Anklage der Generalstaatsanwaltschaft Dresden gegen UNISTER

Leipzig, 3. März 2016
Anklage der Generalstaatsanwaltschaft Dresden gegen UNISTER
Der Stand der Dinge
Seit Dezember 2012 ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft Dresden gegen
rund 80 Personen aus dem Umfeld der UNISTER Group.
UNISTER setzt als Verfahrensbeteiligte auf vollständige und
vorverurteilungsfreie Aufklärung. Insbesondere stellt UNISTER dem Gericht
und der Generalstaatsanwaltschaft alle erforderlichen Informationen, eigene
Stellungnahmen sowie Gutachten unabhängiger Experten zur Verfügung. Die
vom Unternehmen angestrengten Ermittlungen widerlegen die Auffassung
der Staatsanwaltschaft in vielfältiger Art und Weise. Aus diesem Grund ist es
dem Unternehmen ein Anliegen, dass die Unschuldsvermutung zu Gunsten
unserer Mitarbeiter und Geschäftsführer Beachtung findet.
Die Ermittlungen sind in bislang zwei Wellen aufgeteilt.
Die erste Welle: Im Januar 2014 wurde Anklage gegen fünf Personen aus dem
Umfeld der UNISTER Group eingereicht. Über die Zulassung entscheidet das
Landgericht Leipzig. Die Prüfung ist bis heute noch nicht abgeschlossen. Die
Anklage umfasst folgende Punkte.
1.
Das ungenehmigte Betreiben von Versicherungsgeschäften
UNISTER hat seinen Kunden bei der Flugbuchung die Möglichkeit
gegeben, beim Kauf eines Tickets gegen ein zusätzliches Entgelt
Flüge kostengünstiger umbuchen („Flexifly“) zu können. Der Kunde
konnte frei entscheiden, ob er mit „Flexifly“ eine Option auf ein
kostengünstigeres Umbuchen erwirbt. Es handelte sich hierbei um ein
Service-Produkt, das direkt an die Flugvermittlungsleistung gekoppelt
ist. Vergleichbares gilt für das Produkt „Stornoschutz“ im HotelBereich, das in dieser Form bereits 2002 von der heutigen UNISTERTochter Kurz-Mal-Weg.de etabliert wurde - mit Zustimmung des
Bundesaufsichtsamts für Versicherungswesen, dem Vorgänger der
heutigen BaFin.
Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hält „Flexifly“ für ein
Versicherungsgeschäft. Versicherungsgeschäfte dürfen nur mit
Genehmigung der Aufsichtsbehörde (BaFin) betrieben werden. Wer
ohne Genehmigung ein Versicherungsgeschäft betreibt, macht sich
strafbar.
Die Bundesfinanzaufsicht hat den Vertrieb von „Flexifly“ bis heute
nicht untersagt, obwohl UNISTER im Dialog mit dieser Behörde stand.
Im Gegenteil: Noch immer sind ähnliche Produkte am Markt. Die
BaFin äußerte inzwischen erhebliche Zweifel, dass es sich bei dem
Nachfolger von „Flexifly“, welchen wir aufgrund der Beanstandungen
der Generalstaatsanwaltschaft nunmehr in Kooperation mit unserem
Versicherungspartner BD24 als Versicherung vertreiben, um ein
Versicherungsprodukt handelt. Wir nehmen daher an, dass die BaFin
eine andere Auffassung als die Generalstaatsanwaltschaft vertritt.
Für ein Versicherungsgeschäft ist Voraussetzung, dass der Eintritt des
Versicherungsfalls von äußeren Faktoren abhängt, also aus Sicht des
Kunden unfreiwillig erfolgt (bspw. Krankheit). Dementsprechend
entbindet §81 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) den Versicherer von
der Leistung, wenn der Versicherte den Versicherungsfall vorsätzlich
herbeiführt. Die vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls ist
nicht versicherbar. Genau eine solche vorsätzliche Herbeiführung des
vermeintlichen Versicherungsfalls ist aber zentraler Gegenstand von
„Flexifly“. Bereits aus diesem Grund vertritt UNISTER eine andere
Rechtsauffassung als die Staatsanwaltschaft. Zudem unterliegen
Versicherungsprodukte
anderen
finanzkalkulatorischen
Berechnungsgrundlagen als derartige Serviceprodukte.
Üblicherweise werden solche Fachfragen bei verbleibenden Zweifeln
durch das zuständige Bundesverwaltungsgericht geklärt. Dies ist im
konkreten Fall auch zwingend erforderlich, da es zu vergleichbaren
Produkten bisher keine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt. Eine
derartige Entscheidung hat die Generalstaatsanwaltschaft jedoch im
Sommer 2012 gezielt verhindert.
2. Steuerhinterziehung
Auch Service-Produkte wie „Flexifly“ unterliegen selbstverständlich
der Steuerpflicht. UNISTER hat die Einnahmen, die mit „Flexifly“
erzielt wurden, der Umsatzsteuer unterworfen. Dabei ist UNISTER
entsprechend der Besteuerung der Flugentgelte streckenabhängig
vorgegangen, denn es ist im komplizierten deutschen Steuerrecht ein
Unterschied, ob ein Flug innerdeutsch oder innereuropäisch oder
zwischen Deutschland und einem Land außerhalb Europas stattfindet.
Die Staatsanwaltschaft wirft UNISTER erstens vor, keine
Versicherungssteuer abgeführt zu haben. Hilfsweise reklamiert sie
zweitens, dass die Umsatzsteuer flugstreckenabhängig abgeführt
wurde.
Das Sächsische Finanzgericht hat erst im Februar 2016 den Vollzug
entsprechender Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2010 und 2014
gegen UNISTER ausgesetzt. Es bestünden „ernstliche Zweifel an der
Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte“, heißt es in
dem Beschluss (AZ: 6 V 1742/15). Strittig war die Besteuerung von
Flexifly entsprechender Serviceleistungen.
Sowohl für die Versicherungs- als auch für die Umsatzsteuer gilt ein
Steuersatz von 19 Prozent. Da „Flexifly“ aus Sicht von UNISTER eben
kein Versicherungsgeschäft ist, fällt auch keine Versicherungssteuer
an. Die Umsatzsteuer wurde streckenabhängig abgeführt, da das
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Service-Produkt „Flexifly“ direkt an die Flugvermittlung gekoppelt und
damit
eine
unselbstständige
Nebenabrede
ist.
Meinungsverschiedenheiten hierüber wären von den Finanzgerichten
zu klären gewesen.
3. Streichpreise
Nahezu jedes Handels- und Dienstleistungsunternehmen wirbt mit
Sonderangeboten und Aktionspreisen, so auch UNISTER. Dabei
wurde dem Angebotspreis, zu dem ein Produkt oder eine
Dienstleistung angeboten wurde, ein höherer Preis gegenübergestellt.
UNISTER hat für die grafische und werbliche Darstellung
durchgestrichene Preise verwendet (sog. „Streichpreise“).
Die Generalstaatsanwaltschaft vertritt die Auffassung, dass UNISTER
mit dem Verwenden von Streichpreisen den Tatbestand der
strafbaren Werbung nach §16 des Gesetzes gegen den unlauteren
Wettbewerb (UWG) erfüllt hat.
UNISTER ist dieser Auffassung stets entgegengetreten. Insbesondere
stellten die Streichpreise keine unwahren Angaben im Sinne des §16
UWG dar. Da zahlreiche andere Staatsanwaltschaften nachweislich
vergleichbare Praktiken anderer Händler und Dienstleister jeweils als
nicht strafbar bewerten und entsprechenden Strafanzeigen nicht
weiter nachgehen, fühlt sich UNISTER in dieser Meinung bestätigt.
Die zweite Welle: Im Dezember 2013 gab die Generalstaatsanwaltschaft
Dresden eine Ausweitung der Ermittlungen bekannt, die nun offenbar zur
Anklage gebracht werden soll. Dementsprechend ist bislang nicht
abschließend
bekannt,
welche
Vorwürfe
des
umfangreichen
Ermittlungsvorgangs tatsächlich zur Anklage gebracht werden sollen.
UNISTER geht aktuell davon aus, dass es sich primär um dieses Thema
handelt.
Das sogenannte „Runterbuchen“
Bestellt ein Kunde ein Flugticket, gibt er nach der Auswahl des
genauen Fluges zunächst seine persönlichen Bestelldaten auf der
Online-Seite ein und versendet die Buchungsanfrage. Durch externe
Ticketgroßhändler und Reservierungssysteme wird der georderte Flug
anschließend bei der Fluggesellschaft abgefragt und die Buchungsanfrage somit geprüft. Da Ticketpreise aufgrund vielfältigster
Parameter ständig schwanken, ergibt sich bei dieser konkreten
Abfrage der Flugverbindung möglicherweise ein niedrigerer Preis für
das Ticket, als der Kunde es in seiner Buchungsanfrage geordert hat.
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Reisemittler versuchen diese Preisschwankungen zwischen
Buchungsanfrage und Ticketausstellung und die im Markt verfügbare
Vielfalt von Tarifklassen und unterschiedlichen Buchungssystemen
optimal zu nutzen. Ziel ist es, im Rahmen der von den Airlines
vorgegebenen Ausstellungsfristen das von dem Kunden georderte
Ticket für sich selbst zum bestmöglichen Preis zu erwerben. Diese
Praxis ist in der gesamten Reisebranche seit Jahrzehnten üblich und
wird bei UNISTER durch eigens entwickelte technische Systeme zur
Ticketoptimierung gestützt.
Für UNISTER-Kunden gilt: Jeder Kunde erhält sein Flugticket zu exakt
dem Preis, zu dem er es gebucht hat.
Ob und in welchem Umfang weitere Themen durch die
Staatsanwaltschaft verfolgt oder gar zur Anklage gebracht werden, ist
noch nicht abschließend bekannt.
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