Leben unter Gottes leuchtenden Augen

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FOCUS3 – IM FOKUS GOTTES LEBEN
Leben unter Gottes leuchtenden Augen.
Eine Betrachtung zum aaronitischen Segen
(4. Mose 6,22–27)
Und der Herr sprach zu Mose:
«Rede zu Aaron und seinen Söhnen:
So sollt ihr die Israeliten segnen, sprecht zu ihnen:
Der Herr segne dich und behüte dich.
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir
gnädig. Der Herr erhebe sein Angesicht zu dir und gebe dir
Frieden. So sollen sie meinen Namen auf die Israeliten legen,
und ich werde sie segnen.» (Zürcher Bibel)
SEGNEN:
DER SEGNENDE GOTT LEHRT UNS SEGNEN
Gottes gutes Wort sagen
Im Griechischen heisst segnen «eulogeo», das gute Wort
sagen. Ein anerkennendes Wort weckt Lebensenergie, ein
Lob wärmt das Herz, ein Fluch tötet. Menschen wünschen
sich alles Gute. Beim Segnen geht es nicht um irgendein
gutes Wort, sondern um Gottes gutes Wort, das Leben
schafft, befreit und vollendet. «Mit diesen Worten sollt
ihr den Segen über die Israeliten aussprechen». Gottes
Zuspruch soll laut hörbar ausgesprochen werden, am
Anfang oder Schluss des Gottesdienstes, vor besonderen
Herausforderungen (Wüstenwanderung Israels), im Haus­
kreis oder der Familie. Im betonten Aussagen entfaltet das
Segenswort seine volle Aussagekraft. Es wird ganz real. Es
bekommt einen Klangkörper. Es findet Resonanz, es klingt
und wirkt nach. Es bewirkt, was es sagt.
Nehmen Sie sich einen Moment Zeit. Lassen Sie sich von
Gott ein paar Menschen zeigen, die Sie jetzt segnen möch­
ten. Sprechen sie langsam:
Der Herr segne dich (Name) und behüte dich (Name).
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir (Name)
und sei dir (Name) gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht zu dir (Name) und gebe dir
(Name) Frieden.
Und nun sprechen sie das gleiche Segensgebet noch für sich
selber:
Der Herr segne mich (Name) usw …
Wie ist es Ihnen ergangen?
Den Namen Gottes auf Menschen legen
So (mit diesen Worten) sollen sie meinen Namen auf die Israeliten legen (v.27)
Ein herrliches Bild. Im Segnen legen wir den Namen des
lebendigen Gottes und seine Lebensfülle auf Menschen.
Das setzt frei zum Leben. Wo laufen wir manchmal Gefahr,
unsere eigenen Vorstellungen und ach so guten Absichten
auf unsere Nächsten zu legen und sie so festzulegen? Im
Segnen wird nicht mein Name, sondern Gottes Name auf
mein Gegenüber platziert. Das verleiht ihm den Platz an
der Sonne, unter Gottes leuchtendem Angesicht.
Den Namen Gottes auf einen Menschen setzen kommt ei­
ner Krönung gleich. Auf den gläubigen Menschen wird eine
drei­zackige Krone gelegt. Das macht ihn zum Gesegneten.
Dreimal wird der Name des Herrn segnend ausgesprochen
über den Einzelnen und der Gemeinde als Ganzem. Neutes­
tamentlich ausgedrückt: Getauft auf den Namen des Vaters,
des Sohnes und des Heiligen Geistes (Matt. 28,19).
In der Taufe wird der Name des dreieinigen Gottes, die
ganze Lebenswirklichkeit Gottes auf einen Menschen ge­
legt. Gekrönt und gesegnet mit der «Gnade des Herrn Jesus
Christus, der Liebe Gottes und der Gemeinschaft des Heiligen
Geistes» (2. Kor. 13,13)
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Was kann ein bedeutender Name nicht alles bewirken?
Der rechte Name zur rechten Zeit öffnet unerwartet Türen.
Im Namen Jesu haben wir freien Zugang zum himmlischen
Vater. Ein mächtiger Name bietet Schutz. Der Name Jesu
schenkt Immunität und Wiederherstellung in Anfeindungen
und eigenem Versagen. Den im Segen auf mich gelegten
Gottesnamen lege ich wie einen Schutzmantel an. Ein
Name schenkt auch Identität und Zugehörigkeit. Wenn im
Segen der Name Jesu auf mich gelegt wird, muss ich mir
nicht krampfhaft einen eigenen Namen machen.
Der Fokus liegt auf dem Namen Gottes. Gott selber ist
der grösste Segen. In ihm sind alle weiteren Segnungen
enthalten. Im Namen Jesu findet sich alles, was wir zum
Leben und Sterben brauchen. Gott hat einen Namen. Er
kann angerufen werden. Er ist persönlich erfahrbar. Im
Segen wird uns Gottes unmittelbare Nähe zugesprochen.
Der Segen bewirkt eine innige Beziehung zum lebendigen
Gott. Den Namen Gottes auf die Gläubigen legen bedeutet,
dass die Verbindung zwischen Gott und seinem Volk erneut
zutiefst hergestellt ist.
Mit Gott zusammen wirken
Wer segnet nun? Gott? Wir Menschen? Oder beide zusammen?
So sollt ihr die Israeliten segnen, sprecht zu ihnen (v.23).
So sollen sie meinen Namen auf die Israeliten legen, und ich
werde sie segnen (v.27).
Der Schlusspunkt unseres Abschnitts gehört eindeutig dem
betonten Ich Gottes: Und ich, ich werde sie segnen. Daraus
folgt eine erste Einsicht: Der eigentlich Segnende ist und
bleibt Gott. Eine zweite Wahrheit folgt der ersten gleich auf
dem Fuss: Gott will uns zu aktiven Teilhabern und Mit­
wirkenden machen. Im menschlichen Aussprechen seines
Segens wirkt Gott seinen Segen. Wenn wir Gottes Namen
auf seine Kinder legen, werden sie als Gottes Eigentum
wirklich teil haben an seinem Segen. Gott lädt uns also ein,
in diesem geheimnisvollen Zusammenspiel unsere Würde
und Verantwortung wahrzunehmen.
Dabei gilt es festzuhalten, dass es sich bei diesem Segens­
spruch nicht um einen magischen Zauberspruch handelt,
mit dem wir Glück bewirken und Unheil abwenden können.
Segnen ist keine geistliche Methode, um möglichst schnelle
und effektive Resultate zu erzielen. Segnen lebt von der un­
mittelbaren Abhängigkeit vom segnenden Gott. Im Segnen
versuche ich nicht, Gott zu zwingen das zu tun, was ich für
andere und mich als gut erachte. Im Segnen horche ich auf
Gott, um dann das auszusprechen, was Gott für andere und
mich als gut erachtet. Was der göttliche Segen beinhaltet,
sehen wir im Folgenden:
DER DREIFACHE SEGEN: BLÜHENDES LEBEN,
LEUCHTENDE AUGEN, VERSÖHNTE BLICKE
Blühendes und bewahrtes Leben
Der Herr segne dich und behüte dich (v.24)
Segen bedeutet zuerst einmal ganz elementar: Der Herr
lasse dein Leben gelingen in jeder Beziehung. Er vertiefe
deine Liebesbeziehung zu ihm. Er lasse dich wachsen in
deiner Beziehungsfähigkeit und fördere dich in deinen
privaten, gemeindlichen und beruflichen Bezügen. Paul
Gerhardt hat es 1667 so ausgedrückt:
«Segnen und mehren, Unglück verwehren, sind seine Werke
und Taten allein» (Aus: Die güldne Sonne voll Freud und
Wonne). Gott mehre deine Lebensqualität, deine Freund­
schaften und deine Zufriedenheit. Zum Segen gehört immer
auch die Bewahrung vor allem Bösen, Zerstörerischen und
Lebensfeindlichen. Der Herr behüte deine Lieben und dir
anvertrauten Menschen gerade auf schwierigen Wegstre­
cken. Er beschirme dich an Hitzetagen und in Trocken­
zeiten. Er bewahre dich vor Fruchtlosigkeit, Treulosigkeit,
Verantwortungslosigkeit, Lieblosigkeit, Leblosigkeit. Er
beschütze dich vor dir selber, deinen manchmal destrukti­
ven Gedankengängen und deiner Selbstüberschätzung.
Es lohnt sich, noch einen Blick auf die ganze Strophe von
Gerhardt’s Lied zu werfen:
Abend und Morgen sind seine Sorgen;
segnen und mehren, Unglück verwehren
sind seine Werke und Taten allein.
Wann wir uns legen, so ist er zugegen;
wann wir aufstehen, so läßt er aufgehen
über uns seiner Barmherzigkeit Schein.
Segen meint auch: Gott ist zugegen, voll und ganz präsent,
in allen Lebenslagen. Und dann: Jeder Tag beginnt nicht
nur mit einem äusseren Sonnenaufgang, sondern mit dem
hellen Schein von Gottes Gnade.
Leben unter strahlenden und gnädigen Augen
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir
gnädig (v.25)
Das Leben im Segen Gottes ist wie ein Sonnenaufgang, ein
Dasein unter der strahlenden Sonne. Vielleicht nehme ich
mir regelmässig ein paar Momente Zeit, um die wärmen­
de Sonne auf meiner Haut zu spüren und mich an Gottes
leuchtendes Angesicht zu erinnern. So wie die wärmende
und erleuchtende Sonne Leben bewirkt auf der Erde, so
schafft Gottes gnädiges Angesicht Leben in und durch uns.
Unter Gottes leuchtenden Augen werden wir erleuchtet. Da
sehen wir uns und unsere Nächsten in einem andern Licht.
Da lernen wir, andere und uns selber gnädig anzublicken.
Oder unter Gottes strahlendem Angesicht werden wir
zunehmend Menschen mit Ausstrahlung, in deren Leben
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etwas von Gottes Recht und Gerechtigkeit aufleuchtet.
Wir kennen die Erfahrung im Zwischenmenschlichen:
Abschätzige Blicke verletzen, ein Stirnrunzeln verunsi­
chert, finstere Augen lassen mich erstarren. Ich welke. Ein
freundliches Lächeln verbindet, ein aufmunternder Blick
stärkt, liebende Augen schenken Daseinsberechtigung. Ich
lebe auf. Dass der Herr uns gnädig, liebevoll und nicht zor­
nig anschaut und sich nicht entsetzt von uns abwendet, ist
alles andere als selbstverständlich. Philipp Friedrich Hiller
(1699–1769) brachte dies staunend zum Ausdruck:
«Ich hatte nichts als Zorn verdienet und soll bei Gott in Gnaden sein! Gott hat mich mit sich selbst versühnet und macht
durchs Blut des Sohns mich rein. Wo kam dies her, warum
geschiehts? Erbarmung ists und weiter nichts».
Durch sein leuchtendes Angesicht will Gott uns zusprechen:
«Es ist alles gut zwischen uns. Ich schaue mit Freude und
Wohlwollen auf dich. Unter meinem zustimmenden Blick
darfst du dich frei und unverkrampft bewegen und das aus­
leben, was ich dir geschenkt habe. Ich will dich mit meinen
Augen leiten. Pflege den Blickkontakt mit mir».
Wie der Sohn Jesus Christus unter den liebenden Augen
seines Vaters gelebt hat, dürfen wir durch ihn unter dersel­
ben vollen Zuwendung leben:
«Du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter, an dir
habe ich Wohlgefallen» (Lukas 3,21–22).
Die Abwesenheit von Gottes gnädigem Angesicht, auf der
anderen Seite, lässt uns verkümmern. Darum schreit der
Betende im Psalm 108 ( v.4, 8, 20) dreimal:
«O Gott! Stelle uns wieder her! Laß dein Angesicht leuchten, so
werden wir gerettet» (Elberfelder). «Laß dein Angesicht leuchten, dann ist uns geholfen» (Einheitsübersetzung).
«Lass leuchten dein Antlitz, so genesen wir» (Luther).
eine Schuld zu Boden drückt, eine peinliche Geschichte mir
die Schamröte ins Gesicht treibt oder ich an beschämende
Blicke von frühen Bezugspersonen erinnert werde? Weil ich
mich daran gewöhnt habe, übersehen zu werden oder ich
zutiefst verunsichert bin?
Der Herr erhebe sein Angesicht zu dir und gebe dir Frieden
Schau auf Jesus Christus, den Gekreuzigten und Auferstan­
denen. In seinem Angesicht findest du Gottes zugewen­
detes Angesicht. Er hat die beschämenden Erfahrungen
ans Kreuz getragen und entmachtet. Um dir einen offenen
und angstfreien Blick auf das liebende Vatergesicht zu
ermöglichen. Um dein Vertrauen in sein eindeutiges und
unumstössliches Ja zu dir zu stärken. Bei Gott bist du nicht
übersehen, er schenkt dir sogar Ansehen. Er schaut dich
an, wie zwei Freunde oder Freundinnen sich mit Wohlge­
fallen betrachten. Es ist erhebend, wenn der Erhabene sein
Angesicht zu uns erhebt. So sieht sein Segen aus.
Gott ist den Gesegneten ganz persönlich nah. Im Segen
erfüllen sich nicht all meine Wünsche. Aber die Gegenwart
Gottes wird mir neu handfest zugesagt.
«Du bist nicht allein. Ich kümmere mich um dich. Ich schaf­
fe dir den Frieden, der alles Verstehen und nicht Verstehen
übersteigt. Und einmal wird alles gut, in jeder Beziehung,
wenn wir Gott von Angesicht zu Angesicht sehen wer­
den und der Segen komplett vollendet ist» (Offb. 21,23;
22,3–5).
Mit dieser Hoffnung gilt schon jetzt:
Sei gesegnet – sei ein Segen.
«Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein.»
(1. Mose 12,2).
Unter Gottes gnädigen Augen finden wir Befreiung, Hilfe
und Heilung. Unter seinem leuchtenden Angesicht können
wir gesunden. So drückt sich der Segen Gottes aus.
Leben unter einem versöhnten Blick des Friedens
Der Herr erhebe sein Angesicht zu dir und gebe dir Frieden
(v.26)
Gottes Angesicht spielt eine prominente Rolle in diesem
Segen. Es verweist auf Gottes Gegenwart unter seinem Volk
(siehe zum Beispiel Exodus 33). Gott sei dir voll gegenwär­
tig. Gesenkte Blicke würden bedeuten: Ich will nichts von
dir wissen und nichts mit dir zu tun haben. Das Angesicht
erheben bedeutet jemandem vergeben, ihn barmherzig
ansehen, ihn freundlich an- und aufnehmen (Genesis 32,21;
Maleachi 1,9). Wenn Gott sein Angesicht zu uns erhebt,
spricht er uns bleibende Zuwendung zu. Gott blickt uns
versöhnt an. Wie ist es in sein Antlitz zu schauen? Wo wage
ich es nicht, Gott in die Augen zu schauen? Weil mich noch
Christoph Ehrat
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