Arbeitskreis 18: Nebengüterrecht

21. Deutscher Familiengerichtstag 2015
Arbeitskreis 18: Nebengüterrecht – Teilhabegerechtigkeit bei Gütertrennung
Leitung des Arbeitskreises: Rechtsanwalt Dr. Thomas Herr, Kassel
1.
Sollten terminologisch – was die Zuwendung betrifft – die Adjektive „ehebedingt“ und „unbenannt“
zugunsten „ehebezogen“ aufgegeben werden?
2.
Sollte darüber hinaus die Unterscheidung zwischen ehebezogener Zuwendung und familienrechtlichem Kooperationsvertrag zugunsten des übergeordneten Begriffs der ehebezogenen Wertschöpfung aufgegeben werden? Trifft die Annahme des Bundesgerichtshofs, Mitarbeit könne
nicht zugewendet werden, zu?
3.
Ist der Güterstand der Gütertrennung (§§ 1408 I, 1414 BGB) in seiner vorbehaltlosen Form noch
verfassungsgemäß (Art. 6, 3 II GG)?
a) Bundesverfassungsgericht: vom 05.02.2002, 1 BvR 105/95, FamRZ 2002, 527
Sind Leistungen der Ehegatten gleichwertig, haben beide grundsätzlich auch Anspruch auf gleiche Teilhabe am gemeinsam Erwirtschafteten, das ihnen zu gleichen Teilen zuzuordnen ist. Dies
… entfaltet seine Wirkung auch nach Trennung und Scheidung der Ehegatten auf deren Beziehung hinsichtlich Unterhalt, Versorgung, und Aufteilung des gemeinsamen Vermögens (BVerfG
FamRZ 1978, 173; 1983, 342).
b) Bundesgerichtshof vom 11.02.2004, XII ZR 265/02, FamRZ 2004, 601
Das Bundesverfassungsgericht habe zwar verdeutlicht, dass beide Ehegatten grundsätzlich auch
Anspruch auf gleiche Teilhabe am gemeinsam Erwirtschafteten haben. Diese fiktive Gleichgewichtung schließt jedoch die Möglichkeit der Ehegatten, ihrer individuell vereinbarten Arbeitsteilung oder einer evident unterschiedlichen ökonomischen Bewertung ihrer Beiträge in der Ehe
durch eine vom Gesetz abweichende einvernehmliche Regelung angemessen Rechnung zu tragen, nicht aus.
4.
Handelt es sich bei der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur konkludenten Ehegatteninnengesellschaft um eine Frühform der Ausübungskontrolle (und ist sie deshalb überholt)?
5.
Ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur konkludenten Ehegatteninnengesellschaft
verfassungsgemäß(Art. 2I iVm. 20 III GG)?
a) BGH Gutachten v. 06.09.1953, BGHZ 11, Anhang, S. 36 ff.:
Der Richter hat (Gewaltenteilung), nicht die Aufgabe, Recht zu schaffen, sondern bereits vorhandenes Recht aufzuspüren und anzuwenden. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung war damals bezüglich der Rechtsfigur der konkludenten Ehegatteninnengesellschaft (lediglich) vor dem Hintergrund der Art. 3 II, 117 GG nicht anzunehmen.
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b) BVerfG FamRZ 2011, 437:
Der Richter darf das Recht fortentwickeln. Er hat, auch und insbesondere zur Anpassung des
geltenden Rechts an veränderte Verhältnisse im Rahmen seiner dritten Gewalt die Aufgabe und
Befugnis zur schöpferischen Rechtsfindung und Rechtsfortbildung. Er darf jedoch nicht den Gesetzeswortlaut hintanstellen und er greift in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten
Gesetzgebers ein, wenn seine Interpretation keinen Widerhall im Gesetz findet. Er darf das Konzept des Gesetzgebers nicht durch ein eigenes Modell ersetzen.
6.
Beruht die Annahme des Rechtsgeschäftswillens der Ehegatten im Hinblick auf einen stillschweigenden abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag auf einer (unzulässigen) Fiktion? Wollten Ehegatten trotz der Notarbelehrung zur Gütertrennung wirklich Vermögen vergesellschaften und hierbei
das Risiko einer Verlusthaftung eingehen?
7.
Ist die nebengüterrechtliche Diversifizierung in verschiedene Anspruchsgrundlagen (konkludente
Ehegatteninnengesellschaft, ehebezogene Zuwendung, familienrechtlicher Kooperationsvertrag)
sachlich gerechtfertigt oder führt sie nicht vielmehr zu nicht nachvollziehbaren und ungerechten
Ergebnissen?
8.
Ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur ehebezogenen Zuwendung haltbar, soweit
sie an die im Einzelfall vorliegenden Güterstände der Zugewinngemeinschaft bzw. der Gütertrennung unterschiedlich strenge Anforderungen für den Ausgleichsanspruch stellt?