14 Bieler Tagblatt, 05.02.2016 Uhren & Hightech Auf Jean-Claude Bivers Spuren Meine Uhr Weiterbildung Erfolg im Uhrengeschäft hängt eng mit geschicktem Marketing zusammen. Die Fachhochschule Arc in Neuenburg bietet seit sechs Jahren einen Lehrgang in Uhrenmarketing an. Daniel Rohrbach Unbestritten leistet die Uhrenindustrie viel in Sachen Qualität, Innovation, Forschung und Entwicklung. Das «Swiss made» auf den Zifferblättern steht für Qualität und Verlässlichkeit. Doch nur allein diese Werte reichen als Motiv für den Kauf einer Schweizer Uhr wohl kaum aus. Zumal der praktische Nutzen einer Uhr in der heutigen Zeit eher bescheiden ist. Es muss also andere Gründe geben, weswegen viele Personen bereit sind Geld, zum Teil sogar sehr viel Geld, für eine Schweizer Uhr auszugeben. Wie schon nur das Beispiel Swatch zeigt, trugen insbesondere gekonnte Marketingstrategien viel zur Renaissance der Schweizer Uhrenindustrie bei. Und diese vielfältigen Marketingaktivitäten werden im vor sechs Jahren gegründeten Institut du marketing horloger IMH (siehe Zweittext) wissenschaftlich untersucht und festgehalten. Von den Marken unabhängig Das Institut widmet sich aber nicht nur Forschung, sondern bietet auch seit 2010 einen berufsbegleitenden Zertifikatslehrgang (Certificate of Advanced Studies/CAS) in Marketing horloger an. Bei Diskussionen, die man mit Vertretern der Uhrenverbände führte, habe man festgestellt, dass es zwar viele technische Weiterbildungen gäbe, in Sachen Marketing im Ausbildungsangebot aber eine Lücke bestünde, sagt François Courvoisier im Gespräch mit dem BT. Der Professor an der Fachhochschule des Jurabogens ist promovierter Wirtschaftswissenschafter und Dekan des Institut du marketing horolger. Und obwohl man keine explizite Marktforschung betrieben habe, habe die anhaltende Nachfrage nach dem Weiterbildungsangebot gezeigt, dass diesbezüglich in der Uhrenindustrie Stand an der Baselworld: Analysten gehen davon aus, dass Uhrenmarken rund ein Viertel ihres Umsatzes in ihr Image investieren. ein Bedürfnis besteht. Dabei ist es François Courvoisier wichtig zu betonen, dass das Institut von den Marken unabhängig ist. Zurzeit ist er daran, den mittlerweile siebten Ausbildungslehrgang zu organisieren, der im Mai begin- nen wird. Platz hat es für jeweils zwölf bis 15 Studierende. Der berufsbegleitende, in der Regel ein Jahr dauernde Lehrgang ist in zwei Teile gegliedert. Die ersten sechs Monate beinhalten insgesamt 150 Stunden modulartig auf- a/Tanja Lander gebauter Unterricht. Im zweiten halben Jahr beschäftigen sich die Absolventen mit ihrer Diplomarbeit. Der Unterricht sei sehr praxisorientiert, sagt François Courvoisier, drei Viertel der Dozenten stammten direkt aus der Uhrenbranche. Immer wieder könnten auch eigentliche «Stars» der Branche gewonnen werden. So etwa Longines-Chef Walter von Känel oder Jean-Claude Biver, Chef des Uhrengeschäfts des Luxusgüterkonzerns LVMH. zerischen Uhrenindustrie. Neben dem Zertifikatslehrgang bietet das Institut auch massgeschneiderte Kurse oder Workshops an. Zu den weiteren Leistungen gehören Beratungsmandate, Publikationen sowie die Durchführung von Konferenzen und Seminaren. So gehört das IMH beispielsweise zu den Mitorganisatoren der «Journées Internationales du Marketing Horloger», einer jährlich in La Chaux-de-Fonds stattfindenden Branchentagung . dr Institut mit breiter Leistungspalette Seit 2010 besteht in Neuenburg an der Fachhochschule der Kantone Neuenburg und Jura sowie des Berner Juras das Institut du marketing horloger, IMH). Die Schule hat das Institut zusammen mit dem Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie, dem Arbeitgeberverband Convention Patronale sowie der Association des Journées du marketing horloger ins Leben gerufen. Das Institut untersucht und entwickelt Marketingkonzepte sowie deren Instrumente in der gesamten Wertschöpfungskette der schwei- Bieler Tagblatt Freitag, 05.02.2016 «Ein starker Charakter» Am Anfang sei das Gewicht seiner Uhr ein wenig gewöhnungsbedürftig gewesen, sagt Andreas Derungs. Heute spüre er seinen nicht ganz leichten Zeitmesser praktisch kaum mehr. Der Geschäftsleiter der Volvo Center AG in Worben nennt eine «Big Cruizer Mech Chrono» der unabhängigen Nidauer Marke Strom sein eigen. Wichtig an einer Uhr sei ihm deren regionale Herkunft und die Tatsache, dass sie dennoch etwas Spezielles sei. Beides sei bei den nicht ganz alltäglichen Uhren von Daniel Strom, dem Eigentümer der Marke, gegeben. «Sie sind unverkennbar und modern, das Design drückt einen starken Charakter aus. Seine Uhren stehen zudem für Qualität und Sicherheit, für Robustheit und Langlebigkeit. Eigenschaften, die man auch mit Autos der Marke Volvo verbindet.» Andreas Derungs trägt die Uhr immer, wie er sagt. Er sei absolut pünktlich. Pünktlichkeit sei in seinem Metier Pflicht. Er hebt zudem das gute Preis-Leistungs-Verhältnis der Strom-Uhren hervor. «Es ist eine Uhr für den täglichen Gebrauch.» Dennoch gehe eine grosse Individualität und etwas Persönliches von der Uhr aus, und deshalb passe sie ganz gut zu ihm und seinem Unternehmen. «Wir sind eine individuelle Garage und pflegen einen persönlichen Bezug zu unseren Kunden.» Die Strom trägt Andreas Derungs mittlerweile schon ein paar Jahre. Den Ausschlag für den Kauf der Uhr hatte sich durch den Umstand ergeben, dass Daniel Strom seine Kollektion in Volvo Center in Worben zeigte. Heute besitzt Andreas Derungs eine zweite Strom, und auch seine Ehefrau hat eine. Für ihn sei die Marke schon fast so etwas wie Kult und er sei zu einem Fan der Uhren geworden, sagt er. dr Link: www.imh-arc.ch Das breite Spektrum der Taschenuhrwerke Neuerscheinung Im Werk «Der Schweizer Taschenchronograph» wird erstmals die ganze Entwicklung dieser Zeitmesser dargestellt. Das Buch ist vollständig zweisprachig. «Der Chronograph verkörpert seit über hundert Jahren die uhrmacherische Komplikation schlechthin, und dies von der einfachsten bis zur raffiniertesten Variante mit Schleppzeiger und logarithmischer Skala. Er ermöglicht die Messung von Geschwindigkeiten, Distanzen und Pulsfrequenzen ebenso wie die Anzeige von Mondphase, ewigem Kalender oder Zeitgleichung. Der Chronograph ist gewissermassen ein mechanischer Miniaturcomputer.» Dies schreibt Marco Richon in seinem Vorwort zum Werk «Der Schweizer Taschenchronograph». Richon, ehemaliger langjähriger Kurator im Omega Museum in Biel, ist Präsident von Chronométrophilia, der Schweizerischen Vereinigung der Uhrenfreude, die das von Joël Pynson verfasste Werk in diesem Winter herausgegeben hat. Taschenchronographen seien heute gesuchte Sammelobjekt, fährt Richon fort. «Nach Öffnen des Deckels werden der Aufbau des Werks und die Funktionen der einzelnen Komponenten gut sichtbar.» Schwieriger sei allerdings die Bestimmung der jeweiligen Hersteller, die mit den illustren Markennamen auf dem Zifferblatt oft nur wenig zu tun hätten. Gleiches gelte auch für den Zeitpunkt der Entstehung der Uhr. Es sei dieser Sachverhalt, den Chronométrophilia dazu bewogen habe, notabene zum 40. Jahrestag seines Be- 800 Farbbilder: «Der Schweizer Taschenchronograph». zvg stehens, das Werk zu publizieren. Im Buch wird deshalb auch nicht die Geschichte des Chronographen erzählt – dazu liegen genügend Standardwerke vor. Ziel ist vielmehr, «das breite Spektrum von derartigen Taschenuhrwerken aufzuzeigen», die meistens im Schatten der renommierten Marken gestanden hätten. 200 Hersteller im Porträt Im Buch, das vollständig zweisprachig (in Deutsch und Französisch) ist, werden über 200 Her- steller vorgestellt, wovon 80 in detaillierter Form. Autor Joël Pynson, hauptberuflich Facharzt für Augenheilkunde und biomedizinischer Forscher aus Toulouse, befasst sich seit rund 20 Jahren mit Chronographen. Am nun vorliegenden Buch hat er rund drei Jahre gearbeitet, wie er an der Buchpräsentation im Internationalen Uhrenmuseum (MIH) in La Chaux-de-Fonds erzählte. Allein schon das Durcharbeiten aller vorliegenden Periodika sei eine grosse Arbeit gewe- Grosser Preis von Spanien im Jahr 1950 in Madrid: Longines ist für die Zeitmessung verantwortlich. zvg sen. Von seinen Recherchen zeugen zudem mehrere Reisen nach Deutschland, Frankreich und der Schweiz. In der Bibliothek des MIH ist er ein regelmässiger, gern gesehener Besucher. Pynson, der Kontakte zu Sammlern in ganz Europa und in den USA pflegt, hat zudem in Fachzeitschriften zahlreiche Artikel verfasst. «Ein Referenzwerk» Die zehn Kapitel des Buches – mit rund 800 Farbbildern und 160 Kaliberdarstellungen – ist nun gewissermassen die Krönung von zwei Jahrzehnten intensiven Befassens mit dem Thema. Am Buch haben zudem der bereits erwähnte Marco Richon sowie Jean-Michel Piguet, stellvertretender Kurator am MIH, mitgearbeitet. Richons Wissen ist in das Kapitel «Der Chronograph und die Sport-Zeitmessung» eingeflossen. Piguet hat das Glossar zu den Fachbegriffen verfasst. Für Antoine Simonin, Uhrmacher, Uhrenhistoriker und Verleger von Büchern über die Uhrmacherei ist das Buch «ein Referenzwerk», wie er an der Präsentation in La Chaux-de-Fonds darlegte. dr Link: www. chronometrophilia.ch Andreas Derungs und seine Strom «Big Cruizer Mech Chrono». tl Das Objekt Tarnfarben der Wüste Eberhard & Co. Im Auftrag der Streitkräfte des Sultanats Oman hat Eberhard & Co. eine auf 99 Stück limitierte Edition seines Chronographen «Contograf» herausgegeben. Die Uhr trägt die Tarnfarben der Wüste auf dem Zifferblatt, welche das sandige Terrain des Sultanats von Oman widerspiegeln. dr/Bild: zvg
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