absage an den kapazitätsmarkt paris wirft lange schatten

Juli / August 2015
Das Fachmagazin der österreichischen E-Wirtschaft
P.B.B. – Zul.-Nr. GZ 022031249 M
„Die Presse“ Verlags-Ges.m.b.H. & Co KG
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Postnummer 1
PARIS WIRFT LANGE SCHATTEN
Die UN-Klimakonferenz sorgt bereits im Vorfeld für heiße Debatten
ABSAGE AN DEN KAPAZITÄTSMARKT
Foto: Verbund / R.Zink
Das „Weißbuch“ legt den Fokus auf
die Entwicklung des Strommarktes
Weil Österreichs E-Wirtschaft eine Versorgungssicherheit von
99,9 Prozent gewährleistet. Damit das auch in Zukunft so bleibt,
investiert Österreichs E-Wirtschaft jährlich rund 1,6 Milliarden
Euro in Stromerzeugung und Netze.
Österreichs E-Wirtschaft setzt sich ein.
Informieren Sie sich auf www.oesterreichsenergie.at
Foto: Verbund
Weil Energie in unserer Natur liegt.
04
INHALT
Inhalt
_ Coverstory
06 Paris wirft lange Schatten
Foto: Fotolia
_ Inhalt
06
14 Absage an den Kapazitätsmarkt
18 Strom kennt keine Grenzen
20 “Energy Talks 2015“ - Meisterstück Energiewende
28 Interview „Erneuerbare müssen Systemverantwortung übernehmen“
32 Struktur der Stromversorgung ändert sich massiv
Foto: APG
38 Mehr „Kohle“ für weniger Kohle
28
44 Energieprojekte haben Top-Niveau
49 Brennpunkt Europa
50 Schau-Kraftwerk Forstsee - Industriedenkmal am Wörthersee 54 Stationäre Brennstoffzellen auf dem Weg zur Serienreife
Foto: Energie Burgenland
57 Standardisation Corner
58 Blitzlichter
32
60 Termine
EDITORIAL
 Dr. Barbara Schmidt
Klima-Hochamt
Generalsekretärin Oesterreichs Energie
Im heißen Sommer 2015 fällt es leicht, über Klimaschutz zu diskutieren. Immer dringlicher
werden die Appelle, immer mehr tauchen neue Ideen auf. Vom 30. November bis zum 11.
Dezember zieht die internationale Klima-Karawane in die Metropole an der Seine, um das
Hochamt des 21. Klimagipfels der Vereinten Nationen zu zelebrieren.
Diesmal geht es nach mehrmaligem Scheitern und langen Vorbereitungen angeblich ums
Ganze. In unserer Coverstory geben wir einen kurzen Überblick über die Situation, die
aktuelle Datenlage und die dahinterliegenden Tatsachen, denn natürlich macht sich auch
Österreichs E-Wirtschaft ihre Gedanken über die Energiezukunft. Darüber wollen wir Sie
in den kommenden Monaten noch genauer informieren. Passend zum Hauptthema finden
Sie in diesem Heft von Oesterreichs Energie auch einen Statusbericht zu den EnergieAktivitäten in Brüssel und Berlin. Wir blicken allerdings auch zurück zu den Energiegesprächen in Ossiach.
Mit Austrian Power Grid-Vorstand Thomas Karall verfügt Österreich erneut über einen
renommierten Vertreter im Verband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber ENTSO-E, zu
dessen vorrangigen Aufgaben die Schaffung eines harmonisierten, möglichst liquiden
Marktes sowie eine effiziente Ordnung der Energiemärkte gehört. Im Interview gibt Karall
Auskunft über die Situation des europäischen Übertragungsnetzes und den in den kommenden Jahren anfallenden Investitionsbedarf. Das sind nur einige Highlights unseres
Branchen-Fachmagazins, das wir Ihnen zum Ende dieses heißen Sommers rechtzeitig vor
einem „heißen Herbst“ ins Haus liefern.
Ihre
Generalsekretärin Oesterreichs Energie
05
06
COVERSTORY
COVERSTORY
COVER-STORY
Paris
wirft lange
Schatten
Die UN-Klimakonferenz in Paris vom 30. November bis
11. Dezember wirft ihre Schatten voraus. In der Hitze
des Sommers formieren sich verschiedene Klimaretter
mit recht unterschiedlichen Konzepten.
Foto: Fotolia
Von Ernst Brandstetter
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COVERSTORY
A
ngeblich agiert insbesondere der bisher so zaghafte
US-Präsident Barack Obama angesichts des nahen Endes
seiner zweiten Amtszeit wie befreit. Ja, er machte nach Eigendefinition den „größten und wichtigsten Schritt, den wir
jemals unternommen haben“. Binnen 15 Jahren sollen die
amerikanischen Kraftwerke um mehr als ein Drittel weniger
Treibhausgase ausstoßen als 2005. Gleichzeitig müssen die
Stromproduzenten den Anteil an erneuerbaren Energien auf
rund ein Drittel erhöhen.
Frankreich hat ein neues Energiewendegesetz verabschiedet,
mit dem der Ausstoß von Treibhausgasen und gleichzeitig
die Abhängigkeit von der Atomkraft gesenkt werden sollen.
Im Jahr 2030 sollen erneuerbare Energien 32 Prozent der
französischen Stromproduktion ausmachen, der Anteil
fossiler Energieträger wie Erdöl soll bis dahin um 30 Prozent gesenkt werden.
Zahlengewirr
Bei der Atomenergie plant Frankreich einen Abbau des
Atomkraftanteils an der Stromproduktion von derzeit 75
auf 50 Prozent im Jahr 2025. Insgesamt sieht das Gesetz
vor, den Energieverbrauch in Frankreich bis zum Jahr 2050
um 50 Prozent zu senken und den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 – im Vergleich zu 1990 – um 40 Prozent zu
reduzieren. In einem Aufwasch werden gleich auch noch
Plastiksackerl weitgehend verboten – und die Lebensmittelverschwendung ebenfalls.
Ganz anders geht es in osteuropäischen EU-Ländern zu:
Tschechien, die Slowakei und Ungarn setzen verstärkt auf
Kernkraft, und Polen nimmt einen neuen Anlauf in Richtung
Atom. Slowenien und Kroatien haben sich darauf geeinigt,
die Laufzeit für das AKW in Krško zu verlängern.
Chinas Kommunisten wollen wiederum den Ausstoß von
Treibhausgasen jetzt stärker als bisher geplant reduzieren.
Der inzwischen weltgrößte Energieverbraucher will die
CO2-Emissionen – gemessen an der Wirtschaftsleistung bis
2030 pro Einheit des Bruttoinlandsproduktes (BIP) – um 60
bis 65 Prozent gegenüber 2005 reduzieren; ferner soll der
Ausstoß von Kohlendioxid möglichst vor 2030 seinen Höhepunkt erreichen. Die neuen Klimaziele verkündete Regierungschef Li Keqiang Anfang Juli 2015 passenderweise bei
einem Besuch in Paris.
Das bedeutet, dass China seinen Kohlendioxidausstoß
zwischen 2005 und 2030 um jährlich 3,6 bis 4,1 Prozent
verringern müsste. Nach den neuen Zusagen soll auch der
Anteil der nichtfossilen Energie bis 2030 von heute 11,2 auf
20 Prozent steigen.
Die EU will den CO2-Ausstoß bis 2030 um mindestens 40
Prozent senken – im Vergleich mit 1990. Der Anteil der
erneuerbaren Energien aus Wind oder Sonne soll auf mindestens 27 Prozent steigen. Die Zielmarke für Energieeffizienz liegt ebenfalls bei 27 Prozent.
Bei diesem beinahe babylonischen Zahlenwirrwarr lohnt
sich ein Blick auf die grundlegenden Fakten:
Vor knapp einem Jahr schätzte die Internationale Energie
Agentur (IEA) in ihrem World Energy Outlook, dass die weltweite Nachfrage nach Primärenergie bis 2040 um 37 Prozent
steigen wird. Dabei werde allerdings die Nachfrage nach den
CO2-intensiven Energieträgern Kohle und Öl nach langen
Jahren des Wachstums aus unterschiedlichsten Gründen –
von einem Abbau der Subventionen, Effizienzmaßnahmen,
Substitutionsmaßnahmen bis zu Technologieschüben –
schließlich in eine Stagnation münden. 2040 werde sich die
Welt dann zu etwa gleichen Teilen mit Energie aus „lowcarbon energy sources“ (darunter ist neben den Erneuerbaren
auch ein Ausbau der installierten Leistung aus Atomenergie
um 60 Prozent zu verstehen), Öl, Erdgas und Kohle versorgen.
Auf Erneuerbare entfällt etwa die Hälfte der neu zu installierenden Kapazität.
›Signifikante Steigerungen des Endenergieverbrauchs sehen Studien nur bei
der produzierenden Wirtschaft.‹
Dass diese Prognose nicht überholt ist, zeigt auch der
kürzlich in Wien präsentierte „Energy Outlook 2035“ des
Energiekonzerns BP. BP sieht einen Anstieg des Primärenergieverbrauchs zwischen 2013 und 2035 um 37 Prozent,
was einem Schnitt von 1,4 Prozent jährlich gleichkommt. 96
Prozent des Mehrverbrauchs kommen dabei aus dem NichtOECD-Raum, wo man ein Wachstum von durchschnittlich
2,2 Prozent pro Jahr erwartet. Diesen relativ niedrigen
Wert verdanken wir dem Auslaufen der Phase rapiden
Wirtschaftswachstums in den großen asiatischen Volkswirtschaften, wo man sich in Zukunft nur noch mit durchschnittlich 2,5 Prozent BIP-Wachstum zufrieden geben
wird – nach rund sieben Prozent in der jüngeren Vergangenheit. In der OECD hingegen beträgt das Wachstum nur
0,1 Prozent pro Jahr und ist damit also vom Wirtschaftsund Bevölkerungswachstum weitestgehend entkoppelt.
COVERSTORY
COVER-STORY
Wirtschaftsentwicklung dominiert
Typische Entwicklungspfade für Österreich in den Jahren bis
2030 wurden in einer Vielzahl von Studien und Szenarien
diskutiert. Welche Schlüsse sich daraus ziehen lassen, zeigt
ein Vergleich von drei Studien und Prognosen – erstellt von
der Internationalen Energie Agentur (IEA), der Europäischen
Kommission und Frontier Economics.
Wichtigste Parameter, nach denen sich diese Studien differenzieren lassen, sind die unterschiedlichen Einschätzungen des
künftigen Wirtschaftswachstums bis 2030, die zwischen 0,7
Prozent und 1,8 Prozent jährlich liegen. Eine geringere Rolle
spielen Importpreise für fossile Energieträger, CO2-Zertifikatspreise und Bevölkerungsentwicklung sowie technologische Trends. Die drei Szenarien zeigen auch auf, dass die
Umwelt- und Energieziele ohne politische Maßnahmen nicht
erreicht werden.
09
Andere Studien, wie beispielsweise jene im Juni 2015 erstellte
Studie „Energiezukunft Österreich“ im Auftrag von Greenpeace, Global 2000 und World Wildlife Fund for Nature (WWF)
sehen zwar Maßnahmen vor, erreicht werden die oben
genannten Ziele dennoch vor allem dadurch, dass die Studie
als Input-Parameter ein Wirtschaftswachstum von lediglich
durchschnittlich 0,5 Prozent pro Jahr anlegt.
Damit werden wohl die Umweltziele erreicht, die Bevölkerung
muss jedoch hohe reale Einkommenseinbußen erwarten, wenn
man einen Inflationstrend von 1,5 bis 2 Prozent anlegt.
In Summe ergibt sich in den drei Szenarien für 2030 ein energetischer Endverbrauch zwischen 277.091 GWh und 311.367
GWh. Gegenüber 2012 bedeutet das eine Spanne zwischen einer
Reduktion des Verbrauchs um 9,49 Prozent und einer Steigerung um 1,70 Prozent. Der Anteil von Strom am energetischen
Endverbrauch wächst zwischen 3,63 und 4,12 Prozentpunkten.
„BP Energy Outlook 2035“ – Erneuerbare wachsen am stärksten
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Bevölkerungswachstum und Einkommenszuwächse
sind die wichtigsten Treiber in Bezug auf die Energienachfrage. Das weltweite BIP wird sich mehr als verdoppeln, wobei 60 Prozent des Zuwachses aus Asien
kommen. 2035 wird das BIP pro Kopf weltweit um 75
Prozent höher liegen als heute.
Der Primärenergieverbrauch steigt um 37 Prozent,
also im Jahresschnitt um 1,4 Prozent, und liegt damit
unter dem bisherigen Trend von 2,4 Prozent plus
jährlich.
Der Kohleverbrauch, der seit dem Jahr 2000 um 3,8
Prozent pro Jahr zulegte, wächst langsamer und
erreicht nur noch ein Plus von 0,8 Prozent im Jahr –
gleichauf wie Erdöl. Stärker, nämlich mit durchschnittlich 1,5 Prozent jährlich, wird der Erdgasverbrauch
wachsen.
Am stärksten wachsen erneuerbare Energien mit 6,3
Prozent pro Jahr. Atomenergie legt jährlich um 1,8
Prozent zu und Wasserkraft um 1,7 Prozent.
2035 halten die Fossilen gemeinsam (in etwa zu gleichen Teilen) 81 Prozent des Energieeintrags.
Die Welt elektrisiert sich zusehends. Im Zuge des langfristigen Trends in Richtung Strom steigt der Anteil der
Primärenergie, die für die Stromproduktion benötigt
wird, von 42 auf 47 Prozent.
Die CO2-Emissionen steigen zwischen 2013 und 2035
um 25 Prozent. Das Wachstum der Emissionen bremst
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sich jedoch ein – von durchschnittlich 2,5 Prozent jährlich im abgelaufenen Jahrzehnt auf 0,7 Prozent jährlich
in den Jahren 2025 bis 2035.
Dank Schiefergas und unkonventioneller Öl-Vorkommen,
die zunehmend entdeckt und erschlossen werden, sieht
BP keine Ressourcenknappheit bei Gas und Öl, die Produktion werde sich aber zunehmend nach Amerika
verlagern. 2014 war in den USA das Jahr mit der historisch höchsten Ölproduktion. Spätestens 2030 erwartet
BP, dass die USA vom Öl- und Gasimporteur zum Exporteur werden.
Die Fahrzeugflotte der Welt wächst bis 2035 von 1,2 auf
2,4 Mrd. Fahrzeuge. Dank effizienterer Antriebe wächst
der Energiebedarf im Verkehr „nur“ um 30 Prozent.
Die Kosten für erneuerbare Energien sinken dank Massenproduktion und neuer Technologien. Zumindest
Windenergie wird ab 2030 am Energiemarkt voll wettbewerbsfähig sein. Fotovoltaik wird zumindest in Nischenmärkten kompetitiv.
Ab 2035 wird der Anteil der Erneuerbaren in Europa so
hoch sein, dass die europäischen Stromnetze zu einem
begrenzenden Faktor werden.
Es gibt ausreichend Optionen, zusätzlich zwei Mrd. t CO2
gegenüber dem im Outlook skizzierten Basistrend einzusparen, allerdings ist immer ein Maßnahmenbündel
erforderlich. Insgesamt erhöht sich aber die Komplexität
des Systems.
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COVERSTORY
Signifikante Steigerungen des Endenergieverbrauchs sehen
die drei Szenarien nur bei der produzierenden Wirtschaft. In
allen anderen Bereichen ist der Endenergieverbrauch unter
anderem durch Effizienzmaßnahmen rückläufig bis stagnierend. Ein Wachstum des Stromverbrauchs entsteht vor allem
in der Industrie durch Mengenentwicklung der Produktion
und im Verkehr bedingt durch die erwartete Zunahme der
Elektromobilität.
EU-Ziele nicht erreicht
Betrachtet man Strom- und Wärmeaufbringung als zusammengehörende Bereiche, zeigen die Szenarien einen Mehrbedarf von 5,7 bis 11,3 TWh Strom. Die Abdeckung des künftigen höheren Strombedarfs erfolgt in Abhängigkeit von den
Energiemärkten in unterschiedlichem Ausmaß durch erneuerbare Energien, die Nutzung fossiler Energieträger oder
Stromimporte.
Deutlichere Unterschiede ergeben sich aus den Szenarien für
die Entwicklung innerhalb des Stromsektors: Hier liegen die
Erneuerbaren-Anteile 2030 zwischen 64,54 und 74,12 Prozent.
Die CO2-Emissionen sinken in jedem Szenario, die Reduktion
liegt – überwiegend abhängig vom Wirtschaftswachstum – zwischen dreizehn und 22 Prozent. Szenarien mit höheren Preisen
für fossile Energieträger erbringen schlussendlich auch höhere
Der Anteil erneuerbarer Energieträger am Endenergieverbrauch zum Ende des Betrachtungszeitraums wird durch die
in den Szenarien wirkenden Trends nicht entscheidend beeinflusst und schwankt zwischen 36,3 und 38,7 Prozent. Damit
werden die politisch bereits formulierten Ziele der Europäischen Union nicht erreicht.
Szenarien für Österreichs Energieverbrauch
Ölpreise sieht man auf Basis der zunehmenden Unabhängigkeit der USA von Importen und anderer Trends
eher im Rahmen einer gemäßigten Entwicklung. Das
Preisniveau bei Stromimporten erwarten die Experten
von Frontier Economics ebenfalls nicht sehr hoch. Hingegen steigen die Preise am ETS-Markt steil an, denn die
Wirtschaftsentwicklung schlägt hier voll durch. Insgesamt weist dieses Szenario auf den stärksten Zuwachs
im Stromverbrauch hin. Damit ergibt sich auch eine
Verbesserung der Investitionschancen für Elektrizitätsinfrastruktur.
Die Internationale Energie Agentur geht von einer eher
gedämpften Wirtschaftsentwicklung und einem hohen
Erdölpreis aus. Die Importpreise für Strom bleiben weiterhin niedrig. Gedämpft bleiben ebenfalls die Preise für
CO2-Emissionen. Weil die Wirtschaft nur geringfügig
wächst, gibt es auch keine großen Veränderungen des
Importbedarfs bei Strom. Damit kann auch die Elektrizitätswirtschaft nur wenig investieren, eine Dynamik des Sektors,
getragen von den Anforderungen der Energiewende, ist
damit nicht abzusehen.
•
•
Europäische Kommission
Die Europäische Kommission beurteilt die Wirtschaftsentwicklung positiver als die internationale Energieagentur. Unter diesem Aspekt geht sie von einem hohen
Preis für Öl aus. Höheres Wirtschaftswachstum geht
andererseits einher mit einer besseren Wirkung des
ETS-Systerms, womit die Kosten der CO2-Emissionen
wahrscheinlich anziehen würden. Weil die Industrie
auch beim Stromverbrauch der wichtigste Faktor ist,
wird auch ein höherer Importpreis für Strom erwartet.
Davon könnte auch die thermische Erzeugung im Inland
mittels Gaskraftwerken profitieren. Höhere Strompreise
bedeuten zudem bessere Investitionsbedingungen für
die Branche. Zumindest Investitionen in den Bestand
und ein gewisser Ausbau dürften sich rechnen.
Frontier Economics
Frontier Economics rechnet von allen drei Szenarien
mit der stärksten wirtschaftlichen Entwicklung. Die
•
Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung
Aktuelle Zahlen zeigen, dass der Zuwachs des Endenergieverbrauchs noch nicht wirklich dauerhaft vom Wirtschaftswachstum entkoppelt ist. Das
Wirtschaftswachstum wird somit zum entscheidenden
Faktor. 2005 bis 2012 ist das BIP um ungefähr 11 Prozent
gewachsen, was einer jährlichen Wachstumsrate von
rund 1,5 Prozent entspricht.
In diesem Zeitraum ist der energetische Endverbrauch
praktisch stabil geblieben. Extrapoliert man diese
Entwicklung bis 2020, dann wäre mit dieser Dynamik
des Energiesystems ein energetischer Endverbrauch von
1100 Petajoule bei einem jährlichen BIP-Wachstum von
1,5 Prozent durchaus erreichbar. Für 2030 sieht das
WIFO verschiedene Entwicklungspfade, die abhängig
von der Realisierung bestimmter Technologieoptionen
einen energetischen Endverbrauch von rund 905 Petajoule aufweisen.
COVERSTORY
COVER-STORY
Nettoimportkosten für Energie. Niedrige Preise für fossile
Energieträger verbessern die Produktionschancen für thermische Anlagen und verringern durch bessere Auslastung der
thermischen Anlagen im Inland den Importbedarf bei Strom.
›Umwelt- und Energieziele können
ohne politische Maßnahmen
nicht erreicht werden.‹
Das Umweltbundesamt erstellt in zweijährigem Intervall
Szenarien über die Entwicklung von österreichischen Treibhausgas-Emissionen, die als Grundlage zur Erfüllung der
EU-Berichtspflicht im Rahmen des Monitoring Mechanismus
herangezogen werden und die auch als Unterlagen für die
Diskussion über die nationale Klimaschutzpolitik (Klimaschutzgesetz) und für die Zielverhandlungen für das Jahr
2030 sowie im Hinblick auf 2050 dienen.
Treibhausgas-Emissionen stabil
Das Szenario „Mit bestehenden Maßnahmen” zeigt bis 2020
eine weitgehende Stabilisierung der österreichischen
Treibhausgas-Emissionen bei 79,1 Mio. t CO2-Äquivalent
(+0,5 Prozent gegenüber 1990). Bis 2050 ist eine geringfügige Reduktion auf 75,5 Mio. t CO2-Äquivalent (-4,1 Prozent
gegenüber 1990) abzulesen.
Jene Emissionen, die nicht dem Emissionshandel unterliegen
und somit dem Effort-Sharing-Bereich angehören, zeigen in
diesem Szenario von 2005 bis 2020 eine Abnahme von 10,1
Prozent auf 51,01 Mio. t CO2-Äquivalent. Dies bedeutet, dass
das österreichische Effort-Sharing-Ziel 2020 von 48,8 Mio. t
CO2-Äquivalent ohne zusätzliche Maßnahmen verfehlt wird.
Dabei hat sich das Umweltbundesamt auch unterschiedliche
Wirtschaftsentwicklungen angesehen – ein Szenario mit bestehenden Maßnahmen geht von durchschnittlich 0,8 Prozent aus,
ein zweites von 2,5 Prozent. Zum Vergleich: Das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) erwartet in den kommenden vier bis
fünf Jahren ein durchschnittliches Wachstum von 1,25 Prozent.
Man darf also mit einiger Gewissheit annehmen, dass die
Wahrheit in der Mitte zwischen den aufgezeigten Szenarien
liegen wird.
Im Szenario „Mit zusätzlichen Maßnahmen” wird die geforderte
Reduktion 2020 im Effort-Sharing-Bereich mit 45,7 Mio. t
CO2-Äquivalent jedenfalls erreicht werden (-19,3 Prozent gegen-
11
über 2005). Das Szenario zeigt bis 2020 gegenüber 1990 eine
Abnahme der gesamten Emissionen auf 73,3 Mio. t CO2-Äquivalent (-6,9 Prozent); ab 2030 wird sich der zuvor leicht sinkende
Trend in einem konstanten Emissionslevel fortsetzen (2050: 64,8
Mio. t CO2-Äquivalent). Im Szenario „Mit zusätzlichen Maßnahmen Plus“ ist eine deutliche langfristige THG-Reduktion zu
erwarten (-27 Prozent bis 2030 bzw. -57 Prozent jeweils gegenüber 1990).
Energie-Offensive notwendig
Auf jeden Fall braucht das Umweltbundesamt im Sektor Energieaufbringung eine echte Energie-Offensive, damit die Ziele
geschafft werden. Dabei geht es vor allem um einen Energieträgerwechsel von Öl und Kohle zu Gas und Erneuerbaren. Laut
Zwei Szenarien des Umweltbundesamts
Szenario mit bestehenden Maßnahmen:
Energie/Industrie:
Ökostromgesetzziele bis 2020 werden erfüllt; Emissionshandel.
Verkehr:
Forcierung von Biokraftstoffen, ökonomische Anreize – Mineralölsteuer-(MöSt-)Erhöhung 2011 („Klimabeitrag“), klimaaktiv mobil Programm, ökonomische Anreize (LKW-Maut,
NoVA), Anschlussbahnförderung im Güterverkehr, Mobilitätsmanagement und Bewusstseinsbildung – Spritspar-Initiative.
Gebäude:
Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden, Steigerung des
Anteils erneuerbarer Energie für die Raumheizung sowie
Steigerung der Energieeffizienz der privaten Stromnachfrage.
Szenario mit zusätzlichen Maßnahmen:
Energie/Industrie:
Weiterer Ausbau der Ökostromanlagen nach 2020.
Verkehr:
Ökonomische Anreize – MöSt-Erhöhung 2016 und 2019;
Umsetzung Wegekosten-Richtlinie; verstärkte ÖV-Nutzung,
Forcierung Mobilitätsmanagement inkl. „Masterplan Radfahren & Masterplan Gehen“, Forcierung Elektromobilität
gemäß Energiestrategie Österreich.
Gebäude:
Umsetzung des „Nationalen Plans“ gem. Gebäuderichtlinie
(EPBD 2010/31/EU) für Nichtwohngebäude (NWG) bis
2020, Anpassung bestehender Förderprogramme: Änderung der Förderbudgets.
COVERSTORY
Foto: BP
12
In den nächsten Jahren wird sich die Produktion von Öl und Gas zunehmend nach Amerika verlagern.
Papieren des Umweltbundesamts wird erwartet, „dass sich die
installierten Kapazitäten von Fotovoltaikanlagen, Windkraftanlagen, Wasserkraftwerken und Biomasse-Kraftwerken deutlich
erhöhen“. Nach 2017 würden jedoch schrittweise BiomasseKraftwerke stillgelegt, was den Rückgang an TreibhausgasEmissionen im Szenario mit bestehenden Maßnahmen mindern
werde. Dem kann für ein Verschärfungs-Szenario mit neuen
Förderungen entgegengewirkt werden.
Ab 2030 wird erwartet, dass sich der Gesamtelektrizitätsbedarf
weiterhin erhöht und verfügbare Kraftwerke, betrieben mit
fossilen Energieträgern, wieder an Bedeutung gewinnen – wie
dies in den von Oesterreichs Energie betrachteten Szenarien
auch für möglich gehalten wird. Die Folge wären wieder mehr
Treibhausgas-Emissionen. Notfalls denkt man da sogar an die
Schließung der Raffinerie und ähnlich Grausames. Beim Verkehr
stünde dann eine „Reduktion des PKW-Besitzes“ an, sowie eine
nicht begründete generell stagnierende Güterverkehrsleistung
ab 2035. Auch die Industrie müsste dann deutlich mehr emissionsmindernde Maßnahmen ertragen. Politisch ist hierbei aber
derzeit noch nichts fix. Wie aus Expertenkreisen verlautet, hält
sich Österreich in Sachen Klimagipfel an die EU, eigene Ideen für
Paris wurden keine entwickelt. Info
Die UN-Klimakonferenz in Paris 2015
findet als 21. UN-Klimakonferenz
und gleichzeitig als elftes Treffen
zum Kyoto-Protokoll statt. Den Vorsitz
hat der französische Außenminister
Laurent Fabius. Dieser Konferenz wird
eine äußerst zentrale Bedeutung zugemessen, da eine neue internationale
Klimaschutz-Vereinbarung in Nachfolge des Kyoto-Protokolls verabschiedet
werden soll. Vom 8. bis 13. Februar
2015 fand in Genf dazu bereits eine
Vorbereitungskonferenz statt.
POLIT-KURZE
COVER-STORY
13
Kurzmeldungen
Politik
Brüssel will Kennzeichungschaos beseitigen
Eigentlich sollen sie Klarheit schaffen, tatsächlich kann die EnergieKennzeichnung von A bis G und von
A bis A+++ auf Waschmaschinen,
Fernsehern und anderen Haushaltsgeräten die Verbraucher wegen des
uneinheitlichen Systems derzeit eher
verwirren. Die EU-Kommission will
daher die Kennzeichnung vereinfachen
und hat einen entsprechenden Gesetzesvorschlag vorgestellt. Er sieht eine
Rückkehr zur einfachen Skala von A
bis G vor.
Foto: Siemens
Ursprünglich war das System einheitlich mit der Skala A bis G gestartet
– diese sollten auch etwa für Klimaanlagen, Staubsauger, Geschirrspüler
und Glühbirnen die Energieklasse
angeben. Da aber der technische
Fortschritt bei verschiedenen Geräten
unterschiedlich schnell war, reichte
zum Beispiel bei Waschmaschinen die
Skala bald nicht mehr aus.
EU plant Regeln für CO2Handel zu verschärfen
Um das Klima besser zu schützen,
will die EU-Kommission den CO2Handel überarbeiten. Beim Emissionshandel können Unternehmen
in Europa nach Bedarf mit Rechten
zum Ausstoß des Treibhausgases
Kohlendioxid (CO2) untereinander
handeln. Der Preis ist jedoch so
niedrig, dass Anreize zum CO2-Sparen fehlen, heißt es. Daher will die
EU-Kommission ab 2020 schärfere
Regeln: Die Zahl der industriellen Emissionszertifikate soll ab
2021 jedes Jahr stärker sinken.
Zudem will man weniger Ausnahmen für Branchen, die sehr stark
im Wettbewerb stehen.
Wachablöse bei der globalen
Energieversorgung
WKO kritisiert
Energieeffizienzgesetz
Die Staats- und Regierungschefs der
G-7-Länder haben beim Gipfel in
Elmau ein verbindliches Zwei-Grad-Ziel
zur Begrenzung der Erderwärmung
beschlossen. Damit wollten sie eine
Mindestvoraussetzung schaffen, dass die
UNO-Klimakonferenz in Paris im Dezember ein Erfolg werden kann. Deutschlands
Kanzlerin Angela Merkel hatte kurz vor
dem Gipfel den Druck auf die G-7-Partner
bei diesem Thema erhöht. Das Zwei-GradZiel war 2009 bei der UNO-Klimakonferenz in Kopenhagen vereinbart worden.
Bis kurz vor dem Gipfel war wegen der
japanischen Vorbehalte noch unklar, ob
das Zwei-Grad-Ziel überhaupt im GipfelAbschlussdokument auftauchen würde.
Die USA sind zum weltgrößten Energieproduzenten aufgestiegen. Das ist das
Ergebnis eines in London vorgestellten
Welt-Energieberichts des britischen Ölund Gaskonzerns BP. Der Studie zufolge
stieg die US-Ölförderung 2014 um den
Rekordwert von 1,6 Mio. Barrel (etwa
159 l) Rohöl pro Tag.
Die Wirtschaftskammer Österreich
(WKO) kritisiert „mangelnde Rechtssicherheit“ beim Energieeffizienzgesetz.
„Die Wirtschaft bekennt sich zur
Energieeffizienz, doch derzeit sind die
Bestimmungen des Gesetzes zum Teil
nicht in die Realität umsetzen“, sagt
Stephan Schwarzer, Leiter der Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik.
„Der Grund liegt in den fehlenden
Vorgaben, die die Akteure brauchen
würden“, erläutert er. So fehle immer
noch eine „Richtlinienverordnung“,
die festlegen muss, welche EinsparMaßnahmen anrechenbar sind und in
welchem Ausmaß, sowie ein Methodendokument.
Foto: BP
Einigung auf Zwei-Grad-Ziel
beim Klimaschutz
POLITIK
Foto: Amprion
14
Absage an den
Kapazitätsmarkt
Anfang Juli war es so weit: Die lange diskutierte Streitfrage „Kapazitätsmarkt ja oder nein?“
ist vom Tisch. Die deutsche Bundesregierung hat sich in einem Weißbuch entschieden,
dem Kapazitätsmarkt eine Absage zu erteilen und stattdessen den bisherigen Strommarkt
weiterzuentwickeln.
Von Stefan May
POLITIK
WIRTSCHAFT
I
m vorigen Oktober hatte die Regierung ein Grünbuch
vorgelegt, das vier Monate lang diskutiert werden konnte.
700 Institutionen, Behörden und Unternehmen, aber auch
Einzelpersonen haben sich daran beteiligt. Aus Österreich haben
Oesterreichs Energie und E-Control dazu Anmerkungen übermittelt. Im nun vorliegenden Weißbuch wurden die Stellungnahmen zusammengefasst und die Entscheidung der Bundesregierung vorgestellt.
Zentraler Punkt des Weißbuchs ist die Entwicklung eines
Strommarktes 2.0. In dieser zentralen Frage konnte sich der
Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)
nicht mit seiner Forderung nach Einführung eines Kapazitätsmarktes durchsetzen. „Die damit getroffene politische Grundsatzentscheidung zur Weiterentwicklung eines Energy-onlyMarktes 2.0 löst aus unserer Sicht die wesentlichen Probleme
der Energiewirtschaft nicht“, heißt es in einer Stellungnahme
der Vorsitzenden der Hauptgeschäftsführung, Hildegard
Müller. „Unsere Unternehmen brauchen dringend eine wirtschaftliche Perspektive zum Beispiel für moderne, effiziente
Gaskraftwerke. Wir sehen weiterhin die alleinige Weiterentwicklung des Strommarktes 2.0 als nicht ausreichend an, um
mittelfristig eine jederzeit sichere Energieversorgung zu
gewährleisten.“
Weißbuch Strommarkt 2.0
Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) und der
Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) hingegen begrüßen die Richtungsvorgabe der Bundesregierung. Der Strommarkt 2.0 gewährleiste erstens Versorgungssicherheit, sei
zweitens kostengünstiger und ermögliche drittens Innovationen und Nachhaltigkeit, führt das Weißbuch als Gründe für
die Entscheidung der Regierung an. Da er keine Eingriffe in
Marktmechanismen erfordere, sei ein solcher Strommarkt
auch weniger anfällig für Fehler, lautet die Argumentation. Im
Wettbewerb würden sich die für die Integration der erneuerbaren Energien kostengünstigsten Lösungen durchsetzen.
Die Kapazitäten im für Deutschland relevanten Marktgebiet
würden in den nächsten Jahren ausreichen, beruhigt das Weißbuch und beruft sich dabei auf zwei entsprechende Untersuchungen. Allerdings werde mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien
der länderübergreifende Stromaustausch noch wichtiger.
Insgesamt sei ein solcher weiterentwickelter Strommarkt
günstiger als ein Kapazitätsmarkt. Die vorgesehene Kapazitätsreserve, die nicht am Markt teilnehmen dürfe, werde als
„Hosenträger zum Gürtel“ funktionieren. Diese Kraftwerke
würden Wettbewerb und Preisbildung nicht verzerren. Nur
15
wenn der Markt wider Erwarten Angebot und Nachfrage nicht
ausgleichen könne, würden die Reserve-Kraftwerke zum
Einsatz kommen.
Während in einem Kapazitätsmarkt die reine Vorhaltung von
Kraftwerks-Kapazitäten bezahlt werden müsste, könnten sich
die benötigten Kapazitäten im Strommarkt über Marktmechanismen refinanzieren. Außerdem würden Kapazitätsmärkte
tendenziell zu ungewollten Überkapazitäten führen, was ein
zentrales Kostenrisiko für die Verbraucher bedeute, führt das
Weißbuch an.
Flexibilität lautet das Zauberwort der Bundesregierung, mit
dem sie den Strommarkt an die nur schwer berechenbaren
erneuerbaren Energien anpassen will. Sie sieht sich zudem
durch die Mehrzahl der Bundesländer in ihrer Entscheidung
bestärkt: Während sich die meisten Länder in der vom Grünbuch ausgelösten Diskussion für einen Strommarkt 2.0 ausgesprochen hatten, waren nur Baden-Württemberg und Bayern
für die Einführung eines Kapazitätsmarktes.
20 Bausteine fürs Strommarktdesign
Aus 20 Bausteinen wird das neue Strommarktdesign aufgebaut sein. So soll die Stromversorgung flexibel und effizient
gestaltet werden, weshalb Deutschland die europäische
Binnenmarktintegration vorantreiben will. Außerdem soll die
Stromversorgung zusätzlich abgesichert werden. Neben der
Überwachung der Versorgungssicherheit werden unter den
20 Punkten auch die Garantie der freien Preisbildung und die
Weiterentwicklung der Regelleistungsmärkte angeführt.
Stärkere Marktmechanismen sollen es ermöglichen, dass die
Akteure ausreichend Reserven vorhalten und im erforderlichen Umfang einsetzen.
„Vorübergehend werden auf vertraglicher Basis alte Braunkohlekraftwerke in die Kapazitätsreserve überführt und anschließend stillgelegt“, heißt es im Weißbuch. „Diese Maßnahme
dient der Erreichung der nationalen Klimaziele für 2020.“
Kommt die Kapazitätsreserve zum Einsatz, würden die Stromlieferanten, die ihre Lieferpflichten nicht erfüllen konnten, zu
zahlen haben – entsprechend ihrem Verursachungsbeitrag
einen angemessenen Anteil der Gesamtkosten der Reserve.
Konventionelle Energien würden auch noch in Zukunft ihre
Bedeutung haben, schreiben die Verfasser. Dann allerdings
nur noch als Ergänzung zur fluktuierenden Einspeisung
durch erneuerbare Energien. Bei deren weiterem Ausbau wäre
aber die Verknüpfung von Strom, Verkehr und Wärme zunehmend wichtig.
16
POLITIK
Oesterreichs Energie begrüßt Entscheidung
In der Stellungnahme von Oesterreichs Energie zum Weißbuch wird die Grundsatzentscheidung, den bestehenden
Strommarkt zu einem „Strommarkt 2.0“ weiterzuentwickeln,
eindeutig begrüßt. Insbesondere jene Maßnahmen, welche die
bestehenden Marktmechanismen stärken und die freie Preisbildung garantieren, sind wesentliche Weichen für einen
funktions- und zukunftsfähigen Strommarkt 2.0, der sich
durch intensiven Wettbewerb und Innovationskraft auszeichnet. Eine nur unvollständige Weiterentwicklung des Strommarktes gefährdet unseres Erachtens mittel- bis langfristig
die Versorgungssicherheit, heißt es in der Stellungnahme.
Beim Vorsatz, den europäischen Binnenmarkt zu stärken
und Versorgungssicherheit vertieft europäisch zu betrachten, wird im Weißbuch zwar die Aufrechterhaltung einer
einheitlichen deutschen Preiszone als Ziel formuliert,
allerdings findet die deutsch-österreichische Preiszone, das
erfolgreiche Beispiel eines integrierten Strommarkts mit
überdurchschnittlich hoher Liquidität und Preissignalwirkung für den gesamten europäischen Raum – im Gegensatz
zum Grünbuch – leider keine Erwähnung mehr.
Die österreichische E-Wirtschaft tritt insbesondere in
Anbetracht ständig steigender Einspeisung erneuerbarer
Energien in Europa für die Beibehaltung großer Marktgebiete und die Fortsetzung der Marktintegration ein. Da
hierzu der Netzausbau sowohl innerhalb Deutschlands als
auch in den Nachbarländern und an Grenzkuppelstellen
vorrangig zu bewerkstelligen ist, begrüßt Oesterreichs
Energie die politische Vereinbarung der Parteivorsitzenden
von CDU, CSU und SPD vom 1. Juli 2015, das deutsche
Stromnetz in die Lage zu versetzen, den vermarkteten
Strom zu den Kunden zu transportieren und damit die
bestehenden Netzengpässe zu beseitigen.
In der aktuellen Situation, in der das Übertragungsnetz die
im Norden Deutschlands anfallenden erneuerbaren Energiemengen noch nicht optimal in den Süden transportieren
kann, ist Österreichs E-Wirtschaft jedenfalls willens und in
der Lage, gesicherte grenzüberschreitende Redispatchkapazität und Reserveleistung für die gemeinsame deutschösterreichische Preiszone zu unterstützen, heißt es in der
Stellungnahme.
Die gemeinsame Preiszone hat Vorteile für Deutschland und
Österreich, insbesondere die Flexibilität der österreichischen Kraftwerke kann von Deutschland kostenreduzierend
genutzt werden. Unabhängig davon, dass das EU-Recht
regelt, dass der grenzüberschreitende Handel nur im Fall
von systematischen und strukturellen Engpässen
beschränkt werden darf und das Verschieben von Engpässen an Ländergrenzen untersagt ist, warnen Studien von
Consentec (2015)/Frontier Economics (2013)/RWTH Aachen
(2012) vor der Aufteilung großer, liquider Gebotszonen,
insbesondere der Gebotszone Deutschland-Österreich, denn
ein Splitting der gemeinsamen Preiszone würde auch in
Deutschland erhebliche Kosten durch Marktineffizienzen
und die Steigerung der Transaktionskosten verursachen.
Viele der von Oesterreichs Energie vorgeschlagenen, weniger marktinvasiven technischen Maßnahmen und Kooperationen werden im Weißbuch bestätigt: allen voran der
bürgerfreundliche Netzausbau, der europäische Ansatz zur
Versorgungssicherheit wie auch die Weiterentwicklung der
Regelenergiemärkte und der Netzentgeltsystematik.
Wir bitten Sie daher, im Sinne eines europaweiten Strombinnenmarktes und zum beiderseitigen Vorteil nicht allein
die Beibehaltung der einheitlichen deutschen Preiszone,
sondern ebenso die Beibehaltung der bewährten gemeinsamen deutsch-österreichischen Preiszone zu unterstützen.
Kapazitätsreserven ab 2020
Oesterreichs Energie begrüßt das Bekenntnis des Bundesministeriums für Wirtschaft im Weißbuch sowohl zur
europäischen Betrachtung von Versorgungssicherheit als
auch zur internationalen Beteiligung an den geplanten
Maßnahmen für die Reserven.
Die skizzierte Ausgestaltung der Maßnahmen für Kapazitäts- und Netzreserve vernachlässigt allerdings wesentliche Prämissen, allen voran Technologieneutralität, Transparenz und marktwirtschaftliche, diskriminierungsfreie
Beschaffung (Ausschreibung) mit internationaler Beteiligung, die ein europäisches, wettbewerblich organisiertes
Modell aufweisen müsste.
Insbesondere die Bevorzugung von alten deutschen Braunkohlekraftwerken widerspricht dem Grundsatz der Gleichbehandlung, auch von österreichischen Kraftwerkskapazitäten im gemeinsamen Marktgebiet.
Darüber hinaus ist es aus volkswirtschaftlichen Erwägungen wohl sinnvoller, bestehende hochflexible und schwarzstartfähige Kraftwerkskapazitäten in Süddeutschland und
Österreich weiterhin zu nutzen, anstatt isoliert in Süddeutschland neue und gesondert subventionierte Kraftwerkskapazitäten zu errichten.
POLITIK
WIRTSCHAFT
17
Qualitätsanforderungen der Leistungserbringer führen.
Nur ein adäquater Daten- und Informationsaustausch über
Regelenergieabrufe der ÜNB bei Aggregatoren in Bilanzkreisen
von Dritten kann das grundsätzlich korrekte „Gegenregeln“ des
Bilanzkreis-Verantwortlichen verhindern, der die Ausgeglichenheit seines Bilanzkreises verantwortet.
Bei der Entwicklung eines Zielmodells für staatliche Preisbestandteile und Netzentgelte muss ein fairer, diskriminierungsfreier Wettbewerb zwischen allen Marktteilnehmern im Vordergrund stehen und die Verursachergerechtigkeit bei der
Verumlagung beachtet werden.
Die Energiepolitik Europas wird nur dann die intendierte
Versorgungssicherheit und die potenziellen Vorteile für Bürger
und Wirtschaft hervorbringen, wenn die nationalen Politiken
und Maßnahmen auch europäisch und wettbewerblich ausgestaltet sind. „Wir bitten Sie daher, in Verfolgung eines europaweiten Strombinnenmarktes grenzüberschreitende, internationale Beteiligungen für die deutschen Reserven
diskriminierungsfrei zuzulassen und die Beibehaltung der
bewährten gemeinsamen deutsch-österreichischen Preiszone zu
unterstützen,“ so Oesterreichs Energie.
Bilanzkreise und Regelenergie
Oesterreichs Energie bewertet die Stärkung der Bilanzkreistreue
positiv, die Steigerung der Prognosegüte, gerade von volatilen
Verbräuchen oder Erzeugungen unterstützt Versorgungssicherheit und Systemstabilität. Jedoch sollte eine überschießende
Einengung des Handlungsspielraums der Marktteilnehmer
hintangehalten werden, damit nicht ineffizientes Sicherheitsverhalten den Nutzen überwiegt.
Im Vergleich zu einer werktäglichen wird die kalendertägliche
Ausschreibung von Sekundärregelleistung und Minutenreserve
generell begrüßt. Eine Angleichung der Ausschreibung Regelenergie an den Handelskalender der EPEX SPOT SE ist zu
präferieren. In Anbetracht der im Juli 2015 durchgeführten
Verkürzung der Vorlaufzeit für Intradaygeschäfte an der EPEX
SPOT SE dürfte der zusätzliche Nutzen der Einführung eines
Regelarbeitsmarktes gering ausfallen.
Ein Einheitspreisverfahren für die Bestimmung der Regelenergiepreise der Sekundärregelleistung und der Minutenreserve
kann lediglich für die jeweiligen Verrechnungspreise Anwendung
finden. Der Abruf der Regelleistung hat nach der Merit-OrderList zu erfolgen.
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Jedenfalls unterstützt Oesterreichs Energie klare Regeln für
neue, zuverlässig zur Verfügung stehende Anbieter (Aggregatoren, Verbraucher) am Regelenergiemarkt, jedoch dürfen neue
Regeln nicht zu einer einseitigen oder generellen Reduktion der
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06.08.2015 10:23:53
POLITIK
Foto: Europäisches Parlament
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„Strom kennt keine Grenzen“
Am 23. Juni 2015 lud Oesterreichs Energie zum Arbeitsfrühstück ins Europäische
Parlament. Gegenstand der Diskussion war die Rolle der Energieunion und ihre
Auswirkungen auf die künftige österreichische Energiepolitik.
Von Ralf Pastleitner
E
nde Juni veranstaltete Oesterreichs Energie ein Arbeitsfrühstück im Europäischen Parlament in Brüssel, um die
Situation der österreichischen Energiepolitik angesichts der
zu erwartenden Maßnahmen im Rahmen der Energieunion
auf EU-Ebene näher zu beleuchten. Gastgeber waren der
langjährige Europa Abgeordnete und Mitglied im Ausschuss
für Industrie, Forschung und Energie des Europäischen
Parlaments, Paul Rübig sowie Wolfgang Anzengruber, Präsident von Oesterreichs Energie. Neben den beiden Gastgebern
waren als weitere hochrangige Redner Edith Hofer, Mitarbeiterin des Generalsekretariats der Europäischen Kommission
sowie Hans ten Berge, Generalsekretär des europäischen
Branchenverbandes Eurelectric vertreten. Knapp 50 Gäste aus
Politik, Wirtschaft und den EU-Institutionen lauschten der
angeregten Debatte.
In seiner Einleitung lud Rübig unter anderem auf die aktuellen Vorschläge der EU-Kommission im Rahmen der Energieunionsmitteilung ein. Gerade im Bereich der heimischen
Energiequellen könne die Wasserkraft auch weiterhin eine
tragende Rolle bei der Versorgungssicherheit Europas spielen
und auch durch die bisher weitgehend unangefochtene Rolle
von Pumpspeicherkraftwerken als verlässlicher Stromspeicher für die nötige Flexibilisierung des europäischen Energiesystems sorgen.
Der Europaabgeordnete wies auch auf die Notwendigkeit
lokaler Infrastrukturinvestitionen hin, da diese eine nachhaltige Energieversorgung sicherstellen könnten und gleichzeitig
die europäische Wirtschaft mit den dringend erforderlichen
Wachstumsimpulsen versehen sollten. Schließlich sei ein
POLITIK
COVER-STORY
integrierter Energiebinnenmarkt nicht durch weitere Aufteilungsmaßnahmen und geschlossene Stromhandelsgrenzen zu
erreichen, sondern im Gegenteil nur durch ein verstärktes
und grenzüberschreitendes Zusammenarbeiten sämtlicher
Akteure auf europäischer Ebene.
Wasserkraft als Motor der Volkswirtschaft
Der Präsident von Oesterreichs Energie, Wolfgang Anzengruber, baute seinen Vortrag im Wesentlichen auf den fünf Säulen
der Energieunion auf: Versorgungssicherheit, Energiebinnenmarkt, Energieeffizienz, Klimaschutz sowie Forschung und
Innovation. Eine Kernbotschaft im Bereich Versorgungssicherheit lautete, die heimische Ressource Wasserkraft als
Motor für die Volkswirtschaft zu fördern. Wasserkraft leiste
einen maßgeblichen Beitrag zum europäischen Gemeinwohl,
zur Energiesicherheit und zu einer kohlenstoffarmen Gesellschaft, unterstrich Anzengruber. Die Realisierung von Österreichs Wasserkraft-Ausbaupotenzial sinke dennoch von Jahr
zu Jahr, da sich Eigenerzeugung – derzeit – aufgrund des
geringen Börsepreises nicht rentiere. So seien etwa die Investitionen der Branche in Erneuerbare gegenüber der Wasserkraft 2014 erneut gestiegen.
Die Ausführungen Anzengrubers zum Energiebinnenmarkt
fokussierten insbesondere auf die aktuelle Diskussion zur
Aufrechterhaltung der deutsch-österreichischen Strompreiszone. Ein derzeit im Gespräch befindliches Marktsplitting
widerspräche dem Ziel des europäischen Binnenmarktes. Die
gemeinsame Preiszone sei ein erfolgreiches Beispiel europäischer Integrationsbestrebungen. Darüber hinaus würde eine
Aufteilung enorme volkswirtschaftliche Mehrkosten bedeuten
sowie einen Liquiditätsrückgang, höhere Transaktionskosten
und Marktkonzentration bewirken.
Im Netzbereich erforderten neue Aufgaben und Rollen für
eine smarte Energiewelt die entsprechenden Rahmenbedingungen. Die notwendigen Voraussetzungen für Smart Meter
und Smart Grids müssten rasch geschaffen werden, um der
Entwicklung hin zu einem kundenzentrierten Marktmodell
besser begegnen zu können, sagte Anzengruber. Beim
Thema Energie Energieeffizienz betonte er vor allem, dass
saubere elektrische Energie derzeit nur rund 20 Prozent
des Gesamtenergieverbrauchs ausmache, weshalb große
Energieeffizienz-Potenziale eher bei Verkehr und Raumwärme lägen. Klare Aussagen fand der Präsident von Oesterreichs Energie auch beim Thema Klimaschutz. Die geförderten erneuerbaren Energien müssten künftig
Marktkriterien entsprechen. Das bisherige Fördersystem in
Österreich sieht bei vollständiger Abschirmung von Marktsignalen eine staatlich festgelegte Einspeisevergütung und
19
Abnahmegarantie für erneuerbare Energien vor. Zukünftig
solle aber die produzierte Strommenge am Markt abgesetzt
werden müssen, und nur die Investition in die Anlagen
selbst solle noch gefördert werden.
Anzengruber begrüßte jedenfalls den Fokus der Europäischen Kommission auf die Energieforschung. Im Zusammenhang damit verwies er auf den Forschungsschwerpunkt
von Österreichs E-Wirtschaft im Bereich der Speichertechnologien, auf die rund die Hälfte der jährlichen Energiefördersumme entfalle.
Hans ten Berge, langjähriger Eurelectric-Generalsekretär
wiederum kritisierte in seinen Ausführungen vor allem die
Vielzahl nationaler Alleingänge der Mitgliedstaaten im
Energiebereich. 28 nationalen Erneuerbaren-Fördermodellen würden nun womöglich 28 Kapazitätsmechanismen
folgen, sofern die Europäische Kommission diesen Entwicklungen nicht rasch einen Riegel vorschiebe. Harmonisierung, grenzüberschreitende Kooperation sowie einen
starken regionalen Ansatz als Basis für die weitere Integration des europäischen Energiebinnenmarktes sah Hans ten
Berge als wichtigste Eckpunkte einer zukunftssicheren
EU-Energiepolitik an.
Keine neuen Subventionstöpfe
Die Vertreterin der EU-Kommission, Edith Hofer, verwies auf
die kommenden Initiativen der EU-Behörde zum Marktdesign
sowohl im Endkunden- als auch im Großhandelsbereich. Eine
diesbezügliche Konsultation soll noch im Laufe des Monats
Juli 2015 gestartet werden. Es gebe bereits Fortschritte bei
der Integration des Energiebinnenmarktes zu verzeichnen,
jedoch sei auch die Kooperation und engere Zusammenarbeit
der Mitgliedstaaten untereinander gefragt, sagte sie.
Hier wird die Kommission ebenfalls Vorschläge zur besseren regionalen Abstimmung vorlegen, die sogenannte Governance werde den Mitgliedsländern Anleitung zur effizienteren Zusammenarbeit bei der Erstellung ihrer nationalen
Energiepläne geben. Schnellerer Netzausbau und zusätzliche Interkonnektoren seien ebenso wichtige Faktoren, um
das Ziel eines vollständigen Energiebinnenmarktes ohne
Energieinseln in absehbarer Zeit zu erreichen.
Die Kommission plane jedoch keine Einrichtung neuer
Subventionstöpfe. Dies zeige sich sowohl bei Betrachtung
der aktuellen Gesetzeslage – konkret der Umweltschutzund Energiebeihilfeleitlinien – zu den Erneuerbaren als
auch an der kritischen Haltung der Kommission betreffend
Kapazitätsmechanismen.
POLITIK
Foto: Carinthischer Sommer
20
Meisterstück
Energiewende
Bei den „Energy Talks 2015“ diskutierten Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und
Wissenschaft im idyllischen Kärntner Ossiach über die Werkzeuge der Energiewende und
wie man sie am besten für eine erfolgreiche Umgestaltung des Energiesystems einsetzt.
Von Klaus Fischer
S
ie standen im Mittelpunkt der heurigen Energy Talks: „Die
Werkzeuge der Energiewende“. Wie Albrecht Reuter, der
Wissenschaftliche Leiter der Veranstaltung, erläuterte, stützte
sich die „Energiewende“ bisher auf die „Zukunftsvisionen
unserer Eltern“. Nun aber seien die geschaffenen Ressourcen
für die Energieversorgung „weitgehend aufgebraucht, und wir
stoßen immer mehr an technische, ökonomische und ökologische Machbarkeitsgrenzen“.
Liege der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung derzeit in Deutschland bei etwa 25 Prozent, werde er
in den kommenden Jahrzehnten auf 50 bis 60 Prozent steigen:
„In einigen Regionen sind diese Werte bereits erreicht oder
überschritten.“ Da der Umbau der Energieversorgung konzeptionell und handwerklich gemeistert werden müsse, komme
geeigneten „Werkzeugen“ eine entscheidende Rolle zu: „So wie
die Energiewende als systemischer Prozess zu verstehen ist,
21
Foto: Sympos/Koblinger
POLITIK
WIRTSCHAFT
Die Themen der „Energy Talks“ fanden heuer bereits zum 18. Mal großes Publikumsinteresse.
so breit ist auch das Spektrum der dafür benötigten Werkzeuge und ihr Gebrauch“, sagte Reuter. Launig verwies er auf
Kaiserin Maria Theresia, die den nach ihr benannten Militärorden eingeführt habe, um befehlswidriges Handeln auszuzeichnen, das zum Erfolg führte: „Ein solcher Orden hätte
auch für die Energiewirtschaft Sinn.“
E-Wirtschaft zur Liberalisierung und zur Weiterentwicklung
des Energiemarktes. Doch gehe es nicht an, sie durch ungeeignete rechtliche sowie regulatorische Vorgaben gleichsam
„zu einem Tunnelblick zu zwingen und zu verhindern, dass
wir uns vernetzen“, betonte Schmidt.
Bei einer Podiumsdiskussion zum Thema „Energiewende
– Handwerk oder Kunst?“ warnte dann Barbara Schmidt,
Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, davor, „zu sehr
schwarz zu malen“. Immer wieder sei die Rede von den „Teslas und Googles“, die binnen kürzester Zeit den Markt aufmischen und den etablierten Energieunternehmen ihr Geschäft
abnehmen würden. Freilich dürfe diese Herausforderung auch
nicht unterschätzt werden. Die Empfehlung mancher Unternehmensberater, zu investieren, sei unter den derzeitigen
Marktbedingungen alles andere als leicht zu verwirklichen.
Doch trotz aller Hindernisse arbeiteten die Beschäftigten der
Energieunternehmen ständig an neuen Produkten und Dienstleistungen. Gefragt sind dabei laut Schmidt weiterhin Experten, „die das System der Energieversorgung verstehen. Denn
die Versorgungssicherheit muss unter allen Umständen erhalten bleiben“. Auch für die neuen Marktteilnehmer werde es
daher nicht möglich sein, sich lediglich die kommerziellen
Rosinen aus dem Kuchen zu picken und die Verantwortung für
das Funktionieren der Energieversorgung den traditionellen
Energieunternehmen zu überlassen. „Wir brauchen die Neuen,
aber sie brauchen uns ebenso“, stellte Schmidt dezidiert klar.
Versorgungssicherheit unbedingt erhalten
Energiewirtschaft 4.0
Auch das – gerade in Österreich – in sehr strenger Form
eingeführte Unbundling verhindere, neue Themen offensiv zu
behandeln: „Rahmenbedingungen wie diese sind neuartigen
Lösungen nicht gerade förderlich. Wir leben in Excel-Spalten,
andere leben in der Cloud.“ Bekanntermaßen stehe die
Roger Kohlmann, Mitglied der Hauptgeschäftsleitung und
Geschäftsbereichsleiter Energienetze und Regulierung des
Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW),
ergänzte, dass „die Welt, wie wir sie kennen, ohne Strom
buchstäblich zusammenbrechen würde“. Die Digitalisierung
22
POLITIK
der E-Wirtschaft verlaufe in einem rasanten Tempo. Habe
sich noch vor zehn Jahren kaum jemand in der Branche mit
Themen wie Cloud und Big Data befasst, so erfinde sich „die
klassische Energiewirtschaft gerade neu“.
› Die Verteilnetzbetreiber werden
zu „Information Utilities“. ‹
Und getrieben durch die Energiewende sowie die damit verbundene Dezentralisierung der Erzeugung werde sich die
Dynamik dieses Prozesses noch weiter beschleunigen: „Weit
über die E-Wirtschaft sowie den Informations- und Telekommunikationssektor wachsen die Branchen zusammen. Denken
wir nur an die Autoindustrie und den Gebäudebereich.“
Letzten Endes entwickle sich in Analogie zur vielzitierten
„Industrie 4.0“ eine „Energiewirtschaft 4.0“ mit einem „Energieinformationsnetz“ als zentralem Werkzeug der Energiewende.
Damit verbunden ist laut Kohlmann ein grundlegender Wandel der Rollenverständnisse in der Energiewirtschaft. So
stehe – anders als bisher – künftig nicht mehr ausschließlich
der Übertragungsnetzbetreiber (TSO) im Mittelpunkt der
Verantwortung für die Versorgungssicherheit, sondern eher
der Verteilnetzbetreiber (DSO): „Denn die Energiewende findet
ja wesentlich in den Verteilnetzen statt.“ Der im regulierten
Bereich operierende DSO werde zum „Market Facilitator“, zum
neutralen „Marktermöglicher“.
Erheblich mehr Bedeutung wird laut Kohlmann das Thema
Datensicherheit bekommen, das – anders als der individuelle
Datenschutz – seiner Ansicht nach noch immer zu wenig
Aufmerksamkeit genießt: „Ob sich mittels Smart Meter feststellen lässt, dass jemand noch um zehn Uhr abends duscht,
sollte eigentlich weniger wichtig sein, als die Gefahr eines
gezielten Hackerangriffs auf die Netzsteuerung.“
Kohlmann zufolge ist es sinnlos, „Masterpläne für 2050“ zu
entwerfen, weil diese ohnehin von der tatsächlichen Entwicklung überholt werden. Der BDEW habe eine Roadmap für die
kommenden drei Jahre erarbeitet. Im Wesentlichen gehe es
darum, dass jeder Netzbetreiber auf seiner Ebene „neue
Verantwortlichkeiten“ übernehme. Die Zahl der Verteilnetzbetreiber mit Systemverantwortung werde sich signifikant
verringern. Doch die betreffenden Unternehmen würden die
Digitalisierung als Chance begreifen.
Zentrale Bedeutung hätten auch weiterhin Datensicherheit
und Datenschutz, „denn wir müssen die Netze gegen Angriffe
sichern“. Klar ist laut Kohlmann auch, dass die Komplexität
der Prozesslandschaft und die Tiefe der regulatorischen
Weniger „Egonomie“, mehr „We-Nomics“
Alle noch so ausgefeilten technischen Werkzeuge für die
Energiewende bleiben letzten Endes nutzlos, wenn es nicht
gelingt, die Kunden einzubinden. Dies betonte vor allem der
Direktmarketing-Experte Alfred Koblinger bei den Energy
Talks. Ihm zufolge ist die derzeitige Wirtschaftsweise von
der „Egonomie“ geprägt, bei der die Individuen sich selbst in
den Mittelpunkt ihres Agierens stellen: „Das Resultat war
die Wirtschaftskrise.“
Koblinger plädierte für eine Veränderung „vom Mehr zum
Besser, von der Quantität zur Qualität.“ Das bedeute auch
eine Abkehr von der „Egonomie“ und eine Hinwendung zu
einer stärker am Gemeinwohl ausgerichteten Wirtschaft,
die Koblinger mit dem Begriff „We-Nomics“ umschrieb.
Freilich sei die sogenannte vierte industrielle Revolution
auch eine technische, digitale Revolution, erläuterte Koblinger. Doch indem sie alle Lebensbereiche umfasste, sei
sie auch eine „soziale Revolution, bei der sich die Menschen plötzlich als Teil eines großen Meinungsbildungsprozesses verstehen“.
Die Verbreitung von Botschaften werde faktisch unkontrollierbar. „Digitale Champions“, die damit umgehen können,
verfügen über die Möglichkeit, traditionellen Unternehmen
„die Beziehung zu den Kunden und damit die Kunden selbst
zu rauben“. Deshalb müssten sich auch die Energieversorger
völlig anders verstehen als bisher.
Anstelle von Produktverkäufern seien „Kundenmanager mit
Querschnittsfunktionen“ gefragt. Diese haben laut Koblinger
die Aufgabe, Leistungen zu kreieren, die den Kunden Nutzen
bringen und über welche die Kunden kommunizieren. So
entstehe eine Art „Community“, die ihrerseits neue Ideen für
Dienstleistungen entwickle.
Konsumenten suchen „Sinn, Vertrauen, Authentizität und
Relevanz“. Um sie dazu zu bringen, die Energiewende zu unterstützen, müsse der Sinn der Wende, das „Warum“, in den
Mittelpunkt der diesbezüglichen Kommunikation gestellt
werden. Das Einverständnis mit der Wende müsse in konkrete,
bewusste und wiederholte Handlungen der Kunden münden.
POLITIK
WIRTSCHAFT
23
gleich zum herkömmlichen Ansatz in etwa verdoppeln
könne.
Foto: Energie Burgenland
Allerdings müsse das Regulierungsregime angepasst werden.
Derzeit könnten die Netzbetreiber ihre Kostenvorteile nicht
ausreichend an Kunden weitergeben, die sie dank eigener
Erzeugungseinheiten sowie Anlagen mit flexiblem Verbrauch
beim Netzmanagement unterstützen: „Wir bräuchten flexible
Tarife, um solchen Kunden ihre Leistungen abzugelten.“ Diesbezügliche Gespräche mit der E-Control Austria sind laut
Strebl im Gang.
Die Erneuerbaren sind ein zentrales Element der Energiewende.
Eingriffe noch weiter zunehmen werden. Smart Grids werden
ihm zufolge „die Grundlage der Energiewende“ sein.
Auf dem Weg zum „Information Utility“
Ähnlich argumentierte Michael Strebl, Geschäftsführer der
Salzburg Netz GmbH. Auch er sieht in den intelligenten
Stromnetzen ein wesentliches Werkzeug der Energiewende:
„Wenn wir die Smart Grids mit den Smart Homes zusammenschalten, wird das sehr spannend.“ Freilich müssten Datensicherheit und Datenschutz angemessen berücksichtigt werden:
„Aber das Banken- und das Gesundheitswesen, die mit sehr
sensiblen Daten operieren, haben das auch geschafft. Wir
könnten daher deren Regulatorien übernehmen und auf
unsere Branche anwenden.“
› Wenn man Smart Grids mit Smart Homes
zusammenschalten, wird es sehr spannend. ‹
Laut Strebl haben Smart Grids nicht zuletzt folgende Vorteile: Sie wirken zumindest grundsätzlich kostendämpfend
und tragen somit zur Erschwinglichkeit der Energiewende
bei. Ein vom Klimafonds gefördertes Pilotprojekt der Salzburg Netz in einem Ortsteil der 2500-Einwohner-Gemeinde
Köstendorf, rund 15 km nordöstlich der Stadt Salzburg,
habe gezeigt, dass die Entwicklung eines Smart Grids die
Einspeisekapazität eines örtlichen Stromnetzes im Ver-
Seiner Ansicht zufolge,werden die Verteilnetzbetreiber künftig
organisatorisch im Mittelpunkt der Energiewende stehen.
Strebl: „Sie werden für das Datenmanagement verantwortlich
sein. Als solche werden sie sich zu Information Utilities
entwickeln, die energierelevante Informationen über die
Kunden allen Marktteilnehmern zur Verfügung stellen, wenn
die Kunden das wünschen. Letzten Endes werden sie eine Art
Verkehrsleitzentrale darstellen.“
Auf den Nutzen von Smart Meter für die intelligente Netzsteuerung und damit auch für die Energiewende verwies
Energie AG-Vorstand Werner Steinecker. Die Energie AG hat
bereits rund 200.000 Smart Meter installiert. Fast ein Drittel
ihrer rund 650.000 Zählpunkte ist somit mit derartigen
Geräten ausgestattet.
Laut Steinecker sind „das Spannende nicht die Kundendaten,
sondern die Frage, was die Smart Meter für das Netz leisten“.
Dank Geräten, die an 150 Messpunkten installiert sind „wissen wir genau, was sich in unserem Netz tut“. Über regelbare
Ortstrafos, speziell in Gebieten, in denen eine große Anzahl
an Fotovoltaikanlagen installiert ist, kann die Energie AG
bzw. deren Netzgesellschaft gezielt eingreifen, wenn dies
erforderlich ist. Laut Steinecker ist dieses System „schlicht
und einfach nicht mehr wegzudenken“.
Zudem ermöglicht es, die Netzausbauten zu minimalisieren
und so Kosten zu sparen. Für die Netzsteuerung selbst würden diese „150 Augen im Netz“ zwar streng genommen ausreichen, doch plant die Energie AG, in Zukunft – über bereits
bestehende Angebote hinaus – verstärkt auch Dienstleistungen zu vermarkten, für deren Nutzung die Kunden Smart
Meter benötigen.
Alles aus einer Hand
Einen ganz eigenständigen Weg geht unterdessen die ZEAG
Energie AG in Heilbronn, berichtete deren Vorstand Eckard
Veil. Auf dem rund 72.000 m² großen Areal Südbahnhof der
24
POLITIK
baden-württembergischen Stadt entsteht zurzeit ein modernes
Wohn- und Gewerbegebiet mit rund 400 Wohnungen. Die ZEAG
ist für die wärme- und kommunikationstechnische Erschließung des Gebiets zuständig. Veil: „Wir legen Glasfaserleitungen
in jede Wohnung. Damit können wir selbst alle möglichen
Dienste anbieten.“
Veil geht davon aus, dass Kommunikations- und Energiedienstleistungen immer enger zusammenwachsen werden.
Telefonie und Fernsehen werde die ZEAG auf dem Areal
Südbahnhof sicher anbieten. Auch werde sie sämtliche Elektroinstallationen einbauen und auch Fußbodenheizungen
installieren. So bekomme der Kunde die gesamte Energie- und
Telekommunikationsversorgung aus einer Hand. Für die ZEAG
bedeute das, weg vom Commodity- und hin zum Dienstleistungsgeschäft zu gehen und die Kunden via Infrastrukturbereitstellung langfristig zu binden.
„Theoretisch“ könne der Kunde seinen Stromanbieter natürlich
wechseln, konstatierte Veil: „In der Praxis wird er das aber
vermutlich kaum wollen, weil er von uns ein Komplettangebot
bekommt.“ Dafür bezahle der Kunde eine Pauschale und brauche sich buchstäblich um nichts mehr zu kümmern. Die Wohnungen würden auch nicht mit eigenen Energiezählern ausgestattet, was laut Veil mit deutschem Recht im Einklang steht,
da von einer „wohnungsgenauen Abrechnung“ in den einschlägigen Bestimmungen nirgends die Rede sei.
Auch werde die ZEAG den Kunden nicht mitteilen, welchen
Anteil Strom, Wärme und Telekommunikation an der von ihnen
zu entrichtenden Pauschale aufweisen: „Normalerweise interessieren die Kunden vor allem die Gesamtkosten.“
Inwieweit das Modell mit dem Kartellrecht sowie den Unbundling-Bestimmungen vereinbar ist, hat die ZEAG noch nicht
geprüft: „Ich gebe zu, das ist ein etwas aggressiver Ansatz.
Aber wir versuchen es einfach einmal.“ Letzten Endes laufe das
Ganze natürlich darauf hinaus, ein zunächst auf das Areal
Südbahnhof begrenztes Monopol zu schaffen. Um als Anbieter
attraktiv zu bleiben, werde die ZEAG die Bewohner der Anlage
immer wieder nach ihren Wünschen fragen und entsprechende
Leistungen entwickeln.
Info
Die „Energy Talks Ossiach“ wurden
erstmals 1997 im Stift Ossiach abgehalten. Sie verstehen sich als unabhängige
Plattform zur Diskussion von Zukunftsthemen im Energiebereich. Seit 2014 findet
am Vorabend der Veranstaltung das
„Ossiacher Talente-Forum“ statt, bei dem
junge Energieexperten Projekte und Ideen
präsentieren können.
Technik für die „Wende“
In technischer Hinsicht sind für die Energiewende vor
allem drei Arten von Werkzeugen nötig, erläuterte Wolfgang Gawlik, Professor am Institut für Energiesysteme
und elektrische Antriebe der TU Wien:
• erstens Planungs- und Analysewerkzeuge, um die
Verteilnetze modellieren und analysieren zu können,
• zweitens Werkzeuge für das reibungslose Netzmanagement und
• drittens Werkzeuge für den Schutz der Netze gegen
Störungen, für die Behebung von Fehlern und notfalls
für den Wiederaufbau nach einer Störung.
All das werde benötigt, „um die steigende Komplexität der
Systeme zu beherrschen und ihre Zuverlässigkeit zu
erhalten und um das Potenzial, das die neuen Komponenten für das Energiesystem eröffnen, auch auszuschöpfen“.
Wie die Sonnenfinsternis Ende März zeigte, reichen die
derzeitigen Werkzeuge zwar aus, „um mit Extremereignissen zurechtzukommen“ jedoch fehlten die Möglichkeiten,
um die dezentralen Erzeugungsanlagen so zu steuern, wie
dies in den kommenden Jahrzehnten für einen sicheren
Netzbetrieb notwendig sein werde, warnte Gawlik.
Die Lösung sieht er zumindest prinzipiell in virtuellen
Kraftwerken. Diese bündeln „kleine Erzeugungseinheiten
so, dass sie sich in Summe wie ein klassisches Großkraftwerk betreiben lassen“. Die Herausforderung besteht allerdings darin, dass die „Bestandteile“ solcher virtuellen
Kraftwerke oft geografisch vergleichsweise weit voneinander entfernt sein können. Hier „fehlen Werkzeuge, um etwa
den Blindleistungsfluss zwischen den verschiedenen Spannungsebenen und insbesondere an der Schnittstelle vom
Hoch- zum Mittelspannungsnetz auch in Zukunft zu koordinieren“. Entwickelt werden müssten auch Werkzeuge, um
Hybridnetze aus Strom-, Gas-, Wärme- und Kältenetzen
koordiniert zu steuern und auf diese Weise Speicherpotenziale sowie Möglichkeiten zum Demand Side Management
optimal zu nutzen.
KOMMENTAR
WIRTSCHAFT
25
Kommentar
von Dkfm. Milan Frühbauer
Es war gleich zu Beginn des Projektes
eine klare Sache: Die Beiträge für und die
Risiken bei den Maßnahmen zum EuroRettungsschirm werden weitgehend
nach der Wirtschaftskraft der Euroländer verteilt. Wer sich die Summen der
diversen Stabilitätsmechanismen näher
ansieht, der findet im Engagement der
einzelnen Länder die jeweiligen Proportionen des Bruttoinlandsproduktes (BIP)
in der Währungsunion wieder; mit
Deutschland auch als „Rettungslokomotive“ oder den mit Abstand größten
„Schirmspanner“ an der Spitze.
Ökonomen nennen das Lastenverteilung
nach gesamtwirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, Sozialpsychologen oder Integrationsethiker (so es diese schon gibt)
müssten wohl von Solidarität sprechen.
Ein Begriff, der gegenwärtig – wenn auch
in anderem Zusammenhang – die europäische Auseinandersetzung beherrscht.
Die Flut der Flüchtlinge und Asylwerber,
die sich derzeit über die Europäische
Union ergießt und die für 2015 wohl eine
Million Menschen ausmachen wird, ruft
nach Solidarität.
Es begann vor Jahren damit, dass man
vor allem die Italiener mit täglich hunderten von Bootsflüchtlingen aus Nordafrika allein gelassen hat. Als sich dann
der Flüchtlingsstrom auch Landwege
bahnte und nunmehr weite Teile Ostmitteleuropas die zweite Welle des Asylantenansturms zu bewältigen haben, stellte
man sich im Baltikum, aber auch in
einigen Ländern des CEE-Raumes,
allesamt noch nicht bevorzugte Destinationen des organisierten Exodus aus
Kriegschaos und wirtschaftlicher
Depression, taub.
Das Anliegen der Hauptbetroffenen, die
EU möge sich – wiederum nach dem
Schlüssel der ökonomischen Leistungskraft - zu einer Quotenregelung für alle
28 Länder durchringen und somit die
Belastung solidarisch schultern, scheiterte in einer mehr als blamablen Form.
Wir haben inzwischen eine Bankenunion,
eine Versicherungsunion via Solvency II,
wir vereinheitlichen Konsumentenrechte
und Energiesparmaßnahmen, aber es
mangelt an einer Europäischen Solidarunion, wenn es um den Ausnahmezustand einer humanitären Katastrophe
geht. Selbstverständlich kann Europa
nicht alle aufnehmen, die den Nahen
Osten oder Afrika deshalb verlassen,
weil die ökonomischen Aussichten triste
sind. Europa wird auch nicht allen Asyl
gewähren können, die sich in ihrer
Heimat bedroht fühlen. Alles klar und
unbestritten.
Warten auf die
Solidarunion
Doch es wäre ein gigantischer Schub für
die ethische und soziale Akzeptanz der
EU gewesen, wenn sich einer der jüngsten Regierungsgipfel – nach erfolgreicher
Abwehr des Grexit – zu einer EU-weiten,
vorübergehenden Lastenverteilung
durchgerungen hätte. Der aus Sonntagsreden sattsam bekannte Begriff von der
Wertegemeinschaft hätte mit einem
Schlag eine handfeste Dimension bekommen. Sicher, die Regierungen wären
dafür national nicht gefeiert worden,
aber Europa hätte ein Integrationssignal
abgegeben, das es seit Jahren wieder
dringend braucht.
 Dkfm. Milan Frühbauer
langjähriger Chefredakteur der Wochenzeitschrift „Industrie“, Journalist
und Universitätslektor für
Öffentlichkeitsarbeit
26
WIRTSCHAFT
Kurzmeldungen Wirtschaft
Griechenland sucht nach Alternative für Privatisierung
Griechenlands Regierung will nach
Alternativen für eine Privatisierung
des staatlichen Stromnetzbetreibers
ADMIE suchen. Dies sagte der griechische Energieminister Panos Skourletis
in einem Interview. ADMIE ist Teil des
Stromanbieters PPC, an dem der griechische Staat mit mehr als 50 Prozent
beteiligt ist. Griechenland hatte den
Geldgebern in den Gesprächen über
weitere Milliardenhilfen die Privatisierung von Staatsbesitz zugesagt.
Laufzeit von AKW Krško verlängert
Foto: EDF
Das AKW sei „sicher und wirtschaftlich“,
sagte der slowenische Infrastrukturmi-
nister Peter Gasperic. Das AKW wurde
1983 erbaut. Seit der Inbetriebnahme gab
es etliche Zwischenfälle. 2008 gab die
EU-Kommission wegen eines Lecks im
Kühlsystem eine europaweite Warnung
aus. Kärntens Landeshauptmann-Stellvertreterin Beate Prettner kündigte unterdessen ein Vorgehen des Landes gegen die
Laufzeitverlängerung des AKW an.
Foto: Oesterreichs Energie
Slowenien und Kroatien haben sich auf
eine Laufzeitverlängerung des gemeinsam
betriebenen Atomkraftwerks Krško geeinigt. Eigentlich sollte der Reaktor im Jahr
2023 stillgelegt werden, nun soll er bis
2043 Strom liefern.
EDF muss 1,37 Mrd.
Euro zurückzahlen
Allianz-Versicherung
kauft Windparks
Der französische Stromriese EDF soll
nach einem Beschluss der EU-Kommission 1,37 Mrd. Euro an den französischen Staat zurückzahlen. Es
handele sich um eine mit dem EU-Recht
unvereinbare staatliche Steuerbeihilfe,
erklärte die Kommission in Brüssel.
Die Allianz-Versicherung hat erstmals
auch in Österreich in Windräder investiert. Der Münchener Versicherungskonzern kaufte vier Windparks rund
um die Hauptstadt Wien. Zwei davon
wurden vor Kurzem fertiggestellt, die
anderen beiden sollen 2016 ans Netz
gehen. Die 21 Turbinen können 65
MW Strom erzeugen. Gebaut hatte die
Anlagen der österreichische Windparkbetreiber ImWind, der sie im Auftrag der Allianz auch betreiben soll.
Dadurch habe EDF, das außer in Frankreich auch auf anderen EU-Märkten
tätig sei, unfaire Vorteile gegenüber
der Konkurrenz erlangt. EDF erklärte,
die Entscheidung der EU-Kommission
zur Kenntnis zu nehmen und die von
Brüssel geforderte Summe zurückzuzahlen. Zugleich betonte der Konzern,
er bestreite nach wie vor, eine illegale
stattliche Hilfe erhalten zu haben.
Insgesamt hat die Allianz damit nach
eigenen Angaben mehr als 2,5 Mrd. Euro
in sieben Solar- und 54 Windparks in
Deutschland, Frankreich, Schweden, Italien und Österreich investiert.
WIRTSCHAFT
27
Monitoringstelle Energieeffizienz gestartet
Strompreisanstieg
erwartet
Der Präsident von Oesterreichs Energie,
Wolfgang Anzengruber, rechnet im
Gefolge des von Deutschland beschlossenen Atomausstiegs mit einem kontinuierlichen Anstieg der Strompreise. „Es ist
offensichtlich, dass der Strom nicht billiger wird“, sagte Anzengruber bei einer
Pressekonferenz in Brüssel (sh. Artikel S
18). Als „Blut unseres Wirtschaftswachstums“ müsse Strom aber leistbar bleiben,
daher müsse die Energie Effizienz
besser werden.
„Wir werden mittelfristig einen Anstieg
der Strompreise sehen“, sagte Anzengruber. Dies habe sich bereits nach
dem deutschen Moratoriumsentscheid
zur Abschaltung von sieben Atomkraftwerken gezeigt. Er erwarte keine
Riesensteigerung, sondern eher ein
kontinuierliches Klettern der Strompreise. Für 30 bis 40 Jahre würden Gaskraftwerke als Brückentechnologie für
den Wechsel zu erneuerbaren Energien
gebraucht werden. Diese könnten rasch
gebaut werden und seien klimafreundli-
nehmen als Anlaufstelle zur Verfügung.
„Wir freuen uns, unsere langjährige
Erfahrung für diese Aufgabe einbringen
zu können“, so Peter Traupmann,
Geschäftsführer der Österreichischen
Energieagentur.
In weiteren Ausbaustufen werden
Datenbanken und Register eingerichtet
und aufgebaut. Derzeit wird gemäß
Energieeffizienzgesetz an einer Richtlinien-Verordnung mit einem neuen
Methodendokument als Fundament für
die Bewertung von Effizienzmaßnahmen
gearbeitet.
Seit Mitte Juni sind eine Telefon-Hotline
(Tel. +43 1 / 20 52 20) und die Website
www.monitoringstelle.at in Betrieb.
Vattenfall rutscht weiter in die roten Zahlen
Vattenfall kämpft weiter gegen die Folgen
der Energiewende. Sehr hohe Abschreibungen drückten das schwedische
Unternehmen im zweiten Quartal tiefer
in die roten Zahlen. Unterm Strich verbuchte Vattenfall Verluste von 28,8 Mrd.
Schwedischen Kronen (3,1 Mrd. Euro).
Der Umsatz fiel mit 36,1 Mrd. Kronen
(3,86 Mrd. Euro) etwas geringer aus als
im Vorjahreszeitraum. Seine deutsche
Braunkohle-Förderung in der Lausitz will
Vattenfall bis zum Jahresende verkaufen.
In Sachsen und Brandenburg betreibt
der Konzern fünf Kohlegruben und drei
Kraftwerke. Es wird auch weiter Personal
abgebaut werden.
Foto: Vattenfall AG
Ende April dieses Jahres hatte die
Österreichische Energieagentur vom
Wirtschaftsministerium den Zuschlag
für den Aufbau und Betrieb der Nationalen Energieeffizienz-Monitoringstelle
erhalten. Die Energieagentur hat
danach die erforderliche Infrastruktur
aufgebaut und steht den vom Energieeffizienzgesetz angesprochenen Unter-
RWE-Töchter werden verschmolzen
Deutschlands zweitgrößter Energiekonzern RWE will angesichts eingebrochener Gewinne seine Firmenstruktur
deutlich straffen. Dazu wird Firmenchef Peter Terium bei einer Sondersitzung des Aufsichtsrates noch im
Sommer ein Umbauprogramm unter
dem Stichwort „Parent“ vorlegen.
Etwa ein Drittel der rund 100 Töchter
und Einheiten sollen dabei gebündelt
oder verschmolzen und die Essener
Zentrale soll gestärkt werden. Das
betriebliche Ergebnis bei RWE hat sich
seit dem Jahr der Fukushima-Katastrophe 2010 von 7,7 Mrd. auf vier Mrd.
Euro annähernd halbiert.
28
WIRTSCHAFT
Interview
»Erneuerbare müssen
Systemverantwortung
übernehmen«
Mit Austrian Power Grid-Vorstand Thomas Karall verfügt Österreich
über einen renommierten Vertreter im Verband Europäischer
Übertragungsnetzbetreiber ENTSO-E, zu dessen vorrangigen
Aufgaben die Schaffung eines harmonisierten, möglichst liquiden
Marktes sowie eine effiziente Ordnung der Energiemärkte gehört.
Von Harald Hornacek
Oesterreichs Energie: Ende Juni erfolgte Ihre Wiederwahl ins
ENTSO-E-Board auf eine weitere Funktionsperiode von zwei
Jahren. Welchen Einfluss hat die ENTSO-E auf die Gestaltung
des europäischen Energiemarktes?
Thomas Karall: Diese hat sehr großen Einfluss, muss man
sagen. Umso wichtiger ist es, dass es, unabhängig von
meiner Person, einen Vertreter Österreichs im obersten
Gremium gibt. Wir haben als Austrian Power Grid (APG)
lange darauf hingearbeitet, weil wir der Meinung sind,
dass eine aktive Mitgestaltung der europäischen Energiewirtschaft für Österreich extrem wichtig ist. Immerhin
vertritt die ENTSO-E die Interessen der nationalen Übertragungsnetzbetreiber auf europäischer Ebene. In der
ENTSO-E sind europaweit insgesamt 41 Mitglieder repräsentiert. Im Board sind neben Österreich noch elf Länder
vertreten: Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, die Niederlande, Norwegen, Polen, die Schweiz,
Spanien, Tschechien und Ungarn.
Oesterreichs Energie: ENTSO-E wurde auf Basis des 3. EUBinnenmarktpakets gemeinsam mit ACER (Agentur der europäischen Energieregulatoren) gegründet, um den von ihr
vorgegebenen Stufenplan zur Schaffung eines einheitlichen
europäischen Strommarkts umzusetzen. Wie weit sind Sie auf
diesem Weg?
Thomas Karall: Der Fokus liegt sicherlich auf der Internationalisierung des Strommarkts, losgelöst von rein nationalstaatlichen Interessen. Allein das ist nicht immer
einfach, wobei mir wichtig ist zu betonen: In der ENTSO-E
erarbeiten wir wirklich gemeinsame, länderübergreifende
Standpunkte. Schrebergartendenken hat da einfach keinen
Platz, und alle sind bemüht, diesen Anspruch zu erfüllen.
Das ist umso bedeutender, als ja die ENTSO-E neben ihrer
beratenden Funktion den gesetzlichen Auftrag hat, sich
um Aufgaben in den Bereichen Network Codes, Infrastrukturplanung (TYNDP) aber auch die regelmäßige Überprüfung einer ausreichenden Bedarfsdeckung zu kümmern.
WIRTSCHAFT
29
Oesterreichs Energie: Welche Rolle spielt die ENTSO-E
konkret im Transformationsprozess des europäischen Stromversorgungssystems?
Thomas Karall: Vorweg muss man sagen, dass mit dem
europaweit voranschreitenden Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien die Herausforderungen
für die europäische Elektrizitätswirtschaft enorm
gewachsen sind. Stromnetzbetreiber – allen voran die
Übertragungsnetzbetreiber – stehen hier besonders im
Fokus, denn der Umbau des Stromversorgungssystems in
Richtung eines Kraftwerksparks, der in Europa künftig
zu einem großen Teil aus Windkraft- und Fotovoltaikanlagen bestehen soll, ist eine Aufgabe von noch nie dagewesener Dimension.
Die Regeln des Strommarktes, also das „Strommarktdesign“, müssen daher so weiterentwickelt werden, dass der
Strommarkt auch künftig eine zuverlässige, kosteneffiziente und umweltverträgliche Stromversorgung sicherstellt. Das ist eine Aufgabe, die wir nur auf europäischer
Ebene bewältigen werden können. Die ENTSO-E spielt
dabei eine ganz gewichtige Rolle, weil sie die wesentlichen
inhaltlichen Inputs für die notwendigen Um- und Ausbaumaßnahmen im Netzbereich liefert und weiterhin liefern
wird und an der Formulierung der Network Codes – das
sind auch die Strommarktregeln – für die Bereiche Markt,
Betrieb und Netzanschluss arbeitet, welche die Grundlage
für einen einheitlichen europäischen Strommarkt bilden.
Oesterreichs Energie: Inwieweit dient die ENTSO-E auch als
Diskussionspartner für die Politik?
Thomas Karall: Zu den wichtigen Aufgaben des Boards
zählt auch die Koordination der einzelnen Komitees und
der Legal & Regulatory Group sowie das Delegieren und
die Umsetzung von Entscheidungen der Vollversammlung.
In weiterer Folge erfüllt die ENTSO-E eine wichtige Rolle
als Ansprechpartner für politische Entscheidungsträger
und Meinungsbildner. Wir haben von der EU den gesetzlichen Auftrag erhalten, die künftigen Marktregeln
Zur
Person
Mag. Thomas Karall ist seit 2001 Mitglied des Vorstandes der
Austrian Power Grid AG (APG). Von 1999 bis 2001 war er als
Geschäftsführer der Verbund-Austrian Power Grid GmbH
tätig. Zusätzlich ist er Aufsichtsratsvorsitzender der Clearingstelle APCS AG und vertritt Österreich zudem seit 2001 im
Verband der europäischen Übertragungsnetzbetreiber
ENTSO-E. Außerdem ist er stellvertretender Vorsitzender im
Aufsichtsrat der OeMAG.
Foto: APG/Franco Garzarolli
Wir als APG engagieren uns hier auf vielen Ebenen – etwa
bei Network Codes oder regionalen Sicherheitszentren
– damit Österreich bzw. die österreichischen Stakeholder
bestmöglich vertreten sind.
30
WIRTSCHAFT
gemeinsam zu gestalten. Wir sind also keine Interessenvertretung, sondern eine per Gesetz eingerichtete Organisation. Allerdings ist es auch bedeutend, dass man im
„Dreieck“ von EU-Kommission – ACER – ENTSO-E auch
immer wieder klare Standpunkte erarbeitet.
Oesterreichs Energie: Wie viel Zeit investieren Sie dabei in
Ihre ENTSO-E-Tätigkeit?
Thomas Karall: Es gibt mehrere Treffen im Jahr, aber
natürlich gibt es gerade in unseren heutigen, energiepolitisch bewegten Zeiten eine Vielzahl von Entscheidungen,
die permanent getroffen werden müssen, beinahe täglich.
Die APG stellt für diese Prozesse und Diskussionen übrigens das Know-how von rund 60 Mitarbeitern zur Verfügung – das zeigt, wie wichtig uns die Mitwirkung in der
ENTSO-E ist.
Wir müssen hier mit Kompetenz, Fachwissen und Weitblick agieren. Mitarbeiter der APG sind neben den nationalen auch immer häufiger mit europäischen Aufgaben
›Im ENTSO-E-Raum werden bis 2030
rund 150 Mrd.Euro investiert werden.‹
beschäftigt.
Oesterreichs Energie: Worin liegen aus Ihrer Sicht die bedeutendsten Aufgaben für die nächsten Jahre?
Thomas Karall: Die Sicherstellung der Stromversorgung
hat oberste Priorität. Europa braucht funktionierende
Musterlösungen für eine sichere, effiziente und klimafreundliche Energieversorgung bei hohen Anteilen
schwankender Stromerzeugung aus Wind- und Sonnenenergie.
Absolute Voraussetzung dafür sind der Netzausbau und
eine koordinierte, gut abgestimmte Zusammenarbeit der
Übertragungsnetzbetreiber (TSO) auf regionaler Ebene.
Die ENTSO-E hat den gesetzlichen Auftrag, alle zwei
Jahre einen Zehn-Jahres-Netzausbauplan (TYNDP) zu
erstellen – wobei die aktuelle Version aus 2014 stammt –,
der bestehende Netzengpässe beseitigen und die Integration der Erneuerbaren sicherstellen soll. Basis für den
TYNDP sind unter anderem die nationalen Netzentwicklungspläne (NEP) der Mitgliedstaaten. Die APG erstellt
ihren NEP jährlich.
Oesterreichs Energie: Mit welchen Investitionen ist in den
nächsten Jahren zu rechnen?
Thomas Karall: Der TYNDP für den Netzausbau im
ENTSO-E-Raum sieht bis 2030 rund 18.000 km neue
Freileitungen sowie 4000 km Leitungsupgrades vor. Dazu
werden wir im ENTSO-E-Raum bis 2030 insgesamt
150 Mrd. Euro investieren müssen. Um einen Vergleich aus
Österreich zu ziehen: Die Investitionskosten aus dem APG
NEP 2014 belaufen sich im Planungszeitraum 2015–2024
auf rd. 2,2 Mrd. Euro.
Oesterreichs Energie: Dazu ist es zweifellos nötig, die Zusammenarbeit auf regionaler Ebene bzw. zwischenstaatlich zu
verbessern. Welche Pläne gibt es hierzu?
Thomas Karall: Um die Zusammenarbeit der TSO auf europäischer Ebene zu verbessern, sollen in den kommenden
Jahren regionale Sicherheitszentren (Regional Security
Cooperation Initiatives/RSCI) implementiert werden.
Bis 2017 sollen sich alle TSO einem derartigen Sicherheitszentrum anschließen. Bereits bestehende, freiwillige
Sicherheitskooperationen sind das TSC mit Sitz in München mit dreizehn Mitglied-TSO und Coreso in Brüssel mit
fünf Mitglied-TSO. Das erste RSCI in Südosteuropa wurde
heuer von den TSO in Serbien, Bosnien-Herzegowina und
Montenegro implementiert.
Oesterreichs Energie: Welche Agenden sollen die Zentren
übernehmen?
Thomas Karall: Die Zentren sollen unter anderem Services
wie etwa koordinierte Kapazitätsberechnungen und Sicherheitsanalysen erstellen. Bis November müssen alle TSO
erklären, welchem regionalen Sicherheitszentrum sie sich
anschließen oder ob sie vorhaben, ein neues zu gründen.
Der Projektmanager für dieses europaweite Projekt ist der
Leiter der APG-Steuerzentrale, Tahir Kapetanovic.
Oesterreichs Energie: Die vielleicht noch größere Aufgabe der
ENTSO-E ist aber wohl die Schaffung funktionierender,
liquider (über-)regionaler Märkte.
Thomas Karall: Diese Aufgabe ist tatsächlich eine große
Herausforderung. Die Voraussetzung dafür ist das Market
WIRTSCHAFT
Coupling, also die Verbindung der nationalen Strommärkte über Ländergrenzen hinweg. Dieses Market Coupling ermöglicht eine koordinierte, marktbasierte Strompreisfindung.
In der ENTSO-E gibt es dazu dutzende Arbeitsgruppen,
um die entsprechenden Rahmenbedingungen auszuarbeiten. Österreich ist seit 24. Februar Teil des MRC (Multi
Regional Coupling), das 19 europäische Länder miteinander verbindet und eine simultane Kalkulation von
Strompreisen und grenzüberschreitenden Stromtransporten innerhalb der gesamten MRC-Region ermöglicht.
Die verbesserte Koordination zwischen den einzelnen
Märkten trägt EU-weit zu einem effizienteren Betrieb des
Stromversorgungssystems bei.
Oesterreichs Energie: Die größte Herausforderung liegt wohl
in der Systemintegration der erneuerbaren Energien. Welche
Ansätze verfolgt die ENTSO-E hier?
Thomas Karall: Wir haben heute Windkraftwerke in
Deutschland mit rund 38 GW Leistung, und täglich
werden es mehr, vor allem im Norden. Zusätzlich sind in
Deutschland rund 39 GW Fotovoltaikanlagen installiert,
vor allem im Süden. Die europäischen TSOs mussten sich
erst darauf einstellen, diese neuen erneuerbaren Energien
zu integrieren, zumal diese ja per Gesetz Vorrang in der
Einspeisung haben und konventionelle Kraftwerke
dadurch zunehmend unrentabel werden.
Diese Verwerfungen haben zu großen Problemen im Markt
geführt, das kann man heute täglich sehen. Die TSO
müssen immer häufiger in das System und damit auch in
den Markt eingreifen, um die Systemstabilität aufrecht zu
erhalten. Das klare Ziel ist daher die Gleichberechtigung
von erneuerbaren Energien und konventionellen Kraftwerken. Das heißt, es muss eine Marktreife und –integration der erneuerbaren Energien erfolgen.
Erneuerbare müssen künftig auch Systemverantwortung
übernehmen, denn ein sicherer Netzbetrieb muss auch bei
hohen Anteilen erneuerbarer Energien gewährleistet sein.
Die dezentralen und schwer planbaren erneuerbaren
Erzeugungseinheiten werden zunehmen. Zum Erhalt der
Systemstabilität werden wir aber weiterhin planbare
konventionelle Kraftwerke benötigen.
31
Oesterreichs Energie: Welche technischen und organisatorischen Veränderungen sind dazu nötig?
Thomas Karall: Die Voraussetzungen zur Realisierung
dieses Ziels sind einerseits die effiziente Nutzung der
vorhandenen Netzstruktur, gepaart mit notwendigem
Netzausbau, andererseits auch ein stark IT-getriebenes
intelligentes Zusammenspiel von Stromerzeugung, Verbrauch und modernen Netzen.
›Im ENTSO-E-Raum sind 18.000 km neue Freileitungen und 4000 km Upgrades vorgesehen.‹
Wir werden künftig eine stärkere Flexibilisierung des Lastmanagements – Stromerzeugung und -nachfrage, Prosumer,
virtuelle Kraftwerke durch Pooling/Aggregatoren – haben
müssen. Unverzichtbar ist auch die Weiterentwicklung des
Strommarktdesigns hin zur Harmonisierung der Märkte.
Um diese Ziele zu erreichen, sind verschiedene Gestaltungsoptionen möglich, die auch mit allen relevanten Akteuren
diskutiert werden müssen. Und nicht zu vergessen: Die
Anforderungen an die IT steigen ständig. Marktveränderungen in der Produktion und in der Verteilung müssen
heute in Echtzeit berücksichtigt werden. Nicht zuletzt
werden ganz neue, kurzfristige Produkte aus diesen enormen
Volatilitäten heraus entstehen – auch hier wieder Stichwort
Flexibilität. Das wird nicht ohne europäische Dimension
möglich sein, und hier bringt sich die ENTSO-E ein.
Oesterreichs Energie: Ein letzter Punkt: Transparenz ist
derzeit ein bedeutendes Schlagwort in der Energiewirtschaft.
Wie sieht es hier in der ENTSO-E aus?
Thomas Karall: Auch die ENTSO-E beschäftigt sich sehr
intensiv mit Fragen der Transparenz. Wir haben dazu die
ENTSO-E-Transparenzplattform installiert. Auf der OnlinePlattform werden unter anderem Daten zu Erzeugung, Last,
Übertragung oder Netzausfällen zur Verfügung gestellt. Der
Umfang dieser Daten zeigt, wie bedeutend ein gemeinsames
europäisches Vorgehen ist und dass sich alle Mitglieder der
ENTSO-E auch wirklich dazu bekennen. Ein Beispiel für
diesen europäischen Gemeinschaftsgeist ist auch unser
„Vision“-Package, das wir gerade erarbeiten.
32
WIRTSCHAFT
Struktur der
Stromerzeugung
ändert sich massiv
Wie sich die Herausforderungen für die Stromversorgung durch den Ausbau von Windenergie
und Fotovoltaik bewältigen lassen, war Thema der 4. Viktor-Kaplan-Lecture von Oesterreichs
Energie und der FH Technikum Wien.
Von Klaus Fischer
33
Foto: Energie Burgenland
WIRTSCHAFT
A
nfang Juni diskutierten Experten aus Forschung, Lehre
und Praxis, wie Fotovoltaik und Windkraft europaweit das
Energiesystem verändern. Zurzeit sind europaweit Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von rund 128 GW sowie
Fotovoltaikanlagen mit etwa 80 GW installiert. Der maximale
Bedarf an Leistung (Spitzenlast) liegt in den drei wesentlichen
europäischen Verbundnetzen bei 500 GW. Schon heute stellen
Wind und Fotovoltaik das Lastmanagement also vor große
Herausforderungen.
Wie Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs
Energie, einleitend feststellte, „deckten die Erneuerbaren 2013
rund 22,1 Prozent des weltweiten Strombedarfs; Österreich
nimmt mit 79 Prozent eine Spitzenstellung ein.“ Nach Berechnungen der Internationalen Energieagentur (IEA) wird weltweit bis 2040 ein Drittel des Elektrizitätsbedarfs durch
erneuerbare Energien gedeckt werden. Die EU hat beschlossen, den Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch bis 2030 auf 27 Prozent zu steigern.
Für die Stromerzeugung heißt das: Großkraftwerke verlieren
an Bedeutung, die Produktion in Kleinanlagen mit wenigen
kW Leistung, zum Beispiel Fotovoltaikanlagen, nimmt demgegenüber zu. „Dadurch werden vor allem die Verteilernetze, an
denen die Ökostromanlagen angeschlossen sind, erheblich
belastet“, warnte Schmidt. Die an günstigen Standorten
installierte Leistung übersteigt oft den regionalen Bedarf.
Deshalb sei ein neues Verständnis für die Rollen und Verantwortlichkeiten im Stromsystem erforderlich, um die in Österreich bis 2020 geplanten 4000 MW an Windkraft und 1200
MW an Fotovoltaik ohne Gefahr für die Versorgungssicherheit
in die Netze zu integrieren. Die Herausforderung durch den
Ausbau der Erneuerbaren könnten nur alle energiepolitischen
und energiewirtschaftlichen Akteure gemeinsam meistern,
stellte Schmidt klar.
Unterschätzte Entwicklung
Laut Hubert Fechner, Studiengangsleiter der FH Technikum
Wien, wurde die Entwicklung der Windenergie und der Fotovoltaik „lange Zeit unterschätzt“. So prognostizierte etwa die
IEA im Jahr 2005, Solaranlagen würden bis 2050 nicht einmal
zwei Prozent der globalen Stromerzeugung ausmachen. Im
34
WIRTSCHAFT
Jahr 2009 habe sie diesen Wert allein für Fotovoltaikanlagen
auf elf Prozent korrigiert, im Jahr 2014 auf 16 Prozent für
Fotovoltaik und weiters mehr als elf Prozent für Concentrated-Solar-Power- (CSP-) Anlagen. CSP beschreibt Technologien,
bei denen durch konzentrierte Solarstrahlung ein Medium
verdampft wird, das wie bei einem normalen thermischen
Kraftwerk eine Turbine antreibt, die ihrerseits mittels eines
Generators Strom erzeugt.
›Verteilernetze, an denen
Ökostromanlagen angeschlossen
sind, werden erheblich belastet.‹
Schon heute sind laut Fechner in Deutschland Wind- und
Fotovoltaik Anlagen mit jeweils mehr als 39 GW Leistung
installiert, die benötigte Leistung schwankt zwischen 40 und
80 GW. Er verwies auf Angaben der European Wind Energy
Association (EWEA), der zufolge im vergangenen Jahr in
Europa neue Windparks mit einer Leistung von rund zwölf
GW sowie Fotovoltaik Anlagen mit weiteren acht GW installiert wurden.
Wirkungsgrade steigen, Kosten fallen
Demgegenüber errichtete Europas E-Wirtschaft zwar auch
neue Kohlekraftwerke mit etwa 3,3 GW, nahm aber alte Kohlekraftwerke mit 7,2 GW aus dem Markt. Auch seien die Kosten
speziell für neue Fotovoltaikanlagen im Fallen, fügte Fechner
hinzu. Laut Berechnungen der IEA liegen die durchschnittlichen Kosten zurzeit zwischen 117 und 201 US-Dollar pro
MWh. Für das Jahr 2050 erwartet die Agentur einen Rückgang
auf 56 bis 78 US-Dollar. Im Steigen sind dagegen die Wirkungsgrade: Unter Laborbedingungen werden mittlerweile
bis zu 43,5 Prozent erreicht, im praktischen Einsatz immerhin
bis zu 20 Prozent.
Schon heute beeinflussen die Erneuerbaren die Preise auf den
Strommärkten erheblich und erhöhen die Anforderungen an
das Netzmanagement, sagt Fechner. Da die Kosten für Windund Solarenergie weiter sinken werden, werden diese Technologien künftig die Stromerzeugung dominieren. Dies stellt die
Energiewirtschaft und ihre Energieinfrastrukturen vor große
Herausforderungen. Zu deren Bewältigung sind geeignete
politische sowie regulatorische Rahmenbedingungen und
neue technische sowie systemische Ansätze nötig. Der FHTechnikum-Experte: „Fotovoltaik und Wind benötigen eine
massive Anpassung der Versorgungsstrukturen und des
Energiemarktes. Gefragt ist vor allem Flexibilität.“ Diese
könne grundsätzlich durch den Ausbau und die Ertüchtigung
der Netzinfrastruktur, Speicher, geeignete Erzeugungseinheiten sowie Demand Side Management bzw. durch Kombinationen dieser Technologien bereitgestellt werden. Das jeweilige
Optimum müsse im Einzelfall ermittelt werden.
Treiber der Energiewende
Andreas Dangl, Vorstandsvorsitzender der WEB Windenergie
AG, bezeichnete Windkraft und Fotovoltaik als die Treiber der
Energiewende, die seiner Ansicht nach wegen des Klimawandels unverzichtbar ist. Insofern sei es mehr als gerechtfertigt,
den Erneuerbaren mittels Subventionen „Starthilfe“ zu bieten.
Dies habe sich im Fall der Windkraft gut bewährt: „Wir sind
heute bei rund 35 bis 40 Prozent der Erzeugungskosten von
1990.“ Schon bald würden neue Technologien zur dezentralen
Stromspeicherung weite Verbreitung finden, darunter
Lithium-Ionen-Speicher. Diese ließen sich nicht zuletzt in den
Türmen der Windparks unterbringen: „Damit können wir viel
zielgerichteter in den Strommarkt gehen und beispielsweise
Regelenergie anbieten“, schildert Dangl.
Klar ist seiner Ansicht nach, dass für eine zuverlässige Versorgung mit elektrischer Energie „ein gutes Netz“ notwendig
sein wird. Die Politik müsse „schnell genug sein“, um geeignete Rahmenbedingungen für den Umbau des Energiesystems
zu schaffen. An technologischen Innovationen fehle es keineswegs, sehr wohl dagegen an notwendigen Regularien. Laut
Dangl ist die Politik „leider ein wenig träge geworden. Als man
Kaprun aufgebaut hat, ging es mit den Genehmigungsverfahren ein bisschen schneller. Die Politik bräuchte mehr Mut“.
›Die künftige Energieversorgung wird
weitestgehend auf fluktuierenden
Erneuerbaren basieren.‹
Nach Auffassung von Eva Hauser, wissenschaftliche Mitarbeiterin am „Institut für ZukunftsEnergieSysteme“ in Saarbrücken, hat die Fotovoltaik „das Energiesystem schon sehr
stark verändert. Und die Veränderungen, die noch kommen
werden, sind um einiges pikanter als das, was wir bisher
gesehen haben“.
Sie ist überzeugt, dass das künftige System zur Energieversorgung weitestgehend auf fluktuierenden erneuerbaren Energien
basieren wird. Hauser hält dies aus zwei Gründen für sinnvoll:
Erstens fallen bei Wind- und Solaranlagen keine Brennstoffkosten an, zweitens halten sich die „negativen externen
35
Foto: © Oesterreichs Energie/Andy Urban
WIRTSCHAFT
v. l. n. r. FH-Prof. Dipl.-Ing. Christian Kollmitzer, Vize-Rektor Fachhochschule Technikum Wien; Dipl.-Ing. Klaus Kaschnitz, Bereichsleiter Betrieb
Austrian Power Grid; Eva Hauser, M.A., wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts für ZukunftsEnergieSysteme Saarbrücken; Dr. Barbara
Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie; Andreas Dangl, Vorstandsvorsitzender WEB Windenergie AG; FH-Prof. Dipl.-Ing. Hubert
Fechner, MAS, MSc., Studiengangleiter FH Technikum Wien.
Effekte“ in Grenzen. Kernkraftwerke verursachten demgegenüber nur schwer zu behandelnden Atommüll, konventionelle
thermische Kraftwerke trügen zum Klimawandel bei.
Großhandelspreise sinken
Die Energiewende müsse zunächst bedeuten, „den Vorrang der
fluktuierenden erneuerbaren Energien zu sichern und auszubauen. Langfristig müssen wir die Versorgungssicherheit
mittels der erneuerbaren Energien und mittels umweltfreundlicher Flexibilitätsoptionen gewährleisten“. Dabei sei es
unverzichtbar, für eine planbare Refinanzierung von Neuinvestitionen, aber auch von Bestandsanlagen, zu sorgen.
Die Wissenschaftlerin sieht darin eine große Herausforderung: Immer wenn große Mengen an Strom aus Fotovoltaikanlagen ins Netz eingespeist werden, sinken die Großhan-
delspreise für elektrische Energie. Nehme dagegen die
Stromproduktion dieser Anlagen ab, „gehen die Preise nach
oben“. Damit ist eine Refinanzierung der Fotovoltaik über
den Markt in seiner derzeitigen Form nicht möglich. Außerdem kommen infolge der tendenziell sinkenden Strompreise
auch alle anderen Erzeugungstechnologien unter Druck. „Wir
müssen also den Strommarkt komplett ändern, wenn wir in
irgendeiner Form Erzeugungsanlagen refinanzieren wollen“,
betonte Hauser. Gelinge dies nicht, „bekommen wir vermutlich bald wirklich Probleme“.
Unverzichtbarer Netzausbau
Klaus Kaschnitz, Bereichsleiter Betrieb bei Austrian Power
Grid (APG), erläuterte, die installierte Windkraft- und Fotovoltaikleistung, insbesondere in Deutschland, aber auch in
Österreich, habe sich binnen weniger Jahre vervielfacht:
36
WIRTSCHAFT
„Wind- und Sonnenstrom sind – begünstigt durch die Förderregime in vielen Ländern Europas - mittlerweile eine
sehr relevante Größe im europäischen Strommix geworden.“
Damit haben sich jedoch auch die Herausforderungen für
das Systemmanagement deutlich erhöht, nicht zuletzt, weil
der Netzausbau nicht mit dem Ausbau der Erneuerbaren
Schritt hält.
Der Netzentwicklungsplan der APG für die kommenden zehn
Jahre sieht Investitionen von insgesamt rund 1,4 Mrd. Euro
vor. Dieses ambitionierte Programm ist, so Kaschitz „die
dringend notwendige Grundlage für eine nachhaltige und
sinnvolle Integration erneuerbarer Stromerzeugung – insbesondere aus Windkraft und Fotovoltaik in Österreich.“
davon ist die aktive Verbrauchssteuerung, deren Potenzial
jedoch „zumindest derzeit viel zu gering“ ist. Auch könnten in
zunehmendem Ausmaß Ökostromanlagen abgeschaltet sowie
Backup-Kraftwerke errichtet werden, vor allem solche, die
Erdgas als Brennstoff verwenden. Möglich ist auch der „Ausbau von Speicherkapazitäten, etwa Pumpspeichern“. Um die
Ausgleichsenergiekosten zu vermindern, schlug Kaschnitz vor,
„absehbare Windprognose-Abweichungen“ auf den IntradayMärkten zu handeln. Überdies biete sich die „Schaffung eines
Stabilisierungsanreizes“ sowie die „Erweiterung des Regelenergiemarktes“ an. So könnten etwa grenzüberschreitende
Regelkonzepte (weiter)entwickelt werden, auch die Zulassung
neuer Anbieter wie etwa Pool-Anbieter, sei eine ernst zu
nehmende Option.
›Erzeugung und Verbrauch driften
geografisch und zeitlich auseinander.‹
Aus der Sicht des Netzbetriebs bringt die Energiewende laut
Kaschnitz vor allem folgende Herausforderung mit sich:
Erzeugung und Verbrauch driften geografisch und zeitlich
auseinander. Sei der Stromaustausch zwischen Österreich
und Deutschland noch vor wenigen Jahren vom Verbrauchsverhalten bestimmt worden, richte er sich heute nach der
Einspeisung von Ökostrom. Die Netzbetreiber müssten permanent Vorschaurechnungen durchführen und die Netzbetriebsplanung international koordinieren, um „rund um die
Uhr rechtzeitig Notmaßnahmen einleiten zu können“.
Am 2. Jänner 2015 wurden laut Kaschnitz neue ImportRekordwerte erreicht. Dies machte umfangreiche Redispatch-Maßnahmen notwendig, um das Netz stabil zu halten.
Allein in Österreich kamen dafür Kraftwerke mit rund 1700
MW Gesamtleistung zum Einsatz. Binnen nur zweier Jahre,
von 2013 bis einschließlich heuer, werden sich die Redispatch-Kosten europaweit von weniger als 15 Mio. Euro auf
über 45 Mio. mehr als verdreifachen. Dazu kommen zunehmende Schwierigkeiten, Kraftwerke für Redispatch-Maßnahmen bereitzuhalten. Immer mehr solcher Anlagen würden
mangels Rentabilität vorübergehend eingemottet oder völlig
geschlossen. „Das verringert natürlich die Möglichkeiten der
Übertragungsnetzbetreiber, Notmaßnahmen zu setzen“,
warnte Kaschnitz.
Flexibilität steigern
Um das zeitliche Auseinanderdriften von Erzeugung und
Verbrauch zu bewältigen, gibt es mehrere Möglichkeiten. Eine
Info
Mit den Viktor-Kaplan-Lectures bieten
Oesterreichs Energie und die FH Technikum Wien eine Plattform zur offenen
Diskussion über die technische sowie
organisatorische Bewältigung der
Umgestaltung des Energiesystems. Die
Lectures finden seit Okotber 2013 zweimal
jährlich statt. Die bisherigen Veranstaltungen befassten sich mit Power-to-Gas, den
von Oesterreichs Energie entwickelten
Strom-Szenarien, Speichern im Netzverbund sowie der Stromproduktion mittels
erneuerbarer Energien. Näheres unter
http://oesterreichsenergie.at/veranstaltungen/victor-kaplan-lectures/die-viktor-kaplan-lectures-von-oesterreichs-energie.html
KOMMENTAR
WIRTSCHAFT
37
Kommentar
von Dr. Thomas Hofer
An unaufgeregte Diskussionen ist in der
innenpolitischen Landschaft derzeit
nicht zu denken. Vor zwei entscheidenden Landtagswahlen herrscht Hysterie.
In Oberösterreich bricht in den Umfragen nicht nur die SPÖ, sondern auch die
Landeshauptmann-Partei ÖVP ein. Dabei
hat Josef Pühringer in der ablaufenden
Legislaturperiode nicht viel falsch
gemacht. Im vierzehn Tage später wählenden Wien ist die Lage noch weit
aufgeheizter: Hier sehen selbst optimistische Genossen ihre Felle langsam, aber
sicher davonschwimmen. Selbst eine
rot-grüne Mehrheit scheint nicht mehr
gesichert.
Klar ist für alle Politik-Afficionados nur
eines: Zum großen Sieger wird in beiden
Fällen die FPÖ aufsteigen. In Oberösterreich scheint Platz 2 schon fast sicher,
und in Wien ist selbst die Führungsposition nicht gänzlich ausgeschlossen;
jedenfalls gibt es mit der Sozialdemokratie erstmals ein (echtes) Duell auf
Augenhöhe. Dafür müssen die Freiheitlichen nicht viel machen. Heinz-Christian
Straches Maxime bis zum Oktober
lautet: Nur keine Fehler machen; für
verbale Ausrutscher prädestinierte
Funktionäre schickt man am besten auf
einen ausgedehnten, bezahlten Urlaub.
Denn vom politischen Mitbewerb droht
derzeit keine bis geringe Gefahr. Anstatt
angesichts der Umfragelage in hektische
Betriebsamkeit zu verfallen und alles
Mögliche gegen den zu erwartenden
blauen Siegeslauf zu unternehmen,
verfallen die anderen Parteien in Lethargie. Man hat den Eindruck, dass SPÖ
und ÖVP ihr Schicksal akzeptiert haben
und nur noch darauf hoffen, dass der
„worst case“ dann doch nicht eintritt.
Die Hoffnung auf ein anti-blaues Wunder ist aber unbegründet. Blickt man auf
die Themenkonjunktur, beginnt sich der
politische Herbst dunkelblau einzufärben. Thema Nummer 1 ist und bleibt das
Flüchtlingsdrama – öffentliche und
veröffentlichte Meinung fallen da immer
deutlicher auseinander. Dazu kommt das
ebenfalls emotional aufgeladene nächste
Hilfspaket für Griechenland. Das ist –
gepaart mit der steigenden Arbeitslosigkeit im Land – aus Sicht der Regierenden
nur ein weiterer Brandbeschleuniger.
Hysterische
Lethargie
In Wien darf sich die FPÖ zudem bei den
Initiatoren einer möglichen „türkischen
Liste“ bedanken: Diese könnte der SPÖ
nicht nur direkt einige Stimmen aus
diesem Bereich wegnehmen. Viel entscheidender aber sind für die SPÖ
zentrale, autochthone Zielgruppen in
den Wiener Flächenbezirken. Diese
lassen sich durch solche Parteigründungen wohl noch zusätzlich verunsichern.
Ist die Umwälzung der politischen
Landschaft also nicht mehr aufzuhalten? Doch, aber dafür müssten die
anderen Parteien versuchen, die thematische Landschaft in ihrem Sinne zu
gestalten. Es bräuchte Offensive. Wenn
man sich weiter in hysterischer Lethargie übt, braucht man sich im Nachhinein
über das Ergebnis nicht zu wundern.
 Dr. Thomas Hofer
Politikberater, Buchautor und
Universitätslektor für
politische Kommunikation
www.hppa.at
38
WIRTSCHAFT
WIRTSCHAFT
COVER-STORY
39
Mehr „Kohle“
für weniger
Kohle
Beim BDEW-Kongress Ende Juni in Berlin zeichneten
sich bereits die Entscheidungen der deutschen Bundesregierung für ihre künftige Energiepolitik ab. So
wurde etwa die Stilllegung der größten CO2-Verursacher
beschlossen und dass es dafür Geld geben soll.
Foto: RWE
Von Stefan May
40
WIRTSCHAFT
V
on 23. bis 25 Juni fand in Berlin der diesjährige Kongress
des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft
(BDEW) statt. Ein recht ungünstiger Zeitpunkt, denn er lag
genau eine Woche vor dem Treffen der großkoalitionären
Politspitzen, bei dem diese die lange erwarteten Pfähle in der
deutschen Energiepolitik einzuschlagen gedachten. Doch wer
dem Vortrag von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel genau
zuhörte, der konnte schon einiges heraushören, was dann am
1. Juli fix auf Politebene beschlossen wurde.
„Wir versuchen die Fäden der Energiewende in dieser Legislaturperiode zusammenzufügen“, hatte Gabriel seiner Rede
vorausgeschickt. Es gebe zwei Vorschläge: zum einen den
von ihm erdachten Klimabeitrag für Kohlekraftwerke. Da sah
sich Gabriel allerdings schon seit Längerem einer breiten
Phalanx aus Gewerkschaft, Union und Bundesländern mit
starkem Kohle-Verstromungsanteil gegenüber, weshalb er
beim BDEW-Kongress eine Alternative aus dem Hut zauberte: „Statt eines Klimabeitrags bringen wir die KohleKraftwerke schrittweise zur Stilllegung und ersetzen sie
durch neue Gas-Kraftwerke. Ein zweiter Schritt ist die
Stilllegung von mindestens 2,7 GW an Braunkohle-Kraftwerken.“ Das bringe 12,5 t an CO2-Einsparung. Obwohl sich der
Minister beiden Varianten gegenüber neutral gab, war klar:
Gabriels Klimaabgabe war gefallen.
›Es gibt geopolitische Unsicherheiten,
aber keine Krise im Energiemarkt.‹
dahin widerspenstigen – bayrischen Ministerpräsidenten
Horst Seehofer die Zustimmung zum Ausbau der dringend
benötigten Nord-Süd-Stromtrassen abringen wolle: „Unser
Vorschlag ist, den Ostlink auf bestehender Trasse zu führen
und die letzten Kilometer unter der Erde sowie den Südlink
mit alternativer Trasse“. Dabei sollten vermehrt „vorhandene
Trassen durch ein ,Dazuhängen‘ genutzt werden“. Allerdings
schränkte Gabriel ein, dass es Erdverkabelungen nur über
kurze Strecken geben werde, die technisch möglich seien und
bei denen sich „die Mehrkosten im Vergleich zu Ausbauverhinderung in überschaubarem Ausmaß“ hielten. Genauso
wurde es dann am 1. Juli politisch vereinbart.
Weil es bei der Energiewende bisher nicht gelungen sei, einen
gemeinsamen Weg zu finden, zeigte sich jedenfalls SiemensChef Joe Kaeser bei seinem Statement skeptisch: „Von den
Politikern muss man erwarten, dass sie führen, auch wenn sie
in der nächsten Legislaturperiode nicht mehr gewählt werden“, sagte er. „Das ist der Unterschied zwischen Politikern
und Staatsmännern.“ Deutschland sei in eine Schieflage
geraten, da es eine Reihe von Unternehmen gebe, die an der
Energiewirtschaft hängen, so der Siemens-Vorsitzende. „Ohne
Innovation wird es nicht gehen. Je größer die digitale Kompetenz ist, umso besser werden wir es schaffen.“ Es müsse der
Gesellschaft klar gemacht werden, dass Stillstand nicht die
Bewahrung des Wohlstands sei. „Wer stillsteht, wird überholt“, sagte Kaeser. Er verwies darauf, dass Energieeffizienz
verbrauchsorientiert sei und ihre größten Potenziale in der
Industrie liegen.
Und so kam es dann auch: Die stillzulegenden Kohlekraftwerke werden als Reserve gehalten. Und: Statt eine Klimaabgabe zahlen zu müssen, erhalten die Betreiber nun Geld
vom Staat, um die Betriebe stillzulegen. Das spart aber nur
die Hälfte jener CO2-Mengen ein, die bei der Abgabe vorgesehen waren.
Wenige Tage danach entschied die deutsche Bundesregierung
dann: Energiesparen soll gleichzeitig weitere 5,5 Mio. t CO2
vermeiden. Für die Förderung von mehr Energieeffizienz
sollen ab nächstem Jahr zusätzlich rund 1,16 Mrd. Euro über
den Energie- und Klimafonds des Bundes bezahlt werden.
„Das ist nur möglich, weil wir eine ausgesprochen gute wirtschaftliche Lage haben“, sagte Gabriel. Insgesamt wird das
Energiepaket aber auch aus Steuern bezahlt werden.
Fördergrenze erweitert
Weichenstellung oder Scheitern
Der Wirtschaftsminister hatte aber noch anderes beim BDEWKongress angekündigt, was eine Woche später in der Koalition
beschlossen wurde. „Wenn wir uns für Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) entscheiden, werden einige von Ihnen auf den
Bäumen sein, weil KWK etwas kostet“, hatte er vorsorglich
deponiert. Tatsächlich wird nun die Fördergrenze der Anlagen
von 0,75 auf 1,5 Mrd. Euro aufgestockt.
Aber auch wenn Gabriel in seiner Rede betont hatte, dass es
mehr Marktwirtschaft in der Energiewirtschaft mit dem Ziel
von mehr Berechenbarkeit brauche, war die Vorsitzende der
BDEW-Hauptgeschäftsführung, Hildegard Müller, nicht
milde zu stimmen: „Man wird auf das Jahr 2015 als das Jahr
der Weichenstellungen oder als Jahr des Scheiterns zurückblicken“, sagte sie vor dem Kongress. Bisher habe es lediglich Aktionspläne, unreife Positionspapiere und ein Grünbuch gegeben.
Schließlich kündigte er bei der Tagung an, wie er dem – bis
WIRTSCHAFT
COVER-STORY
41
„Der Weg in die Dekarbonisierung muss klug gewählt werden“, mahnte Müller. Nach wie vor käme die Energie in
Deutschland zu 46 Prozent aus Braun- und Steinkohle. Die
BDEW-Geschäftsführerin verlangte nicht nur einen Zertifikathandel, sondern als „ersten und wichtigsten Stützpfeiler“
auch einen funktionierenden Markt. Zwar ist sie damit einer
Meinung mit dem Wirtschaftsminister, doch am „Wie“ scheiden sich die Ansichten.
Foto: RWE
›Diversifizierung, Infrastruktur und stabile
Märkte sind die Garantie für Sicherheit.‹
„Der Markt muss Knappheitssignale senden. Klar ist, dass wir
quasi Gürtel zum Hosenträger brauchen, eine Reserve für den
Notfall“, sagte Gabriel. Ein Kapazitätsmarkt bringe aber die
Gefahr einer Störung des Strommarkts, mit steigenden Kosten. „Deshalb bin ich entschieden gegen das BDEW-Modell“,
so der Politiker. „Zudem gibt es Überkapazitäten. Ein nationaler Kapazitätsmarkt würde dazu führen, dass sich die Nachbarländer darauf verlassen, dass deutsche Stromkunden
schon zahlen würden, wenn dort Knappheit droht.“ Die größte
politische Herausforderung des Jahres würden die Fragen des
Strommarkts sein, Fragen nach seinem Design.
Gesicherte Leistung für die Zukunft
Was die Regierung vorschlägt, ist zwar in Ordnung, aber
nicht ausreichend. Das war der Tenor der Diskussion über die
Zukunft der gesicherten Leistung beim BDEW-Kongress. In
Bezug auf den Kapazitätsmarkt sehe man an anderen Ländern, dass er funktioniere, sagte Rolf Martin Schmitz, Stellvertretender RWE-Vorsitzender. „Aber man muss sich auf
Grundlinien einigen, damit es keinen Wildwuchs gibt.“ Wenn
man staatlicherseits Kapazitätsreserven einführe, werde es
allerdings nicht funktionieren. Überschaubare Regelungen
müssten vorgeben werden, verlangte Schmitz. „Ausstieg,
Einstieg, Ausstieg aus Kernenergie – wir fahren eine Geisterbahnfahrt sondergleichen“, kritisierte er den politischen Kurs.
Würde der Kapazitätsmarkt 2018, also nach den nächsten
Bundestagswahlen im übernächsten Jahr, eingeführt, würde
er erst 2023 greifen. Da müsse man sehen, dass man mit dem
Instrument nicht zu spät komme, warnte der RWE-Manager.
Allerdings: „Beim Gas haben wir keine Kapazitätsprobleme.
Dafür brauchen wir, anders als beim Strom, keine staatlichen
Interventionen, um Engpässe zu beseitigen.“
„Knappheitssignale sind etwas Wunderbares“, stimmte Florian Bieberbach, Vorsitzender der Geschäftsführung der
Stadtwerke München, der Forderung des Wirtschaftsministers nach dem Spiel der Marktkräfte zu. Die Frage sei aber, ob
es ein vernünftiges Marktsignal sei, wenn der Strompreis eine
Zeit lang gleich Null und dann riesig hoch sei. „Wer wird
investieren, wenn man auf ein paar Stunden im Jahr mit
aberwitzig hohem Strompreis wartet?“, fragte Bieberbach.
Harmonisierung im Herzen Europas
„Wir brauchen möglichst viel Europa im Strommarkt“,
forderte der Münchner Stadtwerke-Manager. „Deshalb
begrüße ich es, wenn die EU einen Rahmen für einen europäischen Leistungsmarkt schafft.“ De facto seien alle der
Meinung, dass es eine Harmonisierung zumindest im Herzen
Europas geben solle. Bieberbachs Fazit: „Wenn sich der
Pulverdampf verzogen hat, müssen wir weiter inhaltlich
miteinander reden.“
Auch Han Fennema, CEO der niederländischen Gasunie,
sprach sich für eine europäische Annäherung aus: „Wir
haben in Europa nicht 28, sondern eine einzige Energiewende“, sagte er. Die Niederlande seien abhängig von ihren
Nachbarn. Der Gasbedarf werde in den nächsten 50 Jahren
gleich bleiben. Deshalb sollte man sich unabhängiger vom
russischen Import machen.
Stephen Woodhouse, Direktor von Pöyry Management Consulting in Oxford, sah viel Übereinstimmung in der Diskussion,
warnte aber davor, einen stabilen Kapazitätsmarkt zu erwarten, weshalb es nur ein Minimum an Regulierung geben sollte.
Ein Land, das für Europa als Hort gesicherter Leistung steht,
ist Norwegen. Seit den frühen 1990er Jahren sei das Land Teil
42
WIRTSCHAFT
Foto: BDEW
werden. Vom Stromtransport über die Grenzen könnten beide
Seiten profitieren, sagte er. Gas wiederum könne eine wichtige
Reserve für die erneuerbaren Energien sein. Mit drei Pipelines durchs Meer ist Deutschland der wichtigste Partner
beim Erdgas.
v. l. n. r.: Hildegard Müller, Vorsitzende BDEW-Hauptgeschäftsführung;
Dr. Maroš Šefcovic, Vizepräsident Energieunion; Sigmar Gabriel,
Deutschlands Bundesminister für Wirtschaft und Energie; Dipl.-Ing.
Johannes Kempmann, BDEW-Präsident.
des Energiebinnenmarktes, sagte Kare Fostervold, Vizeminister im norwegischen Energieministerium. Mehr als 30.000
MW Wasserkraft sind installiert und können gespeichert
„Wenn man sich entscheidet, weniger Erdgas zu verwenden,
würde das weniger Sicherheit bei der Versorgung bedeuten“,
bestätigte Tor Martin Anfinnsen, Vizepräsident des norwegischen Ölproduzenten Statoil. Eine langfristige Perspektive für
Erdgas sei wichtig. „Vor Entwicklung eines neuen Feldes muss
geklärt sein, ob auch noch in Jahrzehnten Bedarf dafür besteht“,
meinte Anfinnsen. Steigendes Interesse an langfristigen Verträgen über Erdgas sei ein klares Zeichen, dass europäische Verbraucher Erdgas als Energieform für die Zukunft sehen.
Mehr Beachtung für KWK
„Ein Problem der Vergangenheit war, dass Energie aus
dem nationalen Blickwinkel gesehen wurde“, sagte Maroš
Šefcovic. Dass er in seiner Funktion als Vizepräsident der
Energieunion in der EU vor dem BDEW-Kongress sprach,
zeigte, dass sich die Zeiten geändert haben. „Die Energie
Union kann nicht in Brüssel aufgebaut werden, sie muss
hier in Berlin, Leipzig, in der EU geschaffen werden“,
unterstrich er. Beim Thema Klimawandel brauche man
auch „die restliche Welt“.
Dafür muss es aber die passende Basis geben. Der Energiebeauftragte der Union im Bundestag, Thomas Bareiß, ist sich
dessen bewusst: „Die Politik muss das Spielfeld definieren.“
Beispiel Kraft-Wärme-Kopplung (KWK): Sie könne strom- oder
wärmegeführt werden, so Bareiß. „Wir müssen vorankommen
und Rahmenbedingungen für Investoren schaffen, sowohl für
industrielle KWK als auch für kommunale Anlagen.“
Ein zweiter Schritt betreffe die Versorgungssicherheit. Die
Energieunion wolle eine größere Streuung, alle Möglichkeiten erforschen, das Portfolio zu erweitern, so Šefcovic.
Dafür wolle man den Mittelmeerraum entwickeln. Und:
„Die Energiedirektive muss updated werden“. Im Herbst
soll ein Forschungs- und Innovationsprogramm präsentiert werden, Ende des Jahres das Ergebnis der eigenen
Vorschläge zur Gas-Sicherheit. Für nächstes Jahr stehen
Verkehr und Dekarbonisierung auf der Liste. „Deutschlands Wirtschaft, Verpflichtung und Geografie sind
Schlüsselfaktoren für Europa“, sagte der EnergieunionsVertreter und schloss hoffnungsfroh: Von der Energiewende sei Ähnliches zu erwarten wie von der Digitalisierung in den letzten 15 Jahren.
„Es ist eine halbe Minute nach zwölf Uhr“, konterte Udo Wichert,
Sprecher der STEAG-Fernwärme-Geschäftsführung. „Die Anlagen
sind Schritt für Schritt betroffen, und danach werden KWKAnlagen stillgelegt. Das wird dazu führen, dass man 56 Mio. CO2,
die die KWK jährlich einspart, mutwillig zur Disposition stellt.“
Halbe Minute nach zwölf Uhr
„Die KWK-Förderung ist positiv begleitet“, beruhigte Garrelt
Duin, Wirtschaftsminister von Nordrhein-Westfalen: „Wir in
NRW haben ein 250-Mio-Euro-Programm für KWK.“ Allerdings
hätte man das Thema schon früher gemeinsam diskutieren
können, räumte er ein: „Es ist viel schiefgelaufen. Viele Unternehmen sind schon in Schwierigkeiten. Wenn wir ganzheitlich
gedacht hätten und – zumindest nach Fukushima – konzentrierter die Sache angegangen wären, dann wäre uns heute wohler.“
KOMMENTAR
COVER-STORY
43
Kommentar
von Dr. Christof Zernatto
„Strom machen kann jetzt einfach jeder –“,
mit diesem Slogan wirbt die Ökostrom AG
auf ihrer Website für eine so genannte
Plug-in-Fotovoltaik-Anlage mittels Schukostecker. Laut Ökostrom AG ist „Simon
eine revolutionäre Solaranlage, die dank
handlicher Größe auch erstmals in der
Stadt verwendet werden kann und dich in
drei Schritten zur hausgemachten Energie
bringt“. Als Hersteller outet sich das
Unternehmen energetica, auch Greenpeace Energy ist mit von der Partie.
Soweit die frohe Botschaft.
Ein wenig mulmig ist den Anbietern des
Solarwinzlings aber dennoch, denn sie
bezeichnen die aktuelle Rechts- und
Vorschriftenlage in Österreich als hinderlich zur Erreichung der energiepolitischen Ziele und stellen diese in Frage. Sie
sind der Ansicht, dass solche KleinFotovoltaikanlagen, die von Laien erworben und ohne Beiziehung einer Elektrofachkraft durch Einstecken in eine
Schutzkontaktsteckdose selbst in Betrieb
genommen werden können, sicher seien.
Das ist aber ein Trugschluss.
Über Schutzkontaktsteckdosen kuppelbare Anlagen bergen ein beträchtliches
Sicherheitsrisiko für Personen und
Sachen und sind deshalb in Österreich
und auch in Deutschland verboten.
Die Einspeisung von Strom an falscher
Stelle kann nämlich dazu führen, dass
die Schutzschalter der Wohnung nicht
mehr richtig funktionieren. Es kann
auch passieren, dass es zu Stromschlägen kommt. Außerdem besteht Brandund Überlastungsgefahr; wer garantiert
denn, dass nicht besonders umweltbegeisterte „Simonistas“ vier oder fünf
Simons an eine Steckdose hängen?
Die Inbetriebnahme bewirkt auch eine
Reihe von Rechtsverstößen, beispielsweise gegen das Elektrotechnikgesetz,
die TOR, die EN 50438 die ÖVE ÖNORM
E 8001, die TAEV II., die Vereinbarungen
des Netznutzungsvertrags mit dem
jeweiligen Netzbetreiber und die Allgemeinen Netzbedingungen. Der Netzparallelbetrieb einer Erzeugungsanlage
ohne Zustimmung des Netzbetreibers
berechtigt diesen letztlich sogar zur
Abschaltung der Gesamtanlage. Zudem
entsteht das Faktum einer Abgabenhinterziehung bei rückwärts laufenden
Zählern, weil dann Netznutzungs- und
Netzverlustentgelte, Ökostromförderbei-
Simon,
der Illegale
träge, Elektrizitätsabgabe und Umsatzsteuer auf die gesamten vermiedenen
Zahlungen nicht entrichtet werden.
Dass auch der Netzbetrieb durch Anlagen, die nicht fachgerecht installiert
und dem Netzbetreiber bekannt sind,
erschwert würde, kommt noch hinzu.
Prinzipiell zeigt das Beispiel Simon,
dass sich die technologische Entwicklung im Elektrizitätsbereich nicht
immer mit der der Vorschriftenlage
und den Sicherheitsvorgaben verträgt.
Sinnvoll wäre es, derartige Fragen im
Vorfeld zu klären und einen Weg zu
finden, wie Normen und neue Situationen rasch versöhnt werden können.
 Dr. Christof Zernatto
Sprecher des Forums
Versorgungssicherheit
Foto: Mainova AG
44
WIRTSCHAFT
WIRTSCHAFT
COVER-STORY
45
„Energieprojekte
haben Top-Niveau“
Wie die Elektrizitätswirtschaft die Energiewende technisch
erfolgreich bewältigen will, zeigte sich bei der Mainova AG
in Frankfurt am Main.
Von Klaus Fischer
A
ls Energiedrehscheibe der Zukunft wird Strom fossile
Energie ersetzen und den Antrieb für effiziente Maschinen
liefern“, unterstrich Barbara Schmidt, Generalsekretärin von
Oesterreichs Energie anlässlich einer Pressereise zur Mainova
AG in Frankfurt am Main, dem größten regionalen Energieversorger Hessens. Laut Schmidt arbeitet die Elektrizitätswirtschaft in Österreich, aber auch in Deutschland, „mit voller
Kraft daran, die Energiewende zum Erfolg zu machen“. Ein
Vorhaben dieser Dimensionen könne „kein Sektor allein durchziehen“. Bekanntlich sei die E-Wirtschaft seit jeher gewohnt, in
Netzwerken zu denken – umso mehr in der heutigen Zeit, in der
es gelte, europaweite Zusammenhänge in den Blick zu nehmen.
Laut Schmidt bringt es wenig Nutzen, gestützt auf hohe Subventionen „viel Strom am falschen Ort zu erzeugen. Wir müssen
dafür sorgen, dass die richtige Energie am richtigen Ort immer
zur rechten Zeit verfügbar und nutzbar ist.“ Ihr zufolge ist dies
der „Schlüssel für die Energiezukunft“.
Zwar arbeiteten nicht zuletzt die Regulatoren seit nunmehr
zwei Jahrzehnen daran, die Netzwerke der E-Wirtschaft
46
WIRTSCHAFT
aufzuteilen und zu „entbündeln“, doch werde es gerade
angesichts der Herausforderungen durch die Energiewende
immer wichtiger, über den Tellerrand hinauszublicken und
nicht nur individuelle Unternehmensziele sowie -strategien
zu beachten. Vielmehr müsse das Gesamtsystem der Energieversorgung in all seinen vielfältigen Zusammenhängen und
Wechselwirkungen betrachtet werden, so Schmidt.
Rein rechtlich hätten die Netzbetreiber noch immer die Pflicht,
die Versorgungssicherheit mit allen Mitteln zu gewährleisten.
„Aber ohne entsprechende Unterstützung seitens der Stromerzeuger und neuer Marktteilnehmer sind sie weitgehend machtlos“, warnte die Generalsekretärin. Gefragt für das Gelingen
der Wende seien auch „neue Technologien und eine neue Art der
Kooperation aller Systemteilnehmer“.
In Deutschland entfallen derzeit rund 26 Prozent der Stromerzeugung auf Fotovoltaikanlagen und Windparks. Deutschen
Energiemarktexperten zufolge werden die Preise an den Großhandelsplätzen und die verfügbaren Strommengen in den
kommenden Jahren und Jahrzehnten immer stärker schwanken. Erreicht die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien
das Niveau des Verbrauchs, wird der Großhandelspreis für
Strom für bis zu 3000 h/Jahr bei null liegen.
Roadmap „Smart Grids“
Spätestens dann würden neue Technologien, etwa im Bereich
der Stromspeicherung, unbedingt benötigt, um die strukturelle Stabilität der Stromversorgung aufrechtzuerhalten,
erläuterte Schmidt. Wie sie hinzufügte, „agieren die Unternehmen der österreichischen E-Wirtschaft mit ihren Projekten
auf europäischem Top-Niveau und sind beispielgebend in
vielen Bereichen. Aktuell ist Österreich auch führend bei der
Erstellung der neuen Roadmap Smart Grids.“
von Oesterreichs Energie als Vorstand für das Technik-Ressort der Mainova AG zuständig war. Birkner - er verließ das
Unternehmen Ende Juni 2015 - bezeichnete die immer wieder
auftretenden Über- und Mindererzeugungen als „immanente
Bestandteile eines auf den regenerativen Energieträgern Wind
und Sonne basierenden Energiesystems“. Doch diese Volatilität auf der Erzeugerseite lasse sich durch die Kopplung der
Energieträger Strom, Wärme und Gas beherrschen.
Den städtischen Ballungsräumen komme dabei im Wesentlichen die Rolle „natürlicher Puffer und Speicher der Energiewende“ zu. Demgegenüber würden die ländlichen Regionen
„tendenziell die regenerative Erzeugung übernehmen und
stromfokussiert sein“. Als „Kernprinzipien einer kostenoptimierten Umsetzung der Energiewende“ bezeichnete Birkner
die „technische Subsidiarität“, die Modifikation der bestehenden Infrastruktur und schließlich Diversifizierung als
stabilisierendes Element.
Das Prinzip der „technischen Subsidiarität“ erläuterte
er dabei so: Es gelte, das Problem des Energiebilanzausgleichs dort zu lösen, wo es auftritt, von der Ebene des
gesamteuropäischen Übertragungsnetzes bis – zumindest
grundsätzlich – hinunter auf die Ebene einzelner Gebäude.
Mit „technischer Diversifikation“ ist dabei die „Kombination
von verschiedenen Erzeugungs- mit verschiedenen Verbrauchsmustern zur Systemstabilisierung und zum Energiebilanzausgleich“ gemeint. So lassen sich etwa Solar- und
Windkraftanlagen mit Biomasse-Kraft-Wärme-Kopplungen
ergänzen. Der Begriff der „technische Modifikation“ schließlich beschreibt die „Nutzung und Ergänzung der vorhandenen Infrastruktur im Sinne der Energiewende“, also etwa
das Verwenden des Fernwärmesystems und des Gasnetzes
als Energiespeicher.
Ganzheitliche Betrachtung
›Der Strombedarf wird
nicht erheblich steigen.‹
Österreichs E-Wirtschaft kennzeichne sich durch eine Vielfalt
an Projekten, die sich gerade auch durch die unterschiedlichen Anforderungen in den einzelnen topografisch stark
differenzierten Regionen ergebe.
Einen Überblick über die neuen Technologien und deren Einsatzreife bot Peter Birkner, der zum Zeitpunkt der Pressereise
Es sei notwendig, die Energiewende ganzheitlich zu betrachten und die Interdependenzen zwischen der Technik, dem
rechtlichen sowie regulatorischen Ordnungsrahmen, den
Bürgern, der Finanzwirtschaft sowie Industrie, Gewerbe und
den unterschiedlichen Arten der Mobilität zu berücksichtigen.
Entscheidend für den Erfolg der Energiewende sei ein wohldurchdachtes Management des Transformationsprozesses.
Laut Birkner stellen sich dabei insbesondere folgende Fragen: „Wann brauchen wir welche Technik? Wie ist der technologische Fortschritt? Wie hoch ist die Transformationsgeschwindigkeit?“ Wie er erläuterte, setze die Energiewende
„auf regenerative Energie unter den von der Ethikkommis-
WIRTSCHAFT
COVER-STORY
sion definierten Bedingungen“. Doch die Realität halte diesem Anspruch bisher schwerlich Stand.
Zwar würden die Erneuerbaren rasch ausgebaut und die
Kernkraftwerke außer Betrieb genommen, doch die Forderungen der Ethikkommission – kein Anstieg der CO2-Emissionen,
keine zusätzlichen Stromimporte aus ausländischen Kernkraftwerken, Gewährleisten der Wettbewerbsfähigkeit der
Wirtschaft, Vermeiden sozialer Instabilität durch hohe Energiepreise und ein Halten der Netzstabilität auf hohen Niveau
– würden bis dato wohl eher nur unzureichend erfüllt.
›Die Energiewende kann kein
Sektor allein durchziehen.‹
47
teils erhebliche Vorbehalte gegen den Ausbau der Stromnetze
bestünden, meint man bei der Mainova AG, wo betont wird,
dass nur thermische und chemische Speicher das - durch die
Energiewende geforderte - Speichervolumen bieten.
Die Mainova selbst betreibt am Standort Niederrad in
Frankfurt zwei Elektroerhitzer mit einer Leistung von
jeweils vier MW. Power-to-Heat lässt sich technisch relativ
einfach umsetzen, erlaubt die direkte Einspeisung der
erzeugten Wärme in das Fernwärmenetz und macht es
überdies möglich, negative Regelleistung sowie Wärmeenergie zur Verfügung zu stellen. Die künftige Flexibilität
des Frankfurter Fernwärmesystems mit seinen KWK sieht
Birkner gerade darin, die Wärme- und die Stromproduktion
entkoppeln zu können.
Power-to-Gas-Anlage im Probebetrieb
Schon jetzt übersteigt die verfügbare konventionelle und installierte regenerative Stromerzeugungsleistung die zur gleichen
Zeit benötigte und damit nutzbare Leistung in erheblichem
Ausmaß. Infolgedessen wird jedoch Einsatz von Stromspeichern unverzichtbar – und das wegen der hohen Erzeugungsleistungen der dezentralen erneuerbaren Energien gerade
auch auf lokaler Ebene. Dies gelte umso mehr, als – ähnlich
wie in Österreich auch in Deutschland – in der Bevölkerung
Aktiv ist die Mainova aber auch im Bereich Power-to-Gas, also
grob gesprochen der elektrolytischen Erzeugung von Wasserstoff aus Wasser mittels Gleichstrom aus Wind- und Fotovoltaikanlagen. Die dazu erforderliche Anlage (Elektro-lyseur)
der Thüga-Gruppe, die 24,4 Prozent der Mainova-Aktien hält,
befindet sich in Frankfurt und ist derzeit im Probebetrieb. Sie
kann bis zu 60 m³ Wasserstoff/h erzeugen. Ihre elektrische
Leistung liegt bei 320 kW, der Wirkungsgrad bei 77 Prozent.
Mit Innovationen punkten:
von Power-to-Heat bis iNES
Die Mainova AG will die Energiewende nicht zuletzt mit
innovativer Technik bewältigen. In ihrer seit Kurzem in
Betrieb befindlichen „Power-to-Heat“-Anlage mit insgesamt
acht MW Leistung erzeugt sie aus überschüssigem Ökostrom
Fernwärme, mit der sie vor allem den Flughafen Frankfurt
versorgt. In den Sommermonaten kann sie damit seinen
Wärmebedarf zu etwa einem Drittel decken und rund 800 l
Heizöl pro Stunde sparen.
Schon seit 2014 betreibt die Mainova im Auftrag ihres Miteigentümers Thüga eine Power-to-Gas-Versuchsanlage, die wie
die Power-to-Heat-Anlage zum Speichern von (Öko-)Strom
dient. Deren Kernstück ist ein Protonen-Austausch-Membran(PEM-)Elektrolyseur, der mit Gleichstrom Wasser in Sauerstoff
und Wasserstoff zerlegt und pro Stunde etwa 60 m³ Wasserstoff erzeugt. Die Anlage soll 2016 erweitert werden, um aus
dem Wasserstoff durch Reaktion mit CO2 Methan (CH4) zu
erzeugen, das ins Erdgasnetz eingespeist werden kann.
Überdies nutzt die Mainova organische Solarzellen zur
Ökostromerzeugung. Dabei handelt es sich um transparente
Kunststofffolien, die auch bei diffusem Licht und bei künstlicher Beleuchtung Strom produzieren können. Aufgrund ihrer
Flexibilität sind die Folien weitaus vielfältiger einsetzbar als
normale Fotovoltaikmodule. So lassen sie sich etwa auf Fassaden anbringen oder in Fensterglas integrieren.
Auch hinsichtlich des Stromtransports ist die Mainova innovativ unterwegs. Im Rahmen ihres „intelligentes Ortsnetzsystems“ (iNES) dienen 15 Messstationen in zwei Netzgebieten
schon seit 2012 zur Netzüberwachung und seit heuer auch zur
Netzsteuerung. Für den sicheren Netzbetrieb genügt es, rund
zehn bis 15 Prozent der Netzknoten mit der iNES-Hardware
auszurüsten. Zurzeit entwickelt die Mainova das Nachfolgeprojekt „iNES 2.0“, um auch das Mittelspannungsnetz intelligent
zu machen.
48
WIRTSCHAFT
Man geht davon aus, den Wasserstoff schon bald zu für die
Industrie akzeptablen Preisen anbieten zu können, wenn es
gelingt, die Herstellungskosten für den Elektrolyseur moderat
zu senken und wenn keine Ökostrom-Aufschläge auf den
eingesetzten Strom bezahlt werden müssen.
Im Kostenvergleich der Speicher zeigt sich Power-to-Heat
gegenüber Power-to-Gas allerdings zurzeit klar überlegen,
rechnete Birkner vor. Die Investitionskosten für eine Powerto-Gas-Anlage liegen bei etwa 2,86 Mio. Euro/MW, jene für
Power-to-Heat hingegen nur bei 0,15 Mio.
Manager komplexer Systeme
Die Energiewende ziele darauf ab, „steigende Brennstoffkosten
durch Kapitalkosten zu ersetzen“. Dass der Strombedarf erheblich steigt, erwarten die Experten bei Mainova nicht. Vielmehr
werde dieser in etwa konstant bleiben. Allerdings werden bisher
nichtelektrische Anwendungen künftig durch elektrische ersetzt
werden. Als Beispiele genannt: die Erzeugung von Wärme im
Sinne von Power-to-Heat, aber auch die E-Mobilität.
Foto: Mainova AG
Den Energieunternehmer der Zukunft sieht man jedenfalls
als „Manager komplexer Systeme“ sowie als „Katalysator und
Moderator“ dezentraler Komponenten und Strukturen. Bei der
Mainova AG geht man davon aus, dass die bisher gewohnten
Geschäftsmodelle durch kleinteiligere Strukturen und neue
Marktteilnehmer abgelöst werden.
Organische Fotovoltaik auf dem Konzerngelände der Mainova AG
E-Wirtschaft mit Zukunftstechnologien
auf Innovationskurs
Leonhard Schitter, Vorstand der Salzburg AG und bei Oesterreichs Energie für Forschung und Innovation verantwortlich,
sieht mehrere Faktoren, durch die sich die Energiewirtschaft
in den kommenden Jahren stark verändern wird. Neben dem
Ausbau der erneuerbaren Energien und der Steigerung der
Energieeffizienz über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg handelt es sich dabei vor allem um die „IKT-Revolution“
und die rapid voranschreitende Digitalisierung der gesamten
Wirtschaft. Bei der Pressereise zur Mainova erläuterte
Schitter, die Versorgungssicherheit sei künftig durch das
Zusammenspiel von intelligenter Vernetzung, optimaler
Steuerung von Netzen und Erzeugungsanlagen sowie leicht
bedienbaren Instrumenten für Kunden zu gewährleisten.
Die E-Wirtschaft sollte seiner Ansicht nach kontinuierlich
Smart-Grid-Projekte entwickeln. Dafür müssten Politik und
Verwaltung „optimale Rahmenbedingungen“ bereitstellen.
Schitter empfiehlt eine „Sonderstellung“ für entsprechende
Investitionen im Rahmen der Anerkennung der Netzkosten.
Auch die politischen Rahmenbedingungen für die Energieforschung sind Schitter zufolge verbesserungswürdig. Zurzeit fließen in Österreich rund 0,05 Prozent des Bruttoinlandsprodukts
(BIP) in Energieforschung. Ein beträchtlicher Teil davon entfällt auf die Mitglieder von Oesterreichs Energie, die einschlägige Vorhaben häufig gemeinsam über Oesterreichs Energie
Forschung & Innovation finanzieren. Wie Schitter erläuterte,
betreibt die E-Wirtschaft unter anderem Forschungsturbinen,
untersucht das Leistungsspektrum verschiedener Stromerzeugungstechnologien im Bereich Fotovoltaik, entwickelt und
testet Prognosemodelle für den Einsatz erneuerbarer Energien
und arbeitet an einer Reihe von Systemen für die künftige
smarte Stromversorgung. Viele dieser Zukunftstechnologien
haben sich laut Schitter bereits in der Praxis bewährt.
BRENNPUNKT
EUROPA
COVER-STORY
49
EU-Kommission eröffnet Konsultation zum Marktdesign und
diskutiert Vorschläge zu Großhandel und Endkundenmarkt
Im EU-„Sommerpaket“: ein legislativer Vorschlag zur ETS-Reform, Best Practices zum
Energieeigenverbrauch, eine neue Energieeffizienzkennzeichnungsverordnung
Von Ralf Pastleitner
Die Europäische Kommission hat am 15.
Juli 2015 eine Mitteilung veröffentlicht,
die den Konsultationsprozess für ein
neues Energiemarktdesign einleiten
soll. Stakeholdern soll die Möglichkeit
gegeben werden, sich bis zum 8. Oktober
2015 zu diesem bedeutsamen Thema einzubringen. Die Kommission geht davon
aus, dass das bestehende Marktkonzept
von Grund auf angepasst werden muss,
da es auf zentrale große Erzeugungsanlagen für passive Kunden ausgerichtet
ist und die dezentrale Erzeugung nicht
mehr abdecke. Die Mitteilung spricht
drei Themenkomplexe an:
• ein europäischer Strommarkt
• verbesserte regionale Kooperation
• Versorgungssicherheit und Kapazitätsmechanismen
Potenzial zur Stärkung des Strommarktes der Zukunft sieht die Kommission
unter anderem bei der Integration der
Erneuerbaren in den Markt, der Verzahnung von Großhandels- und Endkundenmarkt, der fortschreitenden Integration
des Energiebinnenmarktes durch
bessere Infrastruktur im Rahmen der
Projects of Common Interest (PCI) sowie
in der Errichtung grenzüberschreitender
Kurzfristmärkte.
Mit verbesserter regionaler Kooperation meint die EU-Behörde vor allem
eine stärkere Zusammenarbeit der
Mitgliedstaaten bei der Entwicklung
ihrer nationalen Energiepolitiken. Als
positive Beispiele werden unter anderem
das „Pentalaterale Forum“ oder die
neu geschaffene „South-West Europe
Interconnectivity Group“ genannt. Die
grenzüberschreitende Vernetzung der
Verbindungsleitungen der Mitgliedstaaten muss zügig vorangehen, ebenso
die Koordination der Aktivitäten der
Übertragungsnetzbetreiber sowie der
Verteilernetzbetreiber untereinander.
Hier soll ENTSO-E, dem Netzwerk der
nationalen Übertragungsnetzbetreiber,
eine stärkere Rolle zukommen. Auch
die Bedeutung der europäischen Regulierungsagentur ACER bei der Beaufsichtigung der Weiterentwicklung des
Energiebinnenmarktes und beim Ausbau
der grenzüberschreitenden Infrastruktur
soll steigen.
Das Kapitel zur Versorgungssicherheit
widmet sich vor allem den Themen
Erzeugungsadäquanz und Kapazitätsmechanismen. Die Europäische Kommission
möchte eine europaweit standardisierte
Herangehensweise bzw. Methodologie
zur Bestimmung der Frage, ob in einem
Mitgliedstaat ausreichende Erzeugungskapazitäten vorhanden sind, entwickeln.
Es sollen künftig Faktoren wie grenzüberschreitende Erzeugungskapazitäten,
vorhandene Interkonnektoren, variable
Erneuerbaren-Erzeugung und Speicheroptionen sowie Demand-ResponseMaßnahmen berücksichtigt werden,
bevor eine Entscheidung für oder
gegen einen Kapazitätsmechanismus
gefällt wird. In jedem Fall erachtet die
Kommission das Kriterium der Öffnung
von Kapazitätsmechanismen für Erzeugungskapazitäten aus angrenzenden
Ländern als essenziell.
Begleitet wird das Dokument zum
Marktdesign von einer Mitteilung zum
Endkundenmarkt: „Delivering a New
Deal for Energy Consumers“ zeigt die
zukünftige Rolle des Verbrauchers im
Energiemarkt auf, die laut Kommission
darin bestehen könnte, ihn aktiver in die
Energiewende zu involvieren, Vorteile
der Entwicklung neuer Technologien
nutzen zu können und so insgesamt
durch ein höheres Engagement am
Markt zu profitieren. Gleichzeitig sollen
die Interessen schutzbedürftiger Verbraucher gewahrt bleiben.
Aufbauend auf den Ergebnissen der
Marktdesign-Konsultation will die
Kommission im zweiten Halbjahr 2016
zahlreiche EU-Rechtsakte adaptieren
bzw. neu vorlegen.
Info
Dr. Ralf Pastleitner ist Leiter des Brüsseler
Büros von Oesterreichs Energie und
berichtet in dieser Rubrik über die
aktuellen Themen aus der EU-Zentrale.
Oesterreichs Energie garantiert mit einem
starken Team und einer effizienten
Branchenvertretung in Brüssel, dass die
Stimme der österreichischen E-Wirtschaft
in der EU gehört wird und Entscheidungen
im Sinne der Branche getroffen werden.
Foto: Kelag
Foto: Kelag
RÜCKBLICK
Foto: Kelag
50
Der Bau des Kraftwerkes Forstsee ging
zügig voran.
Sie arbeiteten an einem Industriebau mit dem
Aussehen einer Villa.
Bundespräsident Michael Hainisch eröffnete
das Kraftwerk.
Serie: Energiegeschichte – Teil 7
Schau-Kraftwerk Forstsee –
Industriedenkmal am
Wörthersee
Direkt am Ufer des Wörthersees, zwischen Pörtschach und Velden, steht das Krafthaus des
Speicherkraftwerkes Forstsee. Seit 1925 in Betrieb, ist es das älteste Speicherkraftwerk in
Kärnten und markiert gleichzeitig den Beginn der Unternehmensgeschichte der Kelag.
Von Josef Stocker
G
ebaut hat dieses Speicherkraftwerk die Kärntner
Wasserkraftwerke AG (KÄWAG), die Rechtsvorgängerin der
Kelag. Dieses Unternehmen wurde 1923 gegründet, mit den
Unternehmenszielen, Spitzenstrom zu erzeugen und ein
überregionales Stromnetz aufzubauen. Damals bestand die
Stromversorgung in Kärnten aus einer Reihe von kleinen
Kraftwerken und lokalen Stromnetzen im Besitz von
Gemeinden, Privaten und Industrieunternehmen. Vor allem
in den Wintermonaten war die Stromversorgung äußerst
bescheiden, im Winter 1921 ließ extremes Niedrigwasser die
Versorgung immer wieder zusammenbrechen. Besonders
betroffen war davon die Landeshauptstadt Klagenfurt.
Die Idee für den Bau des Speicherkraftwerkes Forstsee hatte
Adolf Wolf, der Obmann des Verwaltungsrates des städtischen Elektrizitätswerkes Klagenfurt. Er wollte mit diesem
Kraftwerk Spitzenstrom erzeugen und von hier ausgehend
ein Mittelkärntner Stromnetz aufbauen, um die vielen lokalen
Elektrizitätswerke miteinander zu verbinden und so die
Sicherheit der Versorgung deutlich zu verbessern. Dies gelang
innerhalb vergleichsweise kurzer Zeit, denn bereits im Februar 1925 ging das Speicherkraftwerk Forstsee in Betrieb.
Das Kraftwerk wurde als Pumpspeicherkraftwerk konzipiert:
Damit konnte ab 1928 mit überschüssigem Strom Wasser aus
RÜCKBLICK
51
von 2,4 MW an. Der Maschinensatz im Krafthaus stammt aus
dem Jahr 1937.
Foto: www.erlebnis.net
Ursprünglich standen in der Maschinenhalle drei Maschinensätze, um mehr Leistung abrufen zu können. Der älteste
Maschinensatz im Krafthaus Forstsee aus dem Jahr 1925
arbeitet seit 1975 im Kraftwerk Dellach im Drautal, der 1926
im Krafthaus Forstsee installierte Maschinensatz ist seit 1955
im Kraftwerk Arriach im Einsatz.
Heute ist Forstsee Speicherkraftwerk und Tourismusmagnet in einem.
dem Wörthersee in den 160 m über dem Krafthaus liegenden
Forstsee gepumpt werden. Der Speicher Forstsee, ursprünglich ein natürlicher See, wurde in zwei Schritten zu einem
Speicher mit einem Volumen von 4,7 Mio. m³ ausgebaut. Er
ist heute ein beliebter, frei zugänglicher und unverbauter
Badesee. Die Kelag hat die Aufgabe, im Sommer den Badepegel zu halten, nur im Winter wird der Pegel abgesenkt. In
der Öffentlichkeit gilt der Forstsee heute als Naturjuwel. Die
Speicherpumpe ist seit 1983 nicht mehr in Betrieb, weil die
Kelag in anderen Kraftwerken über wesentlich größere und
effizientere Pumpspeicherkapazitäten verfügt.
Kraftwerk unter Denkmalschutz
Das Krafthaus Forstsee wurde vom aus Wien stammenden
Architekten Franz Eduard Josef Baumgartner geplant, dem
bedeutendsten Vertreter der Wörthersee-Architektur. Er
machte sich als Architekt mit seinen Hotelbauten, Villen und
Privathäusern vorwiegend in Velden und Pörtschach, aber
auch in Slowenien einen Namen. Das Krafthaus Forstsee ist
sein einziger Industriebau. Das Gebäude gleicht eher einer
großen Villa als einem Kraftwerk und steht seit 1995 unter
Denkmalschutz. Seit 1998, dem 75-Jahr-Jubiläum der Kelag,
sind diese Jugendstilvilla und das parkähnliche Grundstück
am Wörthersee in den Sommermonaten als Schau-Kraftwerk
öffentlich zugänglich, wo auch Ausstellungen und Veranstaltungen stattfinden können. Trotzdem ist es als Speicherkraftwerk etwa tausend Stunden pro Jahr in Betrieb.
Der Speicher Forstsee ist über einen gut 400 m langen Stollen
und eine mehr als 300 m lange Druckrohrleitung mit dem
Maschinensatz im Krafthaus verbunden. Hier treibt eine Pelton-Zwillingsturbine den Generator mit einer Engpassleistung
Den Fußboden zieren heute die Namen der berühmtesten Elektrotechniker sowie die wichtigsten Formeln der Elektrotechnik.
Hinter einer Glaswand ist der Maschinensatz zu sehen: das
Gehäuse für die Pelton-Zwillingsturbine, das Schwungrad und
das Gehäuse des Generators. Die Hochdruckspeicherpumpe
war von 1928 bis 1983 in Betrieb. Sie pumpte pro Sekunde
einen Kubikmeter Wasser aus dem Wörthersee hinauf in den
Speicher Forstsee. Der Pumpbetrieb hatte keinen nennenswerten Einfluss auf den Spiegel des Wörthersees: Wenn
24 Stunden lang durchgehend gepumpt wurde, sank der
Spiegel des Wörthersees gerade einmal um sechs Millimeter.
Zur Eröffnung des Kraftwerks am 3. Februar 1925 hatten sich
alle eingefunden, die Rang und Namen hatten. Angefangen
vom damaligen Bundespräsident Michael Hainisch, über
Fürstbischof Adam Hefter, Bundeskanzler Rudolf Ramek,
Handelsminister Hans Schürf und Landeshauptmann Vinzenz
Schumy waren auch die Honoratioren der Gemeinden und der
Landesbehörden zahlreich vertreten. O-Ton des Bundespräsidenten in seiner damaligen Eröffnungsrede: „Sie wissen
alle, dass ich immer die Meinung vertreten habe, dass der
Ausbau unserer Wasserkräfte eine der Voraussetzungen
unserer wirtschaftlichen Existenz ist … Es handelt sich hier
um ein Werk, das unverhältnismäßig billig gebaut wurde
und zumal als Spitzenwerk dient … Der Ausbau der Wasserkräfte ist für unsere Handelsbilanz von größter Bedeutung ... Ich beglückwünsche Sie bestens, dass das Werk zum
Aufblühen und Gedeihen des schönen Landes Kärnten
dienen möge!“
1925 war Forstsee DAS Speicherkraftwerk in Kärnten, mit
dem Spitzenstrom erzeugt und die Versorgung mit Strom
sichergestellt werden konnte. Die Anlage ist nach wie vor als
Speicherkraftwerk in Betrieb. Heute beträgt die Jahreserzeugung des Kraftwerkes Forstsee drei Mio. kWh, das entspricht
jedoch nicht einmal einem Tausendstel des Strombedarfes im
Bundesland Kärnten. Dies zeigt die Entwicklung des Strombedarfes in unserer Gesellschaft im Laufe von nahezu 100
Jahren an. Die Kelag verfügt heute in eigenen Kraftwerken
und in Form von Bezugsrechten über eine Erzeugungsleistung
von mehr als 1100 MW und eine Jahreserzeugung von mehr
als 3000 GWh.
52
TECHNIK
Kurzmeldungen Technik
Oesterreichs Energie veröffentlicht Smart Meter-Use Cases
Ein spezielles Service, das die Ausschreibung von Smart Meter-Projekten erleichtert, bietet Oesterreichs Energie, mit
einem umfangreichen Arbeitsdokument.
„Das Dokument dient der bestmöglichen und einheitlichen Umsetzung der
gesetzlichen Anforderungen durch die
österreichischen Netzbetreiber“, erklärte
Barbara Schmidt, Generalsekretärin von
Oesterreichs Energie.
Die 88 Seiten starke Sammlung von
Daten und Fakten beschreibt Use-Cases
die unter Einhaltung der gesetzlichen
Rahmenbedingungen sowie diverser
Vorgaben in einem Smart Metering
System in Österreich unterstützt werden
sollen. Die angeführten Use-Cases sind
technologieneutral beschrieben und
beschränken sich auf jene Funktionen
und Komponenten die innerhalb eines
Advanced Metering Communication
System (AMCS) notwendig sind.
Foto: Energie Steiermark
Die Use Cases stehen unter http://oesterreichsenergie.at/branche/stromnetze/
smart-meter-use-cases.html zum Download bereit.
Innovative Windrad-Türme aus einem Guss
Nach Abdichtung aller Fugen wird der
Innenraum durchgängig mit Beton
gefüllt. Dazu sind in allen drei m Höhe
Einfüllstutzen, in die selbstverdichtender Beton gedrückt wird. So entsteht ein
monolithischer Betonblock.
Mit Assetguard MVC hat Siemens
ein neues Monitoringsystem für
Leistungsschalter in Mittelspannungsschaltanlagen entwickelt.
Das System überwacht vor allem
die Funktionsfähigkeit des Leistungsschalterantriebs, der häufig
rauen Umgebungsbedingungen
ausgesetzt ist, aber selten schaltet.
Daher prüft das Monitoringsystem
die Zuverlässigkeit der Auslösetechnik, die Wirksamkeit der
geschlossenen Schaltverbindung
und die Beschaffenheit der Primärkontakte.
Wartungsroutinen und ein möglicher Austausch von Komponenten
können effizienter geplant werden.
First Solar erzielt
Wirkungsgrad-Rekord
Foto: TU Wien
Eine neue Bauweise für Betontürme
von Windrädern haben Experten der TU
Wien entwickelt. Statt große Fertigteile
zur Baustelle zu liefern haben die
Ingenieure eine im Hausbau übliche
Bauweise adaptiert. Sechs Segmente mit
bis zu sechs m Höhe und 19 t Gewicht
werden dabei verbunden und betoniert.
Grundelement sind rechteckige Doppelwandelemente mit einer Wandstärke
von rund zwei Mal fünf bis sieben cm
und einem 20 cm starken Hohlraum.
Diese Elemente werden ringförmig
aneinandergefügt und anschließend
aufeinandergestellt.
Siemens entwickelt neues
Monitoringsystem
Lauschen zum Energiesparen
Mit Hilfe von Mikrofonen könnte künftig
Energie gespart werden. Ein internationales Forscherteam hat erstmals Mikrofone in ein intelligentes Gebäudesystem
eingebaut. Mit den Audiosensoren wird
automatisch erkannt, wie viele Leute sich
in einem Raum befinden. So kann das
Gebäude optimal klimatisiert werden.
First Solar Inc. hat bekanntgegeben,
dass es einen Weltrekord bei CadmiumTellurid-Solarmodulen aufgestellt hat.
Man habe einen Apertur-Wirkungsgrad
von 18,6 Prozent für ein hochentwickeltes
Modul erreicht, heißt es. Damit präsentiert First Solar ein Rekordmodul, das
über einen höheren Wirkungsgrad verfügt
als die besten bisher entwickelten multikristallinen Module.
Der Apertur-Wirkungsgrad von 18,6
Prozent entspricht einem GesamtflächenWirkungsgrad von 18,2 Prozent und übertrifft somit die besten multikristallinen
Siliziummodule mit PERC-Technologie,
die über einen Gesamtflächen-Wirkungsgrad von ungefähr 17,7 Prozent verfügen.
ENERGIETRENDS
STANDARDISATION-CORNER
53
Kommentar
von Uwe Fischer
Um Wasserkraft sinnvoll nutzen zu
können, müssen nicht unbedingt Staudämme gebaut werden. Mit so genannten „Strombojen“, die an einer fest
verankerten Kette in den Fluss gehängt
werden, lässt sich unter günstigen
Bedingungen etwa die gleiche Menge
Strom erzeugen, die auch ein Windrad
zu liefern imstande ist. Nach mehreren
Jahren intensiver Forschung und einem
Dauer-Testbetrieb in der Wachau ist die
in Österreich entwickelte Technologie
jetzt serienreif, und es haben sich auch
bereits die ersten Interessenten aus
dem Ausland gemeldet, die mit Strombojen ihre regionale Energieversorgung
erweitern wollen.
Die Strombojen liefern 400 V, und das
konstant rund um die Uhr – selbst bei
Hochwasser muss der Betrieb nicht
eingestellt werden. Diese Spannung
kann entweder in ein Ortsstromnetz
eingespeist werden, oder auch direkt
zum Endverbraucher geliefert werden.
So will die in Niederösterreich ansässige Herstellerfirma Aqua Libre sowohl
Einzelabnehmer wie Hotels oder Weingüter, aber auch ganze Gemeinden als
Kunden für ihre innovative und vor
allem umweltfreundliche Art der Stromerzeugung gewinnen.
Anfangs will Aqua Libre den Markt mit
Bojen mit 250 cm großen Rotoren und
einer Nennleistung von 70 kW beliefern
– diese Systeme sind für große Flüsse
wie etwa die Donau oder den Inn geeignet und setzen eine Mindestwassertiefe
von drei Metern voraus. Je nach Standort sollen damit 200 bis 300 Megawattstunden Strom pro Jahr gewonnen
werden können, was für die Versorgung
von etwa 70 Haushalten ausreichen
würde. Bei Bedarf können auch mehrere
Bojen zu einem Strompark zusammengeschlossen werden.
In einer späteren Phase sollen auch
kompaktere Strombojen gebaut werden,
die in kleineren, weniger tiefen Flüssen
Platz finden und dann auch kleinste
Dörfer oder sogar einzelne Gehöfte
günstig mit Strom versorgen könnten –
immerhin befinden sich sehr viele
Ansiedlungen in der Nähe irgendeines
fließenden Gewässers. Für entlegene
Regionen der Welt, in denen Strom
mangels der Anbindung an ein öffentliches Stromnetz bisher lokal mit Dieselaggregaten erzeugt werden musste,
könnten sich Strombojen längerfristig
ebenfalls als interessante Alternative
erweisen.
Wasserkraftwerk
ohne Staudamm
Bei Aqua Libre betont man jedenfalls,
dass durch die Strombojen weder das
Landschaftsbild beeinträchtigt wird,
noch Fische, Vögel oder andere Wasserbewohner in ihrem Lebensraum gestört
werden – im Gegenteil, die Stromboje
soll sogar die Selbstreinigungskraft des
Flusses fördern. In dem Mitte Juni
eröffneten Forschungsgerinne der
BOKU Wien sollen jedenfalls die Einflüsse der Bojen auf den Fluss auf
wissenschaftlicher Basis gemessen und
mit den in der Wachau in einem natürlichen Umfeld gewonnenen Daten abgeglichen werden.
 Uwe Fischer
Redaktionsbüro und
Multimedia-Agentur Binatang,
www.binatang.at
54
TECHNIK
Stationäre
Brennstoffzellen
auf dem Weg zur
Serienreife
Die Brennstoffzelle gilt nach 175 Jahren diskontinuierlicher Entwicklungsgeschichte weiterhin als Hoffnungsträger für eine saubere und effiziente
Strom- und Wärmeversorgung.
Von Manuel Mitterndorfer
I
n der Raumfahrt seit rund fünf Jahrzehnten kommerziell
im Einsatz, hat die Brennstoffzelle (BZ) im zivilen Sektor bis
dato weder als Fahrzeugantrieb noch stationär zur energetischen Gebäudeversorgung oder in der industriellen Strom-/
Wärmeerzeugung den Marktdurchbruch geschafft. Grund
waren bisher vor allem technische Probleme, darunter die
Versorgung mit umweltverträglich gewonnenem Wasserstoff
als Brennstoff, sowie die hohen Kosten.
Während die Autoindustrie nach einem vorübergehenden Hype
in den 1990ern in den letzten Jahren stärker auf E-Mobilität
setzt, gibt es beim stationären BZ-Einsatz inzwischen vielversprechende Pilotprojekte. Vorwiegend in Asien, aber auch in
Europa werden seit mehreren Jahren groß angelegte Feldtests
von stationären Brennstoffzellen durchgeführt.
Das Vorreiterland bei den stationären Brennstoffzellen zur
Hausenergieversorgung ist ohne Zweifel Japan. Im Rahmen des
japanischen „enefarm“-Feldtests wurden seit 2009 mehr als
113.000 BZ-Heizgeräte in japanischen Gebäuden installiert.
Neben erstaunlich hohen Gesamtwirkungsgraden von über
95 Prozent, die bereits erzielt wurden, konnten die Systemkosten um bis zu 75 Prozent gesenkt werden (sh. Abbildung 1).
Abb. 1: Entwicklung der Systempreise sowie die Entwicklung der
installierten Systeme im Zuge des „enefarm“ Feldtests in Japan
(Quelle: NEDO, 2015)
Das europäische Pendant zum Projekt „enefarm“ ist der
EU-geförderte „ene.field“-Feldtest. In zwölf EU-Staaten sollen
bis zu 1000 BZ-Mikro-KWK-Geräte von neun verschiedenen
Herstellern erprobt werden. In den kommenden Jahren sind
rund 53 Mio. Euro Investitionen vorgesehen, um den Aufbau
einer Serienproduktion und die Vermarktung stationärer
BZ-Heizgeräte zu fördern.
TECHNIK
COVER-STORY
55
Eine neu entwickelte Kommunikationsschnittstelle, die CalluxBox, überträgt Stör- und Fehlermeldungen und sorgt für eine
effektivere Betreuung der Anlagen. Im Laufe des Projektes
konnte die Installation vereinfacht werden, dank verbesserter
Einbindung in die vorhandene Haustechnik.
Foto: Vaillant
Mit dem Fortschreiten des Projekts hat sich die Zahl der Serviceeinsätze halbiert. Dazu trug vor allem die Erhöhung der StackLebenserwartung auf bislang mehr als 20.000 h bei. Der elektrische Wirkungsgrad stieg auf bis zu 34 Prozent, der
Gesamtwirkungsgrad auf bis zu 96 Prozent (Abbildung 3). Verglichen mit einer Brennwerttherme und Strombezug aus dem Netz
ergibt sich bei den Anlagen eine Reduzierung der CO2-Emissionen um bis zu ein Drittel.
Abb. 2: Installation eines BZ-Heizgerätes im Rahmen des „ene.field“
Feldtests (Quelle: Vaillant, 2015)
„ene.field“ positioniert sich als partnerschaftliches Vorzeigeprojekt: Mit der Unterstützung von mehr als 30 Versorgungsunternehmen, Wohnbaugesellschaften und Gemeinden
ermöglicht das EU-Projekt, Einblick in die Installation und
Wartung einer Vielzahl von BZ-Heizgeräten beim Kunden zu
gewinnen. Zudem werden die marktrelevanten Rahmenbedingungen und CO2-Einsparungen auf den europäischen
Märkten erfasst. Untersucht werden auch mögliche sozioökonomische Barrieren gegen einen flächendeckenden Einsatz von BZ-Mikro-KWK. Die ersten Geräte wurden Anfang
2014 in Betrieb genommen.
Abb. 3: Entwicklung der Wirkungsgrade – nach Geräte-Generation –
im Rahmen des Callux-Praxistests (Quelle: Callux, 2013)
Tests unter Alltagsbedingungen
Schon seit September 2008 werden in Deutschland im Rahmen des Callux-Praxistests BZ-Heizgeräte unter Alltagsbedingungen erprobt. Nach bislang 350 Installationen mit
2,3 Mio. Betriebsstunden kann dieses Projekt bereits entscheidende Erfolge vorweisen. Zusammen haben die Geräte
eine Laufzeit von in Summe 256 Jahren erreicht und
1,3 Mio. kWh Strom produziert.
Der Praxistest läuft noch bis Mitte 2016. Bis dahin sollen
insgesamt mehr als 500 Geräte unter Alltagsbedingungen in
Ein- und Zweifamilienhäusern erprobt werden. Die am Callux-Projekt beteiligten Unternehmen und Forschungseinrichtungen haben mit Unterstützung der deutschen Bundesregierung in den letzten Jahren bedeutende technische
Verbesserungen sowie Kostenreduzierungen der BZ-Technologie erreicht. Der Aufwand zur Herstellung von BZ-Heizgeräten
hat sich seit Projektstart bereits um 60 Prozent verringert. Die
Kosten für den Service und die Vorhaltung von Ersatzteilen
sanken sogar um 90 Prozent.
Anders als bei den oben vorgestellten, in Japan und Europa
laufenden Feldtests von BZ-Heizgeräten zur Hausenergieversorgung wird die Brennstoffzelle in den letzten Jahren auch in
Projekten zur industriellen Stromerzeugung eingesetzt. So
wurde in Hwaseong City in Südkorea der weltgrößte Brennstoffzellen-Park mit einer elektrischen Leistung von 58,8 MW installiert. Dieser liefert seit Ende 2013 Strom und Fernwärme in die
Netze. Dadurch können 140.000 Haushalte mit Strom versorgt
und jährlich 60.000 t an Treibhausgasen vermieden werden.
Schwerpunkt Asien
Wie die eingangs beschriebenen Pilotprojekte und Demonstrationsanlagen zeigen, sind die Schwerpunkte der weltweiten
BZ-Aktivitäten überwiegend in Asien angesiedelt. Doch mit
dem „ene.field“-Projekt sowie dem deutschen Callux-Projekt
versucht man auch in Europa, die Brennstoffzelle für die
ökologische Energiebereitstellung zu etablieren. In Österreich
wurden im Rahmen des „ene.field“-Feldtests bereits mehrere
56
TECHNIK
Anlagen installiert – insgesamt ist die Installation von 30 bis
40 Anlagen geplant. Die Zeichen stehen also durchaus positiv
für die Brennstoffzelle.
Was passiert jedoch, wenn derartige Feldtests und Demonstrationsprojekte auslaufen? Ist die Brennstoffzelle schon
bereit für die Marktimplementierung, bzw. ist der Markt
bereit für die Implementierung der Brennstoffzelle? Betrachtet man die Situation in Österreich, so muss man die Frage
mit einem klaren Nein beantworten.
Die Österreichische Energieagentur führte im Rahmen des
„Implementing Agreement on Advanced Fuel Cells“ der International Energy Agency (IEA), deren BZ-Technologieinitiative
Österreich 2004 beigetreten ist, einen ökonomischen Vergleich
von konventionellen Gasbrennwertsystemen mit BZ-Heizgeräten durch. Die durchgeführten Berechnungen zeigen, dass –
unter den derzeitigen Rahmenbedingungen – für einen ökonomischen Betrieb von BZ-Heizgeräten sowohl Investitions- als
auch Einspeisetarifförderungen erforderlich sind. Das heißt,
die Brennstoffzelle ist aktuell in Österreich wirtschaftlich
noch nicht konkurrenzfähig. Durch die international laufenden Demonstrationsprojekte und Feldtests könnte diese
Hürde jedoch zukünftig durchaus übersprungen werden.
Markteinführung vorantreiben
Um die im Rahmen der Praxistests und Demonstrationsprojekte erzielten Fortschritte weiter auszubauen und schließlich
die Marktimplementierung der Brennstoffzelle voranzutreiben, sind die entsprechenden politischen Rahmenbedingungen zu schaffen; der Markt sowie die entsprechenden Rahmenbedingungen müssen also bereits jetzt auf die
Implementierung der Brennstoffzelle vorbereitet werden.
Diese Rahmenbedingungen werden stark durch EU-Richtlinien und -verordnungen geprägt.
Richtlinien wie die Gebäuderichtlinie oder die Richtlinien zu
Ökodesign und Labelling sowie nicht zuletzt die Energieeffizienzrichtlinie haben einen wesentlichen Einfluss auf die
Marktimplementierung der Brennstoffzelle. Die Österreichische Energieagentur, die im Rahmen des erwähnten „IEA
Implementing Agreement on Advanced Fuel Cells“ den „Subtask 3 des Annex 33 – Stationäre Anwendungen“ leitet, befasst
sich daher speziell auch mit den Effekten dieser Richtlinien
auf die Markteinführung der Brennstoffzelle als Wärme- und
Stromlieferant in Gebäuden.
Beispielhaft sind hier die derzeitigen Schwierigkeiten bei der
Erstellung eines Energieausweises für Gebäude, welche mit
BZ-Heizgerät ausgestattet sind, angeführt. In den aktuell in
Österreich verfügbaren und gängigen Energieausweisberechnungstools ist die Erstellung eines Energieausweises für derartige Gebäude nicht vorgesehen. Somit kann den Anforderungen
der EU-Gebäuderichtlinie, welche die Vorlage eines Energieausweises bei Neubau, Verkauf oder Vermietung verlangt, nicht
Genüge getan werden. Hier gibt es also noch Lücken in der
Implementierung der Gebäuderichtlinie, die sich auf die Markteinführung der Brennstoffzelle hemmend auswirken.
Dieses Projekt wird im Rahmen der IEA-Forschungskooperation
im Auftrag des Bundesministerium für Verkehr, Innovation und
Technologie durchgeführt.
Foto: Vaillant
Info
Kompakte Brennstoffzellenheizung
Manuel Mitterndorfer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Österreichischen Energieagentur. Diese vertritt
Österreich im „Implementing Agreement on Advanced Fuel Cells“ der
Internationalen Energieagentur (IEA).
STANDARDISATION
CORNER
COVER-STORY
57
Der Network Code on Requirements for Generators
ist fertiggestellt
Am 26. Juni ist das Komitologieverfahren
für den „Network Code on Requirements
for Grid Connection of Generators“ offiziell zu Ende gegangen. Letztendlich fehlt
nur mehr die Zustimmung des Europäischen Parlaments und des Rates. Es ist
daher abzusehen, dass der Network Code
spätestens mit Ende 2015 in Kraft tritt.
Ab Inkraft treten des Network Codes ist
dieser in den Mitgliedstaaten innerhalb
einer Übergangsfrist umzusetzen. Der
Implementation Guide zum Network
Code sieht hier eine Periode von drei
Jahren vor.
nur sehr offen beschrieben werden,
genauer definiert werden.
Ein Beispiel ist die Definition von
Schutz- und Leitsystemen. Der Network
Code verlangt hier eine Abstimmung
zwischen dem relevanten Netzbetreiber
und dem Betreiber der Erzeugungseinheit, da unzulängliche Schutz- und
Leitsysteme die Versorgungssicherheit
gefährden würden. Der Network Code
gibt aber keine Antwort darauf, wie diese
Schutz- und Leittechnik auszusehen hat.
Lokale Anforderungen
Der Network Code wird, sobald er vom
Europäischen Parlament und vom Rat
geprüft wurde, als EU-Verordnung
veröffentlicht. Damit steht der Network
Code über bestehenden und zukünftigen
nationalen Gesetzen und Regeln. Es
wird daher notwendig, die bisher bestehenden Regeln, in diesem Falle insbesondere die technischen und organisatorischen Regeln des Netzbetriebs (TOR)
an den Network Code anzupassen.
Im Bereich der „non-exhaustive requirements“, das sind Anforderungen, für die
der Network Code nur einen Rahmen
vorgibt, ist einiges an Abstimmungsarbeit zu leisten.
Die Umsetzung des Network Codes in
den Mitgliedstaaten ist nicht im Code
selbst geregelt, die Umsetzung wird
dem Subsidiaritätsprinzip folgend den
Mitgliedstaaten selbst überlassen. In
der nationalen Umsetzung müssen
Anforderungen, die im Network Code
Eine zweite Art von „non-exhaustive
requirements“ sind Anforderungen, die
für eine Synchronzone oder auf nationaler Ebene definiert werden. Hier spielen
Topografie und Netzdesign eine Rolle, da
die physikalischen Gegebenheiten die
Dynamik des Systems und seine Stabilität bestimmen. Aus diesem Grund und
wohl auch in Hinblick auf die Kosten
einer Vereinheitlichung sind nicht überall gesamteuropäische Regeln möglich.
Als Beispiel sei hier die Fähigkeit der
Erzeugungsanlagen erwähnt, Blindleistung bereitzustellen, um Netzdienstleistungen (z. B. Spannungshaltung) zu
erbringen. Einheitliche europäische
Regelungen würden hier zu unwirtschaftlichen Vorgaben für die Generatoren führen.
Auch die sogenannte Fault-RideThrough-Fähigkeit, das bedeutet, die
Fähigkeit, bei kurzzeitigem Spannungs-
zusammenbruch am Netz zu bleiben,
hängt sehr stark vom dynamischen
Verhalten des Netzes während und nach
einem Fehler ab.
Bei Oesterreichs Energie wird derzeit
daran gearbeitet, die Anforderungen
des Network Codes zu analysieren und
mit den national geltenden Vorgaben zu
vergleichen. In einem ersten Schritt soll
erarbeitet werden, welche Inhalte der
nationalen technischen und organisatorischen Regeln an den Network Code
angepasst werden müssen. Hier sind
vor allem die Themen der Frequenzhaltung und der Spannungsstabilität im
Vordergrund.
Parallel dazu analysiert eine zweite
Gruppe die Anforderungen an die Erzeugungseinheit selbst in Hinblick auf
Robustheit und Netzwiederaufbau. Sind
diese beiden Abschnitte erarbeitet,
werden die weiteren Anforderungen
organisatorischer Art, wie das Systemmanagement und die ComplianceFragen erörtert. Hier müssen vor allem
Formulare für die notwendigen Meldungen an den relevanten Netzbetreiber
erarbeitet und abgestimmt werden.
Die Arbeit an der Umsetzung des Network
Codes hat damit begonnen und einer
zeitgerechten Umsetzung sollte damit –
zumindest aus organisatorisch- technischer Sicht – nichts im Wege stehen.
Weiterführende Informationen erhalten
sie bei Dipl.-Ing. Gert Pascoli, MSc,
Oesterreichs Energie, Bereich Netze,
Tel. 01/501 98-233.
58
BLITZLICHTER
Blitzlichter
Spatenstich – Rainbach
Leistungsfähige E-Tankstelle
Foto: Kelag
v. l. n. r. Dipl.-Ing. Manfred Freitag, Vorstand
der Kelag, Stefan Forst, Kelag, Daniela Ullmann,
Tesla, Sebastian Ackermann, RWE, Jürgen
Zarth, RWE und Daniel Hammerl, Geschäftsführer Tesla Motors Austria.
Weinelt – Vorstand für
Infrastruktur und Personal
Robert Grüneis, Wiener-StadtwerkeEnergievorstand
und Mitglied
des Präsidiums
von Oesterreichs
Energie, ist zum
Obmann des
Fachverbandes
der Gas- und
WärmeversorgungsunternehMag. Robert Grüneis
mungen (FGW)
gewählt worden. Er war bereits zu
Jahresbeginn in die „alte“ Funktionsperiode eingestiegen und wurde nun bis
2020 bestätigt.
Der Aufsichtsrat der Wiener Stadtwerke hat den bisherigen Geschäftsführer der Wiener Netze, Peter Weinelt,
mit 1. Jänner 2016 zum neuen Vorstand für Energieinfrastruktur und
Personal ernannt. Weinelt folgt im
Vorstand der Wiener Stadtwerke auf
Marc Hall, dessen Funktionsperiode
im Vorstand Ende 2015 ausläuft.
Der Vorstand
der Wiener
Stadtwerke Holding AG wird
somit ab 2016
aus Martin
Krajcsir (Vorsitzender) sowie
den Mitgliedern
Gabriele Domschitz, Robert
Grüneis und
Peter Weinelt
bestehen.
Foto: Linz AG
lität. „Das Umfeld und die Technologien
für Elektro-Fahrzeuge, vor allem für die
Batterien, wurden in dieser Zeit beachtlich weiterentwickelt“, betont Hermann
Egger, Kelag-Vorstandssprecher.
Grüneis als Obmann bis
2020 bestätigt
Neue Obmann-Stellvertreter sind EVNChef Peter Layr und Gerhard Fida von
der Wiener Netze GmbH. Herbert Jöbstl
und Elfriede Taurer sind neu im Präsidium. Erdgas sei der Energieträger der
Zukunft, eine erfolgreiche Energiewende
sei nur mit Erdgas möglich, hieß es.
Am 7. Juli erfolgte der Spatenstich für
das neue 110kV/30kV-Umspannwerk
im Gemeindegebiet Rainbach. Mit dem
Umspannwerk Rainbach erhöht die Linz
Strom Netz GmbH nachhaltig die Zuverlässigkeit der elektrischen Energieversorgung der Kunden im Großraum Freistadt.
Die Anlage beinhaltet im Wesentlichen das
Schalthaus mit je einer 110-kV- und einer
30-kV-Schaltanlage sowie zwei Transformatoren mit einer Leistung von jeweils
20 MVA. Diese Leistung entspricht der
Stromversorgung von 10.000 Haushalten.
v. l. n. r. Mag. Christian Jachs, Bürgermeister
Freistadt, Ing. Michael Hirtl, Bürgermeister
Waldburg, Dipl.-Ing. Wolfgang Dopf, Linz
AG-Vorstand, Friedrich Stockinger, Bürgermeister Rainbach i. M., Dipl.-Ing. Erich Haider,
Linz AG-Generaldirektor, Dr. Jutta Rinner, Linz
AG-Vorstand, Dipl.-Ing. Helmuth Köpplmayr, Linz
AG Strom Netz, Dipl.-Ing. Johannes Zimmerberger, Linz Strom Netz, Dipl.-Ing. Siegfried
Laimgruber, Linz Strom GmbH.
Dachgleiche beim Smart
Campus
Foto: Wiener Stadtwerke
Foto: Wiener Stadtwerke/Ian Ehm
Die Kelag und der E-Auto-Hersteller
Tesla haben in Villach die leistungsfähigste E-Tankstelle in Österreich
eröffnet. „An dieser E-Tankstelle können
16 Elektrofahrzeuge gleichzeitig laden,
wir stellen hier 830 kW Ladeleistung zur
Verfügung“, erläuterte Kelag-Vorstand
Manfred Freitag. Die Akkus der E-Fahrzeuge können in 20 bis 30 Minuten zu
etwa 80 Prozent geladen werden. Für
die E-Tankstelle hat die KNG-Kärnten
Netz GmbH, ein Tochterunternehmen
der Kelag, eine eigene Trafostation mit
zwei Transformatoren errichtet.Die
Kelag beschäftigt sich bereits seit vielen
Jahren mit dem Thema Elektro-Mobi-
Dipl.-Ing. Peter Weinelt
Der Smart Campus der Wiener Netze
hat konkrete Formen angenommen.
Verbaut wurden in etwa 82.000 m3
Beton und 10.000 t Stahl. „Der Bau
einer neuen Unternehmenszentrale
war im Sinne der neuen Firmenstruktur
und der Optimierung der Prozesse und
Kosten unumgänglich. Doch wer heute
baut muss energiebewusst handeln.
Deshalb gehen die Wiener Netze mit
einem der nachhaltigsten Bauprojekte
mit gutem Beispiel voran“, heißt es.
BLITZLICHTER
Transformatoren für
Kaprun geliefert
Staatspreis 2015
Ende Juli ratterte ein Schwertransport
mit 590 t durch den Pinzgau: Der erste
von insgesamt zwei 380-kV-Transformatoren wurde ins APG-Umspannwerk
Kaprun geliefert. Die beiden Trafos mit
einer Leistung von je 300 MVA sind Teil
der Effizienzsteigerungsmaßnahmen für
das Kraftwerk Kaprun-Hauptstufe.
Die Installation der neuen Trafos optimiert den Betrieb des Kraftwerks und
bringt weitere Verbesserungen für die
Netzsicherheit in der Region. Die Austria
Power Grid AG (APG) investiert rund
55 Mio. Euro.
Am 16. Oktober 2015 werden Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner,
Umweltminister Andrä Rupprechter
und Technologieminister Alois
Stöger gemeinsam die höchste
Auszeichnung für die österreichische
Umwelttechnologiebranche, den
„Staatspreis 2015 für Umwelt- und
Energietechnologie“, vergeben. Die
Preisverleihung findet im Rahmen
der Fachkonferenz „envietech 2015
für Ressourceneffizienz und Umwelttechnologie“ statt. Neben dem
Staatspreis wird auch ein Preis an
Jungunternehmen vergeben.
In einer Ausschusssitzung
des Fachverbands
der Elektro- und
Elektronikindustrie
(FEEI) wurde Brigitte Ederer erneut
zur Obfrau gewählt.
Als Stellvertreter
Mag. Brigitte Ederer
fungieren erstmals
Wolfgang Hesoun,
Vorstandsvorsitzender der Siemens
AG Österreich, Kari Kapsch, COO der
Kapsch-Group, und Sabine Herlitschka,
Vorstandsvorsitzende Infineon Technologies Austria AG, im obersten Lenkungsgremium des FEEI.
Nach 15 Jahren Tätigkeit ist Monika
Kircher (Infineon Technologies Austria AG)
aus dem Gremium ausgeschieden. Der
Fachverband vertritt die Interessen von
knapp 270 Unternehmen mit rund 60.000
Beschäftigten und einem Produktionswert in Höhe von 12, 45 Mrd. Euro.
EVN-Tochter baut SmartGrid-Großbatterie
Um die Netze künftig stabil zu halten,
wird die EVN-Tochter „Netz NÖ“ eine
Großbatterie mit einer Leistung von
2,2 MW und einer Kapazität von zwei
MWh einsetzen. Dabei werden die
gleichen Lithium-Ionen-Batterien zum
Einsatz kommen, wie sie auch in Elektroautos verwendet werden. In einem
begleitenden Forschungsprogramm
gemeinsam mit der TU Wien sollen
die Möglichkeiten, die eine Batterie
zur Netzstabilisierung bietet, wissenschaftlich untersucht werden.
Jubiläum voller Energie
Der Generaldirektor der Energie AG, Leo
Windtner, feiert am 30. August seinen
65. Geburtstag. Der gebürtige Linzer
maturierte an der Handelsakademie und
studierte Handelswissenschaften an der
Hochschule für Welthandel in Wien, wo er
1977 zum Doktor promovierte. Nach dem
Studium war er anfangs Wirtschaftsaspirant in der damaligen Handelskammer
Oberösterreich. 1978 trat er in die damalige Oberösterreichische Kraftwerke AG
ein, 1985 wurde er zum Abteilungsleiter
bestellt. Bereits seit dem 1. November
1994 leitet er das vier Jahre zuvor in
Energie AG Oberösterreich (EAG) umbenannte Unternehmen als Vorsitzender
des Vorstandes und Generaldirektor. Er
ist auch Präsident des Österreichischen
Fußballbundes (ÖFB).Windtner ist zudem
Vizepräsident von Oesterreichs Energie
und als Mitglied in Präsidium und
Hauptausschuss tätig.
Oesterreichs Energie gratuliert seinem
Vizepräsidenten herzlich!
Foto: Energie AG
Foto: FEEI
Brigitte Ederer bleibt
FEEI-Obfrau
59
Dr. Leo Windtner
60
VERANSTALTUNGEN
Veranstaltungen:
Oesterreichs
Energie Akademie
15. und 16. September 2015
Fortbildungsseminar für Brandschutzbeauftragte und Brandschutzwarte
Seminar, Linz
16. September 2015
Erst- und wiederkehrende Überprüfung elektrischer Anlagen und elektrischer Betriebsmittel im EVU
Seminar, Wien
22. September 2015
Technisches Controlling für
Verteilernetzbetreiber
Seminar, Wien
22. September 2015
Energieeffizienz – aktuelle Herausforderungen für die Lieferanten
Fachtagung, Wien
23. September 2015
Elektrische Energietechnik
für NichttechnikerInnen
Seminar, Wien
24. September 2015
Oesterreichs Energie
Fachdialog Windkraft
Fachtagung, Wien
29. bis 30. September 2015
Österreichs E-Wirtschaft kompakt
Seminar, Wien
6. bis 8. Oktober 2015
Brandschutz
in Elektrizitätsunternehmen
Seminar, Lebring
13. bis 14. Oktober 2015
Basisseminar – gesamtheitliches
Notfall- und Krisenmanagement
Seminar, Wien
20. Oktober 2015
TAEV – Technische Anschlussbedingungen für den Anschluss an öffentliche Versorgungsnetze
Seminar, Salzburg
21. Oktober 2015
Arbeitsvorbereitung, Einsatzsteuerung
und Workforce Management
weiterführender Infotag, Salzburg
22. Oktober 2015
Arbeitsvorbereitung und Asset
Management in den Zeiten der
Betriebskosteneffizienz
Expertenworkshop, Salzburg
22. Oktober 2015
Arbeitsvorbereitung und operatives/
strategisches Asset Management in
Zeiten erhöhter Effizienzansprüche
vertiefender Expertenworkshop, Salzburg
28. und 29. Oktober 2015
Informationssicherheitsmanagement
in der E-Wirtschaft
Fachtagung, Wien
3. bis 5. November 2015
Grundlagenseminar
Netzrückwirkungen
Seminar, Salzburg
4. und 5. November 2015
Fortbildungsseminar –
ArbeitnehmerInnenschutz im EVU
Seminar, Salzburg
6. November 2015
Sicherer Umgang
mit elektrischen Anlagen?
Seminar, Wien
10. November 2015
Recht in der Energiewirtschaft
Seminar, Wien
VERANSTALTUNGEN
12. und 13. November 2015
Basiswissen: Betrieb von elektrischen
Anlagen nach ÖVE/ÖNORM EN 50110
Seminar, Salzburg
17. und 18. November 2015
Leadership by communication
Seminar, Wien
18. und 19. November 2015
Wiener Netzservice-Forum
Internationale Fachtagung, Wien
25. November 2015
Public Affairs – „Meinungsmanagement“ an der Schnittstelle von Politik,
Wirtschaft und Gesellschaft
Seminar, Wien
26. November 2015
Update-Seminar:
Betrieb von elektrischen Anlagen
nach ÖVE/ÖNORM EN 50110
Seminar, Wien
1. Dezember 2015
Tiefbau- und Kabellegetechnik
Fachtagung, Wien
Information und
Anmeldung:
61
Weitere
Branchentermine:
31. August 2015
Temperaturdifferenzen
als Energiequellen
Energietag, Wien
Österreichische Physikalische Gesellschaft,
Wiedner Hauptstraße 104/3/5, 1050 Wien,
Frau Brigitte Pagana-Hammer
Tel.: +43 -(0)1 52486 11
E-Mail: [email protected],
Internet: www.ak-energie.at
www.akademie.oesterreichsenergie.at
Oesterreichs Energie Akademie,
Brahmsplatz 3, 1040 Wien
Tel.: +43 1/501 98-304,
E-Mail: [email protected]
Impressum
Herausgeber und Medieninhaber: Österreichs E-Wirtschaft, Brahmsplatz 3, A-1040 Wien, Telefon: +43 1/501 98-0, Telefax: +43 1/505 12 18, E-Mail: [email protected], Internet:
www.oesterreichsenergie.at Redaktion: Ernst Brandstetter, Chefredakteur; Monika Bachhofer, Chefin vom Dienst Verleger: „Die Presse“ Verlags-Gesellschaft m.b.H. & Co KG, Hainburger
Straße 33, 1030 Wien, Telefon: +43 1/514 14-0, Telefax: +43 1/514 14-405 Anzeigen: Peter Syrch, DW 332, [email protected]; Elisabeth Samadinger-Regner, DW 281, elisabeth.
[email protected] | Anzeigentarif 2015 gültig ab 1. Jänner 2015, DVR: 0368491 Abonnement: Aboservice für Oesterreichs Energie, Telefon: +43 1/514 14-281, Telefax: +43 1/514
14-405; E-Mail: [email protected] Preise: Abonnement: Inland: € 135,–, Ausland: € 171,–; Mitglieder Inland: € 83,–, Mitglieder Ausland: € 119,–; alle Preise inklusive
Mehrwertsteuer und Versandkosten. Abonnements, die nicht einen Monat vor Ablauf des Bezugsjahres storniert werden, laufen weiter. Projektleitung: Mag. Elisabeth Samadinger-Regner,
Die Presse Verlags-Gesellschaft m.b.H. & Co KG. Projektkoordination & Grafik: Styria Multi Media Corporate GmbH, Mag. Carmen Schlögl, Rosi Horvath, Jennifer Fiala Produktion: m4!
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wird bei geschlechtsspezifischen Hinweisen in den Texten auf die Hinzufügung der jeweiligen weiblichen Formulierungen verzichtet. Alle personalen Begriffe sind jedoch geschlechtsneutral
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Einschaltungen sind als solche gekennzeichnet und liegen in der redaktionellen Verantwortung des Auftraggebers. Erscheinungsweise: zehnmal pro Jahr Grundlegende Richtung dieser
Zeitschrift: Wahrnehmung der gemeinsamen Interessen aller Mitglieder von Oesterreichs Energie. Offenlegung der Eigentumsverhältnisse nach dem Mediengesetz: Oesterreichs
Energie, Brahmsplatz 3, A-1040 Wien Verlags-, Erscheinungs- und Herstellungsort: Wien P.b.b. Verlagspostamt: A-8000 Graz Coverfoto: Fotolia/William
62
BÜCHER
Anlagenbilanzierung in
der Energietechnik
Rönsch, S. (2015):
Anlagenbilanzierung in der
Energietechnik:
Grundlagen,
Gleichungen und
Modelle für die
Ingenieurpraxis.
Berlin: Springer
Verlag GmbH. 455
Seiten, Softcover.
ISBN 978-3-658-07823-2, € 44,99
Dieses Buch beschäftigt sich mit
dem Vorgehen und der Methodik von
Anlagenbilanzierung in der Energietechnik. Neben Grundgleichungen,
Modellierungsansätzen und numerischen Methoden wird die stoffliche
und energetische Bilanzierung anhand
einer Vielzahl von Beispielrechnungen
ausgeführt. Das Buch spannt dabei
einen Bogen von der Funktionsweise
der Komponenten über die Grundlagen
der Thermodynamik, Reaktionsrechnung, Phasengleichgewichtsrechnung
und Stoffwertberechnung bis hin
zur computergestützten Umsetzung.
Beachtung finden alle relevanten Anlagenkomponenten der Energietechnik
wie Brennkammern, Turbinen, Kompressoren, Wärmetauscher, Gleichgewichtsstufen und Synthesereaktoren.
Grundriss
zum Energierecht
Stuhlmacher/
Stappert/
Schoon/Jansen
(Hrsg., 2015):
Grundriss zum
Energierecht –
Der rechtliche
Rahmen für die Energiewirtschaft. 2.,
überarbeitete Auflage. Essen: EW Medien
und Kongresse. 1000 Seiten, gebunden.
ISBN 978-3-8022-1125-6, € 98,00
Dieses Buch bietet für alle energiewirtschaftlichen Aktivitäten eine
rechtsgebietsübergreifende Darstellung über die geltenden Gesetze und
gibt Hinweise zur Auslegung und
Anwendung der rechtlichen Bestimmungen. Auch das EEG 2014 und seine
Auswirkungen auf die Praxis sind
in dieser neuen Auflage berücksichtigt worden. In diesem Werk werden
unter anderem folgende Themen
behandelt: Netzanschluss-, Netzzugang und Messwesen, Energie- und
Stromsteuern, Kartell-, Beihilfen- und
Vergaberecht, Energiespeicherung und
Power-to-Gas, sowie Klimaschutz (inkl.
Energieeffizienzgesetz 2014, Emissionshandel, EEWärmegesetz).
CO2: Abtrennung, Speicherung,
Nutzung
Fischedick, M.
/Görner, M./
Thomeczek, M.
(Hrsg., 2015):
CO2: Abtrennung,
Speicherung,
Nutzung: Ganzheitliche Bewertung im
Bereich Energiewirtschaft und Industrie. Berlin: Springer Verlag GmbH.
855 Seiten, Hardcover. ISBN 978-3-64219527-3, € 99,99
In diesem Buch werden die Technologie
der CO2-Abtrennung und -Speicherung
(CCS) sowie die CO2-Nutzung (CCR)
aus unterschiedlicher Perspektive
betrachtet. Experten aus Forschung
und Industrie stellen die CCS- und
CCR-Technologie auf Basis der naturwissenschaftlichen und technischen
Grundlagen vor und legen den Stand der
Technik dar. Sie vergleichen Energiebilanzen für verschiedene Techniken und
diskutieren rechtliche, wirtschaftliche
und gesellschaftspolitische Aspekte. In
Szenarioanalysen zeigen sie den zukünftigen Beitrag der Technologien auf und
stellen die Sichtweisen der verschiedenen Stakeholder-Gruppen vor.
Handbuch Elektromobilität 2015
Korthauer, R. (Hrsg., 2015): Handbuch Elektromobilität 2015. Essen: etv Energieverlag GmbH.
Handbuch, 244 Seiten, kartoniert. ISBN 978-3-8022-1251-2, € 34,00
Diese neue Ausgabe gibt einen Einblick in die zentralen Themenfelder der Elektromobilität. Die
einzelnen Beiträge bieten u. a. Blicke in Vergangenheit und Zukunft der Elektromobilität, zeigen
statistische Daten diverser Herstellerländer im Batteriesektor auf und geben einen Überblick
über Entwicklungen in Nischen (z. B. elektrische Fähren) und Boombereiche (Fahrrad oder
Pedelec). Außerdem beinhalten sie komplexe technische Themen und setzen sich mit juristischen
Fragestellungen der Elektromobilität und des autonomen Fahrens auseinander. Das Buch richtet
sich vor allem an Techniker, Ingenieure und Vertriebs- und Marketingexperten.
63
19. Handelsblatt Jahrestagung
Energiewirtschaft Österreich 2015
12. und 13. November 2015, Vienna Marriott Hotel, Wien
Kilobytes
statt Kilowatt.
Plus:
StartupPitches
Wie digital wird die Energiewirtschaft?
Themen im Fokus:
Megatrend Digitalisierung: Welche Chancen bieten sich der Energiewirtschaft?
Flexibilisierung und Regelenergie: Schlüssel zum Energiesystem der Zukunft
Energieeffizienz: Neue Strategien für Energieversorger
Der weltweite Gasmarkt im Umbruch: Wo liegt die Zukunft für den österreichischen Markt?
Treffen sie u.a.:
Hamead Ahrary, WINGAS
DI Wolfgang Anzengruber, VERBUND
Dr. Florian Ermacora, Europäische Kommission
Sev K-H Keil, TrueChoice Solutions
Dr. Barbara Schmidt, Oesterreichs Energie
ŠŠ
handelsblatt-energie.at
08Š00.56Š00Š89Š90 (Freephone)
Timo Funk
Key-Account-Manager
Ihr Energieklick
r Beratung,
Mehr Service, meh
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mehr Informatione
s.de
www.gvs-erdga
So einfach wie eine helfende Hand:
die GVS Residuallieferung.
Je nach Konjunktur und Jahreszeit kann man bei der Erdgasbeschaffung schnell einmal ins Schwitzen kommen. Damit
Ihnen nicht die Puste ausgeht, gibt es die GVS Residuallieferung als offenen Liefervertrag. Bei Bedarf liefern wir Ihnen
einfach zusätzliche Mengen zu vorher definierten Konditionen. So greifen wir Ihnen bei der Deckung Ihres Lastgangs unter
die Arme und minimieren das Beschaffungsrisiko. Ob mit Gasmarktanbindung oder mit Festpreis, entscheiden Sie dabei
selbst. Wie wir Sie darüber hinaus unterstützen können? Vereinbaren Sie einen Termin mit uns: +49 711 7812-1400