Donnerstag, 3. Dezember 2015 Wirtschaft & Recht: Steuern der Standard 11 Gemeinnützigkeitsgesetz fördert jene, die schon haben Auch gemeinnützige Vereine und Privatstiftungen können in Zukunft für Organisationen und Projekte spenden. Kunst- und Kulturförderung werden steuerlich abzugsfähig. Aber nur Große können davon profitieren, die Kleinen schließt das Gesetz aus Misstrauen aus. Foto: APA / Herbert Neubauer Klaus Wiedermann Fortunas Spende an große, geförderte Bühnen ist in Zukunft steuerlich absetzbar. Aber die Armen in Nestroys „Zu ebener Erde und erster Stock“ (Szene aus dem Volkstheater) würden leer ausgehen. Wien – Ein lange herbeigesehntes Gesetz wird dank des gemeinsamen politischen Willens der Regierungsparteien endlich Realität – das Gemeinnützigkeitsgesetz 2015. Der Ministerrat hat vor kurzem die Regierungsvorlage beschlossen, die jetzt im Nationalrat eines Beschlusses harrt. Am Ende des Tages ist das darin enthaltene Vorhaben, Österreich im Gemeinnützigkeitsrecht wieder konkurrenzfähig zu machen, positiv zu bewerten und klar zu begrüßen. Dennoch ist die Freude nicht ungetrübt, da aus dem Gesetzestext an vielen Stellen die oft vorherrschende grundsätzliche Skepsis gegenüber bürgerlichen Initiativen im Kultur- und Sozialbereich herauszulesen ist. Was verändert sich durch das neue Gesetz? Bisher war es gemeinnützigen Vereinen und Privatstiftungen – anders als vergleichbaren Organisationen in zahlreichen anderen Staaten – nicht erlaubt, mit Geldmitteln gezielt Projekte anderer gemeinnütziger Organisationen zu finanzieren. Spenden für gemeinnützige Zwecke – selbst an laut Finanzministerium spendenbegünstigte Organisationen – waren nur vonseiten (nicht gemeinnütziger) Unternehmen oder Privater möglich. Eine Spende durch eine gemeinnützige Organisation führte bisher stets zum Verlust des Gemeinnützigkeitsstatus und war mit empfindlichen Steuernachzahlungen verbunden. Ab 2016 wird nun scheinbar alles anders. Die gezielte Weiterleitung von Geldern an gemeinnützige Organisationen ist ab dann grundsätzlich erlaubt. Allerdings wurde diese Möglichkeit nur auf Spenden und Projektfinanzierungen für gemeinnützige Organisationen ausgedehnt, die sich einer jährlichen, in der Regel nicht unentgeltlichen Jahresabschlussprüfung unterziehen sowie eine spezielle Prüferbestätigung einholen und damit (nach einer dreijährigen Wartefrist) auf der Liste des Finanzministeriums für spendenbegünstigte Organisationen aufscheinen. Dies passierte vor allem zur besseren Überprüfbarkeit für die Finanzverwaltung. Österreich einseitig Zurechnungsregeln abändern. Das Steuerrecht wird komplizierter, ohne dass damit ein erkennbarer Vorteil für Staat oder Bürger verbunden wäre. Bestimmt wird man sich dennoch der Schließung von Lücken rühmen. MMAG. DR. BENJAMIN TWARDOSZ DDR. KLAUS WIEDERMANN ist Wirt- Andere sind ausgeschlossen Andere Organisationen, insbesondere kleinere bzw. lokale Vereine, werden zur Sicherheit ausgeschlossen, auch wenn sie sich Kunst, Kultur oder mildtätigen Projekten widmen. Zu sehr besteht offenbar die Angst und das Misstrauen vonseiten der Finanzverwaltung, ein Verein oder eine Stiftung könnte die gesammelten Die Zurechnungsregel für zwischengeschaltete GmbHs schafft neue Unklarheiten und Ungerechtigkeiten Wien – Seit Jahren wird davon gesprochen, dass das Steuerrecht zu kompliziert sei und vereinfacht werden müsse. Stattdessen erfahren wir jährlich eine Flut von neuen gesetzlichen Regelungen, die zum Teil wenig erkennbaren Nutzen haben, dafür umso mehr zur Verkomplizierung beitragen. Das jüngste Beispiel ist die Regelung zur „zwischengeschalteten GmbH“: Künstlern, Sportlern, Wissenschaftern, Schriftstellern, Vortragenden sowie Geschäftsführern sollen Einkünfte künftig dann direkt zugerechnet werden, wenn die Leistung von einer „Körperschaft“ abgerechnet wird, die unter ihrem „Einfluss“ steht, und diese Körperschaft „über keinen ENTSCHEIDUNG USt.-Jahresbescheid trotz Beschwerde möglich Wien – Ein Unternehmer bekämpfte den Umsatzsteuerbescheid für das vierte Quartal 2010 vor dem Bundesfinanzgericht (BFG); bald darauf erließ das Finanzamt einen USt.-Bescheid für das Gesamtjahr 2010. Das BFG wertete die anhängige Beschwerde als eine gegen den Jahresbescheid und gab ihr statt. Das Finanzamt brachte eine Revision ein: Der Jahresbescheid sei kein echter Bescheid, weil er während eines Beschwerdeverfahrens erlassen wurde. Der VwGH sah dies anders: Der Jahresbescheid habe den Quartalsbescheid ersetzt und nicht bloß abgeändert oder aufgehoben. (VwGH 22. 10. 2015, Ro 2015/15/0035) eigenständigen (...) Betrieb verfügt“. Die Regelung kommt daher zur Anwendung, wenn die Leistung über eine sogenannte „Briefkastenfirma“ abgewickelt wird. Das klingt, als ob es zu begrüßen wäre. Bei genauerer Betrachtung entpuppt sich die Regelung jedoch als Populismus. Im Ministerrat wurde nunmehr klargestellt, dass sie „nur“ für die im Gesetz genannten Berufsgruppen (Künstler, Schriftsteller, Wissenschafter, Sportler und Vortragende) gilt. nicht explizit erwähnt. Während dies national lösbar ist, kann es grenzüberschreitend definitiv zur Doppelbesteuerung kommen: Selbstverständlich wird der Staat, in dem die Gesellschaft ansässig ist, diese auf Basis ihrer Einkünfte besteuern wollen. Auch die Ausschüttung z. B. an den ausländischen Künstler wird weiterhin im Ausland besteuert werden. Allfällige Abkommen bieten unzureichenden Schutz, wenn Staaten wie Fördert die Geförderten Aber leider ist gerade in diesem neuen Bereich der Spendenbegünstigung auch wieder besagte Skepsis seitens der Politik, aber auch der auf Kontrollierbarkeit bedachten Finanzverwaltung augenscheinlich: So sollen nur jene Kunst- und Kultureinrichtungen, wie z. B. Theater und Festspielorganisationen, gefördert werden, die ohnedies bereits staatlich anerkannt eine öffentliche Bundesoder Landesförderung erhalten. Zudem wird durch die Steuerreform 2015/16 das diesbezügliche Befüllen der bislang relativ leeren Transparenzdatenbank zur Voraussetzung gemacht. Vor allem kleinere, lokale Kulturvereine sind damit weiterhin vom Empfang steuerlich abzugsfähiger Spenden ausgeschlossen. Die Essenz daraus ist: Große Vereine werden gegenüber kleinen Organisationen in der Praxis begünstigt. Das ist gerade unter dem Gesichtspunkt einer breiten Förderung von Kunst und Kultur zu bedauern. Zu einem Verfahren oder zu einer behördlichen Stelle, die auch ohne Zusage einer Landesoder Bundesförderung die Gemeinnützigkeit des Kultur- bzw. Kunstvereins bestätigt und damit dessen Spendenbegünstigung ermöglicht, fehlt bisher der politische Mut. So muss gesagt werden: Es wurde mit dem neuen Gesetz viel erreicht – aber das Misstrauen der Politik bleibt. Das Abgabenrecht wird noch komplizierter Benjamin Twardosz Gelder an unterschiedliche lokale Organisationen weiterleiten, die unter Umständen diese finanziellen Mittel doch nicht für gemeinnützige Zwecke verwenden und sogar wieder an andere Organisationen weiterleiten. Am neuen Gemeinnützigkeitsgesetz positiv zu bewerten ist die Tatsache, dass Kunst- und Kultureinrichtungen ab 2016 steuerlich abzugsfähige Spenden erhalten können. Die bisherige Einschränkung auf Forschung und Mildtätigkeit – neben den kasuistischen Förderungen von Tierheimen und der Freiwilligen Feuerwehr – war nicht sachgerecht und schloss bisher einen großen Kreis von der Gemeinnützigkeit aus. LL.M. ist Rechtsanwalt und Steuerberater sowie Partner bei Wolf Theiss in Wien. [email protected] schaftsprüfer, Steuerberater und Tax Director bei Deloitte Österreich. [email protected] Missverständnisse Berät also ein österreichischer Berater höchstpersönlich einen Kunden in Österreich und kontrahiert der Kunde mit der Gesellschaft auf den British Virgin Islands, so ist die Neuregelung nicht anwendbar. Der eine oder andere mag einwenden, dass in einem solchen Fall bereits nach geltender Rechtslage die Einkünfte dem Berater direkt zuzurechnen sind. Dann fragt sich allerdings, wozu die Neuregelung benötigt wurde. Sie trägt zu Missverständnissen bei. Eine GmbH kann übrigens niemals die Leistung eines Menschen erbringen. Übersehen wird offenbar auch, dass Rechtsformen nicht nur aus steuerlichen Gründen gewählt werden, sondern beispielsweise aus Haftungsgründen. Dem Unternehmensberater steht die Wahl der Rechtsform weiterhin ohne steuerliche Nachteile offen, dem Vortragenden und dem Wissenschafter künftig nicht mehr. Dass eine Ausschüttung der zwischengeschalteten GmbH an den Gesellschafter nicht steuerpflichtig ist, wird im Gesetz übrigens Im Dunkeln gelassen? Wir schaffen Klarheit. In allen Bereichen des Wirtschaftsrechts. DORDA BRUGGER JORDIS Rechtsanwälte · Universitätsring 10 · 1010 Wien · www.dbj.at
© Copyright 2024 ExpyDoc