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Freistellung – Sozialversicherung
Inhaltsübersicht
1.
2.
3.
Allgemeines
Freistellung
Anwendungsfälle
3.1 Arbeitskampfmaßnahmen
3.2 Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit
3.3 Elternzeit/ Elterngeldbezug
3.4 Familienpflegezeit
3.5 Freistellung nach Kündigung
3.6 Mutterschutzfristen
3.7 Pflegeunterstützungsgeld
3.8 Pflegezeit und sonstige Freistellungen nach § 3 PflegeZG
3.9 Unbezahlter Urlaub/unentschuldigtes Fehlen
3.10 Wehrdienst/Freiwilligendienste
3.11 Wertguthabenvereinbarung
3.12 Sonstige Freistellungsvereinbarungen
Information
1. Allgemeines
Voraussetzung für die Versicherungspflicht eines Arbeitnehmers ist in allen Zweigen der Sozialversicherung
die Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt. Beschäftigung ist die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in
einem Arbeitsverhältnis ( § 7 Abs. 1 SGB IV ).
Die Gründe, warum eine Freistellung erfolgt, sind vielfältig. Sie ergeben sich teilweise aus gesetzlichen
Regelungen, wie z.B. im Rahmen einer Elternzeit. Zum Teil werden Arbeitnehmer auch auf vertraglicher Basis
für eine gewisse Zeit freigestellt, z.B. im Rahmen von unbezahltem Urlaub.
In allen Fällen stellt sich die Frage, wie sich die weitere soziale Absicherung gestaltet. Nicht selten sind die
Fachleute in den Personalabteilungen der erste Ansprechpartner für die Arbeitnehmer. Der Beitrag gibt einen
Überblick.
2. Freistellung
In der Regel bleibt alles beim Alten, wenn der Mitarbeiter unter Fortzahlung seiner Bezüge von der
Arbeitspflicht befreit ist. Dies gilt z.B. bei Entgeltfortzahlung während einer Arbeitsunfähigkeit oder bei einem
absoluten Beschäftigungsverbot während einer Schwangerschaft.
Meist wird der Arbeitnehmer jedoch unbezahlt freigestellt. Dann besteht das Arbeitsverhältnis weiter; lediglich
die Hauptpflichten ruhen. Dies gilt auf der einen Seite für die Arbeitspflicht, auf der anderen Seite für die
Vergütungspflicht. Damit entfällt eine der Voraussetzungen für die Versicherungspflicht, die Zahlung von
Arbeitsentgelt. Wie sich die Freistellung in der Sozialversicherung auswirkt, ist differenziert nach den Gründen
für den Wegfall der Vergütung zu betrachten.
3. Anwendungsfälle
3.1 Arbeitskampfmaßnahmen
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Bei Streik und Aussperrung gilt für alle Versicherungszweige, dass eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt
für längstens einen Monat als fortbestehend anzusehen ist, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne
Entgeltzahlung andauert. Dementsprechend besteht auch die Versicherungspflicht weiter. Wird die
Monatsfrist überschritten, gilt Folgendes:
Kranken/Pflegeversicherung: Die Mitgliedschaft eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers bleibt
unbefristet weiter bestehen, wenn es sich um einen rechtmäßigen Arbeitskampf handelt.
Renten/Arbeitslosenversicherung: Die Versicherungspflicht endet mit Ablauf der Monatsfrist.
3.2 Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit
Während der Entgeltfortzahlung besteht die Versicherungspflicht aufgrund der Beschäftigung weiter.
Bei Bezug von Krankengeld gilt Folgendes:
Krankenversicherung: Mit Beginn der Leistung endet die Versicherungspflicht aufgrund der Beschäftigung.
Die Mitgliedschaft bleibt durch den Krankengeldbezug erhalten. Das Krankengeld ist beitragsfrei.
Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung: Mit Beginn der Leistung endet die Versicherungspflicht
aufgrund der Beschäftigung. Die Mitgliedschaft bleibt durch den Krankengeldbezug erhalten. Die Beiträge
bemessen sich aus 80 Prozent des früheren Verdienstes. Sie werden von der Krankenkasse getragen; der
Versicherte muss sich beteiligen, soweit die Beiträge auf das Krankengeld entfallen.
3.3 Elternzeit/ Elterngeldbezug
Kranken- und Pflegeversicherung: Mitgliedschaft bleibt erhalten; das evtl. Elterngeld ist beitragsfrei.
Rentenversicherung: Versicherungspflicht aufgrund der Beschäftigung endet; es kann Versicherungspflicht
aufgrund der Kindererziehung bestehen. Die Beiträge dafür trägt der Bund.
Arbeitslosenversicherung: Versicherungspflicht aufgrund der Beschäftigung endet; es kann
Versicherungspflicht aufgrund der Kindererziehung bestehen. Beiträge fallen nicht an.
3.4 Familienpflegezeit
Während der Familienpflegezeit ist gesetzlich nur eine teilweise Freistellung möglich. Die wöchentliche
Arbeitszeit des Mitarbeiters muss mindestens 15 Stunden betragen. Daher und im Hinblick auf den
gesetzlichen Mindestlohn bleibt die Versicherungspflicht in der Regel bestehen. Zu beachten sind folgende
Besonderheiten:
Kranken/Pflegeversicherung: Bei "Übergrenzern" kann infolge der geringeren Arbeitszeit der
Jahresarbeitsverdienst unter die Grenze sinken. Dann tritt sofort Versicherungspflicht ein. Es kann aber ein
Befreiungsantrag bei der Krankenkasse gestellt werden.
Arbeitslosenversicherung: Es ist durch eine gesetzliche Regelung sichergestellt, dass sich bei späterer
Arbeitslosigkeit der geringere Verdienst nicht leistungsmindernd auswirkt.
Rentenversicherung: Versicherungspflicht aufgrund der Beschäftigung bleibt bestehen; zusätzlich kann
Versicherungspflicht als Pflegeperson eintreten. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer einen oder mehrere
Pflegebedürftige nicht erwerbsmäßig an mindestens 14 Stunden wöchentlich zu Hause pflegt. Die Höhe der
Beiträge hängt von der Pflegestufe und der Dauer der wöchentlichen Pflege ab. Sie werden von der
Pflegeversicherung getragen.
3.5 Freistellung nach Kündigung
Arbeitnehmer werden häufig – bezahlt - nach einer Kündigung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses
freigestellt. In dieser Zeit sind sie nach wie vor gegen Entgelt beschäftigt und daher weiterhin
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versicherungspflichtig in allen Zweigen der Sozialversicherung. In der Krankenversicherung gilt folgende
Besonderheit: Scheidet der Arbeitnehmer mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses aus dem Erwerbsleben aus,
ist in der Freistellungsphase der ermäßigte Beitragssatz von 14 Prozent anzuwenden.
3.6 Mutterschutzfristen
Kranken- und Pflegeversicherung: Versicherungspflicht aufgrund der Beschäftigung endet mit Beginn der
Schutzfrist. Die Mitgliedschaft bleibt durch den Mutterschaftsgeldbezug erhalten. Das Mutterschaftsgeld ist
beitragsfrei.
Rentenversicherung: Versicherungspflicht aufgrund der Beschäftigung endet; ab der Geburt kann
Versicherungspflicht aufgrund der Kindererziehung bestehen. Die Beiträge dafür trägt der Bund.
Arbeitslosenversicherung: Versicherungspflicht aufgrund der Beschäftigung endet; es kann
Versicherungspflicht aufgrund der Kindererziehung bestehen. Beiträge fallen nicht an.
Der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld unterliegt in allen Zweigen der Sozialversicherung nicht der
Beitragspflicht.
3.7 Pflegeunterstützungsgeld
Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung: Versicherungspflicht aufgrund der Beschäftigung endet
mit Beginn der Freistellung. Aufgrund des Pflegeunterstützungsgeldes bleibt die Mitgliedschaft erhalten. Die
Beiträge werden von der Pflegekasse getragen; der Versicherte muss sich beteiligen, soweit die Beiträge auf
das Pflegeunterstützungsgeld entfallen.
Pflegeversicherung: Versicherungspflicht aufgrund der Beschäftigung endet mit Beginn der Freistellung.
Aufgrund des Pflegeunterstützungsgeldes bleibt die Mitgliedschaft erhalten. Es besteht Beitragsfreiheit.
3.8 Pflegezeit und sonstige Freistellungen nach § 3 PflegeZG
Die Freistellung kann ganz oder teilweise erfolgen.
Vollständige Freistellung bzw. teilweise Freistellung ohne Versicherungspflicht:
Die Versicherungspflicht aufgrund der Beschäftigung endet in allen Versicherungszweigen mit Beginn der
Pflegezeit bzw. der sonstigen Freistellung.
Kranken- und Pflegeversicherung: Nach Wegfall des Verdienstes besteht häufig die Möglichkeit einer
Familienversicherung über den Ehegatten. Es ist sinnvoll, einen Antrag bei der zuständigen Krankenkasse zu
stellen, damit diese die Anspruchsvoraussetzungen prüft. Besteht keine Familienversicherung, kommt eine
gesetzliche Anschlussversicherung in Form einer freiwilligen Mitgliedschaft zustande; diese kann der
Arbeitnehmer innerhalb von zwei Wochen nach einem Hinweis der Krankenkasse abwählen, wenn er eine
anderweitige Absicherung im Krankheitsfall nachweist. Für die Anschlussversicherung in der gesetzlichen
Kranken/Pflegeversicherung oder eine alternative private Versicherung übernimmt die Pflegeversicherung die
Beiträge in Höhe des Mindestbeitrages der gesetzlichen Kranken/ Pflegeversicherung.
Rentenversicherung: Es besteht Versicherungspflicht, wenn der Arbeitnehmer einen oder mehrere
Pflegebedürftige nicht erwerbsmäßig an mindestens 14 Stunden wöchentlich zu Hause pflegt. Die Höhe der
Beiträge hängt von der Pflegestufe und der Dauer der wöchentlichen Pflege ab. Sie werden von der
Pflegeversicherung getragen.
Arbeitslosenversicherung: Es besteht während der Pflegezeit Versicherungspflicht, wenn eine
pflegebedürftige Person im unmittelbaren Anschluss an die versicherungspflichtige Beschäftigung gepflegt
wird. Die Beiträge übernimmt die Pflegekasse.
Teilweise Freistellung mit fortbestehender Versicherungspflicht:
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Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung: Keine Änderung, da Versicherungspflicht aufgrund der
Beschäftigung. Bei späterer Arbeitslosigkeit ist gesetzlich sichergestellt, dass sich der geringere Verdienst
während der Freistellung nicht leistungsmindernd auswirkt.
Rentenversicherung: Versicherungspflicht aufgrund der Beschäftigung bleibt bestehen; zusätzlich kann
Versicherungspflicht als Pflegeperson eintreten (siehe oben unter "Vollständige Freistellung bzw. teilweise
Freistellung ohne Versicherungspflicht".
3.9 Unbezahlter Urlaub/unentschuldigtes Fehlen
In allen Versicherungszweigen der Sozialversicherung gilt eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt für
längstens einen Monat als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Entgeltzahlung
andauert. Danach endet die Versicherungspflicht aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses. In der Zeit, in
der das Beschäftigungsverhältnis fortbesteht, besteht dem Grunde nach Beitragspflicht. Dies wirkt sich aber
meist nicht aus, da kein Arbeitsentgelt erzielt wird.
Beispiel:
Unbezahlter Urlaub vom 12.08.2016 bis 30.11.2016
Beschäftigung gilt als fortdauernd vom 12.08.2016 bis 11.09.2016.
Krankenversicherung: Mit dem 12.09.2016 tritt die obligatorische Anschlussversicherung als freiwillige
Mitgliedschaft in Kraft. Diese kann der Arbeitnehmer innerhalb von zwei Wochen nach einem Hinweis der
Krankenkasse abwählen, wenn er eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall nachweist. Eine evtl.
Familienversicherung ist vorrangig vor der Anschlussversicherung.
Pflegeversicherung: Infolge der Anschlussversicherung in der Krankenversicherung tritt ab 12.09.2016 auch
Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung ein.
Renten/Arbeitslosenversicherung: Die Versicherungspflicht endet mit dem 11.09.2016. In der
Rentenversicherung ist eine freiwillige Versicherung möglich.
3.10 Wehrdienst/Freiwilligendienste
Die Versicherungspflicht endet in allen Versicherungszweigen mit dem Ende der Beschäftigung gegen
Entgelt. Die Monatsfrist gilt nicht. Im Rahmen der verschiedenen Formen der Dienste bestehen Regelungen
über die soziale Absicherung der Teilnehmer.
3.11 Wertguthabenvereinbarung
Wird während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben fällig, bleibt aufgrund dessen die
versicherungspflichtige Beschäftigung auch länger als einen Monat bestehen. Voraussetzung ist, dass das
monatlich fällige Arbeitsentgelt nicht unangemessen von der Vergütung der vorausgegangenen zwölf Monate
abweicht. Unter diesen Voraussetzungen bleibt die Versicherungspflicht in allen Zweigen der
Sozialversicherung bestehen.
Für eine Freistellung von bis zu drei Monaten gilt dies auch, wenn Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur
flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher
Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist.
Die Beiträge sind aus dem fällig werdenden Arbeitsentgelt aus dem Wertguthaben zu berechnen. Wird nach
der Freistellungsphase die Beschäftigung nicht wieder aufgenommen, ist in der Krankenversicherung der
ermäßigte Beitragssatz anzuwenden.
3.12 Sonstige Freistellungsvereinbarungen
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Mitunter werden Vereinbarungen geschlossen, nach denen der Mitarbeiter unter Fortzahlung seiner
Vergütung aus anderen Gründen heraus freigestellt wird. Solche Vereinbarungen sollen oft eine
Übergangszeit bis zum Beginn der Regelaltersrente überbrücken. Grundsätzlich bleibt dann die
Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung bestehen. Scheidet der Arbeitnehmer mit Ende
der Freistellung endgültig aus dem Erwerbsleben aus, gilt in der Krankenversicherung folgendes:
• Wird die Vergütung bei einer Arbeitsunfähigkeit auch über sechs Wochen hinaus fortgezahlt, gilt der
ermäßigte Beitragssatz.
• Ist die Entgeltfortzahlung auf sechs Wochen beschränkt, gilt der allgemeine Beitragssatz, da dann im
Anschluss Krankengeld gezahlt wird.
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