Offene Aufgaben im Mathematikunterricht auf drei Niveaus – wiederholen, üben und vertiefen Nach Ideen von Reinhard Sinterhauf, Köditz und Stephanie Schöning, Böblingen Illustriert von Liliane Oser, Hamburg I S N Die größte Buddha-Statue der Welt steht in der Mitte Thailands. Doch wie groß ist sie wirklich? Und welche Fakten können Bildern noch entnommen werden? A R O V Klasse 9/10 Dauer 4–6 Stunden (am besten Doppelstunden) Inhalt mathematisierbare Probleme aus dem Alltag lösen; Bildern Informationen entnehmen; Grundrechenarten; Dreisatz; Winkelberechnungen; Volumenberechnungen; angemessener Umgang mit Längen, Strecken, Gewichten sowie Dichten Kompetenzen mathematisch argumentieren (K1), Probleme mathematisch lösen (K2), mathematisch modellieren (K3) Ihr Plus Aufgabenstellungen im Karteikartenformat für die Freiarbeit und Vertretungsstunden Foto: Thinkstock/iStock T H C Didaktisch-methodische Hinweise Offene Aufgaben lassen sich keinem bestimmten Lösungsschema zuordnen. Es gibt keine vorgeschriebene Formel, die im Unterricht besprochen wird. Stattdessen müssen die Lernenden in ihrem mathematischen „Werkzeugkasten“ nach der richtigen Vorgehensweise suchen. Der Ausgangspunkt offener Aufgaben ist in der Regel eine problemhaltige Alltagssituation. Ergebnisse werden nicht nur durch reines Rechnen, sondern auch durch sinnvolles Schätzen und sorgfältiges Überschlagen ermittelt. Herkömmliche Mathematikaufgaben bestehen normalerweise aus dem Automatisieren von Rechentechniken und dem Einüben von Lösungsalgorithmen. Eine veränderte Aufgabenkultur auf der Grundlage offener Aufgabenstellungen verdeutlicht die Alltagsrelevanz von Mathematik und stärkt die Problemlösefähigkeit Ihrer Schülerinnen und Schüler. Die verschiedenen Herangehensweisen an offene Aufgaben Jede offene Aufgabe kann auf verschiedenen Wegen gelöst werden und hat selten eine allgemein gültige Lösung. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit von Begründungen. Zudem müssen die Bearbeitung der Aufgabe und die Lösung dokumentiert und für andere verständlich präsentiert werden. Auf diese Weise wird die Problemlösefähigkeit gezielt gefördert. Ihren Schülerinnen und Schülern stehen dabei drei unterschiedliche Herangehensweisen zur Verfügung: T H C Anzahlen schätzen – die Raster-Methode (M 3) Bei dieser Aufgabe werden die Lernenden aufgefordert, eine Anzahl in einem Bild zu schätzen, ohne alle Elemente einzeln abzuzählen. Dazu ist es hilfreich, das Bild in Abschnitte zu teilen und nur die Anzahl der Elemente in einem Abschnitt zu zählen oder zu schätzen. Durch Multiplikation kann so auf die Anzahl an Elementen in allen Bildteilen geschlossen werden. I S N Größen schätzen – Gewichte, Strecken, Volumen und Winkel (M 5) A R O Hier arbeiten die Schülerinnen und Schüler mit einem Foto, einer Landkarte oder anderen realen Gegenständen, deren Gewicht, Länge, Volumen usw. geschätzt werden soll. Dazu werden etwa Strecken oder Körper direkt im Bild eingezeichnet und das eigene Alltagswissen zum Vergleichen genutzt. Diese Aufgaben können handlungsorientiert gelöst werden. V Das Unbekannte erforschen – Fermi-Aufgabe (M 7) Es handelt sich um Aufgaben, bei denen keine Werte oder Bilder zum direkten Abschätzen vorgegeben sind. Die Herausforderung besteht für die Lernenden darin, dass sie weder direkte Erfahrungswerte aus einem ähnlichen Problem haben noch die nötigen Daten zur Verfügung stehen, mit denen sie direkt eine Berechnung anstellen können. Andererseits kennen sie die Zusammenhänge im Umfeld des Problems und nutzen diese zur Lösung der Aufgabe. Das sollten Ihre Schüler bereits können Grundsätzlich lässt sich keine allgemeine rechnerische Vorgehensweise bei der Bearbeitung offener Aufgabenstellungen festlegen, da Vermutungen und Rechenwege stark vom Vorwissen der Lerngruppe abhängig sind. Generell finden die folgenden mathematischen Inhalte Anwendung: Grundrechenarten, Dreisatz, Strahlensätze, Winkelberechnungen, Volumenberechnungen und ein angemessener Umgang mit Längen, Strecken, Gewichten sowie Dichten. So funktioniert die Übungseinheit Die gesamte Übungseinheit ist im Karteikartenformat angelegt und in drei Niveaus differenziert. Dabei werden pro Aufgabe andere mathematische Inhalte vermittelt. Ab dem -Niveau bereiten sie auch auf den Mittleren Schulabschluss vor. Die Schülerinnen und Schüler können die Aufgaben in Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit mit anschließender Diskussion im Plenum bearbeiten. Als sogenannte Aufgabe der Woche wird eine bestimmte Aufgabe von der Lehrkraft am Montag ausgeteilt oder im Klassenzimmer platziert. Am Freitag werden die einzelnen Lösungsvorschläge im Plenum vorgestellt und diskutiert. Die Karteikarten eignen sich ebenso für den Einsatz im Rahmen einer Wochenplanarbeit, während der Freiarbeitszeit oder in Vertretungsstunden. In Material M 1 schreiben die Lernenden eine Anleitung für offene Aufgaben und bearbeiten anschließend eine offene Aufgabe. Mit dieser testen, korrigieren und verinnerlichen sie ihre Anleitung. Die allgemeinen Tippkarten M 2 geben Ratschläge zum Lösen der offenen Aufgaben. Die Arbeitsaufträge in M 3 mit den Tippkarten M 4 fordern von den Lernenden eine ganz andere Strategie: Sie müssen herausfinden, dass sie große Mengen mithilfe eines Rasters relativ schnell und genau abschätzen können. In Material M 5 mit den Tippkarten M 6 schätzen die Jugendlichen gezielt auf der Grundlage ihres individuellen Alltagswissens Längen, Winkel und Strecken aus Bildern ab. In M 7 mit M 8 werden zwei Fermi-Aufgaben ohne Bildbezug gelöst. Mit dem Zusatzmaterial M 10 auf CD 26 lernen Ihre Schülerinnen und Schüler, verschiedene Strategien zum Lösen offener Aufgabenstellungen anzuwenden. Diese Kompetenzen trainieren Ihre Schüler Ein Schwerpunkt liegt auf dem Lösen mathematischer Probleme (K2) und dem mathematischen Modellieren (K3), denn die Lernenden wählen geeignete Hilfsmittel, Strategien und Modelle, um die Aufgaben zu lösen. Dabei argumentieren sie mathematisch (K1): Strategien und Lösungswege werden in der Gruppe diskutiert, beschrieben und letztlich begründet. T H C Auf einen Klick Stunde 1 Die Herangehensweise an offene Aufgaben wiederholen M1 So geht’s! – Mit offenen Aufgaben umgehen (Ab) I S N Stunde 3–6 Offene Aufgaben – ein Karteikasten für Freiarbeit und Vertretungsstunden M2 (Tx) Allgemeine Tippkarten zu offenen Aufgaben M3 (Ab) Offene Aufgaben: Anzahlen schätzen ( – M4 (Tx) Tipps zu: Anzahlen schätzen M5 (Ab) V Offene Aufgaben: Größen schätzen ( – M6 (Tx) Tipps zu: Größen schätzen M7 (Ab) Offene Aufgaben: Die Fermi-Aufgabe ( ( ) und M8 (Tx) Tipps zu: Fermi-Aufgaben M9 (Bv) Bastelvorlage für den Tipp-Schieber A R O ) ) ( )) Legende der Abkürzungen Ab: Arbeitsblatt; Bv: Bastelvorlage; Tx: Text M 10, M 11 Vermischte offene Aufgaben, Hinweise, Tippkarten und Beispiellösung Minimalplan Sie haben für eine ausführliche Behandlung des Themas keine Zeit? Dann nutzen Sie zur Einführung oder Wiederholung offener Aufgaben M 1 und M 2. Oder verwenden Sie die Materialien mit den Tippkarten einzeln, um immer wieder offene Aufgabenstellungen im Unterricht zu bearbeiten. Durch die verschiedenen Themengebiete können die Materialien flexibel in Ihren Unterricht einfließen und auch als einfaches Arbeitsblatt ausgeteilt werden. Die Lösungen zu den Materialien finden Sie hier. So geht’s! – Mit offenen Aufgaben umgehen M1 Für manche Aufgaben gibt es keine Formel, die du im Mathematikbuch nachschlagen kannst. Aufgaben, bei denen keine Werte vorgegeben und unterschiedliche Lösungswege möglich sind, nennt man offene Aufgaben. Mein Beispiel: Stell dir vor, du willst den ganzen Boden des Klassenzimmers mit Basketbällen auslegen. Wie viele Bälle brauchst du? Aufgabe 1 Überlegt euch eine Anleitung für offene Aufgaben. Beachtet den Text oben im Kasten. Teilt eure Anleitung in fünf Schritte ein und beschreibt kurz, was ihr in jedem Schritt zu tun habt. Aufgabe 2 T H C Löst die Beispiel-Aufgabe in der Sprechblase mithilfe eurer Anleitung für offene Aufgaben. Falls ihr etwas in der Anleitung vergessen habt, korrigiert sie. So könnten die Schlagwörter zu eurer Anleitung lauten. Schreibt zu jedem Schritt, was damit gemeint ist. I S N Anleitung für offene Aufgaben 1. Schritt: Frage Tipp - Aufgabe 1 A R O 2. Schritt: Ergebnis schätzen V 3. Schritt: Zusätzliches Wissen 4. Schritt: Rechnung 5. Schritt: Antwort Zum 3. Schritt: Tipps - Aufgabe 2 Wie groß ist euer Klassenraum? Messt den Raum aus oder schätzt ihn ab! Wie groß ist ein Basketball? Messt die Länge und Breite des Basketballs, indem ihr ihn zwischen zwei Bücher klemmt. So könnt ihr die quadratische Bodenfläche messen, die ein Ball einnimmt. Zum 4. Schritt: Wie oft passt der Ball in den Raum? Nähert den Ball mit einem Quadrat an. Wie oft passt das Quadrat auf den Boden des Klassenzimmers? Offene Aufgaben: Anzahlen schätzen M3 I S N Foto: Colourbox T H C Hier siehst du die Sankt Paulus Bucht in Lindos. Dies ist eine Stadt auf der griechischen Insel Rhodos. A R O Ab in den Urlaub! Kim und Simon stehen auf der Anhöhe vor ihrem Hotel. Von dort sehen sie die Paulus Bucht von Rhodos ganz im Norden der Insel. Kim: Meinst du, wir bekommen noch einen gemütlichen Platz am Strand? Simon: Also ich würde schon gern auf einer Liege liegen! Kim: Da finden wir sicher noch eine! Das sind doch über 500 Liegen hier! Ein gemeinsamer Urlaub auf Rhodos in Griechenland Aufgabe 1: Wie viele Liegen befinden sich unter den Schirmen am Strand? Aufgabe 2: Stimmt Kims Aussage? Foto: Fotolia V Foto: picture alliance/JOKER Offene Aufgaben: Anzahlen schätzen T H C I S N In diesem Stadion, dem Maracanã Stadion in Brasilien, hat Deutschland 2014 die Weltmeisterschaft gegen Argentinien gewonnen. Dazu wurde die Arena umgebaut und für Zuschauer überdacht. A R O Eine Weltmeisterschaft erleben Paul konnte live beim Finale der Fußball-WM dabei sein. Nach dem eigenen Fußballtraining unterhält er sich mit Chuan, seinem besten Kumpel. Beantworte Chuans Frage! Stimmt Pauls Aussage? Einmal bei der WM dabei sein. Ein Traum wird wahr! Paul: Das war einfach gigantisch! Die ganzen Leute haben gegrölt und mitgefiebert! Chuan: Wie viele Menschen waren denn im Stadion? Paul: Ich hab nicht alle gezählt, aber es waren bestimmt 150 000. Schau doch mal, wie voll es ist! In der Verlängerung schoss Mario Götze (links) das Siegtor zum 1:0 gegen Argentinien. Foto links: Colourbox, rechts: picture alliance/M.i.S.-Sportpressefoto V Aufgabe: Tipps zu: Größen schätzen Eine Reise durch Mittelerde Dies ist eine Aufgabe zum Schätzen von Größen. Lies dir die Tippkarte dazu durch! Dies ist eine Aufgabe zum Schätzen von Größen. Lies dir die Tippkarte dazu durch! Tipp Aufgabe 1: Nähere den Weg mit geraden Linien an. Achte auf den Maßstab! Als Vergleichsgröße bietet sich ein Baum oder eine Palme an. Annahme: Eine mittelgroße Palme ist etwa 15 m hoch. Aufgabe 2: Du benötigst eine Fähre, um das Wasser zu überqueren. Dies ist ein Beispiel für Hilfslinien: Annahme 1: Die Fähre führt von Wellington nach Picton. T H C Annahme 2: Mit deinem Fahrrad fährst du im Schnitt 15 km/h. Tipp Miss die Strecken und stelle eine Verhältnisgleichung auf: Baum Original : Baum gemessen = ??? I S N A R O Die Tempelruine Chichén Itzá V Dies ist eine Aufgabe zum Schätzen von Größen. Lies dir die Tippkarte dazu durch! Annahme: Ein Baum ist etwa 10 m hoch. Tipp Teile den Tag ein! Zeichne direkt in das Foto und fertige dir eine Extraskizze zur Pyramide an. Welche Kanten darfst du im Foto messen? Dies ist ein Beispiel für eine Hilfsskizze: A, B und C sind die Eckpunkte der Seitenfläche der Pyramide auf dem Foto. Nutze die Winkelsätze für den Winkel α. Nutze den Satz des Pythagoras für die Strecken. Zum Beispiel fährst du immer 4 h am Stück und legst danach eine Pause ein. Foto: Thinkstock/iStock Der goldene Buddha M6
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