Rundbrief

Hallo zusammen!
Mittlerweile bin ich schon beinahe 3 Monate in Sumbawanga und habe mich
hier schon voll und ganz eingelebt. Jetzt aber erst ein paar allgemeine
Informationen zu Sumbawanga und zum Heim, die ich euch bis jetzt
vorenthalten habe.
Sumbawanga ist die Hauptstadt der Rukwa Region, die ganz im Westen
Tansanias liegt. Es leben 200.000 Menschen in Sumbawanga, aber der Ort hat
trotzdem einen eher dörflichen Charakter mit einer Hauptstraße, an der alle
wichtigen Geschäfte liegen. Ein Großteil des Lebens spielt sich hier auf dem
Markt ab, wo alle Menschen für ihr tägliches Leben einkaufen und sich zum
Beispiel auch ihre Kleidung nähen lassen. Insgesamt ist Sumbawanga sehr in die
Länge gezogen, so dass es nicht so leicht ist, sich einen Überblick über die
Größe zu verschaffen. Viele ehemalige Dörfer gehören jetzt zu Sumbawanga,
weil sich die Stadt in den letzten Jahren stark ausgebreitet hat. Hier wird
generell nicht in die Höhe gebaut wird, sondern alle Häuser bestehen meistens
aus einem Wohnhaus, an das durch einen Innenhof getrennt die Küche und die
Toilette angrenzen. Gerade jetzt, nach der langen Trockenzeit, ist hier die
Wasserversorgung ein sehr großes Problem, was auch wir am eigenen Leib
erfahren. Im Moment zum Beispiel gibt es gar kein fließendes Wasser mehr und
jeder muss Wasser aus dem Brunnen holen. Mit dem Strom gibt es hier,
abgesehen von ein paar Stromausfällen am Tag, aber weniger Probleme.
In dieser schönen Stadt liegt auch unser Einsatzort, das Waisenheim.
Im Waisenheim "St. Martin de Porres" leben im Moment 28 Kinder im Alter von
wenigen Tagen bis zu 5 Jahren. Um diese Kinder kümmern sich die zwei
Nonnen Sister Maria-Stella und Sister Yusta, 28 „Mamas“ und wir zwei
Freiwilligen. Die Mamas sind keine Mamas von Kindern aus dem Waisenheim,
sondern im Prinzip nur Erzieherinnen/ Pflegerinnen für die Kinder. Die Kinder
kommen in das Waisenheim entweder, weil es gar kein lebendes Elternteil gibt
oder - was sehr viel häufiger vorkommt - weil die Mutter bei der Geburt
gestorben ist und der Vater sich nicht um das Kind kümmern kann. Bei solch
einem Kind besteht dann aber eine sehr gute Chance, dass der Vater es nach
ein paar Jahren wieder auf nimmt oder aber, dass ein anderes Familienmitglied
das Kind zu sich nimmt. Ansonsten wechseln die Kinder meistens, wenn sie im
Alter von 6-7 Jahren auf die Primary-School kommen, das Heim, weil "St.
Martin de Porres" eigentlich nur für Kinder bis zu 3 Jahren gedacht ist. Ob es
den Kindern in ihren Familien oder in anderen Heimen gut geht, überprüft
unsere Sozialarbeiterin Noelia mit Hausbesuchen, zu denen wir sie begleiten.
Letzten Montag haben wir zum Beispiel solch einen Hausbesuch gemacht und
dabei zwei Kinder zu Hause in ihren Familien und noch sechs weitere Kinder in
drei verschiedenen Heimen besucht. Wir haben uns dabei danach erkundigt,
wie es den Kindern geht, ob sie zur Schule gehen und ob auch gesundheitlich
alles in Ordnung ist.
Nach der langen Zeit, die ich jetzt schon hier bin, ist es ganz normal für mich,
morgens um halb 8 ins Heim
aufzubrechen und dann dort bis
ein Uhr zu arbeiten. Nachmittags
gehen wir dann nochmals zu viert
ins Heim oder mit ein paar älteren
Kindern zum Soda trinken in die
Stadt. Manchmal nehmen wir
auch ein paar Heimkinder mit zu
uns nach Hause und spielen dort
mit ihnen. Die kleineren Kinder
binden wir uns für den Weg auf
den Rücken, was bei den meisten
Einheimischen für sehr viel
Verwunderung sorgt und den
meisten ein Lächeln ins Gesicht
zaubert. Bei uns zu Hause lernen
die Kinder auch unseren
Wachhund Kalle kennen, der jedes
Mal wieder für großes Geschrei sorgt, obwohl er eigentlich ganz lieb ist.
Mittlerweile habe ich angefangen, jeden Freitag im Kindergarten, der hier auch
„Chekechea“ genannt wird, zu arbeiten und helfe dort beim Lesen, Schreiben
und Rechnen lernen. Denn hier wird bereits im Kindergarten nicht nur gespielt,
sondern schon richtig „gelernt“, wie in deutschen Grundschulen.
Natürlich wird nicht nur gelernt, es gibt auch eine lange Spielpause, in der ich
mit den Kindern "Reise nach Jerusalem", "Verstecken - Freischlagen" oder
andere Spiele spiele.
Manchmal machen wir auch ganz besondere Ausflüge mit den Heimkindern,
wie zum Beispiel zu unserem 2-monatigen „Jubiläum“. Da sind wir mit den vier
ältesten Heimkindern Bahati, Willi, Alfani und Maria zum Lake Tanganyika
gefahren. Dies ist der zweitgrößte See Afrikas und liegt ganz im Westen
Tansanias, ungefähr 2 1/2 Autostunden von Sumbawanga entfernt.
Dort sind wir mit den Kindern schwimmen gegangen, haben Sandburgen
gebaut und leckeres Essen auf einem umgebauten Schiff genossen.
Da Baba Kasuka, der Chef der Caritas Sumbawanga, mit uns gefahren ist, haben
wir auch noch zwei befreundete Priester besucht und unsere ersten
selbstgepfückten Mangos genossen. (Baba Kasuku sieht man auch auf dem
Bild)
Auf dem Rückweg war es
mucksmäuschenstill im Auto, weil
alle Kinder seelenruhig auf unseren
Schößen geschlafen haben. So haben
sie auch den ersten richtigen Regen
dieses Jahres verpasst, denn die
Regenzeit kommt langsam, aber doch
sehr bestimmt näher und überrascht
uns immer mal wieder mit kräftigen
Regenschauern.
Zwei Tage danach war es dann auch
schon soweit - ich hatte Geburtstag!
Der Tag begann wie jeder andere
auch. Gleich nach den ersten
Glückwünschen ging ich wie immer
ins Heim und durfte danach eine
Stunde Sprachkurs genießen.
Anschließend gab es großes Geschenke bzw. Pakete auspacken! An dieser
Stelle noch mal ganz lieben Dank an all diejenigen, die an diesem Tag an mich
gedacht haben!
Danach kamen meine Geburtstaggäste: zwei befreundete Nonnen und die
Sozialarbeiterin Noelia aus dem Heim sind zu Besuch gekommen und haben mit
uns Geburtstagskuchen gegessen. Am Abend sind wir dann noch zusammen
essen gegangen! Es war wirklich ein sehr schöner Geburtstag, auch wenn er
mal ganz anders war als zu Hause!
Ein weiteres Highlight der letzten Woche war, als wir es nach fast drei
Monaten Aufenthalt in Sumbawanga endlich einmal geschafft haben,
zusammen mit unserem Baba Kasuku ganz Sumbawanga mit dem Auto zu
erkunden. Ich hatte ja schon oben erwähnt, dass Sumbawanga ein sehr
langgestreckter Ort ist, so dass wir vorher ohne Auto noch nie die Gelegenheit
hatten, den ganzen Ort kennen zu lernen. Es war wirklich sehr interessant, weil
Baba unglaublich viele Menschen hier kennt und wir fast all diesen Menschen
auch vorgestellt wurden und zum Beispiel auch eine Besichtigungstour in der
Mädchenprivatschule St. Theresia hatten. Dort wurden wir auch sehr offen und
freundlich empfangen. Das war vor allem deshalb sehr witzig, weil man das
Gefühl hatte, dass mindestens die Hälfte der Mädchen bei dem Anblick von
Phillip und Simon beinah in Ohnmacht gefallen sind. Anscheinend kommen
nicht sehr oft Jungen dorthin.
Nächste Woche werden uns die Freiwilligen aus Iringa besuchen und in der
darauf folgenden Woche heißt es für uns schon Koffer packen, denn unsere
große Reise beginnt.
Wir werden zuerst mit der Liemba, einem sehr alten, deutschen Boot, über den
Lake Tanganyika schippern. Von dort aus geht es über Kigoma zu den RuandaFreiwilligen nach Kigali und mit ihnen zusammen werden wir die UgandaFreiwilligen in Kampala besuchen. Weiter führt unser Weg dann über Dar es
Salam nach Zanzibar, wo wir Weihnachten und Silvester verbringen werden.
Zum Zwischenseminar fahren wir danach wieder nach Dar es Salam und dann
endlich wieder nach Hause nach Sumbawanga!
Wir freuen uns wirklich alle sehr auf unsere Reise, auch wenn es bestimmt
zwischenzeitlich sehr anstrengend wird. Genaue Berichte gibt es dann im
Anschluss an unserer Reise!
An dieser Stelle wünsche ich euch allen daher schon jetzt eine gute
Adventszeit, ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch
in das Jahr 2016! Genießt die Weihnachtsplätzchen und die Weihnachtszeit für
mich mit!
Tausend liebe Grüße aus Sumbawanga
Eure/ Ihre
Judith
PS: Die beiden anderen Freiwilligen in Sumbawanga, Julia und Phillip, arbeiten
in der Chuo Cha Ufundi Katandala als Lehrer für Mathematik und Englisch. Hier
gibt es jedes Jahr ein sogenanntes Stipo-Projekt (Stipendiumsprojekt). Dabei
wird von Menschen in Deutschland die Patenschaft für eine Schülerin/ einen
Schüler übernommen. Die SchülerInnen, um die es sich dort handelt, sind
zumeisten Waisen und könnten sich ohne eine Unterstützung aus Deutschland
keine Ausbildung an der Chuo Cha Ufundi leisten. Die Patenschaft geht über die
3 Ausbildungsjahre und kostet pro Monat 30 Euro. Das ist eine Menge Geld,
aber es können sich auch mehrere Familien zusammentun und einen StipoSchüler zusammen übernehmen. Bei Interesse oder weiteren Fragen meldet
euch doch einfach noch einmal bei mir.