CHANCEN OHNE BARRIEREN Österreich fit für „Emerging Markets“ machen www.iv-net.at INHALT Vorwort4 Executive Summary 6 Wo das Wachstum der Zukunft liegt 9 Neue globale Wachstumsgeografie 15 Starke industrielle Basis in Österreich notwendig 20 Exporte: Ein Gewinn für alle 23 EU als Stütze unseres Exportwachstums 26 Die wichtigsten Handlungsfelder für Österreich 28 a) b) c) d) e) Handlungsfeld: Europa und Internationale Entwicklungen Handlungsfeld: Beschäftigung, Qualifikation und Innovation Handlungsfeld: Steuern und Abgaben Handlungsfeld: Intelligente IT- und Verkehrsinfrastruktur Handlungsfeld: Energie-, Umwelt- und Klimapolitik Informationen zur vorliegenden Publikation 29 32 36 37 39 42 Inhalt | 3 VORWORT VORWORT Die Chancen nutzen „Emerging Markets“ – eine Bezeichnung, die mit aufstrebenden Wirtschaftsräumen, großen Chancen und gute Rahmenbedingungen für Unternehmen gleichgesetzt wird. Aber sie steht auch dafür, dass man diese Chancen und Möglichkeiten zu nutzen wissen muss. Dass es geeigneter nationaler Rahmenbedingungen bedarf, um als Unternehmen global erfolgreich sein zu können. Insbesondere in Österreich als vergleichsweise kleinem Land hat sich eine starke Exportwirtschaft immer wieder als Basis für Wohlstand, Wachstum und Arbeitsplätze erwiesen. Dass dies so bleibt, müssen unsere Unternehmen ihre internationalen Chancen bestmöglich nützen, um auf den globalen Wachstumsmärkten erfolgreich agieren zu können. Dies bedeutet auch, dass österreichische Unternehmen in Österreich ein Umfeld und ein „Mindset“ vorfinden müssen, das eine weitere Industrialisierung erlaubt. Die Zielvorgabe, die Exporte aus Österreich zu erhöhen und den Headquarter-Standort auszubauen, bedarf konsistenter Wirtschaftspolitik. Politik und Verwaltung für die Herausforderungen und Chancen der „Emerging Markets“ zu sensibilisieren ist ein Ziel der vorliegenden Publikation. Nur durch eine konsequente Industrie- und Standortpolitik, die Belastungen abbaut, die Strukturen vereinfacht und so konsequent die Basis für Wachstum und Beschäftigung legt, werden wir die Möglichkeiten in den Wachstumsregionen der Welt nutzen können. Mag. Georg Kapsch Präsident der Industriellenvereinigung Dr. Karin Exner-Wöhrer Vorstandsmitglied der Salzburger Aluminium AG Vorsitzende IV-Task Force: Internationale Entwicklungen Vorwort | 5 EXECUTIVE SUMMARY EXECUTIVE SUMMARY Für die Zukunft von Wachstum und Wohlstand in Österreich müssen unsere Unternehmen ihre internationalen Chancen bestmöglich nützen können. Ihr Erfolg auf den neuen globalen Wachstumsmärkten wie etwa in den BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China) sowie anderen aufstrebenden Regionen wie Lateinamerika und Südostasien ist die beste Zukunftsversicherung. Diese „Emerging Markets“ sind die Schlüsselmärkte der Zukunft – mit hohen Wachstumsraten und einem massiven Zufluss an ausländischen Direktinvestitionen. Die Potenziale österreichischer Unternehmen für Erfolge auf diesen Märkten sind groß. Das zeigt die steigende Zahl von österreichischen Niederlassungen, nicht nur in China, sondern auch in Brasilien, Indien und den ASEAN (Association of Southeast Asian Nations). Die Exporte in diese „Emerging Markets“ steigen ebenso wie die Direktinvestitionen. Diese erfolgreiche Entwicklung kann aber nur dann nachhaltig sein, wenn die Unternehmen in Zukunft bestmögliche Rahmenbedingungen in Österreich und Europa vorfinden und der Marktzugang für heimische Betriebe in Wachstumsmärkten gewährleistet ist. Gleichzeitig muss unfairen wettbewerbsverzerrenden Handelspraktiken (z.B. staatliche Subventionen, Exporterleichterungen, staatliche Finanzierungen) entschieden entgegengetreten werden. Welthandel fair liberalisieren Österreichs Industrie steht in einer internationalen Wirtschaftswelt vor bedeutenden Herausforderungen, aber insbesondere auch vor enormen Chancen. Die österreichische und europäische Industrie befürworten in diesem Zusammenhang die möglichst weitreichende Liberalisierung des Welthandels, der nach fairen Kriterien (Einhaltung von WTO-Regeln und anderen internationalen Standards, Rechtssicherheit, keine protektionistischen Maßnahmen) abgewickelt werden muss. Dass die Anstrengungen zur Bekämpfung des Handelsprotektionismus verstärkt werden müssen, unterstreicht der im September 2013 veröffentlichte Bericht der Europäischen Kommission über potenziell handelsbeschränkende Maßnahmen, die die wichtigsten Handelspartner der EU beschlossen haben. Allein im vergangenen Jahr wurden etwa 150 neue Handelsbeschränkungen eingeführt, hingegen lediglich 18 bestehende Maßnahmen aufgehoben. Gleichzeitig geht die Europäische Kommission davon aus, dass in den kommenden zehn bis 15 Jahren rund 90 Prozent des weltweiten Wirtschaftswachstums außerhalb der EU geschaffen werden. Executive Summary | 7 Offensive Standortpolitik forcieren Die Industrie wird ihre Chancen besser nützen können, wenn eine offensive Standortpolitik die Rahmenbedingungen für Unternehmen laufend verbessert. Das sollte auch eine der Erfahrungen aus der Finanz- und Wirtschaftskrise sein: Auf die Industrie war und ist auch in schwierigen Zeiten stets Verlass. Deshalb verfolgt die Europäische Kommission mittlerweile eine Re-Industrialisierungspolitik. Um diese erfolgreich umzusetzen, sind eine Steigerung der Wettbewerbsund Wachstumsfähigkeit von Unternehmen, die Sicherstellung des Zugangs zu Kapitalinvestitionen durch eine neue „Kapitalmarkt-Kultur“, der Ausbau von Forschung und Innovation, ausreichend qualifizierte Arbeitskräfte vor allem in Technik und Naturwissenschaften, flexible Rahmenbedingungen in der Arbeitswelt und wettbewerbsfähige Energiepreise in Österreich und Europa unverzichtbar. Auch wenn sich zuletzt die internationale Berichterstattung über eine Verlangsamung der Wachstumsdynamik in „Emerging Markets“ und insbesondere in den BRIC-Staaten verstärkt hat, ist mittel- und langfristig von einer hohen wirtschaftlichen wie auch politischen Bedeutung dieser Staaten auszugehen. Es wäre daher eine drastische Fehleinschätzung, anzunehmen, dass nun weniger Handlungsbedarf bestünde, um das wirtschaftliche Gewicht in der Weltwirtschaft zu halten. Ein Zurücklehnen der österreichischen und europäischen Politik würde zu einer Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit von Österreich und Europa führen. Eine stärkere Verflechtung mit den neuen globalen Wachstumszentren ist entscheidend für die Sicherung des Wohlstands in Österreich und Europa. Internationales „Mindset“ verstärken Es ist zudem von zentraler Bedeutung, das internationale „Mindset“ in der österreichischen Politik und Verwaltung zu stärken, um internationalen Trends und Entwicklungen, die für Österreichs Unternehmen von hoher Relevanz sind, Rechnung zu tragen. Damit die Unternehmen Chancen und Potenziale der „Emerging Markets“ für Österreich ideal nützen können, braucht es somit mehr denn je eine konsequente nationale wie europäische Industriepolitik, die Belastungen in Grenzen hält und neue Chancen auf Wachstum und Beschäftigung eröffnet. Alles andere kann und darf sich der Wirtschafts- und Arbeitsstandort Österreich und Europa nicht leisten, wenn Wachstum und Wohlstand Zukunft haben sollen. 8 | Executive Summary WO DAS WACHSTUM DER ZUKUNFT LIEGT WO DAS WACHSTUM DER ZUKUNFT LIEGT Wohlstand durch Wachstum im Ausland Für eine kleine, exportorientierte Volkswirtschaft wie Österreich sind Wachstumsmärkte im Ausland erfolgsentscheidend. Die österreichische Industrie exportiert heute mehr als die Hälfte ihres Umsatzes (57 Prozent). Österreich verfügt aktuell über 128 „Hidden Champions“ in Bezug auf Marktanteil, Technologie und Qualität. 93 Prozent dieser Weltmarktführer kommen aus der Industrie. Wohlstand und soziale Sicherheit in Österreich werden vor allem mit Wachstum im Ausland verdient – in einem sich rasant entwickelnden internationalen Umfeld. Ostöffnung erfolgreich genutzt Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989 lagen Österreichs wichtigste Wachstumsmärkte in Zentral- und Osteuropa. Die Ostöffnung, der EU-Beitritt, die EU-Erweiterungen seit 2004 und die Eurozonen-Mitgliedschaft haben kumuliert knapp 0,9 Prozent zum jährlichen realen BIP-Wachstum beigetragen. Insgesamt sind das 24 Prozent des BIP (Stand 2013) oder knapp 400.000 zusätzliche Arbeitsplätze. Österreichische Unternehmen haben die Chancen der Ostöffnung und der EU-Erweiterung rechtzeitig erkannt und erfolgreich genützt. Mit einem ausländischen Direktinvestitionsbestand von ca. 70 Mrd. Euro zählen österreichische Betriebe seit vielen Jahren zu den Top-Investoren in Osteuropa. Osteuropa bleibt Zukunftsmarkt Die wirtschaftlich und politisch dynamische Entwicklung dieser Region bleibt für Österreich – und ganz Europa – von zentraler Bedeutung. Für die heimische Industrie ist die Region weiterhin ein Zukunftsmarkt. Die weitere Vertiefung nicht nur der wirtschaftlichen, sondern insbesondere der politischen Zusammenarbeit durch das Bilden von thematischen Allianzen zwischen den mittel- und osteuropäischen Staaten ist für Österreich von hoher Bedeutung, um dieser Region stärkeres Gewicht bei wichtigen europäischen Weichenstellungen zu verleihen. Investitionen und Handel Österreich hat mit Stand 2012 164,6 Mrd. Euro direkte Investitionen im Ausland getätigt. Ausländische Investitionen in Österreich betragen mit Stand 2012 124,1 Mrd. Euro. (s. Abb. 1 und Abb. 2) 10 | Wo das Wachtum der Zukunft liegt Abbildung: 1 Die 10 wichtigsten Bestimmungsländer österreichischer Direktinvestitionen 12,9 % Bestände 2012 % 7,7 Die zehn wichtigsten Bestimmungsländer halten 54,4% der österreichischen aktiven DI-Bestände. 45,6% 5,6% 5,2% 4,6 % % 4,2 Deutschland Tschechische Republik Rumänien Russland Ungarn Türkei Luxemburg Kroatien Slowakei USA Sonstige % 3,7 3,7% 3,4% 3,3% Quelle: OeNB Abbildung: 2 Bestimmungsregionen der österreichischen Direktinvestitionen Bestände 2012 1,9% 2,0% % 3,3 7,2 % 3,3 % 60,5% 21,8% EU-27 Nicht-EU-Europa USA Nord- und Südamerika (ohne USA) Asien ohne China China Sonstige Quelle: OeNB Wo das Wachtum der Zukunft liegt | 11 Übersee immer wichtiger Die Märkte „vor der Haustüre“ haben weiterhin eine wesentliche Bedeutung. Jetzt geht es für Österreichs Unternehmen aber zunehmend darum, die Chancen globaler Zukunftsmärkte nützen zu können. Das ist wichtiger denn je. Österreichs Exporte sind traditionell stark auf die europäischen Märkte ausgerichtet. Doch nach Deutschland und Italien sind bereits die USA die drittwichtigste Exportdestination für Österreich. Insgesamt hat Österreich 2013 Waren im Wert von rund 130 Mrd. Euro im- und 125,4 Mrd. Euro exportiert. (s. Abb. 3 und Abb. 4) Abbildung: 3 Österreichische Warenausfuhr: Die 10 wichtigsten Bestimmungsländer Stand 2013 30,1% 32,9% Exporte: Die 10 wichtigsten Bestimmungsländer für Österreich vereinigen 67,1% der österreichischen Exporte auf sich. 6,5 % % % 3,5% 4,7% 5,1% 2,9 % % 5,6 2,9 3,1 % 2,8 Deutschland 30,1% Italien 6,5% Vereinigte Staaten 5,6% Schweiz 5,1% Frankreich 4,7% Tschechische Republik 3,5% Ungarn 3,1% Polen 2,9% Vereinigtes Königreich 2,9% Russische Föderation 2,8% Sonstige Länder 32,9% Quelle: Statistik Austria Österreichs wichtigste Handelspartner in Übersee nach den USA sind China, Japan, Südkorea, Brasilien, Kanada und Indien. Für die österreichische Industrie sind zudem Märkte von Bedeutung, die global gesehen weniger Beachtung finden, wie beispielsweise zentralasiatische Staaten (vor allem Kasachstan und Turkmenistan). 12 | Wo das Wachtum der Zukunft liegt Abbildung: 4 Österreichischer Außenhandel mit EU-27*, Eurozone und Extra-EU Stand 2013 EU-27* 80% Eurozone-17 Extra-EU 75,5% 70,0% 70% 60,9% 60% 54,7% 50% 40% 30,0% 30% 24,5% 20% Quelle: Statistik Austria 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 * ab 2013 – Daten für EU-28 Laut neuem Wertschöpfungsansatz der OECD und der WTO („Trade in Value Added“-Methode – TVA-Methode), der auch indirekte Exporte über Drittstaaten (Vorleistungen) erfasst, steigt der Exportanteil Österreichs in die USA und in die „Emerging Marktes“. So werden in die USA nicht 4,3 Prozent, sondern indirekt sogar 7,9 Prozent der österreichischen Ausfuhren (die USA werden somit zum zweitwichtigsten Exportmarkt), nach China nicht 2,1 Prozent, sondern indirekt 3,3 Prozent und nach Indien nicht 0,5 Prozent, sondern 1,6 Prozent der Gesamtexporte getätigt. Der Anteil der österreichischen Exporte nach Deutschland sinkt auf weniger als die Hälfte, von über 33 Prozent der österreichischen Exporte auf 16,4 Prozent. Viele Lieferungen nach Deutschland sind daher Vorleistungen für Produkte, die von Deutschland aus in die USA oder die „Emerging Markets“ exportiert werden (Daten aus 2009 – jüngst verfügbare Daten nach dem TVA-Ansatz). Dieser Wertschöpfungsansatz illustriert den großen Stellenwert der Überseemärkte für die österreichischen Exporte. (s. Abb. 5) Wo das Wachtum der Zukunft liegt | 13 Abbildung: 5 Anteile der österreichischen Exporte nach Wertschöpfungsansatz Stand 2012 1,6% 1,7% 2,2% % % % 2,3 2,3 2,5 2,6 % % 30,2 3,3% 3,7% 45,6% inkl. Vorleistungen über Drittstaaten, in % der Gesamtexporte 4,1% % 4% 16, 7,9% 7, 3% 4,5 Quelle: OECD 2012 (Daten aus 2009) 14 | Wo das Wachtum der Zukunft liegt Rest der Welt Deutschland Vereinigte Staaten Italien Vereinigtes Königreich Frankreich Schweiz China Ungarn Spanien Niederlande Polen Russische Föderation Japan Indien NEUE GLOBALE WACHSTUMSGEOGRAFIE NEUE GLOBALE WACHSTUMSGEOGRAFIE In naher Zukunft wird für die Industrieländer Europas nur ein geringes Wirtschaftswachstum prognostiziert. Für eine nachhaltige Erholung der Wirtschaft in Europa ist es unverzichtbar, auf die zukünftige dynamische Wirtschaftsentwicklung in „Emerging Markets“ zu setzen. Chancen, die sich durch eine stärkere Vernetzung mit den neuen globalen Wachstumszentren ergeben, sind entscheidend für den Weg aus der Krise sowie für die Sicherung des Wohlstands in Europa und Österreich. Für die EU sind insbesondere die USA, China, Russland, Türkei, Japan, Brasilien, Indien und Südkorea relevante Partner. Mit Stand 2012 gingen 47,6 Prozent aller Extra-EU-Direktinvestitionen in diese Länder. (s. Abb. 6 und Abb. 7) Abbildung: 6 14 % Extra-EU-Handel: Die zehn wichtigsten Länder 2012 39% Anteil der zehn wichtigsten Länder am Extra-EU-Handel 61,1%. Allein der Anteil von USA, China, Russland, Türkei, Japan, Brasilien, Indien und Südkorea beträgt 50%. 13% 4% 3% 2% 2% 7% 4% 2% 10% Quelle: Eurostat 16 | Neue globale Wachstumsgeografie USA China Russland Schweiz Norwegen Türkei Japan Brasilien Indien Südkorea Sonstige Abbildung: 7 Extra-EU-Handel: Nach ausgewählten Ländern und Regionen 2012 USA China (ohne Hongkong) Afrika Japan EFTA Brasilien Russland Südkorea Indien 25% 20% 15% 10% 5% Quelle: Eurostat 0% 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 BRIC-Staaten als Wachstumslokomotive Die BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China) zeichnen sich als führende Schwellenländer durch schnelles Wirtschaftswachstum und rapide Industrialisierung aus. Sie repräsentieren mit 2,7 Mrd. Menschen 39,1 Prozent der Weltbevölkerung. Ihr Anteil an der globalen Wirtschaftsleistung lag 2013 bereits bei 26,9 Prozent, ihr Anteil am Welthandel betrug 19,6 Prozent (Stand: 2012). (s. Abb. 8 und Abb. 9) Abbildung: 8 Bedeutung der „Emerging Markets“: Bevölkerung % 4,2 6,8% Stand 2012 49,9% 39,1% EU-27 USA BRIC Sonstige Quelle: IMF-Datenbank; Eurostat, OECD, eigene Berechnungen der IV Neue globale Wachstumsgeografie | 17 2012 flossen von den weltweiten Direktinvestitionen mehr in die BRIC-Staaten (19,5 Prozent) als in die EU-27 (19,1 Prozent). Zwischen 2000 und 2012 hat sich der Anteil der weltweiten Direktinvestitionsbestände in den BRIC verdoppelt (von 4,8 Prozent auf zehn Prozent), jener der EU-27 ist hingegen nur um drei Prozentpunkte (von 31,3 Prozent auf 34,2 Prozent) gewachsen. BRIC-Wachstum setzt sich bis 2018 fort Insgesamt werden die BRIC-Staaten von 2010 bis 2018 für 39,3 Prozent des weltweiten BIP-Wachstums verantwortlich sein. Ihr Anteil am Welt-BIP wird bis 2018 auf 29,8 Prozent wachsen. Laut IWF ist im Zeitraum 2007 bis 2013 das BIP in China durchschnittlich um 7,7 Prozent, in Indien um 5,6 Prozent, in Russland um 2,6 Prozent und in Brasilien um 3,2 Prozent gestiegen. Gleichzeitig stieg das BIP der EU im selben Zeitraum durchschnittlich nur um 0,4 Prozent jährlich. 2014 bis 2018 dürfte das durchschnittliche Jahreswachstum 1,6 Prozent betragen. Der EU-Anteil am Welt-BIP sinkt bis 2018 auf 16,7 Prozent. Umso wichtiger ist die Rolle der BRIC-Staaten als Wachstumslokomotiven. Aber auch andere Staaten werden einen signifikanten Beitrag zum weltweiten Wirtschaftswachstum leisten. (s. Abb. 10) Abbildung: 10 Entwicklung des Anteils der Wirtschaftsregionen am Welt-BIP (in Kaufkraftparitäten) Stand 2013 EU27 BRIC USA Lateinamerika ohne Brasilien Asiatische Entwickungsländer ohne China, Indien Afrika südl. d. Sahara sonstige Industrieländer sonstige Länder 35% 29,8 30% 25% 20% 18,6 15% 16,7 12,5 10% 8,6 5,8 5% 5,1 2,8 0% 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 18 | Neue globale Wachstumsgeografie Quelle: IWF Outlook Attraktive Hoffnungsregionen für Österreich Neben den BRIC-Staaten gibt es weitere Hoffnungsmärkte für Österreich, wie etwa den Raum um das Schwarze sowie das Kaspische Meer mit den Märkten Türkei, Süd-Kaukasus und Zentralasien. Zudem liegen die Chancen im südasiatischen Raum, in einzelnen arabischen Ländern (Oman, Saudi-Arabien, Katar) und in Afrika südlich der Sahara sowie in aufstrebenden Staaten Lateinamerikas (Mexiko, Chile, Kolumbien). Die sogenannten „Frontier Markets“1 und die „Next 11“-Staaten2 sind Länder, die den führenden Schwellenländern auf der Spur sind. Gemeinsam haben sie eine schnell wachsende Bevölkerung, großes Industrialisierungspotenzial und wachsende Absatzmärkte mit großen Chancen für Österreichs Unternehmen. Steigendes Haushaltseinkommen in bevölkerungsreichen Staaten Laut einer aktuellen HSBC-Studie wird in vielen bevölkerungsreichen Staaten in den kommenden Jahrzehnten die Zahl an Haushalten mit einem Jahreshaushaltseinkommen von über 15.000 USD deutlich anwachsen. Bis 2050 werden die Einkommen laut HSBC auf den Philippinen, in China, Peru, Indien und Malaysia am stärksten wachsen. Auf den Philippinen würde sich das durchschnittliche Haushaltseinkommen demnach um das Neunfache, in China um das Siebenfache erhöhen, aber auch in Staaten wie Brasilien, Indien, Russland und der Türkei wird das Haushaltseinkommen bis 2050 drastisch steigen. 19 der heutigen Schwellenländer werden laut Studie dann zu den 30 wirtschaftsstärksten Nationen gehören. 1) „Frontier Markets“: Argentinien, Bahrain, Bangladesch, Bosnien & Herzegowina, Bulgarien, Ghana, Jamaika, Kroatien, Estland, Jordanien, Kasachstan, Katar, Kenia, Kuwait, Libanon, Litauen, Mauritius, Nigeria, Oman, Palästina, Pakistan, Katar, Rumänien, Saudi-Arabien, Serbien, Simbabwe, Slowenien, Sri Lanka, Trinidad & Tobago, Tunesien, Ukraine, Vereinigte Arabische Emirate, Vietnam (Quelle: MSCI-Index). 2) „Next 11“-Staaten gemäß des „MSCI Next 11 ex Iran GDP Weighted Index“: Ägypten, Bangladesch, Indonesien, Mexiko, Nigeria, Pakistan, Philippinen, Südkorea, Türkei und Vietnam. Neue globale Wachstumsgeografie | 19 STARKE INDUSTRIELLE BASIS IN ÖSTERREICH NOTWENDIG STARKE INDUSTRIELLE BASIS IN ÖSTERREICH NOTWENDIG Eine starke Basis in Österreich stellt sicher, dass die Unternehmen fit für den internationalen Erfolg sind. Das beeinhaltet Wachstum, Beschäftigung, Wohlstand und soziale Sicherheit. Ein attraktiver Wirtschaftsstandort ermöglicht es zudem, internationale Unternehmen aus den „Emerging Markets“ nach Österreich zu bringen. Österreichs Industrie: Gesunder Kern der Volkswirtschaft Der servoindustrielle Sektor beschäftigt mit über 1,8 Mio. Menschen rund 43 Prozent der österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Er erwirtschaftet 57 Prozent des Produktionswertes der österreichischen Volkswirtschaft, 47,3 Prozent der heimischen Wertschöpfung und exportiert jährlich Waren im Wert von rund 15.000 Euro pro Einwohner. Rechnet man die indirekten Effekte hinzu, so generiert die Industrie 59 Prozent der heimischen Wertschöpfung und sichert fast 2,4 Mio. Arbeitsplätze. 33 weltmarktführende Leitbetriebe erwirtschaften in Österreich direkt und indirekt eine Wertschöpfung von 15 Mrd. Euro. Sie stehen für 214.000 Arbeitsplätze, investieren mit rund 1,1 Mrd. Euro 14 Prozent der gesamten Forschungs- und Entwicklungsausgaben und kooperieren mit knapp 30.000 KMU in Österreich. Exporte: Solide Basis für die Zukunft Zudem konnte Österreich seine internationale Vermögensposition (Auslandsvermögen minus Auslandsverpflichtungen) stark verbessern. Sie ist seit 2012 das erste Mal im positiven Bereich. Damit haben die Exporte der vergangenen Jahre eine solide Basis für die Zukunft gebracht. Der Grund für die hohen Leistungsbilanzüberschüsse ist der starke und wettbewerbsfähige Industriesektor in Österreich. Internationale Vergleiche von Euro-Ländern wie Frankreich, Deutschland und Griechenland bis hin zur Schweiz, Japan und den USA zeigen eindeutig: Je höher die Industriequote einer Volkswirtschaft, desto höher die Exportquote und desto wahrscheinlicher eine positive Leistungsbilanz. Mit einer Industrieproduktion in der Sachgütererzeugung von über 6.220 Euro pro Einwohner liegt Österreichs Industrie auf Platz drei im EU-Vergleich (EU-Durchschnitt = 3.520 Euro). (s. Abb. 11) Starke industrielle Basis in Österreich notwendig | 21 22 | Irland* Starke industrielle Basis in Österreich notwendig Zypern Rumänien* Lettland Griechenland Polen Malta Estland Ungarn Portugal Litauen Slowakei Frankreich* UK Spanien* Slowenien Tschechien EU-Schnitt Italien Dänemark Belgien Niederlande Luxemburg* Finnland Schweden Österreich Deutschland 4000 3000 2000 1000 0 Quelle: Eurostat, IV-Berechnung, * = Werte für 2011 Abbildung: 11 Industriewertschöpfung pro Einwohner (Stand 2012) Bruttowertschöpfung der Sachgütererzeugung zu Faktorkosten in Euro pro Einwohner 8000 7000 6000 5000 EXPORTE: EIN GEWINN FÜR ALLE EXPORTE: EIN GEWINN FÜR ALLE Mehr Wettbewerb und internationale Arbeitsteilung kommt auch unmittelbar bei der Bürgerin bzw. beim Bürger an. Ein Blick auf die Teuerung der vergangenen Jahre (seit 1996) zeigt, dass in jenen Sektoren, die dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt waren, die Preise am stärksten gesunken sind, und jene Produkte und Leistungen am teuersten wurden, die nicht dem Wettbewerb ausgesetzt sind, also z.B. öffentliche Dienstleistungen. (s. Abb. 12) Produkte mit den geringsten jährlichen Preissteigerungen vs. Produkte mit den höchsten jährlichen Preissteigerungen (jeweils relativ zur Gesamtinflation HVPI). Abbildung: 12 Abweichung vom HVPI 1996-2012 Postdienste Elektrizität Nahrungsmittel Administrierte Preise (öffentliche Gebühren) Bewirtungsleistungen Kulturdienstleistungen Feste Brennstoffe Bildungswesen Brot und Getreideerzeugnisse Krankenhausdienstleistungen Kaffee, Tee und Kakao Reparatur von Haushaltsgeräten TEURER Friseur-, Kosmetik- und Schönheitssalons, Massageinstitute, Bäder, Saunen und Solarien Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Wohnung Wohnungsmieten Abwasserbeseitigung Tabak Instandhaltung und Reparatur Sozialschutz (Nachmittagsbetreuung, Tagesheim, 24-Std. Pflege) Zeitungen und Zeitschriften Betrieb von privaten Verkehrsmitteln Gas Müllabfuhr Kraft- und Schmierstoffe Quelle: OeNB Flüssige Brennstoffe Datenverarbeitungsgeräte Telefonapparate und Telefaxgeräte Foto-, Kino- und optische Geräte Empfangs-, Aufzeichnungs- und Wiedergabegeräte für Ton und Bild Luftpersonenverkehr Aufzeichnungsmedien Telefonapparate und Telefaxgeräte und Dienstleistungen Nachrichtenübermittlung Pauschalreisen GÜNSTIGER Industrielle Gebrauchsgüter Werkzeuge und andere Gebrauchsgüter für Haus und Garten Neue und gebrauchte Kraftfahrzeuge Elektrische und nichtelektrische Haushalts-Großgeräte sowie elektrische Haushalts-Kleingeräte Kauf von Fahrzeugen Bekleidung Spiel- und Hobbywaren Heiz- und Kochgeräte, Kühlschränke, Waschmaschinen und ähnliche Haushalts-Großgeräte, einschl. Installation &Reparatur Industrielle nichtenergetische Güter Sonstige Freizeitartikel und -geräte, Gartenartikel und Heimtiere Obst Möbel und andere Einrichtungsgegenstände Industrielle Güter Mineralwasser, Limonade und Saft Gesamt-HVPI -20 24 | -15 -10 Exporte: Ein Gewinn für alle -5 0 Quelle: Eurostat, IV 5 10 Exportierende Unternehmen in Österreich weisen eine um 66 Prozent höhere Arbeitsproduktivität, um 23 Prozent höhere Löhne und eine um 72 Prozent höhere Investitionsintensität als nicht-exportierende Unternehmen auf. Die „Exportprämie“ kommt somit nicht nur den Unternehmen, sondern auch den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zugute. (s. Abb. 13) Abbildung: 13 Exportprämie für Mitarbeiter und Standort Exportierende österreichische Unternehmen... ... zahlen um 23% höhere Löhne ... haben eine um Investitions72% höhere intensität* * Investition pro Beschäftigtem Quelle: wiiw 2009 Exporte: Ein Gewinn für alle | 25 EU ALS STÜTZE UNSERES EXPORTWACHSTUMS EU ALS STÜTZE UNSERES EXPORTWACHSTUMS Seit Schaffung der Europäischen Zollunion ist die Europäische Union für die Gestaltung der externen Handelspolitik zuständig. Um die Wettbewerbsfähigkeit europäischer und österreichischer Unternehmen auf den Weltmärkten stärken zu können, setzt die EU – aufgrund des langsamen Fortschritts der WTO-Doha-Runde – auf eine deutliche Ausweitung der bilateralen Handelsverträge. Ziel ist es, den Unternehmen besseren Zugang zu dynamischen Wachstumsmärkten zu eröffnen: n So ist das bereits in Kraft getretene Freihandelsabkommen zwischen der EU und der Republik Korea das erste der EU mit einem asiatischen Land. n Gestartet wurden weiters Verhandlungen für ein Handelsabkommen der EU mit den USA und Japan. Gemäß aktueller Schätzungen3 würde der Abschluss eines umfassenden Freihandels- und Investitionsabkommens mit den USA, wie es aktuell durch die Europäische Union angestrebt wird (Transatlantic Trade and Investment Partnership/TTIP), umfangreiche positive Effekte für die österreichische Wirtschaft bewirken. Eine langfristige Steigerung des österreichischen BIP um 1,7 Prozentpunkte sowie ein Beschäftigungswachstum um 0,6 Prozent wären die Folge, wobei insbesondere ein weitreichender Abbau nicht-tarifärer Handelshemmnisse hierfür ausschlaggebend wäre (85 Prozent Beitrag der erwarteten BIP-Steigerung). n Freihandelsabkommen der EU mit Ländern der ASEAN sind in Diskussion, mit Thailand und Vietnam wird verhandelt, jenes mit Singapur ist bereits abgeschlossen. nDie Verhandlungen mit Indien sind fortgeschritten. nEin EU-Mercosur-Abkommen ist angedacht. Bedeutend ist in diesem Zusammenhang vor allem die aktuelle Initiative Brasiliens, ein bilaterales Handelsabkommen mit der EU schließen zu wollen. Brasilien ist mit Abstand der bedeutendste Handelspartner in Lateinamerika für Österreich und Europa. n Der Abschluss der Verhandlungen der EU mit Kanada soll in naher Zukunft erfolgen. nMit China wird an einer Aktualisierung des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens verhandelt, zudem soll ein EU-China-Investitionsabkommen geschlossen werden. 3) FIW-Research Reports 2012/03: Modeling the Effects of Free Trade Agreements between the EU and Canada, USA and Moldova/Georgia/Armenia on the Austrian Economy. January 2013. EU als Stütze unseres Exportwachstums | 27 DIE WICHTIGSTEN HANDLUNGSFELDER FÜR ÖSTERREICH DIE WICHTIGSTEN HANDLUNGSFELDER FÜR ÖSTERREICH a)Handlungsfeld: Europa und Internationale Entwicklungen HERAUSFORDERUNGEN Fairer Handel Für eine exportorientierte Volkswirtschaft wie Österreich muss der faire Freihandel ein wichtiges Anliegen darstellen. Die weitreichende Liberalisierung des Welthandels durch Freihandelsabkommen mit strategischen Partnern der EU ist daher notwendig. Im Mittelpunkt muss vor allem der Abbau der tarifären und nichttarifären Handelshemmnisse stehen. Insbesondere letztere stellen in der Praxis für heimische Betriebe oftmals eine schwer zu überwindende Hürde beim Markteintritt dar. Eine Reihe von wachstumsstarken Staaten schützt durch rigide Bestimmungen ihren Markt vor dem internationalen Wettbewerb oder unterläuft Bestimmungen/Standards internationaler Abkommen. Diesen Entwicklungen muss durch die EU und die österreichische Bundesregierung entschieden entgegengetreten werden, um faire Bedingungen für Handel und Investitionen zu schaffen sowie Marktzugang zu gewährleisten. Werden Unternehmen durch Preisdumping oder nicht gerechtfertigte staatliche Subvention und wettbewerbsverzerrende Finanzierungsmodelle geschädigt, müssen wirksame Instrumente bzw. handelspolitische Schutzmaßnahmen (Trade-Defense-Instruments der EU) greifen, die die Interessen der betroffenen Industrie wahren. Internationale Standards einhalten Zudem muss die verstärkte Kooperation beim Schutz geistiger Eigentumsrechte sowie weiterer internationaler Standards, etwa bei der Zulassung von Produkten, wesentlicher Eckpfeiler nationaler wie auch europäischer Handelspolitik sein. Gleichzeitig muss jedweder Protektionismus verhindert werden. In diesem Kontext kommt einer sicheren Versorgung der heimischen und europäischen Industrie durch Rohstoffe eine besondere Bedeutung zu. Rohstoffe sind zentrale Produktionsfaktoren für Unternehmen. Derzeit machen Rohstoffkosten im Durchschnitt über 40 Prozent der Gesamtkosten eines Unternehmens aus. Eine Reihe von Trends (z.B. steigende Nachfrage durch globales Wirtschaftswachstum, Protektionismus in produzierenden Ländern) erschweren zunehmend die ausreichende Versorgung der Industrie mit Rohstoffen zu international vergleichbaren Bedingungen. Vor diesem Hintergrund ist der faire und freie Zugang zu international gehandelten Rohstoffen für die Industrie von zentraler Bedeutung. Die wichtigsten Handlungsfelder für Österreich | 29 Re-Industrialisierung Die aktuelle Krise hat gezeigt, dass Staaten mit einer starken industriellen Basis besser auf die aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen antworten können. Nach Jahren sinkender Industriequoten in vielen Staaten Europas hat die Europäische Kommission eine Re-Industrialisierungsstrategie präsentiert. Diese Industrie-Strategie verfolgt das ambitionierte Ziel, den Anteil des produzierenden Sektors in Europa am BIP bis 2020 auf 20 Prozent anzuheben. Dieses Ziel muss auf europäischer wie nationalstaatlicher Ebene mit Leben gefüllt werden. Unverzichtbar ist daher auch in Österreich eine konsequente Wettbewerbs-Agenda, die alle für die Industrie wichtigen nationalen und europäischen Politikbereiche abdeckt. TOP-PRIORITÄTEN Internationales Mindset stärken n Internationale Trends und Entwicklungen als integraler Bestandteil innerösterreichischer Entscheidungsfindung verankern. n Strategische Steuerung in der Regierung und relevanter Institutionen gewährleisten. l Vertretungsorganisationen Österreichs in diesem Aspekt verstärkt koordinieren und strategisch ausrichten. l Wettbewerbsfähige Exportfinanzierung sicherstellen und fortsetzen. l Österreichs wirtschaftliche Interessen bei internationalen Finanzinstitutionen und Entwicklungsbanken durchsetzen. Marktzugang durch fairen Freihandel schaffen n Aufgrund der langsamen Entwicklung der WTO-Doha-Runde bilaterale Handelsverträge der EU mit wichtigen Schlüsselmärkten (z.B. Brasilien, Japan und ASEAN) forcieren: In neuen Abkommen sowohl Zölle als auch nicht-tarifäre Handelshemmnisse beseitigen, öffentliche Beschaffungsmärkte öffnen, geistiges Eigentum schützen. n Weitreichendes Handels- und Investitionsabkommen mit den USA abschließen, um bestehende tarifäre und nicht-tarifäre Hemmnisse zu beseitigen. Normen und Standards wechselseitig kompatibler gestalten, die beispielsweise Produktzulassungen vereinfachen und somit Kosten für Unternehmen sparen und in Folge internationale Standards setzen. n Handelspolitik, die fairen Handel und Investitionen behindert, sanktionieren: Wettbewerbsverzerrenden Finanzierungsformen (günstige staatliche Kredite und andere Exporterleichterungen wie Steuerbefreiungen usw.) muss im Interesse der österreichischen und europäischen Industrie entschieden entgegen- 30 | Die wichtigsten Handlungsfelder für Österreich getreten werden. Wirksame Mechanismen, die den globalen Herausforderungen Rechnung tragen, müssen geschaffen bzw. weiterentwickelt werden. Eine Modernisierung der Trade-Defense-Instruments (Antidumping-, Antisubventionsund andere Schutzmaßnahmen) der Europäischen Union, die effizientere Sanktionen ermöglicht, sind daher notwendig. n Bei der Auswahl von Verhandlungspartnern und -zielen ökonomische Kriterien in den Mittelpunkt stellen, Überfrachtung mit anderen Politikanliegen vermeiden. n Der Abschluss internationaler Investitions(schutz)abkommen zwischen den „Emerging Markets“ und der Europäischen Union darf nicht zu Lasten bestehender bilateraler Investitionsschutzabkommen Österreichs führen. Investitionsabkommen sollen sowohl Aspekte vor als auch nach der Investitionstätigung abdecken, neben der Frage des Investitionsschutzes daher auch Marktzugangsfragen. n Fokussierung der WTO auf ihre Kernaufgaben. l Festlegung von multilateralen Regeln und Leitlinien, um die Kohärenz zwischen den zunehmenden bilateralen und plurilateralen Abkommen zu gewährleisten. l Verfolgung separater multilateraler WTO-Abkommen, insbesondere zu Handelserleichterungen (z.B. administrativ-technische Vereinheitlichungen und Vereinfachungen der Zollabwicklung) und nicht-tarifären Handelsbarrieren. l Darüber hinaus soll sich die WTO neuen spezifischen Herausforderungen wie etwa dem Verhältnis zwischen Handel und Investitionen, Energie- und Rohstofffragen widmen. Offensive Rohstoffdiplomatie betreiben n Rohstoffaspekte in bilaterale und multilaterale Dialoge einbeziehen, Rohstoff-Partnerschaften mit Produktionsländern eingehen. nPrioritären Zugang der europäischen Industrie zu künftigen Bergbauprojekten durch bilaterale Abkommen sichern. n WTO-Recht sicherstellen: Exporthemmnisse für mineralische, metallische und energetische Rohstoffe beseitigen. nEtwaige Initiativen der Politik im Bereich „Konfliktrohstoffe“ sollen einen Fokus darauf setzen, demokratische Strukturen in betroffenen Ländern zu stärken, die Umsetzung internationaler Standards zu forcieren und gleichzeitig Initiativen der Industrie in der Schaffung konfliktfreier Lieferketten vor Ort zu unterstützen. Verpflichtende Herkunftsnachweise sind aufgrund der Negativerfahrungen aus dem „US Dodd Frank-Act“ abzulehnen. Die wichtigsten Handlungsfelder für Österreich | 31 Re-Industrialisierungsstrategie der Europäischen Kommission rasch umsetzen n Gemäß dem Smart-Regulation-Ansatz sollen sämtliche Gesetzesinitiativen umfassenden Wettbewerbschecks („competitiveness proofing“) unterzogen werden. n Nationale- und EU-Förderpolitik muss die tragende Rolle von Leitbetrieben würdigen und daher gleichermaßen auf KMU, mittelständische Betriebe sowie größere Unternehmen setzen. n Die Re-Industrialisierungsstrategie muss nunmehr rasch und effizient umgesetzt werden. Als zentrales Instrument sollen sich die Mitgliedstaaten dabei zu einem EU-Industriepakt zur Umsetzung konkreter verbindlicher Maßnahmen verpflichten (ähnlich dem EU-Fiskalpakt). Marketingoffensive für Standort umsetzen n Internationale Vermarktung Österreichs als attraktiver Wirtschafts- und Technologiestandort für internationale Unternehmen und Leitbetriebe beschleunigen. n Unternehmen aus den „Emerging Markets“ in Österreich ansiedeln. n Entwicklungszusammenarbeit als strategisches Instrument nützen. n Visaverfahren für Geschäftsreisende, potenzielle Investoren und Forscher vereinfachen (verstärktes Investitionsinteresse von Unternehmen aus den „Emerging Markets“ in Österreich vorhanden). b)Handlungsfeld: Beschäftigung, Qualifikation und Innovation HERAUSFORDERUNGEN Moderne Arbeitsgesetze International tätige Unternehmen sind oft mit hoch volatilen Märkten für ihre Produkte konfrontiert. Ihr Erfolg hängt davon ab, ob sie beweglich und unbürokratisch auf sich ständig und rasch verändernde Anforderungen der Märkte reagieren und Arbeitsspitzen abdecken können. Notwendig sind moderne Arbeitszeitrahmenbedingungen und stärkere Entscheidungskompetenz auf betrieblicher Ebene. Arbeitszusatzkosten Von einem Euro, den ein Unternehmen für seine Mitarbeiterin bzw. seinen Mitarbeiter bezahlt, kommen nur 51,6 Cent tatsächlich bei der Arbeitnehmerin, beim Arbeitnehmer 32 | Die wichtigsten Handlungsfelder für Österreich an. Der Abgabenkeil („tax wedge“) liegt in Österreich damit bei 48,4 Prozent. Die international vergleichsweise sehr hohen Arbeitszusatzkosten wirken wachstumshemmend. Sie belasten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als auch Unternehmen gleichermaßen, schwächen den Standort und kosten Arbeitsplätze. Für mehr Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung in Österreich müssen Spielräume zur Arbeitszusatzkostensenkung genutzt werden. Fachkräftemangel entgegenwirken In Industrie und Wirtschaft fehlen nach aktuellen Schätzungen rund 30.000 Fachkräfte in den nächsten Jahren. Die Abdeckung des spezifischen Bedarfs an Fachkräften ist für die Wettbewerbsfähigkeit des Industrielandes Österreich von zentraler Bedeutung. Laut Bevölkerungsprognosen ist die Gruppe der Älteren das quantitativ bedeutendste Wachstumspotenzial für das Arbeitskräfteangebot in Österreich in den kommenden zehn Jahren. Im Hinblick auf das in Österreich besonders geringe faktische Pensionsantrittsalter bedarf es Schritte zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Beschäftigung Älterer, wie mehr Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung auf betrieblicher Ebene, die Senkung der Arbeitszusatzkosten gerade auch für Ältere und den gezielten Einsatz von beschäftigungsfördernden Maßnahmen zur Reintegration Älterer am Arbeitsmarkt. Aus bildungs- und gesellschaftspolitischer Sicht bedarf es Anreize für lebenslanges Lernen sowie verbesserte work-life-balance-Konzepte. Zudem soll dem Fachkräftemangel auch durch eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Familie (durch Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen und Frühförderung von Kindern und Jugendlichen) entgegengewirkt werden. Hohe Relevanz für auf „Emerging Markets“ ausgerichtete Unternehmen haben MINT-Qualifikationen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). Der wissenschaftlich-technische Nachwuchs ist für sie unverzichtbar, um den Innovationskurs in Österreich und in den „Emerging Markets“ zu halten. Internationale Unternehmen und innovative Leitbetriebe sind auf die Rekrutierung von international anerkannten Top-Kräften/ausländischen Spitzenkräften angewiesen. Österreichs Wechsel zu einem kriteriengeleiteten Zuwanderungssystem (Rot-Weiß-RotCard) war ein wichtiger erster Schritt zur Attraktivierung des Industrie- und Arbeitsstandorts. Notwendig sind nun der weitere Abbau bürokratischer Hürden sowie die Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf weitere Personengruppen (z.B. Bachelor-Absolventinnen und -Absolventen). Zuwanderung als Chance Ziel muss es sein, künftig mehr ausländische Hochqualifizierte auch aus den „Emerging Markets“ gewinnen zu können. Zuwanderung ist keine Gefahr, sondern eine Chance. Auch die Einbringung des Know-hows dieser Mitarbeiter und die sprachliche Vielfalt in den (künftigen) Aufbau von Betriebsniederlassungen österreichischer Unternehmen in den Zielregionen birgt großes Potenzial. Die wichtigsten Handlungsfelder für Österreich | 33 Innovationskraft nutzen Gemeinsam mit den besten Köpfen brauchen innovative internationale Leitbetriebe auch bestmögliche innovationspolitische Rahmenbedingungen, um ihre Betriebsstätten in Österreich sowie als Hub in Richtung der „Emerging Markets“ zu halten und wenn möglich weiter ausbauen zu können. Die Aufwertung und Höherdotierung von speziell auf sie zugeschnittenen Forschungs- und Innovationsförderprogrammen erhöht ihre Konkurrenzfähigkeit in Österreich und sichert damit ihre Stellung am Weltmarkt. Gleichzeitig müssen europäische und nationale Förderprogramme optimal aufeinander abgestimmt und für Unternehmen besser zugänglich sein. TOP-PRIORITÄTEN Arbeitswelt modernisieren n Das derzeitige österreichische Arbeitszeitrecht ist unübersichtlich und sehr restriktiv. Die Rahmenbedingungen entsprechen vielfach nicht den Notwendigkeiten einer modernen Arbeitswelt. Um die notwendigen Rahmenbedingungen für geeignete Arbeitszeitmodelle in einer sich ständig verändernden Arbeitswelt zu schaffen, besteht dringender gesetzlicher Änderungs- und Modernisierungsbedarf vor allem in folgenden Bereichen: l Praktikable Höchstarbeitszeitgrenzen l Verteilung der Normalarbeitszeit – Durchrechnungsmöglichkeiten auf Betriebsebene l Ausnahme für autonome, selbstbestimmte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer lWochen(end)ruhe l Praxisgerechte Kurzarbeitsregelung Arbeitszusatzkosten senken n Entlastung des Faktors Arbeit durch Reduktion des Abgabenkeils („tax wedge“) n Nachhaltige Senkung der Arbeitszusatzkosten durch Nutzung der finanziellen Spielräume insbesondere im Bereich des Unfallversicherungsbeitrags und des Insolvenz-Entgeltfonds Qualifizierte Zuwanderung optimieren nWeitere Attraktivierung des österreichischen Zuwanderungssystems (insbesondere der Rot-Weiß-Rot-Card und der Blauen EU-Karte) durch. l Optimierung der Kriterien wie z. B. Mindesteinkommen, Altersgrenzen, Regelungen für ausländische Studienabsolventinnen und -absolventen eines österreichischen Bachelorstudiums 34 | Die wichtigsten Handlungsfelder für Österreich l Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung und zum Bürokratieabbau l zeitgerechte Aktualisierung der jährlichen Fachkräfteverordnung entsprechend den arbeitsmarktpolitischen Notwendigkeiten n Erleichterung von Mitarbeiterauslandseinsätzen innerhalb eines Konzerns ngezieltes Werben um Hochqualifizierte schon im Herkunftsland n Willkommenskultur für Neuankömmlinge und Personen mit Migrationshintergrund (z.B. Hilfeleistung bei Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen) n Gezieltes Standortmarketing und Ausbau von Programmen, um international erfahrene Spitzenkräfte nach Österreich (zurück) zu holen. n Entwicklung einer umfassenden Strategie für qualifizierte Zuwanderung inklusive entsprechender Kommunikationsmaßnahmen in den Zielländern n Verortung einer politischen Zuständigkeit für Migration Sozialversicherungsrechtliche Hürden für internationale Spitzenkräfte abbauen n Zusätzliche bilaterale Sozialversicherungsabkommen mit weiteren wichtigen Handels- und Industriestaaten zur Schaffung eines attraktiven Umfelds für internationale Spitzenkräfte und deren Angehörige abschließen n Fokus der Abkommen auf China, Japan, Russland sowie afrikanische und lateinamerikanische Länder Sprachkenntnisse und interkulturelle Fähigkeiten stärken n Anpassung des Bildungsangebots an die globale wirtschaftliche Vernetzung und an die heterogene Bildungsstruktur der Kinder und Jugendlichen n Mehrsprachigkeit und interkulturelles Lernen soll in allen Bildungseinrichtungen forciert werden n Verstärkte Sprachenförderung für Englisch ab dem Kindergarten; Ausbau und Weiterentwicklung von Sprachfördermaßnahmen im Kindergarten n Ausreichende Angebote zur Förderung und zum Erlernen der Erst- und Muttersprache n Ausreichende Angebote für den Spracherwerb bei Seiteneinsteigerinnen und -einsteiger auf allen Bildungsstufen n Angebotserweiterung an den AHS und BHS um Sprachen internationaler Haupthandelspartner (v.a. Chinesisch, Russisch, Arabisch) n Ausbau internationaler Austauschprogramme an Schulen und Universitäten insbesondere mit den „Emerging Markets“, um Mobilität zu stärken Die wichtigsten Handlungsfelder für Österreich | 35 MINT forcieren n Fokussierung auf die Förderung von MINT-Qualifikationen im Bildungsbereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) Forschungs- und Innovationsförderung optimieren n Forschungs- und Innovationsförderprogramme (u.a. Programm „Competence Headquarter“ bzw. „Front-Runner“-Initiative) forcieren n Optimale Abstimmung nationaler und europäischer Förderprogramme n Erweiterung des Länderkreises für Projektgarantien (derzeit regionale Schwerpunkte auf EU-Staaten, Schwarzmeerregion und Südosteuropa), um Unternehmen auch die Möglichkeit der Ansiedelung außerhalb der bislang definierten Länder mittels beihilfenfreier Projektgarantie zu ermöglichen c)Handlungsfeld: Steuern und Abgaben HERAUSFORDERUNGEN Attraktivität Die steuerlichen Rahmenbedingungen sind ein wesentlicher Standortfaktor. Sie beeinflussen unternehmerische Investitionsentscheidungen in erheblichem Ausmaß. Steuern und Abgaben bestimmen auch die Attraktivität eines Wirtschaftsraumes für qualifizierte Fachkräfte. Hochsteuerland Österreich Die Steuer- und Abgabenlast ist in Österreich bereits überaus hoch. Mit einer Steuerund Abgabenquote von rund 43 Prozent liegt Österreich wesentlich über dem Schnitt der EU-28 (38,4 Prozent). Wettbewerbsfähigkeit Um im internationalen Steuerwettbewerb bestehen zu können, braucht Österreich ein wettbewerbsfähiges und zukunftsorientiertes Steuersystem. Es muss einfach, schlank und effizient ausgestaltet sein. Attraktive Regelungen im Bereich der Körperschaftsteuer und der Gruppenbesteuerung sowie im Bereich der steuerlichen Forschungsförderung sind wesentliche Faktoren für unternehmerische Standortentscheidungen. Österreich muss aber auch bei den Individualbelastungen wettbewerbsfähig bleiben: Eine Entlastung des Faktors Arbeit durch eine Reform des Einkommensteuertarifs und eine maßgebliche Reduktion der Arbeitszusatzkosten ist dringend geboten. 36 | Die wichtigsten Handlungsfelder für Österreich TOP-PRIORITÄTEN Steuer-Strukturreform umsetzen n Senkung der Steuer- und Abgabenquote von rd. 43 Prozent auf 38 Prozent bis 2018 n Entlastung des Faktors Arbeit durch eine Reform des Einkommensteuertarifs (Gesamtentlastung ca. 8,4 Mrd. Euro) und eine Senkung der Arbeitszusatzkosten (Gesamtentlastung ca. 4,2 Mrd. Euro) n Attraktivierung der Regelungen im Bereich Körperschaftsteuer im Einklang mit Entwicklungen in vergleichbaren europäischen Ländern wie Schweden und Dänemark sowie der Gruppenbesteuerung (z.B. Ausweitung des Gruppenkreises, Ausweitung der Firmenwertabschreibung) n Abschaffung der international unüblichen Rechtsgeschäftsgebühren (außer in Zusammenhang mit Glücksspielen) Doppelbesteuerungs-Abkommen ausbauen n Zusätzliche Doppelbesteuerungs-Abkommen mit Ländern in Südamerika (z.B. Kolumbien). n Abkommen mit wachstumsstarken, bevölkerungsreichen afrikanischen Staaten (z.B. Nigeria, Botswana). d)Handlungsfeld: Intelligente IT- und Verkehrsinfrastruktur HERAUSFORDERUNGEN Eine leistungsfähige, intermodale Infrastruktur für international agierende Unternehmen und insbesondere für produktionsintensive Leitbetriebe ist unverzichtbar für die Standortattraktivität. Besonders im Hinblick auf seine geopolitische Position in Europa bzw. Zentraleuropa kann Österreich seine Internationalisierungschancen nur auf Basis eines weiteren Ausbaus seiner Infrastruktur voll nützen. Eine leistungsfähige Kommunikationsinfrastruktur ist dafür unabdingbare Voraussetzung. Aber auch vernachlässigte traditionelle Verkehrswege müssen weiterentwickelt werden: Die EU-Donauraumstrategie bietet die Chance, die Donauschifffahrt zu modernisieren und der Industrie auf dem Wasserweg eine zukunftssichere Transportmöglichkeit zu bieten. Die wichtigsten Handlungsfelder für Österreich | 37 TOP-PRIORITÄTEN Potenziale der Wasserstraße Donau erschließen n Moderne, leistungsfähige Transportinfrastruktur über den Donauraum in den Schwarzmeerraum ermöglichen n Infrastrukturschwachstellen bei der für die heimische Industrie wichtigen Donauverbindung Richtung Westen über den Rhein-Main-Donau-Kanal in die Industriegebiete und Nordseehäfen von Deutschland, den Niederlanden und Belgien beseitigen n Technologisch anspruchsvolles Recycling von Rohstoffen entlang der Donau aufbauen, um wertvolle Industrierohstoffe zu transportieren und in die Wertschöpfungsketten zurückzuführen Prioritäre „Transeuropäische Verkehrsnetze“ (TEN-V) realisieren n Donau-Korridor, Brennerachse und Baltisch-Adriatischen Korridor rasch umsetzen, die als multimodale Verkehrskorridore Europas durch Österreich verlaufen n Anbindung Kroatiens an den europäischen Zentralraum (Tauern- und Pyhrnachse) n Innovative Technologien sowie Finanzierungsinstrumente in die zukünftige TEN-V-Politik durch intelligente Verkehrsmanagementsysteme (z.B. elektronische Vignette, Telematikanwendungen, Road-Pricing-Systeme) für eine effizientere Bewirtschaftung der Verkehrsinfrastruktur integrieren Russische Breitspur in die Twin City-Region verlängern n Alternative zu den Warentransporten über den Seeweg bis in die Nordseehäfen Hamburg, Rotterdam und Bremen schaffen n Russisches Breitspursystem um rund 450 km vom derzeitigen Endpunkt im ukrainisch-slowakischen Grenzraum bis nach Wien verlängern, um den Handel mit Russland und Asien zu intensivieren nIm Twin City-Raum ein multimodales Logistiknetzwerk errichten n Etablierung einer „grünen Logistikkette“ durch Einbindung der Donau sowie Entlastung der Straße durch Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene n Verkürzung des Transportzeitraums zwischen China und Europa von derzeit 23 auf etwa zehn Tage Leistungs- und konkurrenzfähige Luftverkehrsinfrastruktur sichern n Österreichs Position als zentraler Knotenpunkt in Mitteleuropa für die Verbindungen zu den Westbalkan-Staaten, zur Russischen Föderation, in den 38 | Die wichtigsten Handlungsfelder für Österreich Nahen Osten und nach Zentralasien im globalen Wettbewerb festigen. Der Aufbau einer leistungsfähigen Infrastruktur ist dabei von zentraler Bedeutung n Hub-Funktion des Flughafens Wien stärken, wettbewerbsverzerrende Auflagen und Kostenbelastungen beseitigen n Weitere Liberalisierung der Luftverkehrsabkommen bei gleichzeitiger Gewährleistung eines „level playing fields“ n Grenzüberschreitende Kooperationen und Verwirklichung des Single European Sky (SES) forcieren n Luftverkehr verstärkt in das Gesamtverkehrsnetz ein- sowie an das hochrangige Straßen- und Schienennetz anbinden (innerhalb Österreichs und in Richtung CEE-Region) Roll-Out eines flächendeckenden Hochgeschwindigkeitsnetzes (Mobil- und Festnetz) forcieren n Stabile Rahmenbedingungen für Ausbau zukunftsfester Hochgeschwindigkeitsnetze schaffen n Technologieneutrale Förderstrategie für den flächendeckenden Roll-Out eines Hochgeschwindigkeitsnetzes entwickeln n Regulierung der Telekommunikationsmärkte investitionsfreundlich(er) gestalten (mit Blick auf Kosten der Infrastrukturerrichtung und -nutzung sowie auf das regulatorische Risiko) n Moderne IKT-Lösungen als Schlüsseltechnologie zur Reduktion des Energie verbrauchs und Steigerung der Energieeffizienz („Green ICT“) forcieren e)Handlungsfeld: Energie-, Umwelt- und Klimapolitik HERAUSFORDERUNGEN Top-Standortfaktor Eine wettbewerbsfähige, gut funktionierende und möglichst umweltfreundliche Energieversorgung ist ein zentraler Standortfaktor für die Industrie. Insbesondere für energieintensive Unternehmen ist der Kostenfaktor Energie ein maßgebliches Standortkriterium. Die Erhaltung der energieintensiven Produktionsstätten von internationalen Leitbetrieben in Österreich leistet einen wesentlichen Beitrag zu Beschäftigung und Wertschöpfung in unserem Land. Das nützt auch dem globalen Umwelt- und Klimaschutz: Österreichs energieintensive Industrie produziert bereits äußerst energie- und emissionseffizient. Die wichtigsten Handlungsfelder für Österreich | 39 Wettbewerbsnachteile Im Jahr 2010 lag der Strompreis in der EU um rund 20 Prozent über dem der USA und 197 Prozent über dem Chinas, während die Industriepreise für Gas in den USA mittlerweile bei nur 1/3 bis 1/5 jener in Europa liegen. Die „Schiefergasrevolution“ führt dazu, dass die Strom- und Gaspreise in den USA auch auf längere Sicht weit günstiger bleiben werden als in Europa. Dies verschlechtert die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs strukturell. Belastungen Nationale Sonderlasten und ständig steigende Auflagen im Bereich Energie und Umwelt sind eine Gefahr für den Wirtschaftsstandort. Beim Ökostrom beispielsweise hatte die Industrie wiederholt deutliche Erhöhungen zu verkraften. Wenn die steigenden Energiekosten und bürokratischen Umweltauflagen für die Betriebe nicht gestoppt werden, droht die Abwanderung von Investitionen und Produktion an andere, kostengünstigere Standorte. Heimische Leitbetriebe müssen weiterhin innovative Technologien entwickeln können. Damit sichern sie einerseits den Export und die Wachstumschancen in Österreich und leisten andererseits mit diesen Technologien einen Beitrag zur Lösung der globalen umweltpolitischen Herausforderungen. TOP-PRIORITÄTEN Maßnahmen für eine integrierte Klima- und Energiepolitik setzen n Gleichgewicht von ökonomischen, ökologischen und sozialen Aspekten n Europäische Klimazielsetzungen auf internationaler Ebene nur bei vergleichbaren Zielsetzungen anderer Industriestaaten sowie angemessener Maßnahmen durch Entwicklungs- und Schwellenländer Rahmenbedingungen für langfristige Planbarkeit von Standortentscheidungen sichern n Keine sprunghafte Politik „auf Zuruf“ n Abbau bürokratischer Umweltauflagen bei voller Aufrechterhaltung des Umweltschutzniveaus Gesamteuropäische Ansätze bei der Förderung Erneuerbarer Energie forcieren n Harmonisierung des Förderregimes EU-weit 40 | Die wichtigsten Handlungsfelder für Österreich n Überprüfung von Fördernotwendigkeit durch Schaffung eines wettbewerbsorientierten Marktumfeldes Wettbewerbsfähige Energiepreise für den Industriestandort Österreich sichern n Wettbewerb im Bereich Strom und Gas auf europäischer Ebene forcieren n Marktintegration in Europa sicherstellen n Ausbau transeuropäischer Strom- und Gasleitungen n Diversifikation der Energieversorgung der EU und Österreichs im Hinblick auf neue Energieförderregionen vorantreiben Entlastungsmechanismen für energieintensive Industrie auf nationaler und europäischer Ebene realisieren n Energiepreisbedingte Wettbewerbsverzerrungen im internationalen Vergleich zumindest teilweise kompensieren Energieforschung weiter vorantreiben n Forcierung einer zukunftsorientierten Technologie, Innovations- und Investitionsstrategie der EU und in Österreich im Energiebereich n Berücksichtigung der Kompetenzfelder von internationalen Unternehmen in Österreich bei Festlegung von Forschungsschwerpunkten Die wichtigsten Handlungsfelder für Österreich | 41 INFORMATIONEN ZUR VORLIEGENDEN PUBLIKATION Basierend auf Befragungen von 36 global tätigen österreichischen Unternehmen hat die Industriellenvereinigung (IV) konkrete Handlungsfelder und Prioritäten aus der Sicht besagter Betriebe erhoben, die notwendig sind, um tagtäglich im fordernden globalen Wettbewerb erfolgreich bestehen zu können. Mit besonderem Dank für die Mitarbeit seitens jener Unternehmen fasst die vorliegende Publikation für Entscheidungsträger aus Politik und Verwaltung die wichtigsten Befunde und Maßnahmen für das Wachstum der Zukunft zusammen. Insbesondere den vielfältigen industriepolitischen Rahmenbedingungen, die Österreich auf nationaler wie internationaler Ebene richtig setzen muss, kommt dabei entscheidende Bedeutung zu. Denn nur, wenn diese Rahmenbedingungen ausreichende Beachtung finden, wird die Industrie ihre zweifellos vorhandenen Chancen auf den „Emerging Markets“ im Interesse von Wachstum und Beschäftigung in Österreich nützen können. 42 | Informationen zur vorliegenden Publikation IMPRESSUM Medieninhaber und Herausgeber: Industriellenvereinigung, Schwarzenbergplatz 4, 1031 Wien. www.iv-net.at; ZVR.: 806801248, LIVR-Nr.: 00160, EU-Transparenzregister Nr.: 89093924456-06; Für den Inhalt verantwortlich: Mag. Isabella Meran-Waldstein, Mag. Michael Löwy; Mitarbeit: MMag. Dr. Helwig Aubauer, DI Dieter Drexel, Dr. Christian Friesl, Dr. Wolfgang Haidinger, Mag. Robert Heiling, Dr. Christian Helmenstein, Mag. Michael Oliver, Mag. Marion Poglitsch, Mag. Monika Schuh, Dr. Clemens Wallner; die angeführten Handlungsfelder und damit verbundenen Empfehlungen basieren auf Interviews mit 36 global tätigen österreichischen Unternehmen. Foto: iStockphoto.com/polygraphus Wien, im März 2014
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