Im Zinstief erfolgreich sparen

VR Aktuell Nummer 10 | Oktober 2015
Staatliche Förderung nutzen
Kredite frühzeitig tilgen
Den richtigen Vermögensmix wählen
Im Zinstief erfolgreich sparen
Weltspartag 2015: Alternativen zur klassischen Geldanlage
Am 30. Oktober 2015 wird in Deutschland wieder der Weltspartag begangen.
Dieser existiert bereits seit 90 Jahren. Welche Ideen hinter dem Weltspartag steckten
und wie man auch in Zeiten heutiger Minizinsen seine Sparziele erreichen kann,
darüber informiert diese Ausgabe von VR Aktuell.
Der Besuch bei der Bank um die Ecke, den
Inhalt des Sparschweins auf das eigene
Sparkonto einzahlen und für das fleißige
Sparen kleine Präsente bekommen – so
kennen viele den Weltspartag noch aus
ihrer eigenen Kindheit. Auch in diesem
Jahr begehen wieder viele Volksbanken
und Raiffeisenbanken den Weltspartag
– manchmal sogar eine ganze Weltsparwoche – mit Aktionen, die Kindern das
Sparen spielerisch und erlebnisreich vermitteln.
Der Weltspartag hat in Deutschland
eine lange Tradition. Er wird mittlerweile
auf der ganzen Welt begangen. Ursprünglich wurde für den Weltspartag
der letzte Tag im Monat Oktober gewählt. In Deutschland findet dieser jedoch schon einen Tag vorher statt, da
am 31. Oktober in einigen Bundesländern Reformationstag gefeiert wird.
Sparen fördern, Bildung verbessern
Angefangen hat alles mit dem ersten
Weltspartag im Jahr 1925. Ziel war es daVR Aktuell
„Jeder Mensch hat etwas, das ihn antreibt …“ – Sparziele zählen in den meisten Fällen dazu.
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Zinsniveau gesehen. Die Europäische
Zentralbank (EZB) hält die Zinsen auf einem historisch niedrigen Niveau. Damit
will sie die Konjunktur im Euroraum ankurbeln und den Preisauftrieb stärken.
Durch diese Zinspolitik entdecken viele
Deutsche wieder den privaten Konsum.
Der GfK-Konsumklimaindex stieg im
zweiten Quartal 2015 auf über zehn
Punkte und damit auf den höchsten
Stand seit mehr als zehn Jahren.
Schleppende
Wertentwicklung
Die niedrigen Zinsen bremsen aber nicht
nur den Sparwillen der Bevölkerung. Sie
wirken sich auch auf die Wertentwicklung der bereits bestehenden Sparvermögen aus. Verdoppelte sich in den
1990er-Jahren das in Rentenpapieren angelegte Geld noch innerhalb von zwölf
Jahren, so braucht es für diesen Effekt
heute sechsmal so lange. Den Sparern
fehlen dadurch wichtige Erträge für den
Kapitalaufbau.
Wie hoch die Ertragseinbußen durch
die Niedrigzinsen tatsächlich sind, geht
aus einer Studie des Fondsspezialisten
der Volksbanken und Raiffeisenbanken,
Union Investment, hervor. Demnach
würden den deutschen Sparern – unter
Annahme eines um zwei Prozent unter
dem langjährigen Durchschnitt liegenden Zinsniveaus – in den nächsten fünf
Jahren 224 Milliarden Euro auf ihre gesamten Spareinlagen entgehen. Das sind
mehr als 5.600 Euro pro Haushalt. Berücksichtigt man die Vorteile der geringeren Kreditzinsen, bliebe immer noch
Verdoppelung des Vermögens durch Zinseszinseffekt gestern und heute
22000
12 Jahre
70 Jahre
20000
Ka
mals, das Sparen zu fördern und die Finanzerziehung der Bevölkerung zu verbessern. Insbesondere in Deutschland,
wo die Währungsreform von 1923 große
Teile der Vermögen der Deutschen vernichtet und damit das Vertrauen der
Menschen in den Wert des Geldes erschüttert hatte, war dies von großer Bedeutung. Denn: Das Sparen ist eine wichtige Voraussetzung für die gesamtwirtschaftliche Kapitalbildung zur Finanzierung von Investitionen und damit für
Wertschöpfung und Beschäftigung.
Die beiden ursprünglichen Ziele des
Weltspartags sind auch heute noch aktuell. Damit junge Menschen bereits früh
die Grundlagen für den verantwortungsvollen Umgang mit Geld erlernen und ein
solides Grundverständnis für die Wirtschaft und Finanzbildung erhalten, leisten
auch die rund 1.050 Genossenschaftsbanken einen wichtigen Beitrag. Sie führen in
ganz Deutschland vielfältige Schulinitiativen und -kooperationen zur Finanzbildung durch. Zugleich bieten sie Eltern
und Lehrern diverse Informations- und
Unterrichtsmaterialien zu verschiedenen
Fragen der Finanzbildung an. Das Schulserviceportal der Volksbanken und Raiffeisenbanken „Jugend und Finanzen“
(www.jugend-und-finanzen.de) wurde
bereits mehrfach mit dem ComeniusEduMedia-Siegel für hochwertige Bildungsmedien von der Gesellschaft für Pädagogik und Information (GPI) prämiert.
Auch das zweite Ziel des Weltspartags, die Förderung des Spargedankens,
ist aktueller denn je. Denn: Die Sparquote, also der Anteil des verfügbaren Einkommens, der durchschnittlich gespart
wird, sinkt in Deutschland seit einigen
Jahren. Legten die Deutschen im Jahr
1991 noch 13 Prozent ihres Einkommens
zur Seite, waren es 2014 nur noch rund
9 Prozent. Nach einer Prognose des
Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR)
wird die Sparquote bis 2025 auf nur
noch 6,5 Prozent fallen.
Für die rückläufige Sparneigung gibt
es zwei Gründe. Zum einen drückt die
demografische Entwicklung auf die
Sparquote. Der steigende Anteil der Ruheständler in der Bevölkerung dämpft
die Spartätigkeit der Bundesbürger zunehmend, da man im Alter in der Regel
von seinen Ersparnissen lebt.
Zum anderen wird ein Grund für die
rückläufige Sparquote in dem niedrigen
18000
90er Jahre: Zins 6%
16000
Heute: Zins 1%
14000
12000
10000
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Entwicklung der Anzahl der bestehenden Riester-Verträge
VR Aktuell
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ein Minus von 1.586 Euro je Haushalt. Die
niedrigen Zinsen führen folglich dazu,
dass Sparer früher und auch mit höheren
Sparbeiträgen anfangen müssten zu
sparen, um die angestrebten Sparziele
rechtzeitig zu erreichen.
Dabei erreichen die Bundesbürger
nach einer aktuellen Umfrage von TNS
Infratest ihre selbst gesteckten Sparziele
bereits heute nicht: Der Sparbetrag je
Bundesbürger liegt aktuell bei durchschnittlich 201 Euro im Monat. Zur Erfüllung ihrer Ziele benötigten die Bundesbürger nach eigener Meinung aber 281
Euro. Die Sparlücke, die Differenz zwischen Sparwunsch und dem zurückgelegten Geld, beträgt demnach 80 Euro
im Monat. Damit hat sich die Sparlücke
im Vergleich zum Vorjahreswert von
71 Euro spürbar erhöht.
Sparen? Ja, aber wie?
Um in Zukunft nicht deutlich kürzer treten zu müssen, gilt es heutzutage länger
und mehr zu sparen. Doch welche SparMöglichkeiten sind im derzeitigen Zinstief überhaupt noch lukrativ? Grundsätzlich sollte man hier einen Blick auf die gesamte individuelle Vermögenssituation
werfen. Sind Kredite aufgenommen
worden, sollte zuerst geprüft werden, ob
diese mit freien Geldern schneller zurückgezahlt werden können. Da Darlehenszinsen meist höher sind, als die sicher zu erzielenden Renditen von Sparprodukten, ist die Tilgung oftmals die
beste Form der Anlage. Des Weiteren ist
die Nutzung von Sparverträgen mit einer
staatlichen Förderung im aktuellen
Marktumfeld besonders attraktiv. Denn:
Die staatlichen Zulagen erhöhen die
Sparsumme und können so einen wichtigen Beitrag zu einem realen Vermögensaufbau (das heißt unter Berücksichtigung der Inflationsrate) leisten. Aufgrund einer in der Regel längeren Anspardauer spielt dies insbesondere im
Bereich der Altersvorsorge eine große
Rolle.
Nach Prognosen des Statistischen
Bundesamtes kommen heute auf 100
Menschen im Erwerbsalter bereits 34 Senioren. Bis zum Jahr 2060 soll die Zahl
der Senioren auf 60 steigen. In Folge dieser demografischen Entwicklung in
Deutschland wird künftig die gesetzliche
Rente allein zur Sicherung des Lebensstandards im Alter oftmals nicht ausreiVR Aktuell
Staatliche Förderung bei vermögenswirksamen Leistungen und Wohnungsbauprämie
Staatliche Förderung
Anlageform
Maximales zu
versteuerndes
Einkommen
Höhe der Förderung
pro Jahr pro
Steuerpflichtigem
(alleinstehend/verheiratet
bzw. eingetragene
Lebenspartnerschaft)
Arbeitnehmersparzulage
AktienFondssparen
20.000 Euro/
40.000 Euro
bis zu 80 Euro
(20 Prozent der
eingezahlten Beiträge)
Arbeitnehmersparzulage
Bausparen
17.900 Euro/
35.800 Euro
bis zu 43 Euro
(9 Prozent der
eingezahlten Beiträge)
Arbeitnehmersparzulage
Tilgung eines
Baukredits
(Bauspardarl.)
17.900 Euro/
35.800 Euro
bis zu 43 Euro
(9 Prozent der
eingezahlten Beiträge)
Wohnungsbauprämie
Bausparen
25.600 Euro/
51.200 Euro
bis zu 45 Euro
(8,8 Prozent der
eingezahlten Beiträge)
chen. Der Staat fördert deshalb die private Altersvorsorge durch die sogenannte
„Riester-Rente“ und die „Rürup-Rente“.
Über die Riester-Rente werden alle
Personen gefördert, die Pflichtbeiträge
zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichten. Hinzu kommen unter anderem
aber auch Beamte, Soldaten und in die
Alterssicherung der Landwirte einbezogene Personen. Freiberufler und Selbstständige zählen nicht zum geförderten
Personenkreis. Zumindest einen mittelbaren Anspruch auf Förderung können
aber auch nicht erwerbstätige Personen
– zum Beispiel Hausfrauen/-männer –
oder Selbstständige und Freiberufler haben. Vorausgesetzt, ihr Ehepartner oder
eingetragener Lebenspartner ist unmittelbar förderberechtigt und bespart
selbst einen Riester-Vertrag. Voraussetzung für die Riester-Förderung ist ein
zertifizierter Altersvorsorgevertrag und
dessen Besparung mit dem Mindesteigenbeitrag. Dieser ist individuell von
der Höhe des Vorjahreseinkommens des
Riester-Sparers abhängig, beträgt aber
mindestens 60 Euro im Jahr. Als Förderung erhält der Riester-Sparer eine jährliche Grundzulage von 154 Euro. Zusätzlich gibt es bei der Riester-Rente für alle
nach dem 31. Dezember 2007 geborenen Kinder eine jährliche Kinderzulage in
Höhe von 300 Euro (für vor dem 1. Januar 2008 geborene Kinder beträgt die Zulage 185 Euro). Hinzu kann noch ein
steuerlicher Vorteil durch die Abzugsfähigkeit der Riester-Beiträge (maximal
2.100 Euro jährlich) als Sonderausgabe
kommen.
Garantie als Anreiz
Alle Riester-Produkte garantieren die erbrachten Beiträge und Zulagen zum Beginn der Auszahlungsphase. Dies kann ein
Investment in Aktienfonds oder fondsgebundene Rentenversicherungen besonders interessant machen. Mittlerweile
gibt es viele unterschiedliche Anlageformen zur Riester-Rente (siehe Grafik auf
Seite 2). Man kann zwischen Banksparverträgen, Fondssparverträgen, Rentenversicherungen und Bausparverträgen wählen. Insgesamt wurden bisher bundesweit
bereits mehr als 16,3 Millionen RiesterVerträge abgeschlossen.
Welche Riester-Anlageform am besten zu den eigenen Zielen und Wünschen passt, sollte man am besten persönlich mit dem Bankberater in seiner
Volksbank oder Raiffeisenbank besprechen. Dieser hilft auch, die staatliche
Förderung tatsächlich in voller Höhe auszuschöpfen. Denn: Viele Sparer verschenken noch ihre Zulage.
So erhielt nach Schätzungen der
Deutschen Rentenversicherung nur gut
die Hälfte aller Riester-Sparer in den Jahren 2011 bis 2013 die volle staatliche
Förderung, da die Mindesteigenbeiträge
unterschritten wurden.
Die Rürup-Rente, eine zweite Form
der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge, ist insbesondere für Gutverdienende, Selbstständige sowie Freiberufler attraktiv. Diese können einen
hohen steuerlichen Vorteil durch den
Sonderausgabenabzug nutzen. Im Jahr
2015 kann ein Alleinstehender bis zu
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17.738 Euro und ein/e Ehepaar/eingetragene Lebenspartnerschaft bis zu 35.476
Euro geltend machen. Diese Höchstbeträge sind dynamisiert und an die Entwicklung der Höchstbeiträge zur knappschaftlichen Rentenversicherung (West)
gebunden. Die Rürup-Rente kann nur als
klassische oder fondsgebundene Rentenversicherung abgeschlossen werden.
Auch den allgemeinen Vermögensaufbau und den Immobilienerwerb
unterstützt der Staat mit Zulagen. Dies
erfolgt durch vermögenswirksame Leistungen und die Wohnungsbauprämie.
Die Höhe der Förderung – unterschieden
nach den verschiedenen Anlageformen – ist in der Tabelle auf Seite 3 zusammengefasst.
Bei der Klärung der Fragen, welche
Förderung und welche Anlageform individuell infrage kommen, unterstützen
Sie die Berater der Volksbanken und
Raiffeisenbanken vor Ort gerne.
Sehr liquide, risikoarme und daher
niedrig verzinsliche Anlagen allein ermöglichen derzeit nach Abzug der Inflationsrate kaum noch einen langfristigen Ver-
mögensaufbau. Dennoch möchten, einer
aktuellen Umfrage der Union Investment
zufolge, sechs von zehn Befragten ihr
Geld nach wie vor nicht chancenreicher
anlegen. Nur 19 Prozent der Befragten
sind bereit, in risikoreichere Anlageklassen
zu investieren. Dies entspricht zwar im
Vergleich zum Vorjahr einer Steigerung
um 7 Prozentpunkte, zeigt aber auch,
dass sich die Stimmung in der Bevölkerung zugunsten chancenreicherer Geldanlageformen nur sehr langsam ändert.
Dabei bietet die Beimischung zusätzlicher chancenreicherer Anlageklassen
wie beispielsweise Aktien und Immobilien im Rahmen einer durchdachten
langfristigen Vermögensaufteilung ein
hohes Ertragssteigerungspotenzial. Abhängig von der Risikobereitschaft des
Anlegers und der erwarteten Rendite,
können sich individuell verschiedene Vermögensaufteilungen anbieten. Sparer,
welche die Vorteile einer breiten Vermögensaufteilung nutzen wollen, können
hier beispielsweise zwischen verschiedenen Mischfonds wählen. Diese können
meist bereits mit kleineren Beträgen ab
50 Euro angespart werden. Hier greift
oft auch der sogenannte Durchschnittskosteneffekt. Kaufen Anleger regelmäßig für einen bestimmten Betrag Fondsanteile, so erwerben sie bei niedrigen
Kursen mehr und bei hohen Kursen weniger Anteile. Sie erzielen in der Regel so
einen günstigen Durchschnittskurs. Damit sinkt auch die Bedeutung der Suche
nach dem richtigen Einstiegszeitpunkt.
Erst die Ziele, dann der
Vermögensmix
Welcher Vermögensmix sich für welchen
Kunden am besten eignet, hängt von den
individuellen Zielen und Wünschen des
jeweiligen Kunden ab. Dies kann nur in
einem persönlichen Beratungsgespräch
ermittelt werden. Nutzen Sie die faire und
partnerschaftliche genossenschaftliche
Beratung Ihrer Volksbank oder Raiffeisenbank vor Ort, um – ganz im Sinne des
Weltspartags – Ihr Finanzwissen zu erweitern und mit der zu Ihnen passenden Finanzlösung Ihre persönlichen (Spar-)Ziele
zu erreichen!
IMPRESSUM
Herausgeber und
verantwortlich für den Inhalt:
Redaktion für diese Ausgabe:
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Verlag und Vertrieb:
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Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken · BVR, Berlin
Tim Zuchiatti, BVR – Geschäftspolitik/Kommunikation –
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Bildnachweis:
BVR
Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Herausgebers.
Das Manuskript für diese Ausgabe wurde Ende September 2015 abgeschlossen.
Für die Richtigkeit und Vollständigkeit keine Gewähr.
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