Nach der Diagnose ist man platt

"Nach der Diagnose ist man platt"
21.04.2016 21:54 Uhr
Herr Vogl, aus Sicht des Patienten: Was sind die Vorteile der Psychosozialen Krebsberatungsstelle
Herr Vogl, aus Sicht des Patienten: Was sind die Vorteile der Psychosozialen Krebsberatungsstelle?
Gerhard Vogl: Die Vorteile sind die schnelle Erreichbarkeit, die kurzen Wege, keine Wartezeiten. Man ruft einfach kurz
an, bekommt einen Termin und kann ein Gespräch führen. Es ist meiner Erfahrung nach das Wichtigste nach der
Erkrankung, dass man ein bisschen aufgefangen wird. Man kann hier Dinge besprechen, die man nicht mal mit seinem
Partner besprechen kann oder will. Solche Sachen kann man hier loswerden. Das ist für mich das Wichtigste.
Sie sind selbst Krebspatient und leiten die Prostata-Selbsthilfegruppe. Damals, als die Krankheit bei Ihnen ausgebrochen
ist, gab es die Beratungsstelle noch nicht. Wie ist das heute im Unterschied zu dem, was Sie erlebt haben?
Vogl: Die Krebsberatungsstelle hat es damals noch nicht gegeben, das ist richtig. Aber ich hab' Gott sei Dank von
meinem Urologen eine Überweisung zu einem Psychologen gekriegt. Ich hab's wahrgenommen, manche trauen sich
nicht zum Psychologen, und ich habe auch kurzfristig einen Termin bekommen. Normalerweise sind die Wartezeiten
sehr lang. Wenn ich drei Monate auf einen Termin warten muss, hab ich drei Monate alles in mir, was ich einfach nicht
loswerden kann.
Wie wichtig ist die psychologische Beratung bei Krebs?
Vogl: Die spielt eine große Rolle. Wenn man die Diagnose bekommt, ist man erst mal platt. Es gehen einem so viele
Fragen durch den Kopf, die man irgendwo loswerden muss. Mit jemandem drüber reden, ist da ganz wichtig. Das kann
man teilweise mit Angehörigen tun, aber manche Sachen sind außer Haus besser zu bewältigen. Und das ist ganz, ganz
wichtig.
Was wäre, wenn die Beratungsstelle tatsächlich aus Geldmangel geschlossen werden würde? Was würde das für Ihre
Selbsthilfegruppe bedeuten?
Vogl: Wir sind zwar angeschlossen an den Bundesverband Prostatakrebs. Aber die sind weit weg. Und die hier sind vor
Ort. Wenn ich ein Problem habe, rufe ich an, lass mich beraten oder mir Anlaufstellen sagen. Wenn die
Krebsberatungsstelle in München ist, da fährt kein Patient rauf. Weil der momentan andere Sorgen hat. Wichtig sind die
kurzen Wege. Dass es in der Region eine Anlaufstelle gibt.
Was wäre, wenn dennoch das Aus käme?
Vogl: Wir wären wieder auf uns allein gestellt. Wir müssten viele Sachen selber stemmen. Auch Veranstaltungen
machen, wo uns die Krebsberatungsstelle unterstützt hat. So etwas müssten wir dann selber organisieren. Das heißt, auf
mich käme noch mehr Arbeit zu.
Das Gespräch führte
Ruth Stückle.
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