Prophetie Daniel

Daniel 7 – 11
Vorbemerkung: Für die Prophetien Daniels gibt es ebenso wie für die Offenbarung
unterschiedliche Deutungsmöglichkeiten. Selbst die Übersetzungen unterscheiden sich an
manchen Stellen deutlich. Welche Deutung letztlich richtig ist, können wir nicht
endgültig entscheiden. Ich habe aus den verschiedenen Deutungen bestimmter Stellen
jeweils diejenige ausgewählt, die mich am meisten überzeugt hat und sich auch gut in den
Kontext der gesamten Bibel einordnen lässt.
1. Erfüllte Prophetie bei Daniel
In Daniel 2 wird vom Traum des Nebukadnezar berichtet, den Daniel wiedergeben und
deuten kann. Er schaute ein großes Standbild mit einem goldenen Haupt, die Brust und die
Arme waren aus Silber und seine Lenden aus Bronze, seine Beine aus Eisen und die Füße mit
den zehn Zehen aus einer Mischung von Eisen und Ton. Mit diesem Bild werden die großen
Weltreiche dieser Erde beschrieben, zeitlich gegliedert von oben nach unten. Ob dabei die
Materialien einen Verfall an Qualität oder Moral anzeigen sollen, kann nicht mit Sicherheit
gesagt werden. Gold steht dabei für Babylonien/Assyrien (1800-539 v. Chr.), Silber für das
Nachfolgereich der Meder und Perser (Medopersien), Bronze für das
griechisch/makedonische Weltreich mit Alexander, dem Großen, und den 4
Diadochenreichen, Eisen für das römische Weltreich und eine Mischung aus Eisen und Ton
(teils hart, teils weich) für die zwei Reiche West- und Ostrom sowie die Nachfolgestaaten des
römischen Reichs mit den 10 Königreichen (10 Zehen).
Danach kommt Gottes Reich und wird alle anderen Reiche zerstören durch einen
losgebrochenen Stein und nicht durch Menschenhände und ewig bestehen. „Der Stein aber
wuchs zu einem großen Berg, der die ganze Erde erfüllte“. Er ist ein lebendiger Stein
(Wachstum!) und der Berg steht wohl für die Wohnung Gottes. Dieser Stein ist Christus, als
Grundstein, bewährter Stein und kostbarer Eckstein (Jes. 28,16), auch als Stein, den die
Bauleute verworfen haben und der zum Eckstein wird (Ps. 118,22). Das Gottesreich fängt
also ganz klein (als losgebrochener Stein) an und wird am Ende die ganze Welt erfüllen. Die
letzte Erfüllung steht dabei noch aus.
In Daniel 7 wird die Schau der zukünftigen Welt, nun durch Gesichte Daniels, weiter
präzisiert und erweitert. Jetzt werden die Weltreiche durch Tiere beschrieben, die aus dem
Völkermeer der Geschichte aufsteigen. Das erste Tier und damit Weltreich war wie ein Löwe
und hatte Flügel wie Adler (Jer. 4,7+13, Hes. 17,3), dies spricht für seine Stärke und dass
sein König vergöttert wurde (Flügel!). Aber dann werden ihm die Flügel ausgerissen und es
wird wie ein Mensch auf zwei Füße gestellt, dies kann sich auf Nebukadnezars Entmachtung
in Kapitel 4 beziehen oder ganz allgemein auf die Entmachtung des ersten Weltreichs
Babylonien durch Medopersien (s: Dan. 5, wo Belsazar zu einem schwachen Menschen wird).
Löwe und Adler waren Symbole für Babylon.
Das zweite Weltreich wird als Bär beschrieben, der einen gewaltigen Appetit hat, er frisst,
obwohl er noch drei Rippen zwischen den Zähnen hat. Dies trifft auf Medopersien zu, das
gerade Babylonien, Ägypten und Lydien (Kleinasien) erobert (gefressen) hatte, bevor es sich
nach Süden wendete. Dass der Bär auf der einen Seite aufgerichtet war, kann heißen, dass
sich Persien als mächtiger als Medien erwies, die medischen Könige waren später nur noch
Unterkönige des persischen Königs.
Das dritte Tier war wie ein Panther (Leopard) und hatte vier Köpfe. Der Panther ist für seine
Schnelligkeit und Geschicklichkeit bekannt, Alexander eroberte sein gesamtes Weltreich in
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vier Jahren. Nach seinem Tod wurde es in 4 Teile geteilt und an vier seiner griechischen
Feldherren, Diadochen genannt, gegeben, das ist mit den vier Köpfen gemeint.
Das vierte Tier hatte keinen Tiernamen, es war schrecklich und hart mit großen Zähnen aus
Eisen (s. Dan. 2). Dies kann nur das römische Weltreich sein, das an Größe, Macht und
militärischer Stärke alle bisherigen Reiche übertraf. In Dan. 2,41 wird es als geteiltes
Königreich geschildert, dies wurde durch die Teilung 395 in ein Weströmisches und ein
Oströmisches Reich (Byzanz bzw. Konstantinopel) Wirklichkeit, wobei militärisch Ostrom
stark (Eisen) und Westrom schwach (Ton) war. Aus diesem römischen Weltreich erwachsen
dann 10 Nachfolgereiche (geringerer Macht), dies könnten vielleicht Nationen europäischen
Ursprungs sein. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation existierte offiziell von 962
(eigentlich schon ab 800, als Karl der Große in Rom als Nachfolger der römischen Kaiser
gekrönt wurde) bis 1806. Spanien, Frankreich und Großbritannien waren auch Weltreiche
ebenso wie die USA und Russland (evtl. auch noch Portugal und Niederlande/Belgien).
Wenn man mehr auf den antichristlichen Aspekt des römischen Reiches und seiner
Nachfolger setzt, könnte man auch Nero, Severus, Decius, Valerian, Diokletian, Napoleon,
Hitler und Stalin als Herrscher nennen.
In Daniel 8 wird das Gesicht über Medopersien und Griechenland einschließlich der
Diadochenreiche weiter verfeinert. Medopersien wird hier als Widder mit zwei Hörnern
gekennzeichnet. Ein Horn steht immer für eine Macht oder einen Herrscher. Bei den zwei
Hörnern handelt es sich also um Medien und Persien. Das größere Horn steht für Persien, die
Macht lag zuerst bei den Medern und später mit größerer Macht bei den Persern. Die Perser
drangen nach Norden, Süden und Westen vor, aber nicht nach Osten. Zwei Jahrhunderte lang
war das Persische Reich nicht zu bezwingen.
Dann taucht plötzlich von Westen her ein Ziegenbock auf, der steht für
Griechenland/Makedonien und das ansehnliche Horn zwischen seinen Augen ist Alexander
der Große. Er kommt so schnell, dass es erscheint, als käme er angeflogen und erobert bei
Issos 333 Kleinasien und in seinem weiteren Sturmlauf Syrien, Phönizien, Israel und
Ägypten. Danach wendet er sich, sozusagen von der Seite kommend, gegen Medopersien und
zerschmettert die beiden Hörner des Widders, Medien und Persien. Anschließend erobert er
alle östlichen Gebiete bis Indien. Wenige Jahre später stirbt er in Babylon vermutlich an
Malaria. Nachdem also das große Horn (Alexander) zerbrochen war, wuchsen an seiner Stelle
vier Hörner empor und zwar waren das vier griechische Feldherren Alexanders, die so
genannten Diadochen. Unter diesen erwiesen sich zwei, Seleukos und Ptolemaios als die
stärksten, Ptolemaios herrschte in Ägypten, Libyen und Kusch, Seleukos über Syrien und
Babylonien, später auch über Kleinasien. In Kapitel 11 wird sehr ausführlich über die Kämpfe
der Seleukiden (die Könige hießen Seleukos oder Antiochos) mit den Ptolemäern (die
Könige bzw. Pharaonen hießen Ptolemaios oder Kleopatra). Diese Kämpfe gingen immer
wieder um die Länder zwischen den beiden Reichen, nämlich Phönizien, Israel und die
Nachbarstaaten. Die Seleukiden-Könige wurden als Könige des Nordens, die PtolemäerKönige als Könige des Südens bezeichnet.
Wenn Daniel so ausführlich über diese Kämpfe berichtet, dann deswegen, weil dies für Israel
von enormer Bedeutung war, fiel das Land doch dauernd von einer Vorherrschaft in die
andere mit zugehöriger Ausbeutung. Was hier beschrieben wird, kann geschichtlich
genauestens nachgewiesen werden. Nur ein Beispiel: In Dan. 11,6 steht: „Und nach Ablauf
einer Reihe von Jahren werden sie eine Allianz schließen, und die Tochter des Königs des
Südens wird zum König des Nordens kommen, um Frieden zu machen. Aber sie wird die
Kraft des Armes nicht behalten, und auch er wird nicht bestehen, und auch nicht sein Arm
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(Kind bzw. Sohn), und sie wird dahingegeben: sie, und die sie kommen ließen, und der, der
sie zeugte, und der, der sie ergriff in diesen Zeiten.“ Die Geschichte berichtet, dass Antiochos
II die Tochter des Ptolemaios II Berenike heiratet und seine Frau Königin Laodike, die
Gründerin von Laodicea, verstößt. Diese rächt sich aber und lässt Antiochos II, Berenike und
deren gemeinsamen Sohn umbringen und auch Ptolemaios II stirbt fast gleichzeitig.
Das kleine Horn, das aus einem der Diadochenreiche (8,9), nämlich dem Seleukidenreich,
hervorging, ist Antiochos IV Epiphanes (Offenbarer (Gott)) (175 -164 v. Chr.). Er
bezeichnete sich selbst als Gott und ist ein Modell des Antichristen. Das Land der Zierde ist
Israel und auch der Ausdruck „Heer des Himmels“ ist wohl ein Sinnbild für das Volk Gottes
Israel, und die Sterne (Stars) stehen dann für hervorragende Personen aus Israel und der Fürst
des Heeres müsste danach der Hohepriester sein. In Kapitel 11, 29-39 wird das schändliche
Handeln des Antiochos IV noch ausführlicher beschrieben.
Es gab damals zwei Gruppen unter den Juden, die hellenistische Partei (die Liberalen) und
die Gott getreuen Juden. Antiochos IV verbündet sich mit den Hellenisten und verführt sie
vollends zur Gottlosigkeit, aber gerade dieser Abfall stärkt diejenigen, die treu zu Gott halten,
es ist wie ein Weckruf für sie. Zur bestimmten Zeit (d. h. alles Geschehen ruht in Gottes
Händen) wird dieses Unglück durch Antiochos IV über Israel hereinbrechen Aus der
Geschichte wissen wir, dass im Jahr 167 v. Chr. der Steuereintreiber von Antiochos IV an
einem Sabbat über Jerusalem herfiel, die Stadt plünderte und Brände legte, die Stadtmauern
einriss und viele Einwohner tötete und viele als Gefangene mitnahm. Ein Edikt von König
Antiochos IV Epiphanes verbot das tägliche Opfer, hob die Sabbate und Feste auf, verbot die
Beschneidung und bestrafte den Besitz heiliger Schriften mit dem Tode. Die Gesetzbücher
wurden verbrannt und der Tempel dem Gott Zeus Olympios geweiht und ein Zeus-Standbild
im Tempel aufgestellt Aus dem Brandopferaltar wurde ein Zeusaltar und man schlachtete
Schweine darauf. Und dabei machte ein Teil der Priesterschaft noch mit (man denke an die
Deutschen Christen unter Hitler!). Dies ist der Gräuel der Verwüstung, den auch Jesus in
Matth. 24,15 erwähnt (in Bezug auf die Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n. Chr., aber auch
auf die Endzeit).
Der hochmütige und ränkevolle Antiochos IV Epiphanes stirbt ganz ohne Menschenhand
plötzlich und unerwartet, Gott hat ihm seine Grenze gesetzt. In Dan. 8,14 heißt es, dass die
schlimme Zeit 1150 Tage dauern wird (auf die Opfer bezogen, zwei pro Tag). Geschichtlich
weiß man, dass die Tempelentweihung am 6. Dez. 167 v. Chr. und die Wiederherstellung des
Tempels sowie der Mauern Ende Januar 163 v. Chr. stattfand, dazwischen liegen also
ziemlich genau 1150 Tage. Flavius Josephus schreibt, dass der jüdische Opferdienst 3 ½
Jahre lang unmöglich war. Dass die treu zu Gott haltenden Juden erstarkten, erkennen wir
daran, dass sich unter dem Hasmonäer Mattathias und seinem Sohn Judas Makkabäus die
Juden durch einen Aufstand eine weitgehende Unabhängigkeit erreichten, die endgültige
Befreiung gelang erst 142 v. Chr.. Danach war Juda für ca. 80 Jahre unabhängig, bevor 63 v.
Chr. die Römer unter Pompejus Juda unterwarfen.
Der Fürst der Fürsten ist Gott und Michael ist ein Engelfürst, und zwar für Israel (und die
Gemeinde Jesu).
Eine ganz wichtige Stelle im Danielbuch ist Kap.9, 24-27. Eine Jahrwoche (auch Sabbatjahr
genannt (3. Mose 25,8) ist ein Zeitraum von 7 Jahren. Was ist das Ziel dieser 70 Jahrwochen
bzw. Sabbatjahre (man vergleiche mit den 70 Jahren Gefangenschaft in Babylon als Sühne für
die ausgefallenen Sabbate):
1. Den Frevel zu beenden, d.h. das Ende der Gesetzesübertretung.
2. Die Sünde zu versiegeln, d.h. die Wirkungsmacht der Sünde soll aufhören.
Beides setzt eine Neuschöpfung voraus.
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3. Die Schuld zu sühnen. Nicht wie an Yom Kippur jedes Jahr neu, sondern eine endgültige
und einmalige Sühne für die Schuld.
4. Eine ewige Gerechtigkeit herbei zu führen (s. Röm. 3,24-25). In 2. Kor. 5,21 heißt es „dass
wir würden in ihm die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt“.
5. Gesicht und Propheten zu versiegeln, d.h. die endgültige Bestätigung dessen, was die
Propheten verkündigten, also die Erfüllung des Gesagten.
6. Ein Allerheiligstes zu salben. Jesus als der Gesalbte (Messias) Gottes ist zugleich das
Opfer als auch der Gnadenthron (Sühnort) des Allerheiligsten.
Die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus war eine Neuschöpfung (der neue Adam), nur
durch ihn konnten Frevel und Sünde ihr Ende finden und die Schuld gesühnt werden, durch
ihn erlangen wir die (ewige) Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, und durch sein Erscheinen
wurden die Gesichte und Zukunftsaussagen der Propheten bestätigt.
Alle sechs Aussagen wurden durch Jesus erfüllt, d.h. Daniel sagt in diesen Zeilen aus, dass
nach 69 (s. u.) Jahrwochen der Christus kommen wird.
In Jer. 30,18 steht: „Siehe, ich will das Geschick der Zelte Jakobs wenden und über seine
Wohnungen will ich mich erbarmen. Und die Stadt wird aufgebaut werden auf ihrem
Schutthügel und der Palast wird wieder stehen auf seinem rechtmäßigen Platz“ und auch in
Jer. 31, 18-28 wird der Wiederaufbau von Jerusalem angekündigt. Diese Ankündigung
geschah im Jahr 588/587 v. Chr..
49 Jahre (= 7 Jahrwochen) später, d.h. 539/538 v. Chr. erscheint der Perserkönig Kyros
(Kores), der 538 einen Erlass zum Wiederaufbau Jerusalems gab. Er wird in Jes. 45,1 als
Gesalbter des Herrn bezeichnet, er ist der neue König (Fürst) von Persien (s.a. Jes. 44,28). Ab
wann kann man Jerusalem als wieder aufgebaut ansehen? Dies kann nur nach dem Tempelbau
durch Esra und dem Mauerbau durch Nehemia (ab 444 v. Chr.) sein, der Mauerbau geschah
(ebenso wie der Tempelbau) in der Bedrängnis der Zeiten (die auch weiter blieb) und der
Aufbau dürfte etwa um 440 v. Chr. beendet gewesen sein. Rechnet man von diesem Jahr aus
62 Jahrwochen (= 434 Jahre) dazu, so kommt man zum Jahr 6 v. Chr., das dürfte das Jahr von
Jesu Geburt sein (Herodes starb bereits 4 v. Chr.).
Danach (ohne genaue zeitliche Angabe) fängt die 70. Jahrwoche an, „es wird ein Gesalbter
ausgerottet werden (oder die Todesstrafe erleiden) und keine Hilfe finden“. Genau das ist bei
Jesus geschehen, er hat die Todesstrafe (Tod am Kreuz) erlitten und er hat keine Hilfe
gefunden, weder von Gott („Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?) noch von
den Menschen, denn alle seine Jünger (Mark. 14,50) verließen ihn.
„Und das Volk eines kommenden (Schlachter: zukünftigen) Fürsten wird die Stadt und das
Heiligtum zerstören, aber dann kommt das Ende durch eine Flut und bis zum Ende wird es
Krieg geben und Verwüstung, die längst beschlossen ist (bei Gott). Er wird aber stark (oder
schwer) machen einen Bund für die vielen eine Jahrwoche lang. Und in der Mitte der
Jahrwoche wird er Schlachtopfer und Speisopfer abschaffen und zwar auf den Flügeln der
Gräuel des Verwüsters bis zur beschlossenen Vertilgung des Verwüst-ers (-eten).“ Dieser
Text ist vielleicht absichtlich doppeldeutig, denn es kann sowohl stark als auch schwer heißen
und es stellt sich die Frage, auf was bezieht sich das Wort „er“. Bezieht man „er“ auf den
Fürsten und übersetzt mit „schwer“, passt es für die späteren Wiederholungen der 70.
Jahrwoche. Bezieht man „er“ auf Gott oder den Gesalbten und verwendet man die
Übersetzung „stark machen“, so muss man die 70. Jahrwoche ansetzen von ca. 27-34 n. Chr.
Sie beginnt mit dem Auftreten Johannes, des Täufers, und läuft dann weiter mit Jesu Tod und
Auferstehung in der Mitte der Zeit im Jahr 30, danach folgt die Ausgießung des Heiligen
Geistes, die Steinigung des Stephanus, die Verfolgung und Vertreibung der Christen, der
Beginn der Heidenmission und die Berufung des Paulus zum Heidenmissionar (damit wurde
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der Bund eine Jahrwoche lang stark gemacht). Der starke Bund für die vielen war der Neue
Bund durch Jesu Blut, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden (Matth. 26,28
Luk. 22,20). Der Neue Bund ist stark, weil auch der ärmste Sünder ihn für sich in Anspruch
nehmen kann, und für die vielen, weil er für alle Völker der Erde offen ist. In der Mitte dieser
Jahrwoche kam es zu Jesu Tod und Auferstehung. Dadurch wurde dem israelitischen
Opferdienst ein Ende bereitet, d.h. er wurde sinnlos, weil er nicht mehr wirksam war. In Heb.
10,18 heißt es „Wo aber die Sünden vergeben sind, gibt es kein Opfer mehr für sie“.
Am Yom-Kippur-Tag wurden zwei makellose Ziegenböcke genommen, der eine Ziegenbock
wurde getötet und sein Blut ins Allerheiligste gespritzt, auf den zweiten Ziegenbock wurden
durch den Hohepriester die Sünden des ganzen Volkes gelegt und der Ziegenbock dann in die
Wüste gejagt. Zuvor hatte man ihm ein rotes Tuch um den Hals oder die Hörner gebunden.
Wenn der Ziegenbock später wieder auftauchte, war das Tuch wie durch ein Wunder immer
weiß geworden und das bedeutete, dass die Sünden des Volkes von Gott vergeben worden
waren. Im jüdischen Talmud steht nun drin, dass 40 Jahre vor der Zerstörung Jerusalems (also
im Jahre 30, dem Jahr von Jesu Tod und Auferstehung) dieses Tuch aufhörte, weiß zu
werden. Die Bedeutung dessen kann nicht eindeutiger sein. Aber hier gilt für die jüdischen
Priester, was auch sonst oft beobachtet werden kann: was man nicht sehen oder wahrhaben
will, das sieht man nicht.
Dem Opferdienst wird ein Ende bereitet auf den Flügeln der Gräuel des Verwüsters, d.h. der
Römer, die Jesus töten und damit unbeabsichtigt den Neuen Bund einleiten und zwar unter
dem Feldzeichen des Legionsadlers mit seinen Flügeln, das wegen des Bilderverbots (2.
Mose 20,4) von den Juden für ein Gräuel gehalten wurde.
Aber diese 70. Jahrwoche hat in den Jahren 66-73 n. Chr. eine zweite Erfüllung gefunden, auf
die Jesus in Matth. 24,15 hingewiesen hatte. Jerusalem wurde seit 66 n. Chr. von den Römern
belagert, weil aber Nero starb und dann ein Kampf um die Nachfolge einsetzte
(Vierkaiserjahr 68) kam es nicht zum Angriff. Vespasian, der Belagerer, wurde 69 neuer
Kaiser in Rom und er schickte seinen Sohn Titus nach Jerusalem. Dieser begann dann im Jahr
70 den Angriff, vorher hatten die Christen Rom verlassen und waren nach Pella im
Ostjordanland geflohen, weil sie Jesu Worte aus Matth. 24, 15-20 kannten und danach
handelten. Die ganze Stadt und der Tempel wurden zerstört oder gingen in Flammen auf, es
gab eine Überflutung durch die römischen Heere. Josephus schreibt, dass 1,1 Millionen Juden
damals in Jerusalem umkamen, weil die Stadt wegen des Passah-Festes überfüllt war. Der
Feldherr Titus ist der kommende Fürst aus Daniel 9, denn er wird nach seinem Vater
Vespasian im Jahr 79 Kaiser in Rom. Das Ende des judäischen Staates kam 73 mit dem Fall
von Massada. In der Mitte dieser Jahrwoche wurde der Tempel zerstört und damit dem
jüdischen Opferdienst auch real ein Ende bereitet.
Evtl. kann man auch die beiden Jahrwochen zu einer zusammenfassen, wenn man die erste
Hälfte bis zu Jesu Tod nimmt und die zweite mit der Eroberung Jerusalems durch die Römer
beginnen lässt.
Es spricht aber viel dafür, dass sich die 70. Jahrwoche von Daniel dreimal erfüllt, nach dem
Modell des Antiochos IV von 171 – 164 v. Chr., und zwar
a) in der Zeit Jesu und der Gemeindegründung 27-34 n. Chr.
b) in der Zeit des jüdisch-römischen Krieges 66-73 n. Chr.
c) in der Zeit des Antichristen, die noch kommen wird.
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2. Noch nicht erfüllte Prophetie bei Daniel
In Dan. 2, 44-45 wird für die Endzeit angekündigt, dass keinem anderen Volk mehr die
Herrschaft über die Welt überlassen wird, sondern Gottes Reich allen anderen Königreichen
ein Ende bereiten wird und ein ewiges Reich ist und wie ein losgebrochener Stein den Berg
herunterrollt und alles zermalmt.
In Dan. 7, 24-27 heißt es, dass aus dem römischen Reich 10 Könige bzw. Mächte von
weltweiter Bedeutung hervorgehen werden, danach kommt aber noch ein weiterer Herrscher,
ganz anders als die vorhergehenden, der drei vorherige Reiche beseitigen und gegen Gott
überheblich und mit Lästerungen reden sowie die Heiligen Gottes aufreiben wird. Dieses
Horn ist nicht zu verwechseln mit dem kleinen Horn von Kap. 8, das nur ein Vorläufer davon
ist. Dieser Herrscher in der Endzeit ist der wahre Antichrist und er wird Zeiten und Gesetz
ändern (die französische Revolution hatte auch schon antichristliche Züge, sie änderte
ebenfalls das Gesetz und führte einen Revolutionskalender ein mit einer 10 Tage-Woche,
wobei jeder Tag 10 Stunden zu 100 Minuten à 100 Sekunden hatte).
Er wird Macht haben, über Leben und Tod zu bestimmen, für 3 ½ Jahre (eine Zeit und zwei
Zeiten und eine halbe Zeit).
Der Antichrist ist die letzte Ausreifung des Bösen. Danach wird den übrig gebliebenen
Heiligen Gottes, das ist die Gemeinde des Neuen Bundes einschließlich des bekehrten Israel,
das Reich und die Macht übergeben mit Christus als Friedensfürst. Vermutlich ist hiermit
sowohl das 1000 jährige Friedensreich als auch die neue Schöpfung mit dem himmlischen
Jerusalem gemeint, weil es ja als ewiges Reich bezeichnet wird. Johannes führt in der
Offenbarung das, was Daniel hier sagt, noch weiter aus. Wenn der Antichrist Krieg mit den
Heiligen führt , werden viele abfallen, die aber fest mit Jesus verbunden sind, das sind die, die
im Buch des Lebens stehen, werden nicht abfallen, aber manche werden als Märtyrer sterben.
Doch nach 3 ½ Jahren wird dem Antichristen die Macht genommen und man wird ihn dem
brennenden Feuer übergeben.
Typisch für den Antichristen (vieles davon gilt auch schon für die antichristlichen Vorläufer
wie z.B. Hitler) wird sein:
1. Die Abschaffung der Gebote Gottes
2. Die besondere Feindschaft gegen das Volk der Juden (bzw. Israel)
3. Die Einbildung, Gott gleich zu sein
4. Die Selbstüberhebung und der Hochmut
5. Die Nachahmung der göttlichen Zeichen und Wunder
6. Die verführerische Propaganda
7. Die Verehrung der Gewalt, insbesondere gegen die Gemeinde Gottes
8. Die Schaffung einer neuen Religion
9. Änderung von Gesetz und Zeiten
Die 70. Jahrwoche aus Kapitel 9 wird sich, so wird es bei Daniel angedeutet und in der
Offenbarung weiter ausgeführt, in der Zeit des Antichristen ein zweites Mal wiederholen.
In Daniel 12 wird, ebenso wie in der Offenbarung, für die Zeit des Antichristen eine so große
Bedrängnis (Trübsal), wie es sie vorher noch nie gegeben hat, angekündigt, und zwar für 3 ½
Jahre nach Kap.7. In 2. Thess. 2, 3-4 heißt es in Übereinstimmung mit Daniel: “Denn vor dem
Tag des Herrn muss es zuerst noch zur großen Auflehnung gegen Gott kommen, und jener
Mensch (der Antichrist) muss in Erscheinung treten, der alle Gesetzlosigkeit in sich vereinigt
und der zum Verderben bestimmt ist. Er wird sich allem widersetzen und sich über alles
erheben, was Gott genannt wird und Gegenstand der Verehrung ist. Mehr noch: Er wird
seinen Thron im Tempel Gottes aufstellen und sich selbst als Gott ausgeben“.
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Der Bund des Antichristen wird mit dem Malzeichen bestätigt. Der Engelfürst Michael, der
das Volk Gottes schützt, wird eingreifen, damit der Antichrist nicht noch mehr Unheil
anrichten kann. Das Volk Gottes, es umfasst die Gerechten aus Israel und die Gläubigen aus
allen Nationen, wird gerettet werden, jeder, der im Buche des Lebens steht. Das
Gerettetwerden bedeutet aber nicht, dass alle am Leben bleiben, es wird auch Märtyrer geben.
Doch sie alle werden teilhaben am 1000 jährigen Friedensreich Christi und am himmlischen
Jerusalem. Dass die Mitarbeiter Gottes glänzen werden wie die Sonne und die Sterne, das
erinnert stark an die Paulusworte in 1. Kor. 15,41-42a: “ Der Glanz der Sonne ist anders als
der Glanz der Sterne und selbst die Sterne unterscheiden sich in ihrem Glanz. So ist auch die
Auferstehung der Toten“ Und dann ist da noch in den Kapiteln 7 u. 12 die Rede vom großen
Endgericht, für die einen zum ewigen Leben, für die anderen zur ewigen Schmach. Wenn hier
bei der Auferstehung am Ende von vielen und nicht von allen die Rede ist, so kann man das
wohl nur so erklären, dass die bereits vorher bei Jesu Wiederkunft Auferstandenen bei der
allgemeinen Auferstehung zum Endgericht nicht mitgezählt werden dürfen.
3. Warum ist Daniels Prophetie auch heute noch wichtig für uns?
Die Prophetien Daniels, die bereits über 2550 Jahre alt sind, geben eine Übersicht über die
Weltgeschichte (zumindest der damals bekannten Welt), die bis in unsere Zeit und darüber
hinaus reicht, und z. T. (gerade was Israel betrifft) in einer Genauigkeit, über die man nur
staunen kann. Wenn manche Theologen, die mit Wundern und Prophetien ihre
Schwierigkeiten haben (s. 1. Kor. 3,19), deswegen meinen, dass das gesamte Danielbuch
deswegen erst nach 165 v. Chr. geschrieben worden sein kann (wenn sie das nur für Kapitel
11 behaupten würden, könnte man dafür ja noch etwas Verständnis aufbringen), so lösen sie
das Problem mit der Prophetie dennoch nicht, denn Daniels Prophetie reicht ja viel weiter.
Außerdem gibt es die griechische Septuaginta ab etwa 200, der Kanon für das AT wurde 175
v. Chr. abgeschlossen, Josephus bestätigt das tatsächliche Alter und die Essener von Qumran
verwendeten das Danielbuch auch mindestens schon ab 150 v. Chr.. Wenn wir also glauben,
dass das Danielbuch wirklich aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. stammt, dann müssen diese
Visionen dem Daniel von Gott eingegeben worden sein. Das wiederum heißt aber, dass Gott
der Herr der Geschichte ist und alles in seinen Händen hält, obwohl er den Menschen freie
Hand lässt. Insbesondere bringt Gott seinen Heilsplan für die Menschen, von dem auch viel
im Danielbuch die Rede ist, zu seinem wohl bestimmten Ende.
Wenn also die Weltgeschichte für Gott so offen liegt, was können wir Menschen denn daran
noch ändern?
Wir können durchaus gewisse negative oder positive Entwicklungen aufhalten oder
beschleunigen, das sieht man z. B. bei Jona und Ninive. Dadurch, dass die Bewohner von
Ninive Buße taten vor Gott, wurde die Zerstörung Ninives vorerst abgewendet, sie geschah
dann erst viel später. Der König Hiskia konnte durch intensives Gebet seinen Tod um 15
Jahre hinauszögern. Es gibt durchaus einen zeitlichen Spielraum, auch die 70 Jahrwochen, das
sind 490 Jahre, sind untergebracht in einem Zeitraum von 618 Jahren (588 v. Chr. – 30 n.
Chr.) Das Böse, auch der Antichrist, hat nur eine bestimmte Zeitspanne, Gott verliert niemals
die Kontrolle über die Geschehnisse.
Ist es nicht tröstlich für uns alle, dass nichts geschieht, was Gott nicht wüsste. Das bewahrt
uns nicht unbedingt vor Leid, aber wir dürfen uns immer in Gottes Händen wissen, wenn wir
zur Gemeinde Jesu gehören.
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Daniels Prophetien sind ein wichtiges Bindeglied zwischen den Prophetien der großen
Propheten Jesaja, Jeremia und Hesekiel und der Offenbarung des Johannes. Eine ganz enge
Beziehung besteht dabei zur Offenbarung und zum 2. Thessalonicher-Brief.
Jesus hat das Buch Daniel mehrfach zitiert, das spricht für seine Wertschätzung dessen, er
übernimmt von Daniel den Begriff Menschensohn für sich, der bei Daniel göttliche Attribute
hat (7,13) , d.h. Jesus weist damit darauf hin, dass er als Mensch zugleich göttlich ist, er also
wahrer Mensch und wahrer Gott ist. Jesus erwähnt auch den Gräuel der Verwüstung von
Daniel (s. Matth. 24) und bezieht das da auch auf den Untergang Jerusalems im Jahre 70.
Zwischen Phil.2, 9-10 und Dan. 7, 13-14+27 besteht ein enger Zusammenhang und in 1.
Petrus 1,10-12 spielt auch der Prophet Daniel eine gewichtige Rolle. In Vers 12 heißt es: „Es
wurde ihnen gezeigt, dass diese Vorhersagen nicht für ihre eigene Zeit bestimmt waren,
sondern dass sie damit euch dienten.“
In Dan. 2, 44-45 7, 13-14 und 9, 24+26-27 gibt es Hinweise auf Jesus Christus, den Messias
(d.h. den Gesalbten) und den von ihm in seinem Blut gestifteten Neuen Bund, auf ihn als
Menschensohn, der wiederkommen wird auf den Wolken des Himmels sowie auf den Stein
(Eckstein), der losbricht und am Ende (als Gottes Reich) die ganze Erde erfüllt.
Daniel ist auch der Erste, der die Erzengel Gabriel und Michael erwähnt.
Das Buch Daniel diente und dient immer noch dazu, dass die Gott Getreuen auf mögliche
Leiden vorbereitet sind und nicht davon ausgehen können, dass die Gemeinde ein behüteter
Schutzraum ist, am besten noch mit Wohlfühlatmosphäre. Israel musste viel leiden unter
Antiochos IV und im Jüdischen Krieg und Christus stellvertretend für uns bis zum Tod am
Kreuz auf Golgatha. Das antichristliche Reich in der Endzeit wird eine so große Bedrängnis
für das neue Gottesvolk aus Juden und Gläubigen aller Nationen bringen, wie sie bisher nicht
gewesen ist. Wenn man bedenkt, dass es heute bereits 100 Millionen verfolgte Christen gibt
und jedes Jahr dabei 100 000 für ihren Glauben sterben müssen, dann können wir erahnen,
was das bedeutet. Und darauf muss man vorbereitet sein, sonst wirft man vielleicht aus Angst
gleich seinen Glauben fort. Gott hat zwar zugesagt, dass er die Gläubigen durchtragen wird,
aber das heißt nicht, dass es keine Märtyrer geben wird (Offb. 6, 9-11 14, 12-13 20,4), wie
es sie ja auch heute schon gibt.
In Daniel 11 lesen wir, dass von den Juden und sogar von den Priestern viele den heiligen
Bund verlassen und dem antichristlichen Vorbild Antiochos IV Epiphanes anhängen werden,
dass aber gerade ihr Abfall die Getreuen stark machen wird, was dann ja auch passierte.
Ähnliches können wir auch in der Zeit des Antichristen erwarten. Und wer erstarkt und
handelt entsprechend? Da heißt es bei Daniel: „das Volk, das seinen Gott kennt“ (und liebt).
Da ist von Verständigen die Rede, das sind Gott Getreue, die sich in der Schrift auskennen.
Was man in Zeiten der Bedrängnis und Verführung braucht, ist weder Taktik noch Politik,
sondern Bibelstudium und Gebet sowie Liebe und Vertrauen zum Herrn.
Wichtig ist es, vorbereitet und wachsam zu sein (siehe die Christen um 70 in Jerusalem!) und
viel in der Bibel zu lesen und eine innige Beziehung zu unserem Herrn, Jesus Christus, zu
haben.
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