Zentralrat Deutscher Sinti und Roma ____________________________________________________________________________________________________ 22. Juli 2015 PRESSEMITTEILUNG Zentralrat fordert einen sofortigen Stopp der systematischen, gewaltsamen Vertreibungen von Roma aus ihren Städten in Mittelost- und Südosteuropa Angesichts der dramatischen Entwicklung von gewaltsamen Vertreibungen und Menschenrechtsverletzungen gegen Roma in zahlreichen mittelost- und südosteuropäischen Ländern, wendet sich der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma mit Schreiben an die Bundesregierung, die Justizkommissarin der Europäischen Union und den Europäischen Menschenrechtskommissar, um eine Untersuchung der Vorfälle und politischen Druck für einen sofortigen Stopp der gewaltsamen Vertreibungen zu erwirken. Der Zentralrat beobachtet mit größter Sorge die zahlreichen aktuellen Fälle in Europa, wo Roma von gewaltsamen Vertreibungen durch lokale Behörden betroffen sind. In Belgrad sind ganz unmittelbar in dieser Woche 53 Roma Familien von Vertreibung und Obdachlosigkeit bedroht, wie Amnesty International berichtet. Die aus dem Krieg im Kosovo geflüchteten Familien leben seit 1999 in einer staatlich tolerierten, informellen Siedlung, ohne Aufmerksamkeit und Unterstützung für eine langfristige Perspektive. Jetzt drohen die Behörden die Häuser mit sofortiger Wirkung abreißen zu lassen, ohne adäquat die Familien zu informieren und alternative Wohnmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Am vergangenen Freitag fand in Cluj-Napoca in Rumänien der bisher größte Roma Solidaritätsmarsch für die Opfer der gewaltsamen Vertreibungen statt unter dem Titel „Stadt für die Menschen, nicht für den Profit“, an dem auch ein Mitarbeiter des Zentralrats teilnahm. Der Marsch gedachte den Opfer der staatlichen Vertreibungen vom 17. Dezember 2010, als 76 vorwiegend Roma Familien ohne Vorwarnung und legale Prozedur aus der zentralen Coastei Straße vertrieben und in staatlich finanzierte Siedlungen neben der giftigen Müllhalde in Pata Rât ausgegrenzt wurden. An dem acht Kilometer langen Solidaritätsmarsch von Pata Rât zum Ort der Vertreibungen in der Coastei Straße nahmen über 500 Menschen aus Pata Rât, aus ganz Rumänien und von zahlreichen Roma Jugendorganisationen aus ganz Europa teil, welche im Rahmen der Europäischen Jugendhauptstadt Cluj 2015 die Jugendaktion „So Keres, Europa?! Junge Roma und nichtRoma fordern ihren Platz in Europa ein“ organisierten. In der südwestbulgarischen Stadt Garmen nahmen in den letzten Wochen die ethnischen Spannungen zu, da politische Parteien vor den anstehenden Kommunalwahlen mit Ressentiments und Rassismus gegen Roma versuchen Stimmen zu gewinnen. Dies führte zu rassistischen Ausschreitungen gegen Roma und die Stadtverwaltung begann zur angeblichen Konfliktlösung die Roma aus der Stadt zu vertreiben und ihre Häuser zu zerstören. In der ungarischen Stadt Miskolc wurden seit dem Sommer 2014 über 160 Roma Familien aus ihren Häusern vertrieben unter dem Vorwand eines Infrastrukturprojektes und weitere Familien sind nach wie vor bedroht. Zentralrat Deutscher Sinti und Roma ____________________________________________________________________________________________________ Der Zentralratsvorsitzende Romani Rose betont: „Es ist ein Skandal, dass lokale Behörden noch immer wirtschaftliche Profitinteressen vor die elementarsten sozialen Rechte ihrer Bürger stellen und dass insbesondere Roma widerrechtlich mit staatlicher Gewalt aus Stadtzentren vertrieben und in die Obdachlosigkeit und Perspektivlosigkeit gezwungen werden. Das Menschenrecht auf Wohnraum wird permanent vor unseren Augen mit den Füßen getreten und zeigt den weit verbreiteten Rassismus in den staatlichen Behörden auf. Diese jahrzehntelange Entwicklung ist längst eine humanitäre Krise innerhalb von Europa und stellt eine der zentralen Ursachen von Flucht und Migration von Roma aus ihren Herkunftsländern dar.“ Jonathan Mack Politischer Referent [email protected] Bild: Copyright angeben „Fotis Filippou“
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