wir das Phänomen über den Begriff der Autorität betrachten, dann können wir sowohl diese Anerkennung eines Kunstwerkes über Quantität hiermit
erklären, aber zugleich auch die Leistung des Reproduzenten und
dessen Motivation mit diesem Ruhm verknüpfen.
Dies lässt sich an der Laokoongruppe an zahlreichen Beispielen
ablesen: So wird die Kopie von Baccio Bandinelli (Abb. 2), die eigentlich die Begehrlichkeiten von Franz I. stillen sollte, nie ausgeliefert, da sie in ihrer Vollendung von den italienischen Zeitgenossen
als fast das Original übertreffend und als einzigartiges Zeugnis künstlerischen Schaffens interpretiert wird.54 Dass eine Kopie ein begehrtes Werk ersetzen soll, kennen wir zum Beispiel auch aus der Malerei,
wenn sich Kardinal Giovanni de’ Medici, der Auftraggeber der Transfiguration Christi von Raffael, angeblich bereits unmittelbar nach deren
Fertigstellung dagegen entschließt, das Bild an seinen Bestimmungsort, das französische Bistum von Narbonne, bringen zu lassen, sondern stattdessen eine Kopie in Auftrag gibt, die ihren Bestimmungsort ebenfalls nie erreicht.55
54 Vgl. Tauber 2009, 201–202 und Anm. 2 mit weiterführender Bibliographie.
55 Vgl. Dohe 2014, 117–119.
646
Visual Past 2015
Abb. 2: Baccio Bandinelli, Kopie nach der Laokoongruppe, um 1520–1525, Marmor, Florenz,
Galleria degli Uffizi, Inv. 1914, Nr. 284; Bernard Frischer, Digital Sculpture Project: Laocoon.
An Annotated Chronology of the “Laocoon” Statue Group. Fig. 3, <http://www.digitalsculpture.org/laocoon/chronology/index.html> (02.06.2014).
Mit der Kopie der Laokoongruppe attestiert Giorgio Vasari dem Kopisten Baccio Bandinelli unmittelbar erworbenen Ruhm;56 auch dieses Lob wird in späteren Jahrhunderten immer dort wiederholt, wo
Vasari abgeschrieben wird, was eingedenk seines hohen autoritativen
56 Vgl. Vasari 1568, 428 f. Er berichtet (ebd., 429) außerdem von einer Wachsergänzung des
rechten Arms des Laokoon, die Bandinelli im Zuge der Kopie ausgeführt habe.
Dohe, „[…] die Autorität der Antichen […]“
647
Gewichtes für die neuzeitliche Kunstgeschichtsschreibung regelmäßig der Fall ist. Die Paarung zwischen Künstlernamen und Werk
strahlt also auch auf einen Kopisten aus und wird von Bandinelli
durch eine signierende Inschrift auf der Kopie nachdrücklich betont.
Dies begünstigt, dass man die Terrakotta-Ergänzung des rechten
Arms des Laokoon später bisweilen ebenfalls Bandinelli zuschreibt;57
der Kopist wird in die autoritative Sphäre des Originals verortet und
erhält dadurch sein eigenes Stück Ruhm. Obendrein bedeutet Bandinellis Kopie auch zugleich einen optimierenden Eingriff, indem sie
die Fehler des Originals ausbessert. Das lesen wir aus Kommentaren
des 18. Jahrhunderts heraus, indem betont wird, dass auch die Rückseite der Kopie ausgearbeitet sei und alle Hände und Arme ergänzt
seien; so zum Beispiel bei Richardson 172258, Keyßler 175159 und
formelhaft gedrängt bei Cochin 175860. Die Wertschätzungen unterscheiden sich dabei nur geringfügig, wenn betont wird, ob Bandinelli
ein antikes Modell der Statue benutzt habe oder nicht.61 Kopien die-
57 Vgl. Caylus 1759, 329; eine kritische Diskussion gibt Heyne (1779, 14–16), der das
Fragment eher Montorsoli zuschreibt.
58 Richardson 1722, 50: „The Laocoon copy’d from that at Rome (my Father has the Head
done with a Pen) the Back of this is finish’d, which ’tis not in the Original, being to stand in
a Nich, or against a Wall. At Florence they say This is as Good as that at Rome; if ’tis not,
’tis so near being so, as to justify those that say it is.“ Am Rand wird hier auf „B. Blandinelli
[sic]“ als Urheber verwiesen; unmittelbar folgt die Besprechung einer Statue von
Michelangelo.
59 Vgl. Keyßler 1751, Bd. 1, 354 f., der die Kopie als erste der Statuen in den Uffizien aufzählt:
“Das Gruppo aus weißem Marmor, so den Laokoon vorstellet, wie er nebst seinen zween
Söhnen von Schlangen umgebracht wird, ist vielleicht die einzige Copey, so in der Galerie
angetroffen wird, und steht es wegen seiner ansehnlichen Größe oben an bey a. An dem
Fußgesimse liest man: Baccius Bandinellus Florentinus Santi Jacobi Eques faciebat. Das
Original findet sich im Belvedere des Vaticans zu Rom; an statt aber, daß dieses seine
hintere Seite nicht völlig geendet hat, indem es vermuthlich an eine Wand gesetzt werden
sollen, so ist das florentinische Gruppo vollkommen ausgearbeitet, auch an den Orten, wo
das Original gestümmelt, ergänzet worden, und dieses nicht nach dem bloßen Gutdünken
des Bandinelli, sondern nach Anleitung eines alten Modells, welches man allhier von dem
kläglichen Ende des Laokoon hat. Die Florentiner behaupten, es verdiene ihre Copey so
viele Hochachtung als das römische Original.“
60 Cochin o. D. (1758), Bd. 2, 50: „Une copie du Laocoon, antique, par Bandinelli, très-belle.“
61 Zur Statuengalerie der Uffizien vgl. Addison 1721, Bd. 2, 145: „An antique model of the
famous Laocöon and his two Sons, that stands in the Belvidera at Rome. This is the more
remarkable, as it is entire in those parts where the statue is maim’d. It was by the help of
648
Visual Past 2015
nen also nicht nur der Bestätigung des Ranges des Vorbildes, sondern sie sind auch ein Medium für den Werdegang eines Kopisten.
Dass Ruhm so in gestaffeltem Maße weitertransportiert wird, lässt
sich über den Autoritätsbegriff erklären: Die Autorität des primären
Kunstwerks strahlt jeweils auf den Kopisten aus, der als guter Vermittler eigene Autorität beanspruchen darf und mit der Anerkennung
des Vorbildes zugleich dessen Autorität festigt. Diese Vermittlungsleistung kann selbst sogar in ein agonales Verhältnis zum Original
treten und dadurch seinen eigenen Platz behaupten. Dies muss nicht
nur eine Kopie im Maßstab eins zu eins betreffen, sondern auch
Kleinbronzen nach der Laokoongruppe avancieren zum beliebten
Sammlerobjekt, indem sie das Original vervielfältigen, es einem
Sammler im wahrsten Sinn des Wortes begreifbar machen und vom
Reproduzenten ebenfalls eine paragonale Vorbildauseinandersetzung fordern.62 Sogar eine geschnitzte Gemme nach der Statuengruppe kann in dieser autoritativen Auseinandersetzung zur Meisterleistung eines Kopisten erklärt werden.63
Druckgraphiken sind schließlich das mobilste Medium der Reproduktion, das den Laokoon schon früh in ganz Europa verbreitet.
Eine kontinuierliche Reihe an Druckgraphiken lässt sich aufzählen,
die ein rezeptives Verlangen befriedigen und in denen sich über Bildunterschriften und Signaturen Zeichner und Stecher in die Nähe der
verbreiteten Autorität bringen können, um sich im wahrsten Sinn des
Wortes einen Namen zu machen, indem sie Anerkennung aus der
Vermittlung heraus gewinnen.64 Ihre kontinuierliche Rolle zur quantitativen Bestätigung visueller Autorität lässt sich damit konstatieren.
Allerdings mangelt es an Erwähnungen, die auf Druckgraphiken
this Model that Bandinelli finished his admirable copy of the Laocöon, which stands at one
end of this gallery.“
62 Vgl. Mai – Wettengl 2002, 420 Kat.-Nr. 198.
63 So für Flavius Sirlet bei Ladvocat 1755, 517: „Le fameux grouppe de Laocoon, qu’il a gravé
sur une amethyste, est regardé comme son chef-d’œuvre.“
64 Eine Liste von Druckgrafiken nach der Laokoongruppe mit Abbildungen geben Preiss
1995, Abb. 4–21. 23–26. 32–35; Settis 1999, Abb. 6. 62 f. 68–71. 73; Buranelli 2006,
Kat.-Nr. 12. 42. 50. 54 f. 59. 65 f. 68 f. 80; Luchterhandt u. a. 2013, Kat.-Nr. III.07. III.13.
IV.01. VI.12.
Dohe, „[…] die Autorität der Antichen […]“
649
nach der Laokoongruppe nicht nur als Abbildung verweisen, sondern auch explizit rühmen.65 Im Vergleich zu Stichen nach hochberühmten Gemälden wäre eine ganze Reihe lobender Erwähnungen
zu erwarten gewesen, die Druckgraphikern für ihre Vermittlungsleistung Tribut zollen. Möglicherweise wurde Kopisten eine bedeutendere Rolle als Zwischenautorität bei der Rezeption der Statue zugemessen als Druckgraphikern, denen eher bei der Wiedergabe planer
Vorlagen besondere Anerkennung galt.
Autorität durch Zitate
Rezeptionsgeschichten von Kunstwerken, die Ruhmesgeschichten
schreiben, versammeln regelmäßig auch Bildzitate, um aus ihnen
Ruhm heraus fassbar zu machen. Zitate sind seit der Antike ausgewiesene Elemente der Autorisierung: Zitiert wird, um eine eigene
Aussage autoritativ aufzuwerten. Dies funktioniert nur, indem das
aufgerufene Vorbild auch zugleich anerkannt und bestätigt wird, sodass also eine reziproke Bindung bekräftigt wird. Das Entdecken eines Zitates kann einen intellektuellen Reiz für den Rezipienten bedeuten. Ein Künstler, der ein Kunstwerk zitiert, kann auf eine solche
Erwartung eines Betrachters reagieren und sich selbst autoritativ einordnen. Dies kann, wie oben erörtert, wie die Übertragung der Potenz eines exemplum funktionieren: Damit wird tatsächlich eine bestimmte visuelle Formgebung wie ein Substrat für Autorität verwendet und indem der Rezipient die Beziehung von Vor- und Nachbild
aufdeckt, stellt er diese autoritative Verbindung her. Wenn Galeazzo
Mandello, gen. il Moderno, die Laokoonfigur ausschnitthaft in der
Geißelung Christi zitiert,66 dann verweist er einerseits auf das Vorbild,
um zugleich das eigene Können der Transformation in einen neuen
Kontext zu demonstrieren. Die Figur transportiert als ein exemplum
65 Vgl. z. B. für einen Stich von François Perrier von 1638 die Erwähnung bei Valentyn –
Smyds (1700, 224) ohne lobende Hervorhebung. Ebenfalls listet die Ausgabe von Dictys
– Phrygius (1702, o. S. [Tabula Sexta, XXXI. Laocoon]) zwar eine Reihe bekannter Druckgraphiken nach der Statuengruppe anhand von Stechernamen auf, rühmt sie aber nicht
explizit ihrer Qualität wegen.
66 Vgl. Buranelli 2006, 155 f. Kat.-Nr. 46, Abb. ebd.
650
Visual Past 2015
Autorität und stellt eine reziproke Bindung zwischen Zitiertem und
Zitierendem her. Ähnlich funktionieren neu entworfene Laokoongruppen, die als freie Variationen das Vorbild teilweise zitieren, teilweise eigene Ideen umsetzen. Dies demonstrieren zum Beispiel Hans
Brosamer 1538 (Abb. 3)67 und Pieter Soutman Anfang des 17. Jahrhunderts (Abb. 4).68 In diesen Umgestaltungen erweist sich das Vorbild als flexibel zitierbar: Während in beiden Fällen der Vater in der
Beinstellung, Kopfhaltung und der ausgreifenden Kampfesgeste die
Laokoongruppe eher als Vorbild aufruft, sind die Söhne freier gestaltet. Die Dreiteilung des Vorbildes in den Vater als Haupt- und die
Söhne als Nebenfiguren macht eine solche Variation möglich; damit
erleichtert eine formale Eigenschaft des Vorbildes das teilweise Zitat,
gibt dem imitierenden Künstler den Freiraum, Nachahmung abzustufen, und fördert damit letztlich das Herstellen autoritativer, reziproker Beziehungen zwischen Vorbild und Nachschöpfendem. Dieses Prinzip, Autorität über exempla zu transportieren, kann schließlich
bis zur Zerstückelung des Vorbildes in Einzelexempla getrieben werden (Abb. 5).69 Solche visuellen exempla dienen dann als Basis zur
Synthetisierung neuer Kunstwerke. Wenn man den Eindruck gewinnt, dass sich keine Laokoondarstellung der Frühen Neuzeit mindestens von einem Vergleich zu der Statuengruppe emanzipieren
kann,70 dann ist dies über einen Anerkennungsdruck erklärbar, der
eine regelrechte Erwartungshaltung von Rezipienten erzeugt und Zitate nicht nur motiviert, sondern bisweilen als verpflichtend erscheinen lässt.
67 Vgl. Hollstein 1957, 220 No. 20; Koch – Bartsch 1981, 15 (462). Schon Förster (1906, 173)
deutet den Stich als Versuch, teilweise auf die Laokoongruppe zu referieren und
andererseits „[…] einen Laokoon eigener Art […]“ zu erzeugen.
68 Vgl. Lange 2013, 20.
69 Vgl. Colella 1995, 195 f. Das Blatt ist Teil einer Serie (Nr. 14 von 19 Studien nach antiken
Skulpturen) nach Zeichnungen von Anthonis van Dyck und basiert wahrscheinlich nicht
auf dem Original, sondern Gipsabgüssen. Auch dieser Prozess der visuellen Zerstückelung
von Vorbildern ist analog für Gemälde fassbar; vgl. Dohe 2014, 167–173.
70 Vgl. Schmälzle 2013, 111, der neben frühneuzeitlichen Variationen auch auf bewusst
abweichende Laokoondarstellungen verweist, „[…] zu einem kreativen Wettstreit der
Künstler mit der kanonischen Vorlage“.
Dohe, „[…] die Autorität der Antichen […]“
651
Abb. 3: Hans Brosamer, Laokoon, 1538, Kupferstich, 9,2 x 6,3 cm, British Museum. Inv.
1850,0525.3; © Trustees of the British Museum.
652
Visual Past 2015
Abb. 4: Pieter Soutman, zugeschrieben, Laokoon, um 1620–1630, Öl auf Leinwand, 165 x 225
cm, Museumslandschaft Hessen Kassel, Gemäldegalerie Alte Meister, GK 947; © Museumslandschaft Hessen Kassel.
Der Gebrauch von Bildzitaten ist dabei nicht allein Künstlern vorbehalten, um sich so in die Autoritätenfolge einer Profession einzureihen. Mittels Zitaten lässt sich grundsätzlich Gemeinsamkeit herstellen: Wer ein Zitat benennen kann, identifiziert sich mit dem Zitierenden. Gemeinschaften können über Zitate kommunizieren und
unterstützen über das Zitat eine gemeinsame Identität. Durch diese
Gruppenbindung dienen sie zugleich wiederum einer Autoritätsbildung, indem sie die ordnende und gruppendefinierende Eigenschaft
von Autorität unterstützen. Wer sich im 16. Jahrhundert eine Plakette mit einer miniaturisierten, frei auf Grundlage des Originals variierten
Dohe, „[…] die Autorität der Antichen […]“
653
Abb. 5: Augustin Terwesten, Kopf des Laokoon, 1672–1711, Radierung, Plattenmaß: 163 x
114 mm, Amsterdam, Rijksmuseum, RP-P-1879-A-2975; © Rijksmuseum, Amsterdam.
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Visual Past 2015
Abb. 6: Plakette mit Laokoongruppe, 16. Jh., Bronze (vergoldet), Durchmesser: 4,75 cm, British
Museum, Inv. 1915,1216.134; © Trustees of the British Museum.
Abbildung des Laokoon an den Hut steckt (Abb. 6),71 der kann sich
mit einer Bildungselite identifizieren und weist seine Kunstkennerschaft und Antikenverehrung zitathaft nach außen hin aus. Über
diese Referenz kann die eigene Identität kommuniziert oder auch behauptet werden, es wird eine Wertebindung transportiert und diese
kann vom Betrachter deshalb Achtung und Respekt einfordern, weil
über eine gemeinsame Autorität kommuniziert wird, die zugleich, indem sie ihr Funktionieren beweist, Stärkung erfährt.
Die attestierte Gruppenbildung und der resultierende Anerkennungsdruck müssen aber keinen Automatismus bedeuten, sondern
können durchaus antiautoritäre Akte provozieren. Bildzitate bieten
71 Vgl. Cooper 2013, 123 Kat.-Nr. 40 b. Dass die Plakette gegossen ist, wird ebd. als Hinweis
auf eine frühneuzeitliche Massenfabrikation und entsprechend weite Verbreitung der
Vorlage gedeutet.
Dohe, „[…] die Autorität der Antichen […]“
655
auch eine Möglichkeit der Kritik in der Form der Parodie an, indem
das Vorbild zugleich aufgerufen wird, um sich sogleich davon zu distanzieren. Dies ist für den Status des Originals besonders erhellend,
denn erfolgreich kann eine Parodie nur sein, wenn das Original hinreichend bekannt ist, um vor diesem Bildungshorizont eine ironische
Brechung zu erzeugen. Die Laokoongruppe ist eines der seltenen
Beispiele, dass ein hochberühmtes Kunstwerk noch im 16. Jahrhundert seine Parodie in einem Holzschnitt von Niccolò Boldrini nach
einer Vorlage von Tizian findet, dem sogenannten Affenlaokoon
(Abb. 7). Drei Affen stellen hier die Skulpturengruppe nach und kön-
Abb. 7: Niccolò Boldrini nach Tizian, Affenlaokoon, um 1540–1545, Holzschnitt, 27,5 x 40,2
cm, British Museum, Inv. W, 5.74; © Trustees of the British Museum.
nen sowohl als Anspielung auf die überbordende Meisterwerksverehrung gelesen werden als auch als Kritik auf eine ungefilterte Nach-
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Visual Past 2015
ahmung oder auch auf die überlieferten Anatomiekenntnisse der Antike, deren Autorität frühneuzeitliche Erkenntnisse in Frage stellen.72
Selbst wenn die Komposition ursprünglich nicht als Parodie Tizians
auf die Vorbildlichkeit der Lakoongruppe intendiert gewesen sein
sollte, so ist es für den Status der Skulptur doch entscheidend, dass
der Holzschnitt im 17. und 18. Jahrhundert explizit als Parodie auf
deren Vorbildlichkeit und Nachahmung wahrgenommen wird.73 Dabei wird die Parodie als gegen eine zu große Autoritätshörigkeit gerichtet empfunden, die das eigene Urteil hemmt oder auch eine mangelnde Urteilsfähigkeit durch Berufung auf Autorität verschleiern
soll. Die Berühmtheit der Statue fungiert gewissermaßen als Medium,
um eine kunstkritische Botschaft zu vermitteln. Damit passt sich der
Holzschnitt in eine Wahrnehmung der Laokoongruppe ein, die diese
geradezu paradigmatisch zum Beispiel von Vorbildlichkeit und
Nachahmung im allgemeinen erhoben hat und die Autorität ex negativo widerspiegelt. Gleichzeitig attestiert die Nachwelt Tizian eine
Distanzierung von dieser visuellen Autorität und der sie verfechtenden Gruppe, der römischen Schule, um ihn der venezianischen
Schule mit anderen Wertsetzungen zuzuweisen. Visuelle Autorität
72 Vgl. überblickend Luchterhandt u. a. 2013, 260 f. Kat.-Nr. III.12; Rosand – Muraro 1976,
188–190 Kat.-Nr. 40. – Zur Bedeutung des Laokoon für Tizian vgl. Hochmann 2003, der
(ebd., 103) die Karikatur ebenfalls als Kritik an der römischen Kunstschule und einer zu
unkreativen Antikennachahmung deutet.
73 „Voulant faire entendre par lá que les Peintres qui s’attachoient si fort à cette statuë
n’estoient que comme des Singes, qui au lieu de produire quelque chose d’eux-mesmes,
ne faisoient qu’imiter ce que d’autres avoient fait avant eux.“ (Conferences 1669, 39
[gehalten am 2. Juli 1667]). Ähnlich der Wortlaut bei Scheyb (1770, 133 f.): „Diese
scherzhafte Erscheinung aber sollte die Bedeutung haben, daß die Maler, welche Laokoons
Statue so sehr anhiengen, meistens nur immer wie die Affen nachahmten, selbst aber
nichts erfinden könnten. […] Dergleichen Ausleger fremder Gedanken suchen gemeiniglich
durch das Ansehn grosser Männer ihren Stolz und ihre Unwissenheit empor zu heben, wie
es auch in diesem Fall geschehen ist.“ – Heyne (1779, 41 f. Anm. z) fasst die Positionen
von Bottari, der das Blatt als Parodie gegen die Kopie von Bandinelli gerichtet deutet, und
die Position Scheybs zusammen: „[…] daß eben das Aufsehen, das die Pralerey des
Bandinelli mit dieser Copey damals machte, die bekannte Parodie veranlaßt habe, den
Holzschnitt mit den drey Affen, welcher dem Titian zugeschrieben wird, und den ich aus
unsrer Uffenbachischen Kupferstichsammlung vor mir liegen habe. Eine andere
verschiedene Veranlassung giebt Köremon […]. Titian habe den großen Eifer der
Raphaelschen Schule für die Antike, und den Laocoon insonderheit, lächerlich machen
wollen.“
Dohe, „[…] die Autorität der Antichen […]“
657
und ihre Kritik daran funktionieren also offensichtlich als Orientierungskategorien, um autoritativ eine kunsthistorische Ordnung zu
schaffen und zu stabilisieren.
Autoritative Konjekturen und Kopplungen
Dass die Laokoongruppe visuell kritisiert werden kann, findet auch
eine Entsprechung in der literarischen Debatte, die nicht allein eine
geradlinige Rezeption steter Kritiklosigkeit bezeichnet. Die Skulptur
ist durchaus Gegenstand kontroverser Debatten, so bezüglich der
Hinterfragung der Originalität, der Datierung und vor allem der Ergänzung. Dennoch können solche Zweifel auf die Unterstützung einer Autorität hin umgedeutet werden. In einer Gemengelage von
Zweifeln und Kontroversen stellt sich autoritatives Argumentieren
als eine Strategie heraus, um Sicherheit zu erlangen und Ordnung
herzustellen.74
Dies bezieht sich zunächst auf die Frage der Ergänzung der Statue. Indem Autorität Lücken füllt, kann sie ein Instrument der Vergewisserung darstellen, völlig ungeachtet dessen, was sich später als
authentisch herausstellen sollte. Diese Funktion, Lücken zu füllen,
autoritativ zu konjizieren, bezieht sich für die Rezeption der Laokoongruppe wortwörtlich auf die Frage von Ergänzungen, vor allem
auf den rechten Arm des Laokoon. Hier werden sowohl die Frage
der Urheberschaft der 1532–1533 angebrachten Ergänzung diskutiert, die später als von Montorsoli gemacht identifiziert wird, worüber das Wissen aber zeitweise verloren ist, als auch eines weiteren
Armes, der sich ab Anfang des 18. Jahrhunderts am Fuße der Statue
niedergelegt wiederfindet.75 Kolportiert wird die Rolle Michelangelos, der sich Tribut zollend dem antiken Meisterwerk genähert habe.
Dass sich ästhetische Werte der Laokoongruppe in Michelangelos
74 Zu der analogen Analyse einer autoritativen Konjektur für die Rezeption von Raffaels
Porträt des Bindo Altoviti vgl. Dohe 2014, 225–240.
75 Zu dem Armfragment vgl. Rebaudo 1999, 237–241; Buranelli 2006, 180 f. Kat.-Nr. 77,
Abb. ebd.; Wiggen 2011, 61–84.
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Visual Past 2015
Arbeiten wiederfinden lassen und schon Jean Jacques Boissard Michelangelos Bewunderung für die Statuengruppe konstatiert,76 bietet
die Basis für eine Kopplung der visuellen Autorität der Statuengruppe und der künstlerischen Autorität Michelangelos, die sich in
der Rezeption durch stete Wiederholung festigen. Vor diesem Hintergrund beschreibt Jonathan Richardson erstmals den am Boden
vor der Statue liegenden Arm als ein von Michelangelo begonnenes,
aber unvollendetes Fragment, das sich qualitativ deutlich gegenüber
dem angestückten Arm von Montorsoli, den Richardson nur als
schäbig bewerten mag, absetze.77 Bis heute ist unklar, von wem genau
dieses Armfragment stammt; entscheidend ist, dass es, sobald es das
erste Mal Erwähnung findet, unmittelbar mit Michelangelo in Verbindung gebracht wird. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob Richardson diesen Sachverhalt erfunden hat oder sich etwa auf eine lokale
mündliche Überlieferung stützt: in beiden Fällen ist das Ergebnis
eine glaubhafte Zuschreibung. Alternativ wäre es ihm durchaus möglich gewesen, auf eine unsichere Zuschreibung zu verweisen oder die
Zuweisung an Michelangelo als Gerücht oder Überlieferung darzustellen. Indem er aber Michelangelo das Fragment unmittelbar zuschreibt, befriedigt er ein Bedürfnis nach Autorität, nach Ordnung
und Orientierung: Einem der wichtigsten Kunstwerke der Antike
kann nach seiner Wiederentdeckung auch nur der bedeutendste neuzeitliche Bildhauer Ehre erwiesen haben, da sich die tatsächlich ausgeführte Anstückung als hässlich darstellen lässt und weil das Unvollendete des Fragments, das non-finito, eine Schlüsselqualität bei Michelangelo darstellt. Weil die Zuschreibung an die Autorität Michelangelo in die autoritative Sphäre der Laokoongruppe passt und
76 Vgl. Boissard 1597, 13 f. Für Michelangelo und die Laokoongruppe vgl. überblickend
Andreae 1988.
77 Richardson 1722, 276 f.: „Part of its Beauty is however impair’d, for the Right-arm of the
Principal Figure […] is lost, and one of Terra Cotta substituted in its place. This being Rough,
Unfinish’d, and not good Work, and moreover of a Colour Disagreeable, the Eye is something offended. An Arm was begun for it by Mich. Angelo, but not Finish’d, as it Is it lies
down by the Figures, All which are Damag’d in several other parts.“
Dohe, „[…] die Autorität der Antichen […]“
659
weil der Gegenstand Qualitäten aufweist, die den Werten dieser Autoritäten entsprechen, stellt sich diese Verbindung geradezu selbstverständlich ein.
Wenn es sich bei dem Arm um eine Fälschung des 18. Jahrhunderts handeln sollte,78 dann erklärt das Bedürfnis nach Autorität die
Fälschungsmotivation, indem sich mit der Vorgabe, Michelangelo
habe Hand an die berühmte Statuengruppe gelegt, ein Artefakt mit
Status beladen ließ und damit wiederum bei Sammlern Geld zu machen war. Indem Autorität Wertigkeit beinhaltet, kann das Objekt
Begehrlichkeiten des päpstlichen Hofes bedienen: Indem der am Fuß
der Statue abgelegte Arm wie ein Tribut von Michelangelo an die
visuelle Autorität der Laokoongruppe funktioniert, mehrt dies das
Prestige des päpstlichen Kunstbesitzes. Es entsteht eine autoritative
Staffelung: Michelangelo, der berühmteste Bildhauer der Frühen
Neuzeit, verbeugt sich symbolisch vor dem Werk der Alten und legt
zugleich über das non-finito ein unverwechselbares Zeugnis seiner eigenen Kunst ab. Beide Autoritäten stützen sich wechselseitig und erzeugen so ein Argumentationsgebäude von hoher Überzeugungskraft. Der Erfolg dieser Strategie zeigt sich, indem das Argument,
einmal in die Welt gesetzt, nicht nur bereitwillig wiederholt wird,79
sondern auch die sinngemäße Erweiterung findet, dass Michelangelo
diesen Arm aus Bescheidenheit vor dem Werk der Alten abgelegt
habe.80 Dass der Arm vor 1722 nie erwähnt wird, also praktisch aus
dem Nichts erscheint, spielt dabei überhaupt keine Rolle: Die autoritative Struktur ist so überzeugend, dass sie Zweifel überbrückt und
ein Kritiker wie etwa Christoph Gottlieb Heyne sich ganz dezidiert
von dem Anerkennungsdruck der Überlieferung als „Künstlermährchen“ absetzen muss.81 Eine Zuschreibung des Armfragments an
78 Vgl. Tauber 2009, 218.
79 Vgl. Murr 1769, 32; ähnlich bei Volkmann 1777, 142: „Michael Angelo sollte die Gruppe
restauriren, und hat auch den einen Arm gemacht. Er fieng eine Kopie an, ließ sie aber
nachgehends liegen. Man sieht den Anfang davon hier ebenfalls.“
80 So bei Keyßler 1751, Bd. 1, 586: „Es hat auch Michel Angelo Buonaroti den Arm, der den
Laokoon wieder hätte ergänzen sollen, und allhier gezeiget wird, aus Bescheidenheit, wie
man sagt, nicht gar vollendet.“ Vgl. auch Krünitz 1794, 725.
81 Vgl. Heyne 1779, 13 f.
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Michelangelo kann dagegen noch im 19. und 20. Jahrhundert gepflegt werden.82 Wie leicht sich immer wieder mittels einer autoritativen Konjektur argumentieren lässt, zeigt sich auch in dem analog
verlaufenden Zuschreibungsprozess des sogenannten Laokoon Arenberg, einem Kopf im Besitz des Herzogs von Arenberg in Brüssel, der
zeitweise für den Originalkopf der Statue gehalten wird, während die
Gruppe kopflos aufgefunden und dann durch Michelangelo ergänzt
worden sei.83 Eine Lücke in der Argumentationskette, die sich in dieser Theorie um die Laokoongruppe als visuelle Autorität höchsten
Ranges auftut, kann wieder nur sinnvoll mit der Autorität Michelangelos gefüllt werden. Michelangelo und der Laokoon bleiben zwei
verführerisch naheliegende Phänomene, die sich gegenseitig Gewähr
bieten und den autoritativen Kurzschluss provozieren.
Eine autoritative Kopplung findet schließlich auch jenseits von
Zuschreibungsdebatten ihren Weg in einen ästhetischen Diskurs: So
ist zum Beispiel bei Alphonse Dufresnoy der Gedanke einer möglichen Verletzung des decorum, ob man Skulpturen nackt darstellen
dürfe, wenn eine historia eigentlich bekleidete Figuren verlange, mit
dem Beispiel der Laokoongruppe beantwortet. Das Beispiel bekräftigt er sogleich, indem er auf Michelangelo verweist, der diese Regel
ebenfalls in seiner Malerei und Skulptur befolgt habe.84 Dem vermeintlichen Fehler eines Verstoßes gegen das decorum kann die Autorität Michelangelos entgegengehalten werden. Auch ästhetische
Schwächen einer visuellen Autorität können so mit Verweis auf eine
andere Autorität argumentativ aufgehoben werden.
82 Hagen 1844, 7: „Michelangelo sollte die Ergänzung übernehmen. Er führte aber nur den
rechten Arm des Vaters und nur im Groben aus. Noch zu Winckelmanns Zeit lag derselbe,
der jetzt nicht mehr aufzufinden ist, auf dem Fußgestell der Gruppe.“ Für die Zuschreibung
im 20. Jahrhundert an Michelangelo vgl. Wiggen 2011, 74-77.
83 Vgl. zusammenfassend von Salis 1947, 151 f. sowie zur ausführlichen Debatte des Kopfes
Mély 1909. Der Popularität dieser These Anfang des 19. Jahrhunderts entsprechen die
Dementi, die der Vatikan hartnäckigen Anfragen entgegensetzen muss; vgl. z. B. Schorn
1841, 160: „Der Conservator des vaticanischen Museums hat es für nöthig gefunden, auf
die schon in diesen Blättern berichtigte Angabe, daß der echte Kopf des Laokoon sich in
Brüssel befinde, zu erklären: der berühmte Laokoon bestehe aus einem Stücke, folglich
müsse der Kopf im Besitz des Herzogs von Arenberg einer andern Gruppe angehören.“
84 Vgl. Dufresnoy 1695, 142–144.
Dohe, „[…] die Autorität der Antichen […]“
661
In der reziproken Bindung verstärken sich beide Autoritäten, Michelangelo und Laokoongruppe, gegenseitig, indem sie für gemeinsame ästhetische Werte einstehen. Dies führt dann konsequent zu
autoritativen Übertragungen, indem die Wirkung der Laokoongruppe als „michelangelesk“ beschrieben wird.85 Dass die jüngere Forschungsthese, die gesamte Gruppe sei tatsächlich von Michelangelo
in einer Fälschungsabsicht produziert worden,86 überhaupt möglich
ist, fußt letztlich auf dieser Nähe beider Autoritäten, die sich durch
einen autoritativ geleiteten Rezeptionsprozess ergibt.
Zusammenfassung
Die erörterten Punkte können nur einen exemplarischen Einblick in
die unterschiedlichen Möglichkeiten und Lesarten geben, wie Rezeptionsprozesse autoritativ untersucht werden können. Gerade die
Quellenfülle zur Rezeption der Laokoongruppe böte weitere detailliertere Studien an, wie genau einzelne Rezeptionsprozesse autoritativ geleitet zusammenhängen und wie sie sich insbesondere über die
Frühe Neuzeit hinaus im 19. Jahrhundert unter einer weiter ansteigenden Rezeption und entsprechender Attestierung von Wert fortsetzen. Nur angerissen werden konnte auch die Frage, wie sich autoritative Strukturen bezüglich unterschiedlicher Medien verhalten, ob
eine Kopie nach einer Statue per se autoritativ mehr Gewicht beigemessen wird als der Vermittlung durch einen Kupferstich. Wie typisch der Rezeptionsprozess des Laokoon als Beispiel für die Antikenrezeption im Vergleich zu anderen hochberühmten Kunstwerken
funktioniert, kann sich schließlich nur im Vergleich mit anderen Studien herausstellen.
In jedem Fall war es das Ziel, über den Begriff der Autorität aufgeschlüsselt einen Rezeptionsprozess anhand einer ganzen Bandbreite möglicher Quellen differenzierter erklären zu können und ein
besseres Verständnis der Statusdynamik von Kunstwerken zu erlangen. Dies ist nicht nur der bildenden Kunst vorbehalten, sondern
85 Vgl. Justi 1866, 462 f.
86 Vgl. Catterson 2005.
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lässt sich prinzipiell auch auf andere Kunstgattungen und wissenschaftliche Disziplinen übertragbar denken. Dabei lassen sich auch
neue übergeordnete Deutungsperspektiven eröffnen: Gerade das
Phänomen autoritativer Übertragungen und Konjekturen hilft dabei,
die Konstruktion von Status nicht allein aus Aufsummierungen positiver Werturteile heraus zu begreifen oder als linearen Kulminationsprozess zu beschrieben, sondern als ungleich komplexere Bewertungsstruktur, die andererseits aus Bedürfnissen nach Sinn, Ordnung
und Identität geschieht. Mit der Analyse solcher autoritativ geleiteter
Argumentationen, bildlich wie literarisch, muss zugleich Rezeptionsgeschichte nicht mehr als teleologische Fortschrittsgeschichte von
Erkenntnis begriffen werden, sondern kann ein differenzierter Blick
für je autoritative Prägungen in der Rezeption gewonnen werden, der
auch gegenwärtige Rezeptionshaltungen mit einschließen kann.
Sebastian Dohe studierte 2002–2008 Kunstgeschichte, Klassische Archäologie und Deutsche Philologie an der Universität zu Köln, ebd. 2008–2012 Promotionsstudium mit einer
Dissertation zur Raffaelrezeption und dem Konzept visueller Autorität („Leitbild Raffael –
Raffaels Leitbilder. Das Kunstwerk als visuelle Autorität“, Petersberg 2014). 2012–2014
Wissenschaftlicher Volontär an der Gemäldegalerie Alte Meister in Kassel. Seit Dezember
2014 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte
Oldenburg, Projekt „Großherzogliche Gemäldegalerie“. Zuletzt erschienen: Gewogen und
zu leicht befunden? Die Rezeption von Rembrandts „Gastmahl des Belsazar“, in: J. Lange –
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