AktionärszAhlen des deutschen Aktieninstituts 2015

Aktionärszahlen des 1
Deutschen Aktieninstituts
2015
Negativer Trend
gebrochen: Zahl der
Aktienbesitzer steigt um
mehr als eine
halbe Million
2
Vertrauen in
die Aktie kehrt
zurück
2015
Die Deutschen haben in 2015 wieder Vertrauen in die Aktie und den Aktienfonds gefasst. Im Jahres­
durchschnitt lag die Zahl der Aktionäre und Aktienfondsbesitzer bei gut 9 Millionen und damit
auf dem höchsten Stand der letzten drei Jahre. Das sind rund 14 Prozent der Bevölkerung. Im Ver­
gleich zu 2014 wurden damit 560.000 Aktienbesitzer mehr gezählt, was einem Plus von 6,7 Prozent
entspricht.
Angesichts des anhaltend niedrigen Zinsniveaus interessieren sich offenbar viele
Anleger zunehmend für renditestärkere
Anlageformen wie Aktien und Aktienfonds.
Dies zeigen auch die jüngeren Statistiken
der Bundesbank zur Vermögensbildung, in
der Zuflüsse in Aktieninvestments berichtet wurden. Diese Entwicklung unterstützt
vermutlich die verstärkte Berichterstattung
in den Medien, in der die Aktienanlage
deutlich öfter als in der Vergangenheit als
Alternative zu Sparbuch, Festgeld und
Staatsanleihen beschrieben wird.
Die Zahl der Aktionäre ist trotz hoher Volatilität an den Aktienmärkten gestiegen.
Offensichtlich ist den Anlegern zunehmend
bewusst, dass Aktieninvestments kurzfristig
zwar mit merklichen Kursausschlägen nach
oben und nach unten verbunden sein können, diese Schwankungen in der langen Frist
jedoch zugunsten einer attraktiven Rendite
in den Hintergrund treten. Wenn Anleger in
der Aktie kein kurzfristiges „Spekulationsobjekt“, sondern eine nachhaltig renditeträchtige Anlageform sehen, ist dies ein gutes Zei-
chen für die Aktienkultur in Deutschland. Dies muss sich
jedoch im Jahr 2016 und danach noch bestätigen. Der
deutliche Kurseinbruch an den Aktienmärkten im Januar
2016 ist daher sowohl für die Entwicklung der Aktionärszahlen als auch für die Wahrnehmung der Aktienanlage
in der Öffentlichkeit eine wichtige Prüfung.
Nicht nur den neuen Aktienanlegern ist dabei prinzipiell
zu empfehlen, Ruhe zu bewahren. So konnten die Anleger mit einem breit gestreuten Aktieninvestment in der
Vergangenheit im Mittel eine Rendite von gut 9 Prozent
erwirtschaften. Im Vergleich dazu lag die Rendite deutscher Staatsanleihen über den gleichen Zeitraum im Mittel bei etwa 7 Prozent.
Dieser Renditeabstand erscheint nicht besonders groß.
Er macht sich aber in der langen Frist deutlich bemerkbar. Wer beispielsweise am Ende seiner Berufstätigkeit
10 Jahre lang eine Zusatzrente von etwa 1.000 Euro
beziehen möchte, muss dafür mit Aktien etwa 26 Jahre
lang 100 Euro monatlich zur Seite legen. Bei der historischen Rendite am Rentenmarkt muss man hingegen
30 Jahre lang 100 Euro monatlich sparen. Und beim
aktuellen Zinsniveau, das bei deutschen Staatsanleihen
je nach Laufzeit zwischen 0,5 und 1 Prozent liegt, ist ein
„normales“ Sparerleben viel zu kurz.
3
Ein breites Aktieninvestment ist daher von großer
vermögenspolitischer Bedeutung. Der Anleger erreicht
damit auf einfache Weise in kürzerer Zeit ein geplantes Vermögen oder eine zusätzliche Reserve für das
Alter. Es ist insofern sehr bedenklich, dass junge
Sparer grundsätzlich deutlich weniger Interesse an
der Aktie zeigen als ältere Sparer. Positiv ist jedoch,
dass sich auch hier im Vergleich zum Jahr 2014 eine
Trendwende abzeichnet. Die Zahl der Aktienbesitzer
unter 40 Jahren hat um insgesamt 170.000 und damit
um 10 Prozent zugelegt. Positiv ist auch, dass sich die
Aktienkultur in Ost- und Westdeutschland zunehmend angleicht.
Ohne Zweifel bleibt auch die Politik weiter gefragt,
damit Aktieninvestments künftig stärker von den
Anlegern genutzt werden. Doch die politischen Entwicklungen sind hier widersprüchlich:
■
Auf
der einen Seite geht die steuerpolitische
Debatte klar in die falsche Richtung. So wird
aktuell eine Reform des Investmentsteuerrechts
diskutiert, die zu einer Verteuerung der indirekten Aktienanlage führen würde. Zwar wird
es dabei nicht zur generellen Besteuerung von
Streubesitz­
veräußerungsgewinnen für Kapital­
gesellschaf­ten kommen, wie sie im ersten Entwurf
Interesse an der Aktienanlage steigt
in Tausend
nur Aktien
Aktien und Aktienfonds
nur Aktienfonds
14.000
12.853
11.828
12.000
7.159
11.549
11.127
10.504
5.617
10.796
6.549
10.000
6.081
5.899
10.314
10.317
6.074
6.270
6.052
9.490
9.317
8.477
8.385
8.231
8.441
4.958
5.764
8.000
4.361
5.187
6.789
6.000
5.601
4.298
4.586
4.731
3.226
9.007
8.921
8.811
4.598
2.274
2.748
1.681
911
4.000
2.607
1.518
2.088
2.086
1.944
627
1.662
2.014
1.874
1.677
1.365
1.405
1.305
1.749
1.534
1.516
1.669
2.000
3.293
3.604
3.487
3.463
3.087
2.912
2.960
2.661
2.730
2.366
2.370
2.188
2.219
2.349
2.357
2.870
2.811
2.474
2.893
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
Abbildung 1: Aktionäre und Besitzer von Aktienfonds*
*Aktienfonds einschließlich Mischfonds
4
des neuen Rechts noch vorgesehen war.
Diese hätte die Aktienanlage im Rahmen
der betrieblichen Altersvorsorge schwer
beeinträchtigt. Dennoch enthält auch der
aktuelle Diskus­
sionstand Elemente, die
abschreckend wirken. So sollen zum Beispiel künftig Dividendenerträge auf Fonds­
ebene besteuert werden, wobei sich der
Anleger diese Steuern in einem nachträglichen Teilfreistellungsverfahren anrechnen
lassen kann. Dies ist aber für Sparer irrelevant, die Erträge unterhalb der Sparpauschbeträge haben. Außerdem ist das
Verfahren komplex und dürfte viele Anleger überfordern.
Auch die Debatte um die Zukunft der
Abgeltungsteuer, die im zweiten Halbjahr
wieder aufgeflammt ist, geht in die falsche Richtung. Würden Dividenden und
Kursgewinne künftig mit dem persönlichen Steuersatz und nicht mehr mit dem
einheitlichen Abgeltungsteuersatz besteuert, würde dies die steuerliche Belastung
vieler Aktionäre noch einmal deutlich
erhöhen. Ähnlich würde die Einführung
einer Finanztransaktionssteuer wirken,
um deren Ausgestaltung nach wie vor 10
EU-Mitgliedsstaaten ringen. Was derzeit in
der steuerpolitischen Debatte hingegen
völlig fehlt, ist der Hinweis auf die steuerliche Diskriminierung von Aktienerträgen
gegenüber Erträgen aus festverzinslichen
Wertpapieren, die generell in der Abgeltungsteuer angelegt ist.1
■Im
Widerspruch zu den steuerpolitischen
Vorstellungen wird mit dem Vorschlag von
drei hessischen Ministern zur Einführung
einer Deutschlandrente zum ersten Mal
seit Jahren eine neue politische Initiative
zur Verbesserung der privaten Altersvorsorge gestartet. Aus Sicht des Deutschen
Aktien­instituts ist es insbesondere zu begrüßen, dass die Aktie in der Altersvorsorge
stärker genutzt werden soll. Dies birgt
die Chance, der Vermögensbildung und
Altersvorsorge mit Aktien und Aktien­fonds
einen neuen Impuls zu verleihen. Dazu
muss jedoch ein sinnvolles Gesamtkonzept entwickelt werden, das insbesondere
nicht die Schwächen der Riester-Rente
wiederholt. Hier wurde ein übermäßig
hoher Schutz der eingezahlten Gelder
vor kurz- und mittelfristigen Verlusten in
das Konzept eingebaut, der prinzipiell zu
niedrigen Aktienquoten führt. Langfristig
ist das nicht sinnvoll und sogar kontraproduktiv für die erzielbare Rendite. Wer langfristig mehr Altersvorsorgevermögen auch
über die Aktienanlage erzielen will, muss
kurz- und mittelfristige Kursschwankungen hinnehmen.
Für ein Mehr an Aktienkultur in Deutschland
ist die Ausgestaltung der Altersvorsorge ein
wichtiger, wenn nicht sogar der Schlüssel­
faktor. Wenn es gelingt, hierüber die Aktien­
affinität der Deutschen zu stärken, hat das
weitere positive volkswirtschaftliche Effekte,
zum Beispiel im Bereich der Finanzierung
junger Unternehmen. Die Politik erkennt zu­nehmend, dass Deutschland eine Schwäche
bei der Risikokapitalfinanzierung hat, was
insbesondere bei der Anzahl der Börsengänge deutlich wird. Eine hochrangig besetzte
Arbeitsgruppe hat im Auftrag des Bundeswirtschaftsministers und unter Beteiligung
des Deutschen Aktieninstituts ein Bündel an
Maßnahmen zur Stärkung der Risikokapitalund Börsenfinanzierung vorgeschlagen.2 Eine
zentrale Aussage lautet: Ohne eine verbesserte Wertpapier- und Aktienkultur wird es
lang­fristig an der Basis fehlen, aus der heraus
unternehmerische Ideen finanziert werden
können. Ohne eine solche Finanzierung droht
jedoch mittelfristig das Erlahmen der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Die Aktienkultur hat daher auch etwas
mit der Finanzierung von zukunftsfähigen
Arbeitsplätzen zu tun – ein Zusammenhang,
der leider oft genug vergessen wird.
1
Das Deutsche Aktieninstitut hat dazu bereits 2009 einen Vorschlag
unterbreitet, wie diese Diskriminierung unter Nutzung des Konzeptes
der Abgeltungsteuer beseitigt werden könnte. 2 Siehe Round Table bei
Bundesminister Sigmar Gabriel, Mehr Börsengänge von jungen Wachstumsunternehmen in Deutschland, Abschlussbericht der Arbeitsgruppen, September 2015.
5
Ergebnisse für das Jahr 2015 im Detail
Abbildung 1 (siehe Seite 3) zeigt die Gesamtzahl der
Aktio­näre und Besitzer von Aktienfonds im Zeitablauf.
Im Jahr 2015 hielten in Deutschland etwas über 9 Millio­nen Personen ein Aktien­investment. Dies entspricht einem
Anteil von 14 Prozent der Bevölkerung über 14 Jahren.
Im Vorjahr waren es nur 13,1 Pro­
zent beziehungsweise
8,4 Millionen Anleger. Der negative Trend der Vorjahre ist damit vorerst gebrochen und das Interesse
der deutschen Bevölkerung an der Aktie wieder gestiegen. Damit liegt die Gesamtzahl nun wieder deutlich
über dem Tiefststand der Finanzkrise. Zum Niveau des
Rekordjahrs 2001 ist es allerdings noch ein weiter Weg. Im
Vergleich zu damals hat nach wie vor jeder vierte Anleger
(3,5 Millionen) dem Aktienmarkt den Rücken gekehrt.
Der Anstieg von rund 600.000 im Jahr 2015 ist sowohl auf
die Entwicklung der direkten Aktionäre als auch die der
Besitzer von Aktienfondsanteilen zurückzuführen. Waren
es 2014 noch rund 4,1 Millionen Aktionäre, haben im Jahr
2015 mehr als 260.000 Menschen neu direkt in die Aktie
investiert. Dies entspricht einem Plus von 6,4 Prozent.
Damit sind nun rund 4,4 Millionen Menschen Aktionäre
(6,8 Prozent der Bevölkerung). Die Zahl der Aktienfondsbesitzer ist im Vergleich zum Vorjahr mit knapp 2,5 Prozent etwas weniger gestiegen und erreichte in 2015 rund
6,1 Millionen. Die Zahl derjenigen, die gleichzeitig Aktien
und Aktienfonds besitzen, ist dabei um rund 150.000 auf
jetzt rund 1,5 Millionen Anleger gesunken.
Hauptverantwortlich für den Anstieg der Aktionäre
ist die Zahl der Belegschaftsaktionäre (Abbildung 2).
Nach rund 820.000 Menschen in 2014 sind heute beinahe 1,1 Millionen nach eigener Aussage als Beleg­
schaftsaktionäre an ihren Unternehmen beteiligt. Nach
dem überraschend hohen Minus im Vorjahr hat sich die
Zahl der Belegschaftsaktionäre damit wieder erholt.
Nichtsdestotrotz halten noch immer nur 1,7 Prozent der
Bevölkerung überhaupt Belegschaftsaktien. Die Zahl
derjenigen, die Aktien auch unabhängig vom Motiv der
Mitarbeiterbeteiligung besitzen (ebenfalls Abbildung 2),
verharrt dagegen mit rund 3,5 Millionen Anlegern auf
dem Vorjahresniveau.
Direktanlage mit spürbarem Plus, vor allem dank der Belegschaftsaktionäre
nur Belegschaftsaktien
in Tausend
Belegschafts- und andere Aktien
nur andere Aktien
7.000
6.211
6.000
5.694
4.610
5.005
5.000
4.235
5.000
5.046
4.605
4.515
3.526
3.406
4.000
4.744
4.532
4.240
3.698
3.920
3.399
2.857
3.472
3.174
2.458
4.409
4.143
4.047
3.891
3.553
3.624
3.654
3.247
3.321
3.332
3.325
3.018
3.000
4.560
2.734
2.607
2.633
2.666
236
253
294
2.000
309
361
369
511
488
495
1.000
489
433
329
314
229
394
398
364
183
201
1.153
1.297
1.230
1.090
971
979
859
773
943
752
800
710
738
694
763
887
875
617
894
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
Abbildung 2: Zahl der Aktionäre
6
Fondsanlage ebenfalls im Aufwind
in Tausend
nur Aktienfonds
Aktienfonds und Mischfonds
nur Mischfonds
9.766
10.000
8.637
8.365
2.633
8.167
7.843
8.000
7.948
7.947
2.772
2.686
2.575
1.764
7.129
2.923
2.678
1.097
2.774
952
6.000
6.592
3.138
1.177
4.744
864
842
975
933
6.620
6.036
6.120
5.967
2.633
2.723
2.413
748
6.110
2.261
2.418
2.248
691
788
6.114
2.131
1.162
4.000
3.185
2.308
2.000
8.066
557
551
391
576
631
658
578
727
662
236
160
1.591
2.222
3.191
5.649
6.036
4.885
4.380
4.323
4.317
4.243
4.513
3.440
3.293
2.992
3.201
3.409
3.001
2.931
3.321
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
Abbildung 3: Zahl der Anleger in Aktienfonds
Ein leichtes Plus verzeichnet der Besitz von Anteilen an Aktien­
fonds und Mischfonds, das heißt Fonds, die Aktien enthalten
(Abbildung 3). Mit einem Anstieg von rund 140.000 Personen wird
der Rückgang aus dem Vorjahr ausgeglichen. Insgesamt liegt die
Gesamtzahl der Aktienfondsanleger aber noch immer weit unter
dem Höchststand im Jahr 2001. Damals gab es fast 9,8 Millionen
Aktienfonds­anleger (das waren 15,2 Prozent der Bevölkerung).
Demographie des Aktienbesitzes: West-Ost-­
Gefälle nimmt stetig ab, erste Erholungs­
zeichen bei den jüngeren Anlegern
Die Demographie des Aktienbesitzes3 ist seit einigen Jahre relativ
stabil. Überproportional viele Aktionäre und Aktienfondsbesitzer
gibt es nach wie vor bei Menschen mit einem relativ hohen Bildungsniveau sowie einem überdurchschnittlichen Haushaltseinkommen.
Es fällt jedoch auf, dass sich West- und Ostdeutschland seit einiger Zeit mehr und mehr angleichen, wenn es um die Aktienkultur
geht. So liegt der Anteil der Aktienbesitzer in Ostdeutschland mit
12,6 Prozent der Bevölkerung heute nur noch knapp unter dem
Anteil in Westdeutschland mit 14,4 Prozent (Abbildung 4). Allein
im letzten Jahr verzeichnete Ostdeutschland ein Plus von etwa
300.000 Anlegern. Das ist in etwa genauso viel wie im Westen
der Republik – allerdings bei deutlich geringerer Einwohnerzahl.
Jedoch setzen die Menschen in den östlichen Bundesländern viel
stärker auf die Fondsanlage als im Westen. Die Direktanlage in die
Aktie nimmt dagegen erst in jüngerer Vergangenheit leicht zu.
Seit längerem zeigte sich in den Aktionärszahlen
zudem eine besondere Zurückhaltung bei den jüngeren Anlegern. Dies ist vermögenspolitisch besonders
problematisch, denn die jüngere Generation wird die
Folgen des demographischen Wandels auf die staatlichen Rentensysteme deutlicher zu spüren bekommen
und hätte unter einem dauerhaft niedrigen Zinsniveau
besonders zu leiden. Insbesondere für die jüngere
Generation wären daher der private Vermögensaufbau
und die private Altersvorsorge mit der Aktie wichtig,
um ihren Lebensstandard auch künftig zu sichern.
An der Altersstruktur der Aktionäre hat sich auch im Jahr
2015 wenig geändert. Prozentual gesehen gibt es die
meisten Aktienbesitzer in der Altersgruppe zwischen
40 und 49 Jahren sowie 50 und 59 Jahren mit rund 17,5
Prozent und 17,6 Prozent der jeweiligen Altersgruppe,
gefolgt von der Altersgruppe ab 60 Jahren (15,2 Prozent).
Die jüngeren Altersgruppen können da nicht mithalten.
Schon die Aktienaffinität der 30- bis 39-Jährigen ist spürbar geringer als die der älteren Anleger (13,6 Prozent),
erst recht aber die der 20- bis 29-Jährigen (7,0 Prozent).
Fasst man jedoch alle Aktienbesitzer von 14 bis 40
Jah­ren in einer Gruppe zusammen, so ist deren Zahl
im Vergleich zum Vorjahr um insgesamt 170.000
Siehe zur längerfristigen Entwicklung der Demographie des Aktienbesitzes
Deutsches Aktieninstitut, Aktionärszahlen 2013, sowie die Datentabellen für
das Jahr 2015. Beides ist unter www.dai.de abrufbar.
3
7
Fortschreitende Angleichung der Aktienkultur in Ost und West
in Prozent der jeweiligen Bevölkerung
West
Ost
15,8 %
16 %
14,8 %
14,4 %
14,4 %
13,8 %
14 %
12,6 %
12 %
10,6 %
10,3 %
10,2 %
10 %
8,6 %
8%
6%
4%
2011
2012
2013
2014
2015
Abbildung 4: Entwicklung des Aktienbesitzes nach Regionen
spürbar gestiegen (Abbildung 5). Sollte sich dieses Plus von
immerhin 10 Prozent als Beginn eines längerfristigen Trends
herausstellen, wäre das ein gutes Zeichen für die Aktienkultur
und die Vermögensbildung in Deutschland. Die zahlenmäßig
stärkste Gruppe unter den Aktienbesitzern wird aber auf ab­sehbare Zeit die Gruppe der Über-60-Jährigen bleiben, die im
Jahr 2015 noch einmal deutlich größer geworden ist: Knapp
3,2 Millionen Anleger bedeuten hier einen neuen Höchststand.
Zahl der jüngeren Aktienanleger steigt spürbar
in Tausend
2014
2015
3.000
2.815
2.500
2.000
9%
3.179
2,
+1
-3,5 %
%
+10,0
1.865
1.696
2.005
1.934
+5,4
1.925
%
2.028
1.500
1.000
500
0
14-39
40-49
50 - 59
Abbildung 5: Aktienbesitz nach Altersgruppen (in Prozent der jeweiligen Altersgruppe)
60 und älter
8
Aktienanlage
als Langfristanlage
Spezial:
Gemäß einer Umfrage des Deutschen Aktieninstituts zusammen mit der Boerse Stuttgart
aus dem Jahr 2015 stehen einem verstärkten
Engagement der Menschen am Aktienmarkt
oft Missverständnisse über die Chancen und
Risiken der Aktienanlage entgegen.4 Die Menschen verstehen zwar, dass sie mit Aktien an
den Erfolgen der Unternehmen auf den Weltmärkten partizipieren. Sie denken aber oft,
dass sie in Bezug auf Aktien nicht über ausreichend ökonomische Kenntnisse und genügend Geldmittel verfügen oder sie scheuen
das Risiko von Kursverlusten. Auch vom Renditevorteil der Aktienanlage sind längst nicht
alle Sparer überzeugt.
Dabei zeigen Untersuchungen, dass man in
der Vergangenheit mit einem breit gestreuten
Aktienengagement langfristig zwischen 2 und
3 Prozent Renditevorsprung gegenüber der
Rentenanlage erzielen konnte. Betrachtet man im DAX zwischen Ende
1967 und Ende 2015 die insgesamt 29 verschiedenen 20-Jahreszeiträume, so erzielte man im schlechtesten Fall bei einem breit gestreuten
Aktieninvestment eine jährliche Rendite von 6 Prozent (1967 bis 1987),
im besten Fall eine jährliche Rendite von 15 Prozent (1979 bis 1999). Im
Mittel errechnet sich eine Rendite von gut 9 Prozent pro Jahr. Zum Vergleich: Im REXP, der die langfristige Entwicklung deutscher Staatsanleihen darstellt, lagen die entsprechenden Renditen zwischen 5 und gut
8 Prozent, was einem Mittel von rund 7 Prozent entspricht. Der Abstand
scheint gering, jedoch wirkt er über lange Zeiträume enorm auf das
erzielbare Endvermögen bei gleicher Sparrate oder auf die Zeit, die
benötigt wird, um ein bestimmtes Sparziel zu erreichen.5
Siehe Deutsches Aktieninstitut/Boerse Stuttgart Holding GmbH, Aktienanlage ist Kopfsache, Studien des Deutschen
Aktieninstituts, Mai 2015. 5 Der Zeitraum von 1967 bis 2015 wird hier gewählt, weil es für die Berechnung des REXP,
der die Entwicklung Staatsanleihen abbildet, vor 1967 keine Daten gibt. Daten für den Deutschen Aktienindex DAX liegen seit 1987 vor. Davor stützen sich die Aussagen auf eine Rückrechnung des DAX durch Prof. Dr. em. Stehle, TU Berlin.
4
Zusatzversorgung schneller erwirtschaftet
So könnte es für den Anleger ein Sparziel sein, 500 Euro monatliche
Zusatzrente über eine Bezugsdauer von 20 Jahren oder alternativ 1.000
Wer mit Aktien Spart, kommt schneller ans Ziel
monatliche Sparrate 100 Euro, ohne Transaktionskosten, keine
Weiterverzinsung des Endvermögens in der Rentenphase
Spardauer
in Jahren
Spardauer beim aktuellen Zinsniveau
an den Rentenmärkten = 70 Jahre
Spardauer für ein Endvermögen von 120.000 Euro
bei 100 Euro monatlicher Sparrate
70
60
50
Spardauer bei mittlerer historischer
Rentenrendite = 30 Jahre
40
Spardauer bei mittlerer historischer
Aktienrendite = 26 Jahre
30
20
10
0
0%
5%
10 %
15 %
Abbildung 6: Anspardauer in einem fiktiven Fondssparplan in Abhängigkeit von der Rendite
20 % Rendite in Prozent
9
Euro über eine Bezugsdauer von 10 Jah­ren zu
erzielen. Um das zu schaffen, benötigt man
120.000 Euro Vermögen, das über die Rentenphase nach und nach abgebaut wird. Abbildung 6 zeigt, wie lange es unter bestimmten
Renditeannahmen dauert, bis ein Sparer bei
einer monatlichen Sparrate von 100 Euro diese
120.000 Euro erwirtschaftet hat. Vereinfachend
wird dabei davon ausgegangen, dass in der
Ansparphase keine Transaktionskosten anfallen und sich das erwirtschaftete Endvermögen ab Beginn der Rentenphase nicht weiterverzinst, aber auch keine Steuern anfallen.
Unterstellt man die mittlere Aktienrendite
von 9 Prozent, so dauert der Ansparprozess
etwa 26 Jahre. Bei der mittleren historischen Rendite im REXP von 7 Prozent dauert
der Ansparprozess bereits 30 Jahre. Solche
Renditen für deutsche Staatsanleihen dürften Sparer aber auf absehbare Zeit kaum
mehr realisieren können, denn die aktuelle
Umlaufrendite liegt hier – je nach Laufzeit –
zwischen 0,5 und gut 1 Prozent. Legt man diese
Verzinsungsannahme zugrunde, dann reicht ein typisches Sparerleben nicht mehr aus, um in unserem Beispiel ein Endvermögen
von 120.000 Euro zu erzielen. Hierfür würde man nämlich 70 Jahre und
mehr benötigen. Anleger sollten sich bei der Bewertung der Aktien­
anlage also nicht nur auf die Frage des erzielbaren Endvermögens
konzentrieren, sondern sich auch bewusst machen, dass sich unter
der Nutzung der Aktie langfristige Sparziele regelmäßig schneller realisieren lassen. Dies spart nicht nur Zeit, sondern erfordert letztlich auch
weniger Sparmittel: Wer 4 Jahre weniger sparen muss, muss im Beispiel
insgesamt 4.800 Euro für die gewünschte Zusatzrente zur Seite legen.
Um die Vorteile eines Aktieninvestments zu nutzen, muss ein Sparer
jedoch das kurz- und mittelfristige Risiko von Kursschwankungen
eingehen und die Anlage in Aktien als langfristig ansehen. Die Unsicher­
heit beim Umgang mit diesem Risiko und die fehlende Erfahrung
hiermit sind ein entscheidender Grund, warum viele Anleger selbst
vor einem breit gestreuten Aktieninvestment große Scheu haben. Bei
langfristigem Sparen ist das Risiko, mit Aktien Verluste zu erleiden,
jedoch deutlich geringer, als viele Menschen glauben.
So hat es in der Vergangenheit selbst nach starken Kursstürzen aufgrund von Finanzmarktkrisen nie mehr als gut sieben Jahre gedauert,
bis die Anleger zumindest das Einstiegsniveau der Kurse erreicht
hatten (Abbildung 7).
Renditeverluste aus Börsenkrisen werden mittelfristig kompensiert
12.000
11.000
2000 Dotcom Bubble
Erholung in 7,3 Jahren
10.000
9.000
2008 Finanzkrise
Erholung in 5,8 Jahren
1998/1999 Russlandkrise
Erholung in 1,4 Jahren
8.000
7.000
6.000
5.000
1987 Schwarzer Montag
Erholung in 3,7 Jahren
4.000
3.000
2.000
1.000
Datengrundlage: Deutsche Börse AG, Prof. Stehle, eigene Berechnungen
0
1970
1975
1980
1985
1990
1995
2000
2005
Abbildung 7: Renditeentwicklung am deutschen Aktienmarkt gemessen am DAX nach Kursstürzen
2010
2015
10
Überdies kann man mit der Hereinnahme von Aktien
in das Depot die Rendite-Risiko-Struktur der Geldanlage verbessern. Abbildung 8 zeigt dazu die minimalen, maximalen und mittleren Renditen pro Jahr
von gemischten Portfolios aus DAX und REXP über
verschiedene 20-Jahreszeiträume seit 1967. Grundlage
sind jeweils die Jahresschlusskurse. Mit steigenden
Aktienquoten im Portfolio steigt nicht nur die Chance
auf bessere Durchschnitts- und Maximalrenditen. In
einem ausgewogenen Depot konnte man in der Ver-
gangenheit sogar eine höhere Minimalrendite als in
einem nur aus festverzinslichen Papieren bestehenden
Depot erzielen.
Eine Mischung aus Aktien und Anleihen in der Geldanlage
schützt den Anleger zudem davor, Aktien zur „Unzeit“, zum
Beispiel nach einem Kursrutsch, verkaufen zu müssen.
In solchen Fällen kann der Anleger das Entsparen zeitweise allein über den Abbau einer Position in Anleihen
leisten, ohne dafür den Aktienteil antasten zu müssen.
Gemischte Portfolios verbessern die Rendite-Risiko-Struktur der Geldanlage
Historische Rendite (pro Jahr)
16%
15,2%
13,5%
14%
11,7%
12%
9,8%
10%
8,3%
8%
6%
4%
7,0%
5,0%
7,6%
5,9%
8,1%
6,3%
8,6%
6,3%
9,2%
6,0%
2%
0%
0%
n Minimale Rendite
25%
n Maximale Rendite
50%
n Renditedurchschnitt
75%
100%
Anteil der Aktie am 20-Jahresportfolio (in Prozent)
Datengrundlage: Deutsche Börse AG, Prof. Stehle, eigene Berechnung auf Basis der Jahresschlussstände von DAX und REXP seit 1967
Abbildung 8: Historische Renditen in gemischten 20-Jahres-Portfolios aus DAX und REXP seit 1967
11
Systematik und Methodik der Aktionärsstrukturstatistik
Das Deutsche Aktieninstitut zählt alle Anleger als „Aktienbesitzer“, die entweder direkt
mit Aktien oder indirekt mit Aktienfonds an
der Entwicklung des Aktienmarktes partizipieren.
Wegen der möglichen Überschneidungen
der beiden Gruppen – ein Anleger kann
neben Aktien auch Anteile an Aktienfonds
besitzen – können die beiden Gruppen in der
Darstellung nicht einfach addiert werden.
Deshalb unterscheidet die Statistik des Deutschen Aktieninstituts:
(1) Menschen, die nur Aktien, nicht aber
Fondsanteile halten („nur Aktien“),
(2) Menschen, die nur Fondsanteile, nicht
aber Aktien besitzen („nur Aktienfonds“),
und
(3) d
ie Anleger, die sowohl Aktien und
Anteile an Aktienfonds besitzen
(„Aktien und Aktienfonds“).
Die gleiche logische Struktur in den Überschneidungen findet sich innerhalb der
Gruppen der Aktionäre und der Anleger in
Aktienfonds.
Bei den Aktionären wird unterschieden zwischen
(1) Belegschaftsaktionären, die ausschließlich Belegschaftsaktien, aber keine
anderen Aktien halten,
(2) Aktionären, die gar keine Belegschaftsaktien halten, und
(3) Aktionären, die sowohl Belegschaftsals auch andere Aktien besitzen.
Die Anleger in Aktienfonds gliedern sich in
(1) M
enschen, die nur Aktienfonds halten,
(2) M
enschen, die ausschließlich Anteile
an Gemischten Fonds halten, und
(3) A
nleger, die sowohl Anteile an
Gemischten Fonds als auch an Aktienfonds besitzen.
Die Gruppe der Besitzer von Aktienfonds wird
also weit abgegrenzt. Sie umfasst Aktienfonds
und Gemischte Fonds, die Aktien enthalten.
nur
Aktien­fonds
Anleger in
Aktien­fonds
Aktienbesitzer
(= alle Aktien­
investments)
Aktien und
Aktienfonds
und
Aktien­
Aktien­fonds
Aktionäre
nur Aktien
Inwiefern die Anleger in den verschiedenen Untergruppen
auch andere Anlageformen nutzen, z.B. Anleihen, Anteile an
Renten- oder Immobilienfonds, Geldmarktkonten oder Versicherungen, geht aus der Statistik des Deutschen Aktieninstituts nicht hervor. Dass ein Anleger nach unserer Untersuchung zum Beispiel „nur Aktien“ hält, bedeutet also, dass er
keine Anteile an Aktien- oder Gemischten Fonds besitzt. Es
bedeutet ausdrücklich nicht, dass er außer Aktien gar keine
andere Anlageform nutzt. Dies würde Deutschen Aktieninstitut auch nicht empfehlen.
Methodisch beruht die Aktionärsstrukturstatistik des Deutschen Aktieninstituts auf einer repräsentativen Umfrage von
TNS Infratest. Hierzu werden in insgesamt 12 Wellen jährlich
ca. 28.000 Anleger im Alter von mindestens 14 Jahren zufällig
ausgewählt und weitgehend in einem persönlichen Interview
nach ihren Anlageverhalten befragt. Entsprechend beziehen
sich Prozentangaben im Text auch auf die Bevölkerung mit
mindestens diesem Alter. Mit dem Beginn des Jahres 2013 hat
das Deutsche Aktieninstitut zudem die Statistik generell auf
Ganzjahreswerte umgestellt. Trotz der breiten statistischen
Grundlage unterliegen die Halbjahreszahlen insbesondere
der verschiedenen Untergruppen größeren statistisch bedingten Schwankungen, die die Interpretation erschweren.
Die Daten, die dieser Studie zugrunde liegen, können unter
www.dai.de abgerufen werden.
Frankfurt am Main | 12. Februar 2016
Dr. Gerrit Fey | Tel. +49 69 92915-41 | [email protected]
Michaela Hohlmeier | Tel. +49 69 92915-31 | [email protected]
Deutsches Aktieninstitut e.V.
Senckenberganlage 28 | 60325 Frankfurt am Main
Tel. +49 69 92915-0 | Fax +49 69 92915-12
www.dai.de