Dow Jones Newswires-Interview mit Norbert Steiner

Kalipreisverfall: 11 Fragen an K+S-Chef Norbert Steiner
Von Heide Oberhauser-Aslan
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Düngemittel- und Salzkonzern K+S kämpft seit dem
abgewehrten Übernahmeversuch durch den kanadischen Rohstoffkonzern Potash
mit einem stark gesunkenen Aktienkurs. Zu allem Übel sind seit dem dritten Quartal
auch die Preise für Kaliumchlorid deutlich gefallen, was den Druck auf die Aktie
weiter erhöht hat. Wettbewerber Potash hat bereits Minen stillgelegt und musste für
2015 einen scharfen Gewinnrückgang bekannt geben. Zudem will der Konzern die
Dividende kürzen, was auch K+S-Anleger verunsichert hat.
Gut vier Wochen vor der Bekanntgabe der Jahresergebnisse bestätigte Konzernchef
Norbert Steiner aber die operative Ergebnisprognose für das abgelaufene Jahr. Das
Unternehmen werde mindestens das untere Ende der Prognosespanne erreichen,
kündigte er im Interview mit Dow Jones Newswires an. Zudem bekräftige der
Manager, K+S werde für 2015 eine deutlich höhere Dividende zahlen. Schwarz sieht
Steiner auch nicht für 2016 und die Folgejahre. Im Kernmarkt Europa, wo jetzt die
Frühjahrsdüngung ansteht, rechnet er mit einer guten Nachfrage. Das KonzernEBITDA-Ziel für 2020 hat nach seinen Worten voll Bestand. Indikationen für einen
erneuten Übernahmeversuch hat Steiner nicht.
1. Herr Steiner, der Aktienkurs von K+S befindet sich seit Monaten im Sinkflug.
Was ist ihrer Einschätzung nach der Grund dafür? Ist der starke Rückgang
berechtigt?
Norbert Steiner: Rohstoffunternehmen sind im Moment nicht die Lieblinge der
internationalen Börsen. Das betrifft nicht allein den Düngemittelsektor. Durch die
Bank musste auch unser Sektor in den vergangenen Wochen und Monaten bei den
Bewertungen an der Börse deutlich Federn lassen, viele unserer Wettbewerber sogar
noch wesentlich stärker als wir. Auch wenn es der Kapitalmarkt momentan vielleicht
nicht hören will: Wir werden nicht müde unsere Stärken und Perspektiven
hervorzuheben. Unser neues Kaliwerk in Kanada wird in wenigen Monaten in Betrieb
gehen und mit unseren Düngemittelspezialitäten sowie unserem starken
Salzgeschäft sind wir deutlich breiter aufgestellt als der Wettbewerb - um nur zwei
Aspekte anzusprechen.
2. Sie haben seit letztem Sommer ja oft betont, dass das Unternehmen deutlich
mehr wert sei als der Aktienkurs reflektiert. Müssen sie jetzt bei dem extrem
niedrigen Kursniveau nicht einen neuen Übernahmeversuch fürchten? Wie
wappnen Sie sich dagegen?
Steiner: Was heißt fürchten? Was ich sagen kann ist: Wir haben dafür keine
Indikationen, aber ausschließen können wir nichts. Sollte ein Vorschlag auf den Tisch
kommen, werden wir diesen nach Recht und Gesetz im besten Interesse des
Unternehmens prüfen, so wie wir das im letzten Jahr getan haben.
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3. Potash hat ja Ende Januar einen Umsatzeinbruch um 12 Prozent und einen
Gewinnrückgang um 17 Prozent vermeldet. Zudem soll die Dividende gekürzt
werden. Müssen K+S-Aktionäre am 10. März mit ähnlich schlechten
Nachrichten rechnen?
Steiner: Wir haben uns gut geschlagen, es gibt keinen Grund, an unserer EBITPrognose von 780 bis 830 Millionen Euro zu rütteln. Dass wir am unteren Ende
herauskommen werden, dürfte keinen überraschen. Das verbesserte
Konzernergebnis sollte sich auch in einer deutlich höheren Dividende für das
Geschäftsjahr 2015 bemerkbar machen. Wir wollen gemäß der langjährigen Politik
wieder zwischen 40 bis 50 Prozent des bereinigten Nettoergebnisses ausschütten.
Insofern steht aus unserer Sicht keine Kürzung an. Selbstverständlich wird dies noch
mit dem Aufsichtsrat besprochen - und letztlich liegt die Entscheidung bei der
Hauptversammlung. Wir sind hier aber sehr optimistisch.
4. Wie entwickelt sich derzeit ihre Nachfrage nach Düngemitteln?
Steiner: Wir erwarten eine gute Nachfrage, die Frühjahrsdüngung steht in Europa
vor der Tür und dort haben sich die Preise ja auch ganz ordentlich gehalten. Das gilt
insbesondere für unsere Düngemittelspezialitäten.
5. Der Preisverfall bei Düngemitteln hat die kanadische PotashCorp inzwischen
zu einschneidenden Maßnahmen, wie die zeitweise Stilllegung von Kaliminen,
gezwungen. Wie gut sind ihre Kapazitäten derzeit ausgelastet? Muss man auch
hierzulande mit der zeitweisen Stilllegung von Gruben rechnen?
Steiner: Aus heutiger Sicht: Nein. Wir haben jedoch andere Herausforderungen zu
meistern. In unserem Werk Werra sind aufgrund der eingeschränkten
Versenkerlaubnis zeitweilige Stillstände von Teilen des Werkes nicht ganz
auszuschließen, mit entsprechender Wenigerproduktion. Wir managen die Situation
bisher jedoch sehr gut, so dass bisher keine spürbaren Einschränkungen entstanden
sind. Wir rechnen nach wie vor mit der Genehmigung im Sommer dieses Jahres,
damit hätten wir längerfristig Entsorgungssicherheit.
6. Die Kalipreise sind in den Überseemärkten inzwischen auf ein Niveau von
250 Dollar je Tonne eingebrochen. Im dritten Quartal 2015 haben diese im
Schnitt noch bei 337 Dollar je Tonne gelegen. Worin sehen sie die
Hauptursache?
Steiner: Zunächst erinnere ich daran, dass wir ein breiteres Portfolio haben als die
meisten unserer Wettbewerber. Viele schauen nur auf Kali und übersehen die
Stärken unserer Spezialprodukte. Was den Preis für Kaliumchlorid angeht, kommen
viele Faktoren zusammen: Die Agrarpreise sind aufgrund hoher Bestände bei
wichtigen Agrarrohstoffen, wie zum Beispiel Weizen, rückläufig. Daher ist die
Nachfrage derzeit zurückhaltend, bis neue Impulse gesetzt werden. Außerdem steckt
mit Brasilien eines der wichtigsten Abnehmerländer in einer tiefen Krise.
7. Was bedeutet der erneute Preisverfall für K+S?
Steiner: Wir haben stets unter Beweis gestellt, dass wir auch mit vorübergehenden
Phasen sinkender Preise umgehen können. Denken Sie nur an den Preisverfall nach
dem "Schwarzen Dienstag" im Sommer 2013. Auch damals hat sich der Kalimarkt,
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schneller als von vielen Beobachtern erwartet, wieder erholt. Oder vergleichen Sie
unser Unternehmen einmal mit 2007: Damals standen die Kalipreise auf dem
gleichen Niveau wie heute und K+S hat knapp 300 Millionen Euro verdient. Heute
sprechen wir davon, für 2015 ein EBIT von mindestens 780 Millionen Euro zu
erreichen.
8. Wie sieht es im Salzgeschäft aus? Bislang war der Winter ja sehr mild?
Steiner: Der Winter 2016 ist noch nicht vorbei, insoweit ist es für ein Resümee zu
früh. Aber klar, in Europa wie auch in Nordamerika war die Witterung Ende 2015
vergleichsweise mild. Im Januar lief es aber schon besser. Und: Wir sprechen im
Salzgeschäft ja nicht allein von Auftausalz. Wir liefern große Mengen Salz an die
Chemie-, Pharma- und Lebensmittelindustrie. Wir sind hier sehr breit aufgestellt und
wollen bis zum Jahr 2020 das operative Ergebnis (EBIT) im Salzgeschäft mindestens
auf stabile 250 Millionen Euro steigern.
9. Sie haben nach dem Rückzug von PotashCorp im Oktober 2015
versprochen, zu "liefern", gilt das noch?
Steiner: Unsere Management-Agenda für dieses und die kommenden Jahre setzen
wir konsequent um. Mit unserem Legacy Projekt in Kanada, anhaltender
Kostendisziplin sowie der erfolgreichen Umsetzung unserer Salz 2020Wachstumsstrategie sind wir hervorragend aufgestellt, um für unsere Aktionäre
langfristig Wert zu generieren. Wir halten trotz der derzeit eingetrübten Lage am
Kalimarkt unverändert an unserer Prognose fest, bis 2020 das Konzern-EBITDA auf
rund 1,6 Milliarden Euro (2014: 896 Millionen Euro) zu steigern. Dazu wird ganz
wesentlich das Legacy Projekt beitragen, aber auch der Geschäftsbereich Salz mit
einem dann erwarteten EBITDA von mehr als 400 Millionen Euro. Mittelfristig werden
wir ein attraktives Cash Flow-Wachstum aufweisen und die Verschuldung schnell
und deutlich reduzieren. Wir werden nicht nur weiter in das operative Geschäft
investieren und an unserer Dividendenpolitik festhalten, sondern dann auch mehr
Spielraum für Maßnahmen wie Aktienrückkäufe haben.
10. Zur neuen Kalimine in Kanada, liegen sie hier weiter im Zeit- und
Kostenrahmen?
Steiner: Ich war gerade dort und habe mich persönlich davon überzeugen können,
dass wir sehr gut vorankommen. Wir liegen voll im Plan und bewegen uns im
veranschlagten Kostenrahmen. Das Werk wird wie geplant im Sommer dieses Jahres
in Betrieb genommen und Ende 2016 die erste Tonne Kali produzieren.
11. Nochmal zurück zum Aktienkurs: Die Wahrscheinlichkeit steigt, dass K+S
infolge des Kursrückgangs schon bald nicht mehr dem DAX angehören wird.
Welche Auswirkungen hätte dies auf das Unternehmen?
Steiner: Wir würden uns natürlich freuen, Mitglied des DAX zu bleiben. Für die
Mitgliedschaft gibt es aber klare Kriterien der Deutschen Börse, deren Erfüllung nach
dem starken Kursrückgang eine große Herausforderung ist. Wir wissen, was wir
können und sehen attraktive Zukunftsperspektiven. Auch im MDAX wäre K+S kein
Unternehmen minderer Qualität. Der Kapitalmarkt und die Öffentlichkeit würden uns
auch weiterhin Beachtung widmen, davon bin ich fest überzeugt.