Antragspflichtversicherung (Beschäftigte im Ausland) - TK-Lex

Antragspflichtversicherung (Beschäftigte im Ausland) – Haufe Redaktion, Stefan Seitz – TK Lexikon Grenzüberschreitende Beschäftigung –
12. Januar 2016
Antragspflichtversicherung (Beschäftigte im Ausland)
HI2703382
Zusammenfassung
LI1890943
Begriff
Eine Versicherungspflicht auf Antrag kann bei Aufenthalt im Ausland zur gesetzlichen Rentenversicherung gestellt
werden. Die Versicherungspflicht auf Antrag ist in den Fällen ratsam, in denen Rentenansprüche unter Umständen nur
mit Pflichtbeiträgen aufrechterhalten werden können, wie z. B. bei Renten wegen Erwerbsminderung.
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung
Sozialversicherung: § 4 SGB VI bestimmt die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht auf Antrag zur
Rentenversicherung. Die Rechtsverhältnisse der Sozialversicherung innerhalb der Europäischen Union regeln die
Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 zur Koordinierung der
Systeme der sozialen Sicherheit, Verordnung (EG) Nr. 987/ 2009 vom 16.9.2009 sowie deren Änderungen mit der
Verordnung (EU) 465/2012 vom 22.5.2012. Der Begriff des Entwicklungshelfers wird in § 1 EhfG definiert. Die
Beitragshöhe der Antragspflichtversicherung berechnet sich nach § 166 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI.
Beratungsblatt
HI7673481
Weitere Informationen und Unterstützung zu diesem Thema finden Sie im Firmenkunden-Beratungsblatt Beschäftigung im
Ausland.
Sozialversicherung
HI2744439
1 Antragsberechtigter Personenkreis
HI2761166
Der Versicherungsschutz in der Rentenversicherung kann auf Antrag für die Dauer des Auslandsaufenthalts fortbestehen, wenn
eine Person für eine begrenzte Zeit im Ausland beschäftigt ist. Erfüllt eine Auslandsbeschäftigung die Voraussetzungen der
Ausstrahlung, besteht dadurch bereits die vorrangige gesetzliche Versicherungspflicht. Die Versicherung muss in diesen Fällen
also nicht beantragt werden.
Handelt es sich um keine Ausstrahlung, muss die im Ausland ausgeübte Tätigkeit einer Beschäftigung im
sozialversicherungsrechtlichen Sinne nach deutschem Recht entsprechen. Nur dann kann ein Antrag auf
Rentenversicherungspflicht gestellt werden. Die Dauer der Beschäftigung im Ausland spielt keine Rolle. Es ist lediglich
erforderlich, dass eine zeitliche Begrenzung besteht.
1.1 Staatsangehörigkeit der Antragsberechtigten
HI3334235
Die Regelung gilt nicht nur für deutsche Staatsangehörige. Sie erfasst alle Staatsangehörigen derjenigen Staaten, in denen die
Verordnungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit anwendbar sind. Es handelt sich dabei um
deutsche Staatsangehörige sowie
alle Angehörigen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union,
Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und
Staatsangehörige der Schweiz,
die für eine begrenzte Zeit im Ausland beschäftigt sind.
Hinweis
Antragsberechtigt: Entwicklungshelfer
Den Antrag auf Versicherungspflicht können auch Entwicklungshelfer i. S. des Entwicklungshelfer-Gesetzes stellen. Sie
müssen sich für einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens 2 Jahren gegenüber dem Träger der
Entwicklungshilfe zur Ableistung des Dienstes verpflichtet haben. Die Versicherungspflicht auf Antrag erfasst auch einen
ggf. im Inland geleisteten Vorbereitungsdienst bzw. eine entsprechende Ausbildung. Zur Staatsangehörigkeit der
Entwicklungshelfer siehe oben.
1.2 Ausgeschlossene Personen
HI3334236
Personen, die in jeder Beschäftigung oder Tätigkeit rentenversicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht zur
Rentenversicherung befreit sind, können den Antrag auf Rentenversicherungspflicht nicht stellen. [ 1 ] Das betrifft insbesondere
Bezieher einer Altersvollrente. [ 2 ]
2 Dauer der Versicherungspflicht
HI2761167
2.1 Antragserfordernis
HI2761168
Der Antrag auf Versicherungspflicht muss durch eine Stelle gestellt werden, die ihren Sitz im Inland hat. Das ist
bei Beschäftigungen im Ausland im Regelfall der Arbeitgeber und
bei den Entwicklungshelfern die Organisation der Entwicklungshilfe.
Praxis-Tipp
Antrag kann formlos gestellt werden
Den Antrag können Sie formlos stellen. Erforderlich ist lediglich, dass zum Ausdruck kommt, dass der Arbeitnehmer
pflichtversichert werden will. Also eine "auf die Willenserklärung gerichtete Formulierung". Wichtig: Geben Sie die
Versicherungsnummer des Arbeitnehmers an!
Der betroffene Arbeitnehmer selbst ist nicht antragsberechtigt. Der Antrag ist an die Deutsche Rentenversicherung Bund zu
richten. Diese trifft auch die Entscheidung über die Versicherungspflicht. Örtliche Versicherungsämter, Stadtverwaltungen und
Sozialversicherungsträger (z. B. Krankenkassen) nehmen den Antrag ebenfalls entgegen.
Achtung
Der Antrag kann nicht wiederrufen werden
Auf eine einmal ausgesprochene Versicherungspflicht kann weder rückwirkend noch mit Wirkung für die Zukunft
verzichtet werden! Sie dauert zwingend so lange an, wie die ihr zugrunde liegenden Voraussetzungen vorliegen.
2.2 Beginn und Ende der Versicherungspflicht
HI2761169
Die Versicherungspflicht beginnt mit dem Tag, an dem erstmals die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht erfüllt sind,
sofern sie innerhalb von 3 Monaten danach beantragt wird. Bei verspäteter Antragstellung tritt die Versicherungspflicht mit dem
Folgetag des Antragseingangs ein. [ 3 ]
Praxis-Beispiel
Beginn der Versicherungspflicht bei Antrag nach Aufnahme der Tätigkeit
Aufnahme der Tätigkeit als
1.9.
Entwicklungshelfer:
Antragseingang:
Beginn der Versicherungspflicht:
23.9.
1.9.
Die Versicherungspflicht beginnt immer frühestens an dem Tag, an dem die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind.
Praxis-Beispiel
Fortsetzung: Beginn der Versicherungspflicht bei Antrag vor Aufnahme der Tätigkeit
Aufnahme der Tätigkeit als Entwicklungshelfer:
Antragseingang:
Beginn der Versicherungspflicht:
1.9.
13.8.
1.9.
Die Versicherungspflicht endet mit Ablauf des Tages, an dem die Voraussetzungen weggefallen sind. [ 4 ]
3 Berechnung der Beiträge
HI2761170
Beitragsbemessungsgrundlage ist das tatsächliche Entgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze. Für Entwicklungshelfer gilt:
Ergibt sich aus dem Durchschnittsentgelt der letzten 3 Monate vor der Auslandsbeschäftigung ein höherer Beitrag, ist als
Ausgangswert für die Beitragsberechnung der Durchschnittswert maßgebend. [ 5 ] Für die Ermittlung des Durchschnittswertes
wird eine Verhältnisberechnung zur Beitragsbemessungsgrenze durchgeführt.
3.1 Höhere Rentenbeiträge für Auslandsbeschäftigte
HI7966370
Für Personen, die für eine begrenzte Zeit im Ausland beschäftigt und daher auf Antrag in der Rentenversicherung
pflichtversichert sind, können für Beschäftigungszeiten ab 1.7.2015 Beiträge aus einer beitragspflichtigen Einnahme in Höhe
von mindestens 0,6667 der Beitragsbemessungsgrenze gezahlt werden.
Voraussetzungen für die höhere Beitragsbemessung
Die Mindestbeitragsbemessungsgrundlage von 0,6667 der Beitragsbemessungsgrenze gilt aber lediglich dann als
beitragspflichtige Einnahme, wenn
sie günstiger (höher) ist als das Arbeitsentgelt und
die Maßgeblichkeit dieser Mindestbeitragsbemessungsgrundlage zwischen Versicherten und antragstellenden
Stellen mit Wirkung für die Zukunft vereinbart wird (künftige Lohn- und Gehaltsabrechnungszeiträume).
Damit sind die antragspflichtversicherten Personen, die für eine begrenzte Zeit im Ausland beschäftigt sind den
Entwicklungshelfern gleichgestellt. Allerdings muss dies vereinbart sein.
Beitragshöhe
Zwei Drittel der Beitragsbemessungsgrenze liegen derzeit bei monatlich 4.133,54 EUR (0,6667 von 6.200 EUR/West). Hieraus
resultiert bei einem Beitragssatz von 18,7 % ein Rentenversicherungsbeitrag von monatlich 772,97 EUR. Diesen trägt nicht der
Versicherte, sondern die Stelle, die die Versicherungspflicht beantragt hat. Dabei handelt es sich oft um caritative und kirchliche
Einrichtungen.
3.2 Tragung der Beiträge
HI3334237
Die Beiträge muss bei Auslandsbeschäftigungen der Arbeitgeber tragen. Bei Entwicklungshelfern muss diese Aufgabe die
entsprechende Organisation übernehmen. Sie ist grundsätzlich verpflichtet, die Beiträge allein und in voller Höhe zu zahlen.
Anders als es sonst bei Arbeitnehmern geregelt ist, dürfen Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Beiträge teilweise oder ganz
erstatten. Auch bei solchen Vereinbarungen bleibt der Arbeitgeber im Verhältnis zur Rentenversicherung der Beitragsschuldner
für den gesamten Rentenversicherungsbeitrag. Der Beitrag gilt als Gesamtsozialversicherungsbeitrag und ist wie die Beiträge
für Arbeitnehmer an die Einzugsstelle abzuführen. [ 6 ] Das ist die Krankenkasse, bei der die Krankenversicherung während des
Auslandsaufenthaltes besteht. Besteht keine Krankenversicherung bei einer deutschen Krankenkasse, bestimmt der
Arbeitgeber die Einzugsstelle.
4 Unfallversicherung
HI2761171
Der Abschluss einer freiwilligen Unfallversicherung [ 7 ] ist möglich für Mitarbeiter bestimmter Branchen. Einige Träger der
gesetzlichen Unfallversicherung haben in ihrer Satzung von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine besondere
Auslandsversicherung einzurichten. [ 8 ]
Eine solche Einrichtung besteht für
die Großhandels- und Lagereiberufsgenossenschaft,
die Berufsgenossenschaft für Feinmechanik und Elektrotechnik sowie für
die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft.
Nähere Auskünfte zur freiwilligen Unfallversicherung erteilt die jeweilige Berufsgenossenschaft.
[ 1 ] § 4 Abs. 3 SGB VI.
[ 2 ] § 5 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI.
[ 3 ] § 4 Abs. 4 SGB VI.
[ 4 ] § 4 Abs. 4 SGB VI.
[ 5 ] § 166 Abs. 1 Nr. 4 SGB IV.
[ 6 ] § 28i SGB IV.
[ 7 ] S. Freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Unfallversicherung.
[ 8 ] § 140 Abs. 2 und 3 SGB VII.