46 Tier BAUERNBLATT l 21. November 2015 ■ Schweine aktuell: Schweinetag 2015 in Rendsburg Produktionsthemen standen im Vordergrund Traditionell fand am 3. November 2015 und damit dem ersten Dienstag im November der Schweinetag Schleswig-Holstein der Landwirtschaftskammer und der Schweinespezialberatung (SSB) in Rendsburg statt. Ungefähr 250 Besucher folgten der Einladung nach Rendsburg, um sich über aktuelle Themen zur Ferkelerzeugung und Schweinemast zu informieren. In seinem Grußwort ging der Geschäftsführer der Landwirtschaftskammer, Peter Levsen Johannsen, auf die derzeit schwierige Situation der Schweinehalter in SchleswigHolstein ein. Er resümierte die Entwicklungen, die seit dem vergangenen Jahr auf die Schweinehalter zugekommen sind. So wurden im Frühjahr erstmals die betrieblichen Therapiehäufigkeiten des gesetzlich vorgeschriebenen Antibiotikamonitorings versandt. Halbjährlich sind die Schweinehalter nun verpflichtet, die Meldungen zu machen und bei zu hohen Therapiehäufigkeiten einen Maßnahmenplan zur Reduktion des Verbrauchs beim Landeslabor vorlegen. Peter Levsen Johannsen wies deutlich darauf hin, dass trotz des neuen Gesetzes die notwendige arzneiliche Versorgung nicht gefährdet werden darf. Agrarpolitik eine erwartete Kostensteigerung von bis zu 40 %, wenn den Forderungen des Beirates nachgekommen werde. Initiative Tierwohl überzeichnet Betriebszweigauswertung der SSB Im Folgenden ging Peter Levsen Johannsen kurz auf die Initiative Tierwohl ein, die ebenfalls 2015 gestartet ist. Er wertete es als ein positives Signal, dass 334 Betriebe aus dem Land sich für die Teilnahme an der Initiative Tierwohl registriert hatten. Aufgrund der großen Resonanz wurden in Schleswig-Holstein nur 165 Betriebe für das Erstaudit berücksichtigt. Die Betriebsleiter seien bereit, noch mehr Tierwohl in den Martin Knees Schweineställen umzusetzen, die Kosten dafür müssten von der gesamten Gesellschaft bezahlt werden. In der Schweineproduktion prognostizierten Wissenschaftler des Beirats für Wie in jedem Jahr nutzte Martin Knees, der Geschäftsführer der Schweinespezialberatung, den Schweinetag als Gelegenheit, die Ergebnisse der Betriebszweigauswertung des abgelaufenen Wirtschaftsjahres erstmalig der Öffentlichkeit vorzustellen. Die spezialisierten Ferkelerzeuger der angeschlossenen Betriebe setzten erstmals im Durchschnitt 30 Ferkel pro Sau und Jahr ab. Bei einem Anstieg der biologischen Leistungen wurde in der wirtschaftlichen Betrachtung deutlich, dass die Ferkelerzeuger mit einer Direktkostenfreien Leistung von 430 € pro Sau die Vollkosten von ungefähr 500 € Vor allem die Ferkelerzeuger fahren derzeit ein Minus. Mit dem Schweinetag hat die Kammer wichtige Informationen zur Fütterung und Haltung von Schweinen geliefert. Fotos: Isa-Maria Kuhn pro Sau verfehlt haben. Für das an- der Umbaumaßnahmen des gelaufene Wirtschaftsjahr sieht die Schlachthofs Thomsen in Kellinghuvon Martin Knees prognostizierte sen vor. Zurzeit werden in KellingDirektkostenfreie Leistung von un- husen ungefähr 48.000 Schweine gefähr 200 € pro Sau alles andere pro Monat geschlachtet. Eine Ausals rosig aus. In der Schweinemast weitung der Kapazität ist geplant. erwirtschafteten Tönnies plant, in die Betriebe eine den kommenden Direktkostenfreie eineinhalb Jahren Leistung von knapp zirka 15 Mio. € in 15 € pro verkaufden Standort in tem Mastschwein. Kellinghusen zu inDie 25 % besseren vestieren. Das UnBetriebe brachten ternehmen will es immerhin auf auch hier die Straknapp 23 €. Diese tegie verfolgen, Betriebe zeichnen von der Anliefesich laut Martin rung der Schweine Knees vor allem bis zur Zerlegung durch eine bessere Hans-Jörg Eynck und Verpackung Vermarktung der der Waren alle Schweine und eine bessere Futter- Schritte unter einem Dach zu realiverwertung aus. Eine ausführliche sieren. Gleichzeitig sollen mit dem Zusammenstellung der Betriebs- Neubau der Rinderschlachtung die zweigauswertung wird in Kürze im Schweine- und Rinderschlachtung Bauernblatt zu lesen sein. auch räumlich getrennt werden. Für Schleswig-Holstein verdeutlichte Eynck, dass Tönnies in diesem Konzept von Tönnies Bundesland Flagge zeigen und akfür Kellinghusen tiv werden will, weil das UnternehAls zweiter Redner des Tages men in Schleswig-Holstein nach wie stellte Hans-Jörg Eynck die Firma vor ein von Landwirtschaft geprägè Tönnies und den derzeitigen Stand tes Bundesland sieht. 48 Tier Neues aus der Mastschweinefütterung Dr. Gerhard Stalljohann von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen hielt den dritten Vortrag des Tages. Er zeigte in seinem Beitrag Strategien auf, die Futtereffizienz in der Schweinemast zu steigern. Dabei sieht Dr. Stalljohann in der Vitalität, der Gesundheit, der Langlebigkeit und der Leistung von Schweinen die Säulen für den Weg zu einer Steigerung der Futtereffizienz. Durch die Steigerung der Futtereffizienz mit 0,1 kg weniger Futtereinsatz pro Kilogramm Zuwachs können laut Dr. Stalljohann die Futterkosten um 2 bis 2,50 € pro verkauftem Mastschwein gesenkt werden. Neben der Steigerung der Fut- BAUERNBLATT l 21. November 2015 ■ werden. Dadurch nähert sich das gefütterte Protein einem „idealen Protein“ an. Er machte weiterhin deutlich, dass bei der stark N-P-reduzierten Fütterung der Energieund Faserversorgung mehr Bedeutung beigemessen werden muss. Insgesamt bezifferte er die mögliche Flächeneinsparung auf zirka 15 % bei entsprechenden Fütterungsstrategien. Faserversorgung beachten Im zweiten Teil seines Vortrags ging Dr. Stalljohann auf Zusammenhänge zwischen Fütterung und Aggressionen bei Schweinen ein. In diesem Zusammenhang stellte er die Bedeutung der Faserversorgung ANZEIGE tereffizienz erläuterte er die Bedeu- der Schweine heraus. Auf Haus Düstung der Reduktion der Stickstoff- se wurden Versuche zum Einsatz und Phosphorausscheidungen für von Rohfaserkonzentraten geviehstarke Betriebe mit wenig Flä- macht. Diese zeichnen sich dadurch che. Um stark N- und P-reduziert aus, dass das weiße Pulvermaterial füttern zu können, empfiehlt Dr. auf Holzbasis sich wie ein Film auf Stalljohann jedie Darmschleimhaut dem Mäster, seilegt. In dem Versuch ne Schweine konnten so die täglistichprobenartig chen Zunahmen in zu wiegen, um der Ferkelaufzucht das Leistungspogesteigert werden. tenzial der Tiere Dr. Stalljohann stellte beziffern zu köneinen weiteren Vernen. Nur so könsuch vor, in dem 5 bis nen die Futter6 % Maissilage in eikurven an die ner Mastschweineratatsächlichen tion gefüttert wurLeistungen der den, was zu deutlich Tiere angepasst Dr. Gerhard Stalljohann ruhigeren Tieren werden, und es führte. kann eine entsprechende Absenkung des Rohproteingehaltes vorProphylaxe genommen werden. Potenziell ist gegen Streptokokken laut Stalljohann eine Absenkung des Rohproteingehaltes auf bis zu Als vierter Redner kam nach der 14 % in der Endmast möglich, wenn Pause Prof. Dr. Christopf Baums, Leigleichzeitig die limitierenden Ami- ter des Instituts für Bakteriologie nosäuren Lysin, Methionin, Cystein, und Mykologie der Universität LeipThreonin und Tryptophan ersetzt zig, zu Wort. Prof. Baums ist Tierarzt quente Impfung der Sauen und befasst sich und gegebenenfalls eine innerhalb seiImpfung der Ferkel im Ferner Arbeitskelaufzuchtstall. In jedem gruppe intensiv Fall ist eine vertrauensvolle mit der Grundund enge Zusammenarbeit lagenforschung mit dem Tierarzt notwenzu Streptokokdig, um mit dem Problem keninfektionen fertig zu werden. beim Schwein. Weiterhin wird an der ErarbeiLandwirt setzte den tung von Impf- Prof. Christoph Baums Schlusspunkt konzepten geforscht. Er stellte zu Beginn seines Im letzten Vortrag des Tages stellVortrages heraus, dass es 35 bekann- te Peter Kreimer den Betrieb vor, te Serotypen von Streptokokkus suis, den er gemeinsam mit seinen Eltern einem der bedeutsamsten Infekti- bewirtschaftet. Sie halten insgeonserreger in der Schweineproduk- samt zirka 600 Sauen und mästen tion, gibt. Der Serotyp 2 stellt dabei einen Teil der Ferkel selber. Der Beeinen wichtige Variante dar, die trieb zeichnet sich durch ein konseauch für den Menschen gefährlich quentes Hygienemanagement aus, werden kann. Prof. Baums verdeut- wodurch es gelingt, mit einem sehr lichte eindrücklich, dass neben dem niedrigen Medikamenteneinsatz Erreger immer auch der Wirt, also Schweine zu produzieren. Peter das Schwein, und die Haltungsum- Kreimer zeigte seinen Kollegen eiwelt für den tatsächlichen nige leicht Ausbruch einer Erkrankung durchzufühverantwortlich sind. So rende Tipps kann es vorkommen, dass in und Tricks, mit einem Betrieb massive Prodenen eine bleme mit einem bestimmVerbesserung ten Serotyp vorliegen, diedes Hygieneser aber in einem anderen status erreicht Betrieb kaum Probleme werden kann. macht. Als Beispiel nannte Daneben verer PRRSV-Infektionen, die deutlichte er, begünstigend für Streptodass das Eindukokkeninfektionen sind. Peter Kreimer schen in den Auch gibt es Betriebe, die Sauenstall für trotz der strikten Umsetzung von jeden Mitarbeiter und Besucher weitreichenden Hygienemaßnah- Pflicht ist, um so für eine konsemen große Probleme mit Strepto- quente Abschirmung des Bestandes kokken haben, die dann antibiotisch zu sorgen. behandelt werden müssen. Kein kommerzieller Impfstoff vorhanden Da es keinen kommerziellen Impfstoff gegen Streptokokkeninfektionen beim Schwein gibt, kommt den bestandsspezifischen Impfstoffen neben der antibiotischen Behandlung eine besondere Bedeutung zu. Prof. Baums wies auf die Bedeutung einer sehr guten Diagnostik hin, damit die Herstellung eines teuren betriebsspezifischen Impfstoffes überhaupt von Erfolg gekrönt sein kann. So stellte er beispielhaft heraus, dass Untersuchungen zeigten, dass mit einem Impfstoff gegen einen Serotyp 2 das Auftreten der Erkrankung recht gut verhindern kann, wohingegen bei einem Serotyp 7 lediglich die Todesfälle reduziert werden. Weiterhin präsentierte er Ergebnisse, die nahelegen, dass eine Impfung der Saugferkel nur selten von Erfolg gekrönt ist. Besser sind in den meisten Fällen eine konse- FAZIT Auch Eiken Struve zeigte sich in seinem Schlusswort beeindruckt von der konsequenten Umsetzung aller präsentierten Maßnahmen. Er begrüßt es, dass Tönnies sich in Schleswig-Holstein engagiert und somit Schlachtkapazitäten im Land gehalten und neu geschaffen werden. Auch dieses Jahr gab er die Parole aus, motiviert zu bleiben, was angesichts der derzeitigen Situation allerdings immer schwerer fällt. Die nächste Schweineveranstaltung „Ferkel im Fokus“ findet am 10. Dezember in Futterkamp statt. Weitere Informtionen dazu unter www.seminare.lv.de Dr. Onno Burfeind Landwirtschaftskammer Tel.: 0 43 81-90 09-20 [email protected]
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