Auf Gott vertrauen

Predigt vom 19. Juli 2015, Thomas Eberhardt, Chrischona Thun
Predigt: Auf Gott vertrauen
Am letzten Mittwoch war ich mit 13 jungen und jung gebliebenen Personen aus unserer Gemeinde
im Europapark. Es war ein toller Ausflug, der uns natürlich auch etwas Nervenkitzel brachte. Für
diese Predigt inspiriert hat mich Christian und diese runde Kugel hier: die Eurosat, eine Achterbahn
ganz im Dunkeln. Da sitzt man beim Start in den Wagen und wenn’s dann losgeht, wird es sogleich
stockfinster. Man fährt hoch und dann in wilden Kurven in der ganzen Kugel herum. Manchmal blitzt
und funkelt es – ungefähr so, wie es im All scheinbar ist. Man hat keine Ahnung, in welche Richtung
es als nächstes und in horrendem Tempo geht: rauf, runter, links, rechts. Nach ein paar Minuten ist
man wieder unten am Ziel und Ausgang, wo endlich wieder ein paar Lichter leuchten. Eine verrückte
Bahn! Und eigentlich auch verrückte Besucher! Denn: Du steigst ein im – wörtlich! – blinden
Vertrauen, dass diese Bahn hält. Dass Du wieder heil unten ankommst. Und: Du kennst den Weg
dieser Bahn überhaupt nicht, aber dies ist Dir am Start auch völlig egal. Hauptsache, es macht Spass
und lässt Dich Adrenalinschübe erleben!
Das Leben als Achterbahn
Das ist Spiel und Spass – klar. Trotzdem möchte ich diese Erfahrung auf unser Leben übertragen. Die
Geburt ist der Start unseres Lebens. Da steigen wir quasi auch in ein solches Wägelchen ein. Dann
geht es los. Vielleicht nicht ganz so schnell wie auf einer Achterbahn (auch wenn es ja die
Redewendung gibt: „Mein Leben gleicht einer Achterbahn“). Aber eigentlich ist das Leben – oder
vielmehr der Verlauf des Lebens dann fast wie bei der Eurosat: Man fährt vorwärts, sieht jedoch
manchmal überhaupt nicht, wohin der Weg geht. Ich bin jemand, der gerne plant und einfädelt. Und
doch gibt es immer wieder Ereignisse, die meinen Weg ein bisschen oder manchmal auch ganz anders
als geplant verlaufen lassen. Wir probieren etwas aus mit der Hoffnung auf einen neuen Weg. Das
kann klappen – oder nicht. Türen können offen sein oder sich wieder schliessen. Manchmal gibt es
sogar Momente – vielleicht kennst Du das auch – in denen völlig unklar ist, was als nächstes kommt:
Rauf? Runter? Links? Rechts? Geradeaus? Schnell? Langsam? Was auf der Achterbahn Nervenkitzel
bedeutet und ja sogar gewünscht ist, löst im echten Leben andere Gefühle aus: Unsicherheit,
Orientierungslosigkeit, Sorgen oder gar Ängste. „Wie geht es beruflich weiter?“ „Was hat diese
Krankheit für Auswirkungen auf mein Leben und meine Pläne?“ „Wie geht es mit der Beziehung zu
jener Person weiter, die mich total enttäuscht hat?“ „Wie lange kann ich noch in meiner Wohnung
bleiben, wenn meine Kräfte immer mehr abnehmen? Was wäre die Alternative?“
Wenn Du nicht ein Typ bist, der sich durch nichts aus der Ruhe bringen lässt, oder der spontane
Richtungswechsel liebt, kennst Du solche Fragen vermutlich, mitsamt der negativen Gefühle, die sie
auslösen. Wie ist es in solchen Situationen noch möglich, weiterzugehen? Mir kommt da Floskeln in
den Sinn: „Es geht immer weiter.“ Ja, klar, das stimmt, weil die Zeit ja nicht stehen bleibt. Oder dann:
„Es gibt immer einen Weg.“ Auch wenn dieser Satz meist wahr ist, hilft er zumindest mir nicht so
viel, wenn ich innerlich blockiert und hoffnungslos bin. Er gibt mir nicht den Mut, den ich zum
Vorwärtsgehen brauche. Er schafft in mir nicht dieses „Eurosat-Vertrauen“, dieses blinde Vertrauen,
dass ich schon heil „unten“ ankomme. Was aber schafft denn dieses Vertrauen? Es ist offensichtlich:
Wir haben unser Leben nicht vollends im Griff. Fabian Cancellara hat auf der diesjährigen Tour de
France das „Maillot Jeaune“ (gelbes Liedertrikot) erobert. Anschliessend liess er sich
folgendermassen zitieren: „Das Glück war auf meiner Seite.“ Vermutlich war das auch „das Glück
des Tüchtigen“. Nur einen oder zwei Tage später musste er nach einem schlimmen Sturz die Tour
verletzt aufgeben. War er an diesem Tag nicht so tüchtig gewesen? Nein, es waren einfach schlechte
Umstände, die er nicht beeinflussen konnte. Dies gilt für unser ganzes Leben: Wir sind in vielen
Situationen im wahrsten Sinn des Wortes ohnmächtig. Wie können wir trotzdem vorwärts gehen in
unserem Leben, ohne die Zuversicht zu verlieren?
Im Gespräch dort im Europapark über die Eurosat-Erfahrung und das blinde Vertrauen ist mir der
folgende Satz aus dem Hebräerbrief in den Sinn gekommen:
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Predigt vom 19. Juli 2015, Thomas Eberhardt, Chrischona Thun
Hebräer 11:1 Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, und ein
Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht.
LUT
Der Glaube. Nicht der Glaube an Glück oder eigene Fähigkeiten ist hier gemeint. Sondern es geht um
den Glauben an bzw. das Vertrauen auf Gott (das griechische pistis bedeutet sowohl „Glauben“ als
auch „Vertrauen“). Denn im Anschluss an diesen Satz folgt eine Aufzählung von Menschen, die Gott
blind vertraut haben:
Noah
Da ist zum Beispiel Noah. In einer Zeit, in der es auf dieser Welt sehr tragisch zu und her ging, weil
die Menschen voller Bosheit waren, gab Gott dem Noah den Auftrag, ein riesiges Schiff zu bauen.
Dieses Schiff sollte Noahs Familie und die Tierwelt retten, weil Gott durch riesige Wassermassen die
ganze Welt vernichten wollte (vgl. 1. Mose 6,5-9,29). Noah fing mit bauen an. Ich denke, dass das
für die Leute um ihn herum ziemlich absurd war. Regen? Wassermassen? Woher denn? Wie denn?
Woher all das Holz? Und wie sollten all die Tiere ins Schiff kommen? Alles lachhaft! Später kam das
Wasser vom Himmel und aus dem Boden und alle und alles wurden ersäuft – ausser denen im Schiff.
Noah hatte noch nie so viel Wasser gesehen. Er hatte wohl keine Ahnung, wie das mit den Tieren
gehen sollte. Er hatte nur Gottes Auftrag, glaubte aber, dass Gott ihn nicht veräppeln würde. Sein
Glaube gab ihm die feste Zuversicht auf die Errettung vor der Sintflut, und liess bei ihm keine Zweifel
an Gottes Plan aufkommen, obwohl er davon noch nichts erkennen konnte (Hebr 11,7). So fing er
einfach an, Gottes Auftrag auszuführen.
Abraham
Gott befahl Abraham, aus seiner Heimat fortzuziehen und in ein fernes Land zu wandern, das Gott
ihm zeigen werde. Wohlgemerkt: erst loswandern und dann erst das Ziel erfahren! Abraham glaubte
Gott. So irre Gottes Verheissung auch tönte: Er schenkte Gott volles Vertrauen und zog los! Er hatte
damals keine Weltkarte geschweige ein Navi. Er war auch noch nie dort, wo er hin sollte. Er hatte
also vom Weg keine Ahnung, ausser vielleicht von Händlern, die schon in jener Gegend waren.
Musste er links oder rechts abbiegen? Aber Gott hatte ja gesagt, er solle gehen „in ein Land, das ich
dir zeigen werde“ (1. Mose 12,1); Gott würde ihn dann schon führen. Abraham konnte nicht
voraussehen, ob für seine Tiere immer genügend Futter vorhanden sein würde, ob da blutgierige
Feinde waren, ob er in der Ferne wirklich eine Zukunft haben würde. Doch er vertraute Gott und ging
im Glauben an sein Wort los, voller Zuversicht, dass Gott für alles sorgen würde. Ausser dem Glauben
gab es keine Sicherheiten bei Abraham. Blindes Vertrauen, fast wie auf der Eurosat! Gott versprach
dem Greis Abraham und seiner unfruchtbaren Frau Sara ausserdem Nachkommen wie Sand am Meer.
Dazu heisst es im Hebräerbrief, dass Sara durch den Glauben die Kraft empfing, Mutter zu werden
(vgl. Hebr 11,11). Dies geschah dann auch tatsächlich, obschon es menschlich gesehen unmöglich
war.
Zwei von vielen starken Beispielen für den Glauben, der mit der Erfüllung dessen rechnet, was man
hofft, und der überzeugt ist davon, dass unsichtbare Dinge Wirklichkeit werden (Hebr 11,1 nach der
Neuen Genfer Übersetzung).
Wer sich entscheidet, mit Gott zusammen vorwärts zu gehen, d.h. auf Gott vertrauen, seinen
Verheissungen, seinem Wort und seiner Wegweisungen Glauben schenken, der ist gut unterwegs und
kommt gewiss ans Ziel. Das bedeutet nicht, dass immer alles einfach ist und rund läuft. Aber ich bin
überzeugt, dass Gott den, der nach ihm fragt und ihm vertraut, nicht in die Irre führt. Vielmehr sind
seine Wege gut und vollkommen (Ps 18,31). Gott ist freundlich zu dem, der nach ihm fragt
(Klagelieder 3,25). Und Gott gibt Gutes, nicht Schlechtes, wenn wir ihn bei ihm anklopfen und ihn
um Hilfe bitten (vgl. Mt 7,7-11). Ich bin überzeugt, dass er es uns nicht noch schwerer macht, wenn
wir mit unserer Sache zu ihm kommen.
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Predigt vom 19. Juli 2015, Thomas Eberhardt, Chrischona Thun
Auf Gott vertrauen ist herausfordernd
Auf Gott zu vertrauen ist eine Herausforderung. Es bedeutet nämlich loslassen. Das tönt für Dich
jetzt vielleicht nicht so gut. Vielleicht denkst Du, besonders, wenn Du ein Typ wie ich bist, der alles
gerne im Griff hat, dass Du jetzt die Kontrolle abgeben musst und nichts mehr selbst entscheiden
darfst. Zuerst die „schlechte Nachricht“: Ich denke, dass wir manchmal die Kontrolle tatsächlich
abgeben müssen. Aber wir gehen ja auch nicht mit einem geplatzten Blinddarm zum Arzt und weisen
diesen dann an, wie er die Operation machen muss. Damit will ich sagen: Wenn wir Gott vertrauen,
vertrauen wir einer absolut fachkundigen, zuverlässigen, umsichtigen, freundlichen, gütigen,
barmherzigen, uns wohlgesinnten Person. Da brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Und damit
sind wir bei der „guten Nachricht“: Loszulassen gilt es auch Sorgen. Jesus sagt uns, dass wir uns nicht
um unser Essen oder Trinken oder um Kleider sorgen sollen. Denn:
Matthäus 6:33 Wenn ihr für ihn lebt und das Reich Gottes zu eurem wichtigsten
Anliegen macht, wird er euch jeden Tag geben, was ihr braucht.
Neues Leben Bibel
Gott kann uns jedoch nicht nur versorgen, was unsere täglichen Bedürfnisse betrifft. Er kann auch in
allem andern für uns sorgen (vgl. 1. Petr 5,7). Deshalb sollen (!) wir uns nicht mehr sorgen. Das ist
jedoch ein Demutsschritt. Denn loslassen bedeutet immer, etwas aus der Hand zu geben und nicht
mehr selbst darüber bestimmen. Doch ich glaube, dass es sich lohnt, sich dieser Herausforderung zu
stellen. Denn für Gott ist alles möglich, was wir von uns nicht behaupten können…
Die Hebräerbrief-Stelle weist uns darauf hin, worum es beim Glauben geht: um das Nichtzweifeln.
Wenn wir Gott keinen Glauben schenken, sind wir in prominenter Gesellschaft. Die Jünger Jesu
hatten damit auch so ihre Probleme, wenn sie in Schwierigkeiten gerieten. Etwa dort auf dem See
Genezareth, als sie mit ihrem Boot in einen starken Sturm gerieten und den Untergang fürchteten
(während Jesus schlief; Mt 8,23-27). Oder dann, als Petrus – ebenfalls bei Wellengang – aus dem
Boot stieg und Jesus auf dem Wasser entgegen ging; als dann eine Welle kam, er plötzlich Angst
bekam und sank (Mt 14,22-33). Oder kurz nach der Speisung der Viertausend, als die Jünger mit
Jesus wieder allein unterwegs waren. Am Abend merkten sie, dass sie kein Brot hatten, und begannen
sich Sorgen zu machen. Jesus fragte sie: „Weshalb macht ihr euch gleich Sorgen, wenn einmal nichts
zu essen da ist? Traut ihr mir so wenig zu?“ (Mt 16,8) Es kann sein, dass die Jünger die Speisung der
Menschenmasse schon wieder vergessen haben. Gleichzeitig deckt Jesus hier aber auch auf, dass sie
noch ein kleines Vertrauen in ihn haben. Negativ ausgedrückt kommt sogar der Begriff Misstrauen
ins Spiel. Wer Zweifel hat, traut jemandem oder einer Sache nicht. Jesus aber fragt in diesen drei
erwähnten Situationen: „Warum habt ihr so wenig (oder gar kein) Vertrauen zu mir?“ Bei mir selbst
entdecke ich in solchen Situationen ein über viele Jahre eingeschliffenes Verhaltensmuster: ich suche
– manchmal krampfhaft – nach einer Lösung, die ich aus eigener Kraft vollbringen kann. Unsinn! Ich
kann keinen Sturm stillen, mich nicht selbst aus dem Wasser ziehen und kein Essen herzaubern oder
was das dann, auf die individuelle Situation bezogen, auch immer bedeutet! Jesus erwartet – oder
sehnt sich – nach meinem uneingeschränkten Vertrauen. Danach, dass ich mich selbst endlich loslasse
und dafür seine kräftige Hand ergreife.
So bedeutet loslassen auch, sich von der eigenen Vorstellung von einer Sache oder von der doch so
gut durchdachten Lösung für ein Problem zu lösen. Gott hat jedoch den besseren Überblick als wir
und bezieht alles, was nötig ist, in die Lösung mit ein. Seine Gedanken sind so viel höher als unsere
Gedanken, wie der Himmel höher ist als die Erde (Jes 55,9). Deshalb sind wir gelassen: Gott wird
mit uns einen Weg gehen, der uns nicht in die Irre oder in die Sackgasse führt. Hier komme ich auf
den Satz aus dem Hebräerbrief zurück und damit auf die Grundlage: den Glauben! Auch wenn wir
den Weg nicht sehen, uns die Lösung des Problems nicht vorstellen können, keine Ahnung haben,
wie etwas werden will: Der Glaube an den dreieinen Gott ist die feste Zuversicht auf das, was wir
hoffen, und ein Nichtzweifeln an dem, was wir nicht sehen. Zusammengefasst: Glaube ist Zuversicht
und Nichtzweifeln. Oder noch kürzer: Glaube ist Vertrauen.
Ich schliesse diese Predigt mit einem Liedtext. Da heisst es:
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Predigt vom 19. Juli 2015, Thomas Eberhardt, Chrischona Thun
Glaube, glaube und vertraue, glaube wider allen Schein! Glaube, glaube und vertraue, glaube und
der Sieg ist dein!
Glaube, glaube und vertraue, glaube fest und zweifle nicht! Glaube, glaube und vertraue, Jesus hält,
was er verspricht!
Amen.
Einige ergänzende Bibeltexte zum selber nachlesen:
Psalm 25:4
Römer 8:24-25
Psalm 18:31
Hebräer 6:11-12
Hebräer 6:19
Hebräer 10:19ff + 35
Psalm 22:3
Psalm 27:14
Matthäus 8:26; 14:31; 16:8
Matthäus 6:30-34
Einige Fragen, z.B. für den Hauskreis:
Welche Erfahrungen hast Du kürzlich bzw. in diesem Jahr damit gemacht, Gott zu vertrauen?
Zu wem hast Du „blindes“ Vertrauen? Wie ist es dazu gekommen?
Wie ist bei Dir das Vertrauen zu Gott entstanden/gewachsen? Falls Du Gott nicht vertrauen kannst:
Was müsste geschehen, dass sich das ändert?
In welchen Situationen fällt es Dir schwerer als in anderen, auf Gott zu vertrauen? Weshalb?
Wie könnten wir einander helfen, mehr auf Gott zu vertrauen?
Email: [email protected]
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