Die Schweiz im Jubiläumsjahr 2015 – Werte und

Es gilt das gesprochene Wort
________________________________________________SVP Kanton Bern
Die Schweiz im Jubiläumsjahr 2015 – Werte und Erkenntnisse für
die Zukunft
Werner Salzmann, Präsident SVP Kanton Bern
Heuer befindet sich die Schweiz in einem eigentlichen Jubiläumsjahr. Man erinnert sich an
die Schlachten von Morgarten und Marignano und an den Wiener Kongress, an Ereignisse,
die eng verknüpft sind mit unserer Geschichte und dem Platz der heutigen Schweiz in Europa. Es lohnt sich, am heutigen Nationalfeiertag zurückzublicken auf diese Ereignisse, da sie
unsere nationale Identität beeinflusst haben und da sich aus den jeweiligen Geschehnissen
auch Erkenntnisse für die Zukunft ableiten lassen.
Einige bezweifeln, dass sich die Ereignisse wirklich so zugetragen haben. In jeder Geschichte stecken aber ein wahrer Kern und ideelle Werte, aufgrund derer das Ereignis nicht vergessen ging und die auch im Jetzt ihre Gültigkeit haben. Es ist deshalb schade, dass im
Streit über die historische Wahrheit der Blick auf das Wesentliche verlorengeht, nämlich auf
die Werte, mit dem das jeweilige Ereignis verknüpft ist.
Das erste Ereignis ist die Schlacht von Morgarten 1315. Sie ist im Gedächtnis der Schweiz
aufgrund der engen Verknüpfung mit dem Wert der Freiheit. In dieser Schlacht kämpften die
Ur-Eidgenossen Uri, Schwyz und Unterwalden gemeinsam gegen die Habsburger, die die
Reichsunmittelbarkeit der Waldstätten nicht anerkennen wollten und damit deren Freiheit
massiv bedrohten. Die Eidgenossen waren erfolgreich unter anderem wegen der geschickten Ausnützung des eigenen Terrains und der Anwendung unkonventioneller Taktiken, die
nicht den damaligen Regeln des ritterlichen Kampfes entsprachen.
Der gemeinsame Sieg in der ersten Freiheitsschlacht der Eidgenossenschaft verstärkte den
Zusammenhalt. Ein Ausdruck davon ist der Bundesbrief von Brunnen. Die Eidgenossen verpflichteten sich zu gegenseitiger Hilfe und zur gegenseitigen Wahrung des Friedens und legten fest, dass ein fremder Herr nur gemeinsam angenommen würde. Das Streben nach Freiheit, Eigenständigkeit und Sicherheit taucht also schon sehr früh in unserer Geschichte auf
und diese drei Werte sind sozusagen Teil unserer DNA.
Aus Morgarten ziehe ich folgende, nicht militärische Erkenntnisse für die Zukunft:
Erstens: Wenn die Schweiz geeint und entschlossen für ihre Freiheit, Eigenständigkeit und
Interessen einsteht, kann sie diese auch gegen einen überlegenen Gegner verteidigen.
Zweitens: Es kann sich für die Schweiz lohnen, nicht dem Zeitgeist zu folgen, sondern unkonventionelle Wege zu gehen.
Drittens: Auch die heutige Schweiz kann nur erfolgreich sein, wenn es ihr gelingt, das eigene
Terrain beziehungsweise die eigenen Stärken gezielt und geschickt zu nutzen.
Die beiden anderen Ereignisse dieses Jubiläumsjahrs, die Schlacht in Marignano 1515 und
der Wiener Kongress 1815, sind eng verknüpft mit dem Wert der Neutralität.
Bei Marignano ging es kurz gesagt um die Herrschaft über das Herzogtum Mailand, das ein
eidgenössisches Protektorat war und u.a. von Frankreich begehrt wurde. Die Schlacht endete aus mehreren Gründen in einem Fiasko. Unter anderem fehlte eine gemeinsame Strategie. Zudem war wegen Verhandlungen mit Frankreich vor der Schlacht bereits ein Teil der
eidgenössischen Truppen abgezogen, während andere das Verhandlungsergebnis nicht anerkannten. Eine wichtige Konsequenz der Niederlage war die Abkehr von einer gemeinsamen eidgenössischen Expansionspolitik. Marignano war eine Erinnerung an die beiden Tugenden der Bescheidenheit und der Einigkeit und die nachfolgenden Generationen erkannten in der Schlacht einen Wendepunkt in Richtung Neutralität.
Aus Marignano ziehe ich folgende Erkenntnisse für die Zukunft:
Erstens: Die Schweiz darf sich weder von innen noch von aussen auseinanderdividieren lassen, sondern muss ihre Interessen mit einer gemeinsamen Strategie vertreten.
Zweitens: Die Schweiz darf bei allem nötigen Selbstbewusstsein nicht vergessen, bescheiden zu bleiben und sich auf ihre Stärken als Kleinstaat zu besinnen. Sie kann ihre Interessen
so besser verwirklichen als als Teil einer grossen Organisation.
Drittens: Die Schweiz sollte an ihrer neutralen Aussenpolitik festhalten. Dies ist nicht nur im
Interesse nur unseres Landes! Die Neutralität, so wie sie die Schweiz lebt, ist ein Beitrag für
die Verständigung unter den Völkern und somit für den Frieden. Ein Beispiel dafür sind die
Guten Dienste, die die Schweiz schon seit Langem leistet. Auf die Neutralität und die damit
verbundene humanitäre Tradition können wir zu Recht stolz sein.
Nach Marignano hatte die Neutralität dazu beigetragen, dass die Eidgenossenschaft gegen
aussen ihre Existenz behaupten konnte und dass sie auch gegen innen weiter zusammenwuchs. Die Tagsatzung erklärte die Eidgenossenschaft bereits 1674 erstmals offiziell für
neutral. Schliesslich konnten die schweizerischen Abgeordneten am Wiener Kongress die
Garantie der immerwährenden Neutralität, der Landesgrenzen und der Unverletzlichkeit ihres Gebiets erreichen. Die europäischen Grossmächte erkannten die stabilisierende Wirkung
eines neutralen Staates im Zentrum des Kontinents. Die Schweiz nutzte die Chance, die sich
durch das Ergebnis des Wiener Kongresses bot, und baute Strukturen auf, die später zu einer modernen, rechtsstaatlichen Demokratie weiterentwickelt werden konnten. Dank der garantierten, bewaffneten Neutralität konnte sich die Schweiz später auch gegen die Nationalbewegungen in den Nachbarstaaten behaupten und blieb sie ein sicherer Hafen, der intensiv
Gute Dienste leistete.
Aus dem Wiener Kongress kann ich folgende Erkenntnisse für die Zukunft ziehen:
Erstens: Die Schweiz tut gut daran, ihre Interessen in internationalen Verhandlungen entschieden zu vertreten.
Zweitens: Sie muss selbstbewusst daran erinnern, dass eine starke, souveräne und neutrale
Schweiz im Zentrum von Europa für den ganzen Kontinent und darüber hinaus wichtig ist.
Fazit:
Seit 700 Jahren war die Eidgenossenschaft immer dann erfolgreich, wenn sie
 geeint und entschlossen für ihre Freiheit und Eigenständigkeit einstand und sich nicht
auseinanderdividieren liess
 es wagte, dem Zeitgeist zu widerstehen und andere Wege einzuschlagen
 ihre Eigenheiten nicht verleugnete, sondern als Stärken nutzte
 als eigenständiger, neutraler Kleinstaat ihr Schicksal in die eigenen Hände nahm und sich
gegen äusseren Druck verteidigte.
Die Schweiz hat dank ihrem Erfolg essenzielle Beiträge für den ganzen Kontinent und die
Welt geleistet und ist als freiheitlicher, liberaler und sicherer Staat für viele andere Länder ein
Vorbild. Sorgen wir mit verantwortungsvollen Entscheiden dafür, dass wir dieses Erbe auch
in eine erfolgreiche Zukunft führen.