Steiler, höher, gleicher? Gehaltsentwicklung von WU

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MEDIAN-BRUTTOSTUNDENLOHN IN EURO
32
26
24
Kohorte 1990, Frauen
Kohorte 1990, Männer
Kohorte 2000, Frauen
Kohorte 2000, Männer
Kohorte 2010, Frauen
Kohorte 2010, Männer
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Steiler, höher, gleicher?
16
12
Berufsjahre
GEHALTSENTWICKLUNG VON WU-ABSOLVENT/INN/EN
8
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
Grafik 2
nicht inflationsbereinigt
12
SPECIAL: GEHALT | Petra Eggenhofer-Rehart, Michael Schiffinger | [email protected], [email protected]
REALE VERLUSTE
Laut Rechnungshof-Einkommensbericht 2014 sind die inflationsbereinigten Gehälter in Österreich seit 1998 um
4 Prozent zurückgegangen. Für die in ViCaPP erfassten
WU-Absolvent/inn/en (hier ausschließlich unselbständig tätige
Vollzeitbeschäftigte, das sind zwei Drittel der insgesamt in
ViCaPP dokumentierten rund 7.500 Berufsjahre) zeigt Grafik 1
die Entwicklung für das nominelle Einkommen bzw. inflations­
bereinigt mit heutigem Wert.
SINKENDE EINSTIEGSGEHÄLTER
Während Absolvent/inn/en 1990 mit einem mittleren Einstiegsgehalt von 24.200 Euro rechnen konnten, was heute
41.000 Euro entspräche, ist das mittlere Einstiegsgehalt von
2000 aktuell 39.900 Euro wert. Absolvent/inn/en 2010 steigen
gar mit dem heutigen Wert von 36.300 Euro ein – in 20 Jahren
ein reales Minus von 11 Prozent. Selbst wenn man rechnerisch
berücksichtigt, dass 2010 rund 30 Prozent der Stichprobe mit
einem Bachelor-Abschluss in den Beruf starteten, mit dem
man relativ zum Diplomstudium zu Beginn sowieso schon rund
6 Prozent weniger verdient, beträgt der reale Rückgang der
Einstiegsgehälter 9 Prozent.
REALLOHNSTAGNATION BIS -EINBUSSEN SELBST
FÜR WU-ABSOLVENT/INN/EN
Die kohortenweise Betrachtung zeigt, dass das Einkommen
der 1990er-Kohorte inflationsbereinigt von 2002 bis 2013 um
nur 5 Prozent stieg. Zwischen 2005 und 2013 ergab sich gar
ein realer Verlust von 2,5 Prozent. Der starke Anstieg 2006
MEDIAN-BRUTTOJAHRESEINKOMMEN IN EURO
100.000
12. Berufsjahr
80.000
12. Berufsjahr
NOMINELL
4. Berufsjahr
4. Berufsjahr
4. Berufsjahr
INFLATIONSBEREINIGT
40.000
Berufseinstieg
Berufseinstieg
Berufseinstieg
10
20
05
20
00
20
95
19
90
19
SPECIAL: GEHALT
(WERT 2014)
Kohorte 1990
Kohorte 2000
Kohorte 2010
20.000
Welche Gründe hat die Gehaltsschere? Einen bei Frauen geringeren Anteil an Führungsaufgaben weist laut unseren Daten
höchstens Kohorte 2000 auf. Doch die WU-Absolventinnen sind
in den bestbezahlten Branchen, v.a. in Industrie und Finanzdienstleistungen, gegenüber den Männern unterrepräsentiert,
aber häufiger als Männer im geringer bezahlten öffentlichen
Sektor tätig. Ein großer Teil der Differenz ist aber auch im
WU-Sample nicht durch strukturelle Variablen erklärbar. Und
ins­gesamt legen diese Ergebnisse – sowohl über die Zeit
betrachtet als auch im Kohortenvergleich – den Schluss nahe,
dass sich die Gehaltsschere eher öffnet als schließt.
GENDER PAY GAP: AKTUELLER DENN JE
Referenzen und weiterführende Literatur, wu.ac.at/vicapp
In der Diskussion über Gehaltsentwicklungen spielt
Geschlechter­gerechtigkeit eine wichtige Rolle. In Österreich
beträgt der Gender Pay Gap, also der Prozentsatz, um den
Frauen weniger als Männer verdienen, laut Eurostat derzeit
23 Prozent, womit Österreich EU-weit an vorletzter Stelle
liegt. Die Frage, ob und wie viel Frauen weniger verdienen,
ist komplex. So sind sie in schlechter entlohnten Berufen und
Branchen überrepräsentiert, häufiger teilzeitbeschäftigt und
seltener in den besser bezahlten Führungsebenen zu finden.
Doch auch dort erreichen sie laut Rechnungshof nur 72 Prozent
des Stundenlohns der Männer. Wie sieht das bei der vergleichsweise homogenen Gruppe der WU-Absolvent/inn/en aus?
Mayrhofer, W. et al. 2009. The magic third wave: Gender and income –
a longitudinal analysis of the Vienna Career Panel Project. Academy of
Management Meeting 2009.
Schneidhofer, T. M. 2011. Gehaltsstudie 2011. Ergebnisse aus dem Vienna
Career Panel Project: Ein Querschnitt zweier Kohorten. Working Paper,
gem. mit ZBP Career Center.
Schneidhofer, T. et al. 2012. Still a man’s world? The influence of gender
and gender role type on income in two business school graduate cohorts
over time. Equality, Diversity and Inclusion: An International Journal,
31 (1): 65 – 82.
Strunk, G. et al. 2005. Eine Frau muss ein Mann sein, um Karriere zu
machen. In W. Mayrhofer, et al. (Hrsg.): Macht? Erfolg? Reich? Glücklich?
Kohorte 1990
Kohorte 2000
Kohorte 2010
60.000
starten die Frauen bereits mit einem deutlichen Nachteil.
Die Ergebnisse für das vierte Berufsjahr (2013) suggerieren gar
ein noch deutlicheres Auseinanderklaffen um satte 27 Prozent –
der weitere Trend bleibt abzuwarten.
bis 2007 muss wegen der abnehmenden Stichprobengröße in
dieser Kohorte vorsichtig interpretiert werden, könnte aber
eine Überschätzung der Wirtschaftslage mit hohen Zahlungen
in den Führungsebenen widerspiegeln, bevor ab 2008 eine
krisenbedingte Korrektur erfolgte. Bei der Kohorte 2000
verlief die Kurve ab 2008 flach, was in dieser Periode zu einem
Realverlust von 3 Prozent führte. Und Kohorte 2010 erlitt allein
im Jahr 2013 gegenüber 2012 einen Verlust von gar 4 Prozent.
Die wirtschaftliche Entwicklung schlägt sich also auch bei
WU-Absolvent/inn/en in verflachenden Gehaltszuwächsen bis
hin zu Stagnation oder gar Verlusten beim Realeinkommen
nieder. Der Einkommensverlust ist für jüngere Kohorten stärker
als für ältere. Ob vergleichsweise größere Diskontinuitäten
(etwa wegen häufigerer Berufsunterbrechungen oder Jobwechsel) in deren Karriereverlauf bestehen und dazu beitragen,
untersucht derzeit eine laufende Studie.
Grafik 1
Grafik 2 zeigt den errechneten Stundenlohn der un­selbständig
Vollzeitbeschäftigten in den Berufsjahren 1 bis 12. In den
Kohorten 1990 und 2000 starten Frauen und Männer gleichauf.
Die Lohnkurve der Männer steigt kontinuierlich, jene der
Frauen verläuft flacher und stagniert ab dem 8. Berufsjahr
(die Werte der Kohorte 2000 für die Berufsjahre 11 bis 12 sind
wegen vorübergehend geringerer Fallzahlen volatiler und
sollten nicht überinterpretiert werden – dennoch bleibt ein
Trend erkennbar). Im 12. Jahr beträgt der Gender Pay Gap in
beiden Kohorten rund 25 Prozent. In Kohorte 2010 hingegen
Einflussfaktoren auf Karrieren (S. 211– 242). Linde Verlag.
Bilder: privat
Nicht erst seit Beginn der Wirtschaftskrise lassen
die Medien mit Meldungen zu Reallohn­verlusten
und Einkommensunterschieden zwischen Frauen
und Männern aufhorchen. Darüber, wie sich
die Situation für Wirtschaftsakademiker/innen
darstellt, gibt das Vienna Career Panel Project
(ViCaPP) Aufschluss, das jährlich Karrieredaten
von etwa 500 WU-Absolvent/inn/en der Abschlussjahre 1990, 2000 und 2010 erfasst.
Petra Eggenhofer-Rehart und
Michael Schiffinger
arbeiten als wissenschaftl. Mitarbeiter
an der interdisziplinären Abteilung
für Verhaltenswissenschaftlich
Orientiertes Management an der WU.
SPECIAL: GEHALT