zuckersüß - Klinik Bad Wörishofen

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zuckersüß
Ein Genuss-Ratgeber
des Ernährungsberatungsteams
Monika Kraus & Sabine Seegets
Zucker – Genussmittel
!
Zucker gehört zu den hoch konzentrierten
Koh­lenhydraten und liefert dem Körper
schnell verfügbare Energie. Innerhalb
weniger Minuten steigen Blutzuckerspiegel,
Leis­tung und Sättigungsgefühl steil an.
Dieser Effekt ist jedoch von kurzer Dauer:
Danach sackt die Leistung wieder ab, der
Hunger meldet sich erneut und der Griff nach
weiter­er schnell verfügbarer Energie in Form
von Schokolade oder Keksen ist vorprogram­
miert.
Zucker wird deshalb als „leerer“ Energie­
lieferant bezeichnet und sollte als Genuss­
mittel angesehen werden.
Machen Sie‘s besser!
Anstatt zuckerhaltiger Lebensmittel wählen
Sie besser Kohlenhydrate aus Vollkorn­produk­
ten, Kartoffeln, Reis, Nudeln, Gemüse und
Obst. All diese Kohlenhydrate müssen vom
Körper in Zucker umgewandelt werden, bevor
dieser nach und nach ins Blut gelangen kann.
Leistung und Sättigung nehmen kontinuier­
lich zu und halten lange an. Zudem liefern
uns diese Lebensmittel reichlich Vi­ta­­mine,
Mineralstoffe, Ballaststoffe und sekundäre
Pflanzenstoffe, die Zucker nicht besitzt.
Lebensmittel-Check
Um 1800 lag in Deutsch­land der jährliche
Pro-Kopf-Verbrauch an (Haushalts-) Zucker
bei 2 kg, hundert Jahre später bei 13 kg.
Aktuell liegt der jährliche Durchschnittsver­
brauch bei 45 kg. Das entspricht einer Ver­
zehrmenge von 125 g bzw. 50 Stück Würfel­
zucker täglich.
So viel Würfelzucker stecken drin:
150 g Fruchtjoghurt
11 Stück
5 Gummibärchen
3 Stück
1 Schoko-Schaumkuss
7 Stück
100 g Vollmilchschokolade
24 Stück
200 ml Apfelsaft
ohne Zuckerzusatz
10 Stück
200 ml Cola
9 Stück
200 ml Cola light, zero
0 Stück
200 ml Eistee
5 Stück
200 ml Kakaotrunk
7 Stück
Etikett und Zutaten richtig lesen
Die Zutatenliste für verpackten Pro­­duk­te ist
gesetzlich vorgeschrieben. Alle In­halts­stoffe
müssen in absteigender Reihenfolge des
Gewichtsanteils aufgeführt sein. Das heißt
im Klartext: Was als erstes angeführt ist, ist
mit dem größten Anteil enthalten usw.
Enthält das Lebensmittel Zucker, so steht
auf dem Etikett: „mit Süßungsmittel“ bzw.
bei einer Kombination „mit Süßungs­
mitteln“. Enthält ein Produkt sowohl Zucker
als auch Süßstoff, lautet die Aufschrift: „mit
einer Zuckerart und Süßungsmittel“, bzw.
„mit Zuckerarten und Süßungsmitteln“. Die
verwendeten Zucker und Süßstoffe werden
in der Zutatenliste aufgeführt.
Zucker hat viele Namen
Machmal erkennt man nicht auf den ersten
Blick, dass es sich um ein zuckerhal­tiges
Produkt handelt: Denn nicht immer steht
Zucker drauf, wenn Zucker drin ist.
Vielmehr findet Zucker in Lebensmitteln in
verschiedenster Art und Weise Verwendung:
Alles Zucker
 Saccharose: ist Haushaltszucker, Rohr- und
Rübenzucker, Raffinade, Weißzucker, Kris­
tall­zucker usw. Zucker gibt es in den ver­
schiedensten Formen und Körnungen, die
Substanz ist jedoch immer die gleiche.
 Rohzucker / andere braune Zuckersorten:
enthalten 90 % Haushaltszucker und Reste
an Melasse, die auch die braune Farbe be­
wirken. Der Gehalt an weiteren Nährstoffen
ist unbedeutend. Daher wird manchmal
spöt­tisch gesagt, braune Zucker seien nicht
ge­sünder, nur schmutziger.
 Traubenzucker: ist Dextrose oder Glukose
und wird im Handel normalerweise aus
Kar­toffel- oder Maisstärke hergestellt. Er
ist chemisch genauso aufgebaut wie der
„Zucker im Blut“ und geht bei der Verdauung
sofort in den Blutkreislauf.
 Fruchtzucker: ist in allen Früchten enthal­
ten und liefert den gleichen Energiegehalt
wie unser Haushaltszucker. Er zählt zu den
Zuckeraustauschstoffen und findet häufig in
Diätprodukten Verwendung.
 Stärkezucker: unter diesem Begriff sind alle
Zucker zusammengefasst, die aus Stär­ke
hergestellt wurden, z. B. aus Maisstärke.
Dazu gehören unter anderem Isoglucose
(Mais­sirup), Stärkesirup, Glukosesirup,
Fructosesirup und Maltodextrin.
 Invertzucker: Durch Auflösung (mit Säure
oder Enzymen) von Saccharose gewonnenes
Gemisch aus Trauben- und Fruchtzucker im
Verhältnis 1:1.
 Honig: die Bedeutung des Honigs wird weit
überschätzt. Abgesehen von den senso­r­ischen Eigenschaften gibt es keinen er­
kenn­baren Vorzug gegenüber vergleich­
baren Zuckergemischen. Honig weist den
Vorteil auf, dass aufgrund seines Aromas
eine sparsame Verwendung und somit eine
Zuckereinsparung möglich ist.
Außerdem gibt es auf der Zutatenliste wei­
tere Stoffe, die Lebensmitteln einen süßen
Geschmack verleihen:
 Zuckeraustauschstoffe: wie Sorbit, Xylit,
Mannit, Isomalt, Maltit oder Lac­
tit enthalten etwa 40 % weniger
Kalorien und sind zahnfreundlich
 Zuckerersatzstoffe (= Süßstoffe): dienen
als kalorienfreier Zuckerersatz
 natürlich vorkommende Süßstoffe:
Neo­hes­peridin DC (DihydroChalcon),
Thaumatin und Aspartam,
 Synthetisch hergestellte Süßstoffe:
Saccharin, Cyclamat, Acesulfam K (Ka­
liumsalz), Sucralose und AspartamAcesulfam­salz
Was bedeutet eigentlich:
 zuckerarm: das Produkt darf bei festen Lebens­
mitteln nicht mehr als 5 g Zucker pro 100 g oder
bei flüssigen Lebensmitteln 2,5 g Zucker pro
100 ml enthalten.
 zuckerfrei: das Produkt darf höchstens 0,5 g
Zucker pro 100 g bzw. ml enthalten.
 ohne Zuckerzusatz: das Produkt darf keine zu­
gesetzten Einfach- (Frucht-, Trauben- oder
Schleimzucker) oder Zwei­fachzucker (Haus­
halts-, Malz- oder Milch­zucker) oder irgendein
anderes wegen seiner süßen Wirkung verwen­
detes Lebensmittel enthalten.
 von Natur aus süß / natürlich süß: Er­füllt ein
Lebensmittel von Natur aus diese Be­ding­ung,
so darf vor dieser Angabe der Ausdruck „von
Natur aus / natürlich süß“ stehen.
 reduzierter Zuckeranteil: das Produkt muss
mindestens eine 30%-ige Zuckerreduktion
ge­gen­über einem vergleichbaren Lebensmittel
aufweisen.
 leicht: das Produkt muss die gleichen Be­din­
gungen wie bei der Angabe „reduziert“ erfüllen.
Die Angabe muss außerdem mit einem Hinweis
auf die Eigenschaften, die das Lebensmittel
„leicht“ machen einhergehen.
Macht Zucker zuckerkrank?
Wenn unser Körper Zucker nicht mehr rich­
tig verarbeiten kann, spricht der Volksmund
schnell von Zuckerkrankheit. Dabei ist es
nicht der Zucker, der krank macht, sondern
eine Fehlfunktion unseres Stoffwechsels.
Ein mäßiger Verzehr von Zucker in Lebens­
mitteln und Getränken scheint nachweis­
lich kein Risiko für die Entstehung von Stoff­
wech­sel­erkrankungen zu sein und erhöht
somit nicht das Diabetesrisiko. Die WHO
(World Health Organization) gibt als Ziel
an, die Zufuhr an zugesetzten Zucker­arten
auf weniger als 10 % der Ener­gie­zufuhr zu
begrenzen. Bei einer täglichen Zufuhr von
2.000 Kilo­kalo­rien bedeutet dies für den All­
tag knapp 50 g Zucker täglich.
Gut zu wissen
Es gibt viele Möglichkeiten über den Tag ver­
teilt Zucker zu sparen und trotzdem zu ge­
nießen:
 Stillen Sie Ihre Lust auf Süßes mit kleinen
Portionen. Wenn Sie eine aufgerissene
Tüte nicht liegen lassen können, kaufen
Sie einfach kleinere Verpackungseinheiten!
 Wählen Sie zuckerfreie Durstlöscher!
 Fertigprodukte wie Fruchtjoghurt oder
Pudding haben meist einen sehr hohen
Zuckergehalt, besonders wenn der Fett­
gehalt reduziert ist. Bereiten Sie deshalb
diese Speisen selbst zu und bestimmen
Sie so die Zuckermenge!
 Bei selbstgebackenem Kuchen können
Sie die Zucker­angaben des Rezepts bis zu
einem Drittel reduzieren!
 Naschen Sie bewusst und mit Genuss denn „weniger ist oft mehr“!
Zuckerreduzierte Lebensmittel müssen
nicht zwangsläufig langweilig schmecken.
Bereiten Sie sich Ihren „süßen Genuss“
ganz einfach selbst zu!
Karotten-Nuss-Torte
Zutaten:
4 Eier
120 g Zucker
30 g Speisestärke
1 TL Backpulver
300 g gemahlene Haselnüsse
300 g Karotten
1 EL Rum
Zubereitung:
Eier mit Zucker zur Schaummasse aufschlagen;
mindestens acht Minuten rühren! (Das Trennen
der Eier ist dabei nicht unbedingt notwendig.)
Stärke und Backpulver zu den gemahlenen Nüssen
sieben.
Karotten waschen, schälen und grob raffeln. Rum
unter die geraffelten Karotten mischen. Nüsse und
Karotten auf die Schaummasse geben und vorsich­
tig unterheben. Den Boden der Springform mit
Back­papier oder Dauerbackfolie auslegen und den
Teig einfüllen.
Im vorgeheizten Ofen bei 180° C ca. 45 Minuten ba­
cken. Den Kuchen vom Springformrand lösen und
auskühlen lassen. Stürzen, Backpapier, bzw. Dau­
erbackfolie abziehen und den Kuchen in 12 Stücke
schneiden.
1 Stück enthält:
17,4 g Fett / 246 Kalorien / 1 BE
10 g Zucker (= 4 Stück Würfelzucker)
Schokopudding
Zutaten:
30 g Speisestärke
500 ml Milch (1,5 % Fett)
8 g Kakaopulver stark entölt
20 g Zucker
Zubereitung:
Stärke mit etwas Milch anrühren. Die restliche
Milch zum Kochen bringen. Kakaopulver darin auf­
lösen und Zucker zugeben. Die angerührte Stärke
in die kochende Milch einrühren und einmal auf­
kochen lassen. Den Pudding gleichmäßig in vier
Schälchen verteilen.
1 Portion enthält:
2,3 g Fett / 112 Kalorien / 1,5 BE
5 g Zucker (= 2 Stück Würfelzucker)
Kleine Genuss-Schule
Erlauben Sie sich Genusspausen im Alltag, in
de­nen Sie die Langsamkeit zelebrieren. Genuss
braucht Zeit, Verweilen und Beschaulichkeit. Für
den Genuss ist nicht alleine die Zeitdauer ent­
scheidend. Denn auch fünf Minuten können Ih­
nen völligen Genuss und Wohlbefinden bringen.
Selbst ein paar Sekunden bescheren Ihnen ein
intensives Genusserlebnis wenn Sie diese im
„Hier und Jetzt“ erleben.
Richten Sie Schokolade, Gummibärchen oder
was sonst noch gut schmeckt her. Schließen Sie
die Augen. Lassen Sie sich beim Schmecken und
Kauen Zeit. Sprechen Sie nicht, das lenkt ab.
Neh­men Sie Geschmack und Konsi­stenz be­
wusst wahr. Es liegt in der Natur der Sache,
dass wir Dinge, die wir mögen, unbegrenzt ha­
ben möchten. Doch bei einem Überangebot ist
kein Genuss möglich. Deshalb ist „weniger oft
mehr“.