Polen

Polen
1.
Güterrecht
1.1 IPR (→ neu seit 16.05.2011)
Das polnische IPR knüpft das Güterrechtsstatut wandelbar an das Recht der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Ehegatten, ersatzweise an das Recht des Staates, in dem beide Ehegatten ihren
Wohnsitz haben, hilfsweise an das Recht des Staates, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen
Aufenthalt haben. Liegt auch kein gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt vor, wird an das Recht des
Staates angeknüpft, mit dem die Ehegatten anderweitig gemeinsam am engsten verbunden sind.
Seit 2011 besteht die Möglichkeit einer Rechtswahl. Gewählt werden kann das Heimatrecht, das
Recht des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts eines Ehegatten.
1.2 Materielles Recht
a)
Gesetzlicher Güterstand:
„gesetzliche Gemeinschaft“ (Art Errungenschaftsgemeinschaft)
b)
Wahlgüterstände:
Der gesetzliche Güterstand kann durch Ehevertrag abgeändert werden, und zwar sowohl vor, als
auch nach der Eheschließung. Der Ehevertrag bedarf der notariellen Beurkundung. Einhaltung
der Ortsform ist aber ausreichend.
Die gesetzliche Gemeinschaft kann vertraglich erweitert oder beschränkt werden, oder Gütertrennung bzw. Gütertrennung mit Zugewinnausgleich vereinbart werden. Daneben gibt es im Falle der Insolvenz über das Vermögen eines Ehegatten oder der Entmündigung eines Ehegatten
und bei Trennung von Tisch und Bett den Zwangsgüterstand der Gütertrennung.
1.3 Fundstellen
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2.
Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderteil: Polen
(01.06.2012)
DNotI-Gutachten Nr. 120556 vom 25.07.2012
Erbrecht
2.1 IPR
a)
EU-Erbrechtsverordnung:
Für Erbfälle ab dem 17.08.2015 ist die EU-ErbVO anwendbar. Diese knüpft das Erbstatut grundsätzlich an den letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers an (Art. 21 EU-ErbVO).
Hinsichtlich des materiellen Erbrechts ist eine Rechtswahl möglich. Gewählt werden kann das
Heimatrecht zum Zeitpunkt der Rechtswahl oder zum Zeitpunkt des Erbfalls. Bei mehrfacher
Staatsangehörigkeit kann der Erblasser jedes seiner Heimatrechte wählen (Art. 22 EU-ErbVO).
Zudem sind Rechtswahlen hinsichtlich der Zulässigkeit, materiellen Wirksamkeit, Bindungswirkungen und Voraussetzungen der Auflösung eines Erbvertrags möglich (Art. 25 EU-ErbVO).
b)
Altfälle:
Für Erbfälle zwischen dem 16.05.2011 und dem 16.08.2015 gilt folgendes:
Bearbeitungsstand: Juni 2015
Polen ist seit 2. November 1969 Vertragsstaat des Haager Testamentsformübereinkommens vom
5. Oktober 1961.
Das Erbstatut richtet sich nach dem Heimatrecht des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes. Es
gilt der Grundsatz der Nachlasseinheit. Eine Rechtswahl ist möglich. Gewählt werden kann das
Heimatrecht des Erblassers, das Recht seines Wohnsitzes oder das Recht seines gewöhnlichen
Aufenthalts. Für die Frage der Gültigkeit eines Testaments oder einer anderen Verfügung von
Todes wegen (also Erbvertrag oder gemeinschaftliches Testament) verbleibt es jedoch bei der
Anwendung des Heimatrechts.
2.2 Materielles Recht
a)
Gesetzliche Erbfolge:
Fall 1:
Die Kinder - wobei keine Unterscheidung zwischen ehelich und nichtehelich erfolgt - und der
überlebende Ehegatte erben zu gleichen Teilen, der überlebende Ehegatte aber mindestens 1/4.
Fall 2:
Der überlebende Ehegatte wird Erbe zu 1/2, die Eltern jeweils zu 1/4. Daneben steht dem überlebenden Ehegatten ein gesetzliches Vorausvermächtnis an dem Hausrat zu.
b)
Gewillkürte Erbfolge, Erbverzicht, Pflichtteilsrecht:
Einzig zulässige Verfügung von Todes wegen ist das Einzeltestament, gemeinschaftliche Testamente und Erbverträge sind unzulässig. Der Erbverzicht eines gesetzlichen Erben ist möglich.
Inhalt eines Testaments können sein: Erbeinsetzung, Anordnung von Vermächtnissen und Auflagen, Einsetzung eines Testamentsvollstreckers. Die Anordnung von Vor- und Nacherbfolge ist
unwirksam und kann allenfalls in eine Ersatzerbfolge umgedeutet werden.
Das Pflichtteilsrecht ist kein Noterbrecht, sondern nur ein schuldrechtlicher, auf Zahlung von Geld
gerichteter Anspruch. Zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten gehören die Abkömmlinge, der
Ehegatte und die Eltern des Erblassers; ihnen steht grundsätzlich die Hälfte des Werts ihres
Erbteils als Pflichtteil zu. Die Pflichtteilsquote eines minderjährigen Abkömmlings sowie eines
dauernd arbeitsunfähigen Pflichtteilsberechtigten beträgt 2/3 des Werts seines gesetzlichen
Erbteils. Das Recht der mit dem Erblasser in Wohngemeinschaft lebenden und ihm nahestehenden Personen auf Weiterbenutzung von Wohnung und Hausrat für die Dauer von drei Monaten
ab Erbfall kann nicht ausgeschlossen werden.
c)
Übergang des Nachlasses auf die Erben, Erbengemeinschaft:
Für den Erbanfall gilt der Grundsatz des Vonselbsterwerbs. Mehrere Miterben bilden keine Gesamthandsgemeinschaft, sondern eine besondere Form von Bruchteilsgemeinschaft.
2.3 Fundstellen
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3.
Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Internationales Erbrecht, Länderteil: Polen (15.01.2012)
Schömmer/Remin/Szewior, Internationales Erbrecht und Erbschaftsteuer Polen (2011)
Urkunden- und Legalisationsverkehr, Auslandsvertretungen
Polen ist seit 14.08.2005 Vertragsstaat des Haager Übereinkommens vom 5. Oktober 1961 zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation, d.h. eine Apostille genügt.
Polnische Auslandsvertretung, zuständig für Baden-Württemberg und Bayern:
Generalkonsulat der Republik Polen http://www.botschaft-polen.de/vertretungen/gkmuenchen.html
(Röntgenstraße 5, 81679 München ; Tel.: 089 / 41 86 08-0)
Bearbeitungsstand: Juni 2015
Deutsche Auslandsvertretungen in Polen:
Botschaft in Warschau http://ambasadaniemiec.pl/www/home.php?lg=de
(Ambasada Republiki Federalnej Niemiec, ul. Jazdow 12, 00-467 Warszawa, Polen)
Generalkonsulate in Breslau (mit Außenstelle -Vizekonsulat- in Oppeln), Danzig und Krakau.
4.
Europäisches Rechtsauskunftsübereinkommen
Polen ist seit 15. Dezember 1992 Vertragsstaat des Europäischen Übereinkommens vom 7. Juni 1968
betreffend Auskünfte über ausländisches Recht.
Empfangsstelle ist das polnische Justizministerium, dessen Anschrift wie folgt lautet:
Ministry of Justice of the Republic of Poland, Aleje Ujazdowskie, 00-950 Varsaw.
Bearbeitungsstand: Juni 2015