Vorlesung ZPO II

17.07.2015
Vorlesung ZPO II
Teil 2.2:
Grundlagen des Vollstreckungsrechts
RA Prof. Dr. Hubert Schmidt - ZPO II
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ZPO II
◊ Literatur zum Vollstreckungsrecht (Auswahl):
• Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, 10. Aufl.,
München (Vahlen) 2014, ISBN 978-3-8006-4481-0,
49,80 € (klassisches Lehrbuch);
• Lippross, Zwangsvollstreckungsrecht, 11. Aufl.,
München (Vahlen) 2014, ISBN 978-3-8006-4580-0,
29,80 € (schon für das Referendariat, mit
Formulierungsbeispielen )
• Lackmann, Zwangsvollstreckungsrecht, 10. Aufl.,
München (Vahlen) 2013, ISBN 978-3-8006-4575-6,
31,90 € (schon für das Referendariat, mit
Formulierungs- und Klausurbeispielen).
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Teil 2.2: Grundlagen des Vollstreckungsrechts
◊ Rechtsgrundlagen
• ZPO, 8. Buch, §§ 704 – 945b
• ZVG (S: 108)
• für die Vollstreckung in unbewegliche Sachen
• RPflG (S: 96)
• mit Zuweisungen der meisten
Vollstreckungsmaßnahmen an den Rechtspfleger, §§ 3
Nr. 1 i, Nr. 3 a), 20 Abs. 1 Nr. 17 RPflG;
• Anfechtungsgesetz (S: 111)
• EuVTVO
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◊ Begriff der Zwangsvollstreckung:
• Durchsetzung eines privatrechtlichen Anspruchs
• aufgrund eines Vollstreckungstitels
• mit Hilfe staatlicher Zwangsmittel, da auch in der Vollstreckung
das Selbsthilfeverbot gilt.
◊ Zweistufigkeit der Rechtsverwirklichung:
• 1. Stufe:
• Titel: (Leistungs-) Urteil,
• sonstige Titel, z.B. vollstreckbare Urkunde (§ 794 I Nr. 5 ZPO)
• 2. Stufe: Vollstreckung
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Dreistufigkeit der Vollstreckung:
◊ 1. Stufe: Sicherung
• Beschlagnahme, Pfändungspfandrecht
◊ 2. Stufe: Verwertung
• Versteigerung einer beweglichen Sache oder eines Grundstücks
• Überweisung einer Forderung zur Einziehung
• (entfällt bei: Sicherungsvollstreckung, einstw. Rechtsschutz,
Zwangshypothek)
◊ 3. Stufe: Auskehr des Erlöses an den Gläubiger
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◊ Zwangsvollstreckung = Realisierung der Vermögenshaftung
• Haftung des gesamten Vermögens einer Person für die
Verbindlichkeiten dieser Person
• keine Vollstreckung gegen die Person des Schuldners (Verkauf in die
Sklaverei, Schuldturm; auch keine Vollstreckung "in die Arbeitskraft"
des Schuldners - wohl aber, wenn auch in Grenzen, Pfändung von
Arbeitseinkommen)
◊ Unterschiede zum Insolvenzverfahren:
◊ Einzelvollstreckung
Gesamtvollstreckung
◊ Prioritätsprizip
Gleichbehandlungsgrundsatz
prior in tempore
potior in iure
(§ 804 III ZPO)
par condicio creditorum
(§§ 1, 38 InsO)
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◊ Prinzipien und Verfahrensgrundsätze
◊ Dispositionsmaxime
•
•
•
•
Antragsprinzip
Antragsprinzip
Antragsprinzip
Antragsprinzip
hinsichtlich des
hinsichtlich des
hinsichtlich des
hinsichtlich des
"Ob" der Vollstreckung,
zu vollstreckenden Anspruchs,
Umfangs der Vollstreckung,
Vollstreckungsorgans;
◊ aber: keine Disposition hinsichtlich
• Art und Weise der Durchführung der Vollstreckung
• streitig ist, ob Auswahl des konkreten Gegenstands zulässig (unzul. Einsatz als
Druckmittel, mglw. unangem. Kosten?);
◊ Verhandlungsmaxime: nein
◊ Mündlichkeit: nein (§ 834 ZPO schließt die Anhörung des Schuldners vor
Pfändung ausdrücklich aus!); erst nachgelagerte Gewährung rechtlichen Gehörs.
◊ Öffentlichkeit: nein
◊ Aber: Bei den vollstreckungsrechtlichen Klagen (§§ 767, 771, 805 ZPO) handelt
es sich um Erkenntnisverfahren, bei denen die sämtlichen zivilprozessualen
Verfahrensgrundsätze gelten.
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Rechtsbeziehungen
im Zwangsvollstreckungsrecht
Gl.
Sch.
1. titulierter Anspr.
2. Vollstreckungsverhältnis
(privatrechtlich)
Vollstreckungsanspruch
(öffentlich-rechtlich)
Eingriffsverhältnis
(öffentlich-rechtlich)
Staat
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Rechtsbeziehungen im Zwangsvollstreckungsrecht
zum Vollstreckungsanspruch (Verhältnis Gläubiger - Staat):
Selbsthilfeverbot
Justizgewährungsanspruch, hier:
(Gewaltverbot)
= Vollstreckungsanspruch
Aus Vollstreckungsanspruch folgt:
◊ Erzwingbarkeit des Tätigwerdens der Vollstreckungsorgane (§§ 766, 793 ZPO)
◊ sanktioniert durch: Amtshaftung (§ 839 BGB, Art. 34 GG), kein Richterprivileg
zum Eingriffsverhältnis (Verhältnis Staat - Schuldner):
staatlicher Grundrechtseingriff
Gesetzesvorbehalt (Vorschriften der ZPO)
Verhältnismäßigkeitsprüfung
ggf. spezielle Eingriffsvoraussetzungen (Art. 13 GG!)
Grundrechtskollision mit Art. 14 GG des Gl., deshalb Abwägung, die aber
regelmäßig zugunsten des vollstreckenden Gläubigers ausfallen muss.
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Rechtsbeziehungen im Zwangsvollstreckungsrecht
◊ zum "Vollstreckungsverhältnis" (Verhältnis Gläubiger Schuldner):
• BGH: durch Vollstreckungseingriff wird privatrechtliche
Sonderbeziehung zwischen Gläubiger und Schuldner begründet
• § 280 I BGB anwendbar
• § 278 BGB anwendbar; bei RA § 85 II ZPO.
◊ Vollstreckungsverhältnis ist zu unterscheiden von dem der
Vollstreckung zugrunde liegenden titulierten Anspruch.
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◊ Beispielsfall (nach BGH NJW 1985, 3080):
Gl. vollstreckt wegen einer Forderung von 231,72 € und hat
beantragt, die eidesstattliche Versicherung (heute:
Vermögensauskunft, § 802c) des Sch. abzunehmen und Haftbefehl
(heute: § 802g) zu erlassen, wenn er zum Termin nicht erscheint.
Kurz vor dem Termin bezahlt der Sch. gegen Quittung und das
Versprechen der Angestellten des Gl., dass der Vollstreckungsantrag
zurückgenommen werde. Dies vergisst die Angestellte, so dass gegen
den zum Termin nicht erschienenen Sch. der Haftbefehl ergeht, der
Sch. wird in das Schuldnerverzeichnis eingetragen (heute: § 882b I
Nr. 1, § 882c I Nr. 1), was der Schufa nicht entgeht. Eine parallel
beantragte Grundstückskauffinanzierung "platzt" deswegen, so dass
Notarkosten von 2.470,52 € nutzlos verwendet wurden. Anspruch
des Sch. gegen Gl.?
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◊ Formalisierung der Zwangsvollstreckung
◊ Entlastung des Vollstreckungsverfahrens von der Prüfung
zentraler Vollstreckungsvoraussetzungen:
• Bestehen des zu vollstreckenden Anspruchs wird nicht geprüft, nur
die formellen Voraussetzungen der "Titel, Klausel, Zustellung"
• Einwände: nur Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO)
• Eigentum des Schuldners an den in seinem Gewahrsam
vorgefundenen Gegenständen wird nicht geprüft (§ 808 ZPO)
• Einwände: nur Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO)
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Abhängigkeit der Vollstreckungsmaßnamen von der
Eigenart des „zu vollstreckenden Anspruchs“
Anspruch auf
Zahlung von
Geld
Gläubiger
muss Geld
bekommen
Anspruch auf
Anspruch auf Anspruch auf
Herausgabe oder Vornahme einer Dulden oder
Leistung einer
Handlung
Unterlassen
Sache
Anspruch auf
Abgabe einer
Willenserklärung
Gläubiger muss Schuldner muss
in den Besitz der gezwungen werSache gelangen den, die Handlung
Schuldner
Die Willensermuss
klärung muss
gezwungen
abgegeben
vorzunehmen oder
werden, die
werden,
Gläubiger muss
Handlung zu
Handlung auf
beachte: §
Kosten des
dulden bzw. zu
894.
Schuldners vorunterlassen
nehmen können
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Vollstreckung einer Geldforderung
Beim Schuldner wird
der geschuldete
Geldbetrag
beschlagnahmt
...falls nicht
möglich...
...wird beim Schuldner
irgendein (beliebiger)
Vermögensgegenstand
beschlagnahmt
und zu Geld gemacht
Übergabe des Geldes an den Gläubiger
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Vollstreckung WEGEN Geldforderungen:
zur Vollstreckung geeignete Vollstreckungsobjekte
IN bewegliches Vermögen
IN körperl.
Sachen
IN Forderungen u. Rechte
IN unbewegliches Vermögen
IN Grundstücke und
grundstücksgleiche Rechte
Vollstreckungsmaßnahme und -organ:
Anordnung
der
Zwangsversteigerung
(VollstrG)
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Pfändung
durch
Inbesitznahme
(GV)
Pfändungs- u.
Überweisungs
-beschluss
(VollstrG)
Anordnung Eintragung
der
der
Zwangsver- Zwangswaltung
hypothek
(VollstrG)
(GBA)
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Vollstreckung "sonstiger Ansprüche"
(die nicht auf Geldzahlung gerichtet sind)
Anspruch auf
Herausgabe oder
Leistung einer
Sache
• Wegnahme beim
Schuldner
• Inbesitznahme
durch den Staat
• Übergabe an
Gläubiger
Anspruch auf
Vornahme einer
Handlung
• Ausübung von
Zwang auf den
Schuldner
oder
Anspruch auf
Dulden oder
Unterlassen
• Androhung von
Strafen für den Fall
der
Zuwiderhandlung
• Ersatzvornahme
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Anspruch auf
Abgabe einer
Willenserklärung
• Gesetzliche
Fiktion:
rechtskräftige
Entscheidung gilt
nach § 894 als
Willenserklärung
des Schuldners
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Teil 2.2: Grundlagen des Vollstreckungsrechts
8. Buch, Erster Abschnitt, Allgemeine Vorschriften, §§ 704 – 802 ZPO
Zweiter Abschnitt: Vollstr WEGEN Geldforderungen (§§ 802a
– 882h)
Allgemeine Bestimmungen der Vollstr wg. Geldforderungen (§§
802a – 802l)
Vollstr IN unbewegl.
Vermögen (§§ 864–871)
Vollstr IN bewegliches
Vermögen (§§ 803-863)
Vollstr in
körperliche
Sachen (§§
803 – 827)
Vollstr in
Forderungen
und Rechte (§§
828 – 863)
Dritter Abschnitt:
Vollstr. WEGEN anderer Ansprüche
(§§ 883 ff.)
Vollstr zur Erwirkung der
Herausgabe von Sachen,
Vollstr zur Erwirkung von
Handlungen
Vollstr zur Durchsetzung von
Duldungs- und Unterlassungsverpflichtungen
Fiktion der Abgabe von
Willenserklärungen
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