ENERGIE SPAREN

energy
GEBÄUDE VERSTEHEN,
ENERGIE SPAREN
Energie ist für Grossbetriebe ein gewichtiger Kostenfaktor. Kommt dazu, dass
viele von ihnen gesetzlich zur Reduktion ihres Energieverbrauchs verpflichtet sind.
Wer die Funktionsweise seiner Gebäude und Anlagen durchschaut, kann rasch
Text: Roger Welti*
und nachhaltig Strom, CO 2 und Geld sparen.
«
Jetzt verstehe ich unser Gebäude zum
ersten Mal richtig.» So oder ähnlich
tönt es nicht selten, wenn Patrick Davis und seine Kollegen ihre Kunden beraten. Davis ist Spezialist für Energieeffizienz bei Cofely, einem führenden Unternehmen für Bau, Betrieb und Unterhalt
von gebäudetechnischen Anlagen. «Wir
sorgen für Aha-Erlebnisse», sagt er. Danach lässt es sich für weniger Energieverbrauch bei mindestens gleichem Komfort –
und tieferen Kosten – sorgen.
ten von Cofely in einem ersten Schritt jede
Menge Daten. «Wir haben die Verbrauchszahlen der letzten drei Jahre sowie alle
verfügbaren Unterlagen der technischen
Anlagen an den Standorten analysiert»,
erinnert sich Philip Stadelmann, Key Account Manager bei Cofely. Anlässlich einer
Begehung vor Ort wurden Gebäude und
Anlagen besichtigt und augenscheinliche
Optimierungsmöglichkeiten sowie Komfortdefizite erfasst.
Den Vergleich nicht scheuen
Gebäude und Technik durchschauen
Vielen FM-Verantwortlichen bei Grossbetrieben ist bewusst, dass sich ihre Gebäude
und Anlagen energetisch optimieren lassen. Und sie sind aufgrund des so genannten Grossverbraucherartikels und internen
Sparzielen auch unter Druck, entsprechende Schritte einzuleiten. Wo genau der Hebel anzusetzen ist, ist ihnen aber manchmal nicht klar. «Oft kennen die Verantwortlichen zwar jedes Teil ihrer Gebäudetechnik im Detail. Das Zusammenspiel,
den Blick fürs grosse Ganze haben sie aber
aus den Augen verloren», weiss Davis aus
Erfahrung. Dies nicht zuletzt, weil Gebäude erweitert, umgebaut oder umgenutzt
wurden. Zudem fehlen dem Betriebspersonal schlechthin die Zeit und die Erfahrung
für eine ganzheitliche Betrachtung. Da
heisst es, erst einmal Klarheit schaffen, um
danach gezielt zu optimieren.
Wie das konkret geht, zeigt ein Beispiel
von Alstom. Der weltweit tätige Technologiekonzern wollte den Energieverbrauch
an seinen Standorten in Birr und Baden
deutlich senken. In Baden sollten die dazu
nötigen Investitionen zudem innert Jahresfrist amortisiert sein. Um diese Aufgabe
anzugehen, sammelten die Energieexper-
Die Analyse zeigt oft grosse Unterschiede
zwischen dem Ist-Zustand und der ursprünglich geplanten Funktionsweise der
Gebäude. So auch bei Alstom. Die Kühlung
eines Rechenzentrums in Baden war dereinst so geplant und gebaut worden, dass
sie im Winter automatisch auf energiesparendes Free Cooling mittels Umgebungskälte umstellen sollte. Tests im Februar
2015 ergaben, dass sie dies aber nur bedingt tat. «Wir haben das umprogrammiert,
wodurch Alstom in diesem Rechenzentrum nun jährlich fast 20 Prozent weniger
Energie braucht», sagt Stadelmann.
Die Experten vergleichen den aktuellen
Energieverbrauch von Kunden stets mit einem Benchmark ähnlicher Gebäude. Betrachtet werden dabei Primärenergie- und
Elektrizitätsverbrauch, Treibhausgasemissionen und Heizwärmebedarf. Den Benchmark bilden eigene Erfahrungswerte sowie
Richtlinien des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins SIA. «Es geht
bei diesen Vergleichen nicht darum, das
bisherige Facility Management zu kritisie-
Bild: Cofely
Wer sein Gebäude richtig versteht, kann viel Energie und Geld sparen.
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die interne Diskussion. Denn die FM-Verantwortlichen in Unternehmen müssen
Management und Finanzchef oft erst von
Sinn und Potenzial der geplanten Massnahmen überzeugen. «Dazu brauchen sie Zahlen und Argumente», sagt Stadelmann. Der
monetäre Gewinn ist übrigens auch ein
wichtiges Argument im Dialog mit den Mitarbeitenden, wie Bruno Marder von Alstom weiss. «Die Aussicht auf Einsparungen
kann zu einem Umdenken bei der Belegschaft beitragen und das Nutzerverhalten
verändern. Das ist wichtig, holen wir doch
nur so das Optimum mit unseren Massnahmen heraus.»
«Quick Wins» in zwölf Monaten amortisiert
Bild: Cofely
Philip Stadelmann und Patrick Davis.
ren», betont Energieexperte Davis. «Wir
wollen aufzeigen, welches Potenzial zur
Optimierung in den Gebäuden schlummert.» Für Alstom war die geforderte
Transparenz kein Problem. Im Gegenteil.
«Es war genau diese Offenheit und Konse-
In fünf Schritten zu
mehr Energieeffizienz:
1. Das Gebäude verstehen
Ermitteln Sie so viele Daten wie möglich zum
historischen und heutigen Energieverbrauch
von Gebäude und Anlagen.
2. Den Vergleich nicht scheuen
Vergleichen Sie Ihre Werte mit dem Benchmark
ähnlicher Gebäude bzw. Betriebe und entdecken Sie so Ihr Einsparpotenzial.
3. Das Offensichtliche sofort ändern
Setzen Sie augenscheinliche Optimierungsmöglichkeiten umgehend um. Solche «Quick
Wins» lassen sich oft innert Jahresfrist
amortisieren.
4. Die Optimierung nachhaltig gestalten
Überzeugen Sie Ihre Geschäftsleitung vom
finanziellen Nutzen von Energieeffizienz und
schulen Sie Ihre Mitarbeitenden im sorgsamen
Umgang mit Energie.
5. Die Ergebnisse kontrollieren
Die zu Beginn gesetzten quantitativen Ziele
ermöglichen eine Messung Ihres Erfolges.
Freuen Sie sich über das Erreichte – oder
setzen Sie sich neue Ziele!
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quenz, die wir gesucht haben», sagt Bruno
Marder, Head General Services bei Alstom
Schweiz. Statt den einfachsten will Alstom
bezüglich Energieverbrauch den optimalen Weg gehen. «Und dafür brauchen wir
eine schonungslose Analyse unserer Situation und unseres Handelns.»
Massnahmen und Argumente dazu
Das eruierte Optimierungspotenzial ergänzen die Fachleute von Cofely mit konkreten Massnahmen, um den avisierten SollZustand zu erreichen. Fast immer ist ein
Teil der Lösung, die Funktionsweise von
Gebäuden durch eine Art Reset in ihren ursprünglichen Zustand zu bringen – wie im
Beispiel des Alstom-Rechenzentrums. Einen anderen Teil bilden Optimierungen,
die an bestehenden Anlagen vorgenommen werden, ohne baulich etwas zu verändern. «Diese Quick Wins lassen sich meist
rasch amortisieren», erklärt Stadelmann.
Entscheidend ist bei alledem, dass die Mitarbeitenden in den betreffenden Gebäuden keine Veränderung wahrnehmen, es
sei denn eine im positiven Sinne. Stadelmann: «Oft braucht es während den Betriebszeiten gar keine Anpassungen, sondern nur nachts oder am Wochenende.»
Neben einem Massnahmenkatalog erhält
man so auch schlagkräftige Argumente für
Im Fall von Alstom greifen die Massnahmen. Die ambitionierten Einsparziele an
den Standorten Baden und Birr werden erreicht. In nur gerade zehn Monaten wurden Analyse, Ausarbeitung des Massnahmenkatalogs und Freigabe der Anpassungen durchgezogen. In zwölf Monaten lassen sich die in Baden getätigten Investitionen amortisieren. Und das Beste: Die gesteckten Einsparziele wurden dort nicht
nur erreicht, sondern um rund 100 Prozent
übertroffen. Bruno Marder von Alstom bilanziert: «Wir sind auf dem richtigen Weg
und sparen zunehmend Energie ein. Unsere Ziele sind erreichbar geworden.»
«Eine eingehende Analyse des Ist-Zustandes ist dabei die Basis für nachhaltige Ersparnisse», sagt Davis. In vielen Fällen seien so genannte Quick Wins möglich, also
Massnahmen, die rasch Wirkung zeigen
und rasch amortisiert sind. Mit Analyse,
Optimierungsvorschlägen und Umsetzung
von Massnahmen ist das Potenzial aber
noch nicht voll ausgeschöpft. Es können
sich integrale FM-Mandate lohnen, in deren Rahmen Gebäude und Anlagen energieoptimiert betrieben und gewartet werden. Das Ziel dieses ganzheitlichen Ansatzes: In Bürogebäuden und Produktionsbetrieben sollen möglichst nie mehr Effizienzpotenziale brach liegen.
*Roger Welti
Senior Berater bei
C-Factor AG.