© ImageSource Schwerpunkt: Personalarbeit gestalten Immaterielle Vermögenswerte nehmen einen wachsenden Anteil am Marktwert eines Unternehmens ein. Obwohl es unstrittig ist, dass das Human Capital einen gewichtigen Teil dieser Werte ausmacht, hat es bisher keinen entsprechenden Stellenwert in der Analyse und Wertbestimmung von Unternehmen eingenommen. Eine aktuelle Kienbaum-Studie zeigt, dass in der Berichterstattung der DAX 30-Unternehmen nur wenige Anhaltspunkte für eine systematische Bewertung des Human Capital Managements zu finden sind. Besser berichten Dr. Walter Jochmann, Geschäftsführer, Kienbaum Manage ment Consultants Kontakt: walter. jochmann@ kienbaum.de Paul M. Kötter, Mitglied der Geschäftsleitung, Kienbaum Manage ment Consultants Kontakt: paul. koetter@ kienbaum.de Dr. Frank Dievernich, Senior Project Manager, Kienbaum Management Consultants Kontakt: frank. dievernich@ kienbaum.de Die Diskussion um immaterielle Vermögenswerte (Intangible Assets) ist vor allem deshalb angewachsen, weil schon in den 90erJahren die market-to-book-Ratio, das Verhältnis von Marktwert und Buchwert, stark angestiegen ist. Der Marktwert von Unternehmen lässt sich immer weniger durch rein finanzielle Erfolgsgrößen erklären. Intangible Assets wie Markenwert (etwa für Coca Cola), Kundenkapital (etwa für Mobilfunkunternehmen) oder Innovationskapital (etwa für Pharmaunternehmen) spielen bei der Bewertung von Unternehmen eine immer größere Rolle. Vor diesem Hintergrund stellt sich auch die Frage nach dem Anteil des Humankapitals am Marktwert eines Unternehmens. Human Capital Management (HCM) meint mehr als die Suche nach einem bilanzähnlichen Wert des Humankapitals. Vielmehr geht es um eine Antwort auf die Fragen: • Ist das Humankapital ein Alleinstellungsmerkmal, das Wettbewerbs- vorteile am Markt generiert (people make the difference)? Humankapital erfüllt die wesentlichen Merkmale eines strategischen Wettbewerbsvorteils: komplex, nachhaltig, nicht substituierbar und von Wettbewerbern nicht oder nur langfristig zu imitieren. • Wie kann ein Unternehmen den Produktionsfaktor Arbeit im Sinne der mittel- und langfristigen Performance- und Wertsteigerung optimal nutzen und entwickeln? • Was ist das unternehmensspezifisch richtige Human Capital Management? Alle drei Fragestellungen sind aus einer externen Beobachterper spektive von großem Interesse. Die Kienbaum-Studie zeigt auf, welchen Informationsgehalt die Stichwörter in diesem Beitrag n Geschäftsbericht n Personalbericht n Sozialbericht n Nachhaltigkeitsbericht PERSONAL · Heft 10/2006 Geschäftsberichte und öffentlich verfügbaren Personal- und Sozialberichte enthalten. Die Studie trifft keine Aussage über die Qualität des jeweiligen Human Capital Managements; es ist offensichtlich, dass die betriebliche Praxis deutlich über die Berichterstattung hinausgeht. Abb.1: Gesamtverteilung der Einzelbewertungen 40 34,3 28,6 26,5 30 Berichterstattung im Überblick 20 10,6 Die 930 Einzelbewertungen verteilen sich auf die Gütegrade 0 bis 3. Über ein Drittel aller Bewertungen musste mit 0 erfolgen, da die Berichte keinen Hinweis auf das jeweilige Item boten. Mehr als ein Viertel aller Items wurden in der externen Kommunikation der Unternehmen zwar benannt, aber weder qualitativ noch quantitativ näher erläutert (Bewertung 1). Weniger als 30 Prozent der untersuchten HCM-Items konnten mit 2 bewertet werden; hier wurden zumindest qualitative Bewertungen angegeben beziehungsweise konkrete Programme 10 0 0 1 2 3 Gütegrade Angaben in Prozent; Quelle: Kienbaum benannt. Nur knapp elf Prozent der Bewertungen ließen eine 3 zu, obwohl erst auf dieser Ebene eine steuernde Funktion deutlich und Rückschlüsse durch Externe mög- lich werden. Im Ergebnis zeigt sich, dass die Dax 30-Unternehmen eher wenig und wenn dann eher undetailliert über ihre HCM-Perspektive berichten. (Abb. 1) Abb. 2: Verteilung der Bewertungen pro HCM-Werttreiber Motivations-Potenzial 60 50 50 Kompetenz-Potenzial 55 60 30 30 50 20 20 40 28,6 10 30 15,3 20 0 1,1 10 0 40 0 1 2 Kompetenzpotenzial 3 Integrationspotenzial Langfristiger Unternehmenserfolg 0 0 1 Motivationspotenzial 60 Integrations-Potenzial 60 Human Investements 50 36,1 33,6 40 30 3 Human Investments 48,8 50 32,8 40 30 20 20,8 2 11,7 6,7 10 20 9,5 0 0 1 2 3 10 0 PERSONAL · Heft 10/2006 0 1 2 3 Angaben in Prozent; Quelle: Kienbaum Schwerpunkt: PersonalArbeit gestalten Zur Methodik Analysiert wurden die aktuellen Geschäftsberichte der DAX 30-Unternehmen, in der Regel für das Geschäftsjahr 2005. Sofern vorhanden beziehungsweise öffentlich verfügbar, wurden ergänzend die Personal- und Sozialberichte sowie Nachhaltigkeitsberichte herangezogen. Hinter den 4 HC-Werttreibern des Modells befinden sich neun Dimensionen und 31 Items. Für die 30 Unternehmen sind insgesamt 930 Einzelbewertungen in die Studienergebnisse eingeflossen. Die Bewertung der jeweiligen Berichterstattung erfolgte auf einer vierstufigen Skala im Sinne von Gütegraden: 0: Keine Aussage 1: Reine Erwähnung ohne jede Konkretisierung 2: Konkretisierung auf qualitativer Ebene (etwa Benennung spezieller Programme) 3: Erkennbare Steuerungsrelevanz, etwa durch Benennung von Key Performance Indicators (KPI) Fachliche Kompetenz Überfachliche Kompetenz Strategische HC-Handlungsfelder Erfahrung • Strategische Personalplanung Führung/ Management Zusammenarbeit • Personalmarketing und Rekrutierung Kompetenzpotenzial • Kompetenzmanagement Integrationspotenzial HCM Wertbeitrag Motivationspotenzial Engagement • Potenzial- und Nachfolgemanagement • Engagementmanagement Unternehmenskultur • Leadershipmanagement Human Investments • Kultur- & Changemanagement • Performancemanagement • Marktgerechte Vergütung Angemessene Personalkosten Die vier HC-Werttreiber Der Blick auf die Berichterstattung für die vier verschiedenen HCWerttreiber – Kompetenzpotenzial, Motivationspotenzial, Integrationspotenzial und Human Investments – fällt differenzierter aus. (Abb. 2) Auf der Ebene der vier HCM-Werttreiber fällt auf, dass die Berichterstattung zum Kompetenzpotenzial vergleichsweise am schlechtesten ausfällt. Bei mehr als 55 Prozent der bewerteten Items erfolgte keine Aussage, bei 28 Prozent finden diese lediglich in unspezifizierter Form Erwähnung. Dies ist in vielerlei Hinsicht ein erstaunliches Ergebnis: In den Aufbau und die Flexibilität Personaleinsatz/-kosten Entwicklung der erfolgskritischen Kompetenzen fließen erhebliche Teile der HR-Budgets für Ausbildung, Rekrutierung, Personalentwicklung und Nachfolgeplanung. Die Verfügbarkeit der Kernkompetenzen ist angesichts der demographischen Entwicklung und des Brain-Drain eine Schlüsselfrage für viele Unternehmen und findet in einigen aktuellen unternehmensstrategischen Steuerungsansätzen einen prominenten Stellenwert. Die Diskrepanz zwischen den vielfältigen Aktivitäten der Unternehmen und der Berücksichtigung in der Berichterstattung ist in der Kompetenzperspektive am offensichtlichsten. • Arbeitszeitmanagement & Ressourcing Die vergleichsweise beste Berichterstattung findet sich für das Motivationspotenzial. Alle Unternehmen berichten dazu, wenn auch zu 60 Prozent lediglich im Sinne eines name-dropping. Überwiegend wird auf Mitarbeiterbefragungen verwiesen; allerdings folgt der Großteil der Befragungen noch dem klassischen Konzept der Mitarbeiterzufriedenheit, das keine Aussagen über das tatsächliche Engagement der Mitarbeiter bietet. Positiv ist, dass eine Reihe von Unternehmen bereits konkrete Indices publizieren mit Hinweisen auf die Veränderungen zum Vorjahr. Als Good Practices sind zu nennen: Deutsche Bank mit einem Commitment-Index von 68 und Lufthansa PERSONAL · Heft 10/2006 Workforce Productivity Lösungen mit einem Zufriedenheitsindex von 2,61. Leider werden nicht immer die verwendeten Skalen deutlich. Ziele ausgeben Beim Integrationspotenzial, zu dem die Faktoren Führung/Management, Zusammenarbeit und Unternehmenskultur gehören, konzentriert sich die Berichterstattung auf die Handlungsfelder Leadership, Performance Management und Talent Development. Mit 36 Prozent fallen die Bewertungen der Kategorie 2 am höchsten aus. Dahinter verbergen sich vielfältige Hinweise auf Führungskräfte-EntwicklungsProgramme, Nachwuchskreise und Corporate Universities; zum Teil wird auch über konkrete Programm inhalte und Teilnehmerzahlen berichtet. Als gutes Beispiel kann hier unter anderem auf Linde verwiesen werden. Allerdings fehlen Aussagen darüber, wie Inhalte und Ergebnisse mit anderen Instrumenten oder im Rahmen eines gesamthaften Prozesses verknüpft und an der Unternehmensstrategie ausgerichtet sind. Eine systematische Steuerung wird nicht erkennbar, was der niedrige Wert der 3er-Kategorie zum Ausdruck bringt. Die meisten Unternehmen informieren zwar über ihre Firmenkultur, es fehlt jedoch zu oft eine detaillierte Darstellung, wie die Kultur analysiert, gesteuert und genutzt werden soll. Ein positives Beispiel gibt hier MAN, die von einem auf zehn Jahre angelegten Wandel von einer technisch geprägten hin zu einer service-orientierten Unternehmenskultur berichtet und be- Internet-Tipp Eine ausführliche Darstellung des HCM-Ansatzes und der Studie ist kostenlos erhältlich. http://www.kienbaum.de/cms/de/ geschaeftsfelder/human_resource _management/hr_strategy/human_ capital_management.cfm [email protected] [email protected] PERSONAL · Heft 10/2006 schreibt, wie dieses Ziel erreicht werden soll. Ein sehr heterogenes Bild zeigt sich beim HC-Werttreiber Human Investments. Zu fast 50 Prozent der Items finden sich keine Aussagen. Die Personalkosten werden üblicherweise als Teil der gesamten Aufwendungen dargestellt. In der Regel fehlen Aufschlüsselungen nach Mitarbeitergruppen oder nach Kostenarten (etwa für Ausbildung, Personalentwicklung), vor allem aber Hinweise auf die Variabilität und das Verhältnis zum Markt. Über eine Flexibilität der Personalkapazitäten wird kaum berichtet. Einige Unternehmen benennen verschiedene Instrumente, ohne jedoch konkrete Flexibilitätsziele anzugeben. Eine positive Ausnahme ist DaimlerChrysler mit der Aussage: „Der Einsatz dieser Instrumente ermöglicht dem Unternehmen einen durchschnittlichen Flexibilisierungsspielraum von rund ±25 Prozent. Der vorhandene Rahmen wird voll ausgeschöpft.“ (Nachhaltigkeitsbericht 2005). Allerdings haben nicht alle DAX 30-Unternehmen einen vergleichbaren Flexibilitätsbedarf. Ausblick Die Berichterstattung zum Human Capital Management ist also bis zum jetzigen Zeitpunkt unzureichend. Dies betrifft sowohl die Sichtweise auf die einzelnen Unternehmen als auch die übergreifende Perspektive im Sinne einer auch nur annähernd einheitlichen Systematik. Die Berichterstattung in der heutigen Praxis entzieht sich einer externen Beurteilung des Human Capital Managements nach Form und Inhalt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass den Unternehmen bis dato weder eine konsistente Systematik zur Verfügung steht noch klare Anforderungen etwa von Analysten bekannt sind. Angesichts der voraussichtlich weiter steigenden Bedeutung des Humankapitals als Teil der Intangible Assets und damit des Marktwertes eines Unternehmens ist der Handlungsbedarf jedoch offensichtlich. Astrum/SP-EXPERT jetzt 100 % Interflex Damit das hundertprozentig klar ist: SP-EXPERT setzt auch als Marke von Interflex Maßstäbe in der Personaleinsatzplanung. Die neue Version ist auf dem Weg: SP-EXPERT V8.0. 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