Scheiss Gitarre

«Scheiss Gitarre»
Weisch was? … Mit sore Iischtellig miech’s mir o ke
Fröid! Ja! Fröid! Das isch genau dr Punkt! D’Fröid
chunnt ersch, weme sis Inschtrumänt beherrscht.
U bismes beherrscht, muesme üebe.
Intressiert mi überhoupt nid, wär es Inschtrumänt
schpiut u wär nid. Mi Suhn schpiut es Inschtrumänt,
wüu är d’Glägeheit het u wüu es Inschtrumänt
schpile derzue ghört. U zwar Gitarre, so, wimer
das abgmacht hei, mitenand. D’Gross-Eltere zahle
d’Schtunde, d’Mama u ig zahle d’Mieti, u du zausch
gar nüt, solang du au Tag e Haub-Schtund üebsch.
Nei i wott ke Sackgäud zrugg, du üebsch itz eifach
da das Lied! Chumm! Uuuund …
Ohni Liide isch Liideschaft nume
e Schaft, ohni Entbehrig ke Tiefgang, ohni Schmärz ke Relevanz.
Ohni Repetition ke Fertigkeit.
Das gloubeni dir gärn, dass du nid wettsch. Aber du
muesch. Ja, genau: wüu du muesch! Wenn’s nid anders geit, üebsch du vo miir us haut wüu i di zwinge.
Wieso? Wüu vo nüt … nüt chunnt, därum. Wüu’s
Überwindig bruucht, zum öppis erreiche. Kunscht
bruucht e Liidensdruck. Ohni Liide isch Liideschaft
nume e Schaft, ohni Entbehrig ke Tiefgang, ohni
Schmärz ke Relevanz. Ohni Repetition ke Fertigkeit.
Aues, wo Bedüttig het, isch usere Not use
entschtande, nid wäg The Voice of Switzerland.
Wieso gwinne dert äch immer die us de sozial herusgforderete Verhältnis? Hesch der das schomau
überleit? Meinsch dr Baschi heig Gross-Eltere, wo
ihm sini Gitarre-Schtunde zahle?
Nei, das sägeni gar nid! Du muesch nid lide bim
Üebe. Aber es schadt ämu sicher nüt. Auso. Bissoguet! 3… 4…
Ja, das chanimer vorschteue, so gsächt ig o kener
Note! Itz putzisch d’Nase u d’Brülle u när hörsch
uuf, di i öppis ine-z’schteigere u schpiusch mau
­eifach da di erschti Zile. We du vo Aafang aa eifach
gmacht hättsch, wärsch itz scho haub fertig.
Nei, e Haub-Schtund! Genauso, wimer’s abgmacht
hei. D’Lektione vo de Gross-Eltere, d’Mieti vo üüs,
dr Effort vo dir.
3… 4… Bümmm, büm-bümmm, büm-büm-bümm
… hm? Chumm!
Klar nid! Dasch natürlech nid z’vergliiche mit Best
Of Jimy Hendrix, aber irgendwo muesch ja aafah!
Weisch wi lang het dr Jimi Hendrix Sonate geübt,
biser eso het chönne…
NEI, Lionel, du schpiusch nid mit dr Zunge! Du
chasch vo mir uus mit dr Zunge schpile, wede da
das Lied im Griff hesch u abfackle chasch dini
­Gitarre, wenn se säuber zaut hesch, i wett itz nid
wider vo vore müesse aafah, bissoguet!
Ja, dr Jimy Hendrix isch tod.
Säubverschtändlech! Säubverschtändlech git’s hüt
no grossi Gitarrischte! Hesch du en Ahnig!
Eric Clapton … Keith Richards … Carlos ­Santana …
Samba Pa Ti Tö-töörö-töörö … tö-Rörörö. Gsehsch
d’Haar uf mim Ungerarm? Gsehsch, wisi ufschtöh?
Das cha nume e Gitarre! Klar läbt dä no!
Ir Hitparade, ir Hitparade! SICHER isch dä ir Hitparade! …GSII! Denn wo dr Carlos Santana no isch ir
Hitparade gsii, isch dert ono richtegi Musig gloffe!
U nid I GOT A HANGOVER! I sägeder itz öppis, Lionel:
Ohni di grosse Gitarrischte gäbt’s dini Hitparade
hüt gar nümm!
So! Erschti Zile, bissoguet!
OU NENE! DAS chunnt de grad gar nid i Frag, Monsieur! Wüu du nid eine vo dene bisch, wo au Quartau
ds Inschtrumänt wächsle, därum!
U darfme dr Heer mau frage, was um aues i dr Wäut
är de fürnes angers Inschtrumänt… KLA… WAS?
KLA…?
Weisch wär Klavier schpiut? Dr René vor Paralell,
vo mir uus.
U weisch, wär ono? …Itz usserhaub vom Schueu­
huus? Dr Vasella! Isch itz gliich, ämu ganz sicher
kes Vorbiud! Dr Vasella schpiut Klavier, dr Blatter,
dr Putin … jede, wo d’Mönscheit i irgend ere Form dr
Bach ab-schickt – schpiut Klavier. Das chaschder
mau grad so hinger d’Ohre schribe: Je Dräck-amSchtäcke, deschto Klavier!
Da chasch aber ganz sicher sii! Dass dr M
­ OURINHO
Klavier schpiut. U wener nümm schpiut, heter Schtunde gha – hundert-prozäntig.
Dr BLERIM DZEMAILI zum Bischpiu.
Dr BLERIM DZEMAILI schpiut Gitarre… Wüuis weiss,
därum. Nei, mir rede itz nid über Fuessball, mir
üebe Gitarre.
3… 4…
U de chunnt no öppis ganz angers derzue: Me isch
bunde, miteme Klavier. Hesch du schomau ghört,
dass öpper amene Lagerfüür gsässe isch u när,
wo d’Schtimmig eso isch worde, wisi nume amene Lager­f üür cha wärde, heter es Klavier füregnoh?
Nei. Es Klavier schteit dert, wo’s schteit u fertig.
Drumm isches sone Magnet für au die konservative
Seck!
Hesch schomau d’Taschte schtudiert, vo somene Klavier? Schwarz-wiss, dür ds Band ewägg! Da
chasch gar nüt angers drücke! Da hesch gar ke
­anderi Wahl aus i dene Dänk-Muschter inne z’funktioniere!
E Gitarre! …Het Zwüschetön! Da chasch DU entscheide, wo dass DU wosch aasetze.
U sogar wenn aa-g’setzt hesch, u d’Saite aa-g’schlage
isch, chasch di immerno um-entscheide, une no chli
ufezieh, eso SLIDE-mässig!
Am Klavier git’s ke SLIDE! Am Klavier hesch di
­dominante Wisse u di ungerdrückte Schwarze. Wo
übrigens ir Ungerzahl si, ganz näbebii, u chliner.
Es Klavier isch SVP u DU schpiusch Gitarre. Eso
gseht’s uus.
Ja, i weiss, wär dr Che Guevara isch gsii … nimm die
Fuuscht wider abe u häb di ar Gitarre, du bisch ke
Revoluzzer. Oder: … Weisch was? GUET ABGMACHT!
Das chaschder mau grad so
hinger d’Ohre schribe: Je Dräckam-Schtäcke, deschto Klavier!
Genau so, winis säge! Guet abgmacht, de schpiusch
du ab sofort Klavier.
I bi dr erscht, wo dir morn es Klavier bsorgt, wo du
när druffe chasch dr Räscht vor Familie i Wahnsinn
tribe mit Kotelett-Walzer u Ballade Pour Adeline.
ABER ZERSCH – wotti, dass du dir öppis vorschteusch, Lionel!
I wott, dass du dir vorschteusch, du schpilisch Klavier. Zwöi, drüü, was weiss ig? Vilech sogar scho es
paar Jahr lang u eigentlech ganz passabel, ab Blatt.
U i möcht, dass du dir d’Dings vorschteusch, wi
heisst si, wo’d ufse schteisch? D’DILARA! D’Dilara
Thürler-Imoberschtääg!
Isch itz gliich, irgendeinisch schteisch du de schono uf die, dasch nämlech e cooli. U denn, wo du de
das o gmerkt hesch, u i verschpricheder, dass du’s
no merksch, denn – irgendeinisch – überchunnt das
Klavier-Üebe plötzlech e k­ omplett anderi Dimension, für di. Wüu uf z’Mau nümme für dii üebsch,
oder für üüs, oder d’Gross­eltere oder i-weiss-itzgrad nümm, wi dr Klavier­lehrer ar Musigschue …
sondern, wüu du für d’DILARA üebsch, Lionel. Du
üebsch für d’DILARA, wüu du plötzlech öppis gschpürsch, bim Üebe. Öppis, wo dir Fröid macht, eifach
so. Nume, wüu du a d’DILARA dänksch, bim Üebe.
U o we du dir das itz chum chasch vorschteue, isch
das Gfüeu eso dermasse wunderschön, dass du
Aber du geisch gliich wider, am nächschte Tag, mit
dumpfe Händ u bluetige Fingerkuppe wirsch di uf
dä Boum ueche chnorze, nume wäg dr DILARA, wo
ke Notiz nimmt, voder, weder da, i dire missleche
Situation, no ufem Pouseplatz.
U du wirsch dis Velo näh, wi
immer, wenn du nümm chasch
üebe, u du wirsches vis-à-vis vom
Huus vos Thürler-Imoberschtäägs
häreschteue u ufe Chirschiboum
ufe-chlättere, u zuere übere-­luege.
Du wirsch di ganz Nacht nüt angers mache aus
Klavier­schpile, Lionel, das verschprichenider. Immer u immer wider. Immer ds gliiche Lied. Ds Lied
vor Dilara u dir. Öjes Lied.
aafasch jedi freji Minute z’üebe. Dass du vor Schueu
hei pressiersch, wüu de weisch, dass deheime dis
Klavier wartet, u di Gfüeu, wo’s mit der macht, bim
Üebe.
Wine Besässene wirsch du no üebe, solang, bis de
Chopfweh überchunnsch, vom Noteläse, bis ­d’Ouge
flimmere, u dr Rügge weh tuet. U ersch, wenn dini
Handglänk fasch nümm gschpürsch u d’Finger
wund wärde, vom i d’Taschte houe, wirsch e Pouse
mache, Lionel, ersch denn, öb mer’s gloubsch oder
nid. U du wirsch dis Velo näh, wi immer, wenn du
nümm chasch üebe, u du wirsches vis-à-vis vom
Huus vos Thürler-Imoberschtäägs häreschteue u
ufe Chirschiboum ufe-chlättere, u zuere übere-­
luege. Ir Hoffnig, du wärdsch se irgendeinisch
chönne gseh, i ihrem Zimmer. U du wirsch Angscht
ha, Lionel, Angscht, dass verwütscht wirsch, dert
uf dim Boum obe. Angscht dervor, dass dr Nachber
usechunnt u di vo däm Boum obenabe holt – oder
no schlimmer: dass d’DILARA gseht, wi du probiersch SEJE z’gseh.
U i möcht, dass du dir vorschteusch, dass eines
­Tages en Iiladig im Briefchaschte isch, Lionel, en
Iiladig für Di. En Iiladig zu dr Geburtstags-Party vo
dr DILARA.
U zwo Wuche schpäter wirsch wider vor däm Huus
schtah, mit dim Velo. Aber dasmau wüu de iiglade
bisch. Dasmau geit dr Lionel unerschrocke u fade-­
graad uf d’Hustüre zue. U är lüttet, dert, wo’s heisst
Thürler-Imoberschtääg. U när ghörsch, wi dinne e
lieblechi Schtimm rüeft «I chume!» u wenn d’Türe
ufgeit, u si vor der schteit, Lionel, wirsch du öppis
gschpüre, wo du no nie gschpürt hesch, bis denn.
Öppis, wo no viu grossartiger isch, aus das, wode
bim Üebe gschpürt hesch.
Es wird überwältigend sii, Lionel, echli so, wi weme
dr entscheidend Penalty versänkt, nume fiiner –
wermer – u so, dases di überau usfüllt. Dass e
Momänt lang gar nümm weisch, wode bisch, oder
was de seisch.
U du seisch «Hallo». U si oo. U: «Chumm doch ine!»
U dinne isch aues viu grösser, aus du’s kennsch, so
chli wi imene Tatort, u du wirsch verschtah, werum
mir eso wohne, wimer wohne, u werum’s es Architekturbüro git, wo Thürler-Imoberschtääg heisst, u
wieso d’Mama fingt, du söttsch a ds Gymi.
Aui si scho da. U es het aues. Musig, Getränk, Dekoratione. Es het aues, wo z’süess oder z’fettig isch
u es het vo auem z’viu. U es isch scho zimmlech
­Party, u lut, u di erschte göh use, wüu dusse het’s e
Swimming-Pool.
Du schteisch mit dim Süessgetränk im Türrahme
vom Wohnzimmer u bisch immerno ganz benomme vo dere Begägnig mit dr Dilara. So nach heschse
no gar nie gseh. Ussert itz. Wosi plötzlech näb der
schteit, unes Badchleid anne het. U zueder seit:
Chunnsch oo?
U när wirsch verläge, Lionel, klar, wüude genau
i däm Momänt realisiersch, dass d’Badhose vergässe hesch. U du machsch eine uf «Nenei, gang
du nume afe!» u när luegsch zue, wisi inegumppet,
i Pool, u wisi drinn desume-toobe, auizäme.
U när, Lionel, bim dini Gfüeu mit Zucker ertränke u
Sauz i di Fruscht ine-schtopfe, gsehsch plötzlech
es Klavier. Ja. Thürler-Imoberschtägs hei es Klavier,
ke Ahnig werum. Vilech aus Dekorations-Objekt,
oder wüu sis gerbt hei, oder so, frag mi nid.
Aber chuum gsehsch du das Klavier, Lionel, chunnt
dir uf z’Mau aues obsi: dr Schleierblick vom Note­
läse, di dumpfe Handglänk u au die Schtunde,
wode dermit verbraacht hesch, der deheime vorz’schteue, du schpilisch für d’DILARA.
U du wirsch gschpüre, wi dini Fingerkuppe aaföh
poche, innedrinn u du wirsch wüsse, dass sech aues
uszahlt, früecher oder schpäter.
U klar wirsch du dr Räscht vom Namittaag dermit
verbringe, dr gnue Muet ii-z’rede, aber es wird Aabe
wärde, Lionel, es wird DI Aabe wärde!
wi schmärzhaft dases pulsiert, i dine Fingerkuppe… U himutruurigerwiis sogar haargenau im gliiche Momänt, wi du – ganz fiin – dr erscht Akkord
drücksch, uf däm eelände Klavier … genau denn
ghörsch du, wi öpper SAMBA PA TI aafaht schpile.
Ufere Gitarre.
SAMBA PA TI vom Carlos Santana.
Du weisch haargenau, dases ke Gitarre het, bi
Thürler-­Imoberschtäägs, u dass das öpper isch, wo
sini Gitarre mitbraacht het. U natürlech schpiusch
nümme witer, wüu de ii-g’friersch, i dim Egge äne,
vor dim schtaatische huere-dräcks-Klavier.
U ersch wenn de einigermasse chasch, wirsch di
umträie uf dim Schämeli obe u du wirsch gseh, wi si
aui dusse um das Lagerfüür sitze u zuelose.
U du wirsch gschpüre, wi
dini Fingerkuppe aaföh poche,
­innedrinn u du wirsch wüsse,
dass sech aues uszahlt, früecher
oder schpäter.
U zmitts drinn gsehsch – wi dürne Tunnu düre –
d’Dilara, wo glänzigi Ouge überchunnt.
PRÖ-TÖ-RÖ-TÖÖÖÖÖ-RÖ-RÖ-RÖ…
DRUM, mi Suhn, wott ig, dass du Gitarre üebsch.
Wüu ig wott, das DU dä bisch, wo Gitarre schpiut.
Nid dr Tinu Furrer, dä Schafsecku.
Du bisch e Goboi, e Rebäll, e geile Siech – denn, wo
uf das Klavier zue-schrittisch.
U churz, nachdäm du ab-g’sässe bisch, dr Techu
uftah u di gsammlet hesch, genau denn, wo du würklech parat bisch, wo du nidemau me gschpürsch,
Storytelling: Atelieer, Zürich, atelieer.ch