die rechtlichen Grenzen - Zürcher Hochschule der Künste

AKTUELL
Mischa Senn,
wo liegen
die rechtlichen Grenzen
der Satire?
f)
la
Ll
evor man diese Frage beanrworren kann, muss zu-
.rr, r.¿ärtwerden,
was Sa-
tire ist. Dies geht zuweilen vergessen - ode¡ man ist sich nichr über
den Stellenwert der Satire bewusst
und lässt jede witzige Bemerkung
tiert die dargestellte \Øirklichkeit
mit einer Norm. Satire ist somit
zweckgebunden. Sie darf nicht
primär einen individuellen, per-
rember 2012).
schied, ob beispielsweise ein Kom-
mentil
ven Merkmale erreicht werden,
bloss witzig - im besten
Fall humoristisch - oder (auch)
sati¡isch gemeint ist. Denn die
grundrechtliche Interessenabwägung zwischen Meinungsfreiheit
beziehungsweise Kunstfreiheit
einerseirs und Persönlichkeits-
schutz oder Glaubensfreiheit andererseits hat fallbezogen nach be-
sönlichen Angriff zum Ziel haben.
Ist dies
-
wie im Fall nMichael von
kann überhaupt von Satire gesprochen werden. Und ersc dann sind
auch die Rechtfertigungsgründe
((Satire darf
nicht primär einen
individuellen,
in der grundrechtlichen Gücerabwägung die
gegeben, damit sich
persönlichen Angriff
zum Ziel habent!
Interessen zugunsten einer satirischen Äusse¡ung auswirken können. Es kann somit auch nicht (ge-
stimmten Kriterien zu erfolgen.
nerell) gesagt werden, dass eine als
Satire bezeichnete Äusserung per
\Øas also ist Satire? Nach der an-
erkannten Rahmendefinition enthált der Begriffder Satire drei konstitutive Merkmale: das aggressive,
der Heide / Blick, vom
Bundes-
gericht zutreffend festgehalren
-
se erlaubt wäre. So gesehen ist
auch eine Karikatur bei nCharlie
hauptsächliche Absicht, dann han-
Hebdo, nicht an sich
delt
Denn massgebend ist auch hier die
Beurteilung des Einzelfalls unter
Berücksichtigung der beschriebenen Bedingungen.
ein gattungsübergreifendes Prin-
sich um reine Polemik, respektive um das juristische Pendant: die Schmähkririk. Das soziale Merkmal kann auch aufldären,
wie das beispielsweise inderZDF-
zip ist, das in
Kabarettsendung <Die Anstalo ge-
Prof, Dr, iur., Leiter Zentrum für
das soziale und das äsrhetische
Merkmal. Damit lässt sich aber
auch feststellen, dass Satire nicht
eine Gattung für sich, sondern
ve¡schiedensten
Genres angewandt wird
-
bei-
spielsweise im Kabarett, in der Ka-
rikatur, im Film. Deshalb wird
vom satirischen Prinzip oder dem
Satirischen gesprochen.
Das Merkmal der Aggression
es
radezu in Vollendung
gelingt- und
damit (indirekt) auch den häufig
nicht erfüllten Aufrrag der Informationsvermittlung durch die
zulässig.
Mischa Senn,
Kulturrecht der Zürcher
Hochschule der Künste, Zürich
Nachrichtenmedien kritisiert.
Das äsrhetische Merkmal be-
wendet sich engagiert gegen eine
dient sich
Autorität, eine Ordnung oder eine
ande¡e Macht. Das Objekt ist -
künstlerischer und fikciver Elemente. Das Satirische kann inso-
idealrypisch
- weniger eine individuelle Person, sonde¡n ein Reprä-
fern als Ästhetisierung des \Øirklichen durch das Moment der Fik-
sentant eines typischen Ve¡haltens
tionalität bezeichnet werden und
unterliegt (erst) dann der Kunst-
oder eine Institution, wie dies zu
plädoyer 3/1 5
f¡eiheit. Das hat die Zeitschrift
uCharlie Hebdo, auf ihrer Ttelseite mic der Karikatur <Inrouchables, exemplarisch getroffen
(Ausgabe Nr. 1057 vom 19. SepDer Satire kommt dementsprechend ein hoher Stellenwert zu.
Erst wenn die qualifizierten Anforderungen aufgrund der konstituti-
unter der Flagge der Satire segeln.
Es ist aber sehr wohl ein Unter-
I
Recht vom Bundesgericht im Fall
nVasella, erkannt wurde.
Das soziale Merkmal konfron-
definitionsgemäss
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