Athen zur Zeit des Kleisthenes – Verfassung und Gesellschaft 5 10 15 20 25 30 Nach dem Sturz der Tyrannis lagen der Sohn des Teisandros, Isagoras, der ein Freund der Tyrannen war, und Kleisthenes aus dem Geschlecht der Alkmeoniden miteinander im Kampf. Als Kleisthenes den politischen Bünden (hetaireiai) unterlag, brachte er das Volk auf seine Seite, indem er die Herrschaft im Staat auf die Menge übertrug. [...] Das Volk errang also die Kontrolle über das Staatswesen, und Kleisthenes stand als Führer des Volkes an seiner Spitze. Denn die Alkmeoniden hatten wohl den größten Anteil an der Vertreibung der Tyrannen und betrieben die meiste Zeit über ihre Bekämpfung. Aber auch schon vor den Alkmeoniden hatte Kedon die Tyrannen angegriffen, weshalb man in den Trinkliedern auch auf ihn sang: Schenk auch dem Kedon ein, Diener, und vergiß ihn nicht, wenn es so ist, daß man den tapferen Männern Wein einschenken muß. Aus diesen Gründen also vertraute das Volk dem Kleisthenes. Als Anführer der Menge teilte dieser dann, im vierten Jahr nach der Entmachtung der Tyrannen, unter dem Archonten Isagoras (508/507), in einer ersten Maßnahme alle Bürger in zehn statt der bisherigen vier Phylen ein, denn er wollte sie untereinander vermischen, damit mehr von ihnen an der Ausübung der politischen Macht Anteil nehmen könnten. Daher wurde auch das Wort geprägt: »nicht nach den (alten) Phylen urteilen«, eine Antwort an diejenigen, die herausfinden wollen, welchem Geschlecht (génos) jemand angehört. Als nächstes richtete er den Rat der Fünfhundert statt der Vierhundert ein, fünfzig aus jeder Phyle; bis dahin waren es hundert pro Phyle. Er teilte das Volk aus dem Grund nicht in zwölf Phylen ein, damit die neue Einteilung nicht mit den bereits bestehenden Trittyen zusammenfalle; denn es bestanden schon zwölf Trittyen, die aus den vier Phylen gebildet waren, so daß es auf dieser Grundlage nicht gelungen wäre, die Menge zu vermischen. Ferner teilte er das Land nach Demen in dreißig Teile auf, von denen zehn dem Stadtgebiet, zehn der Küste und zehn dem Binnenland zugehörten; diese nannte er Trittyen und loste jeder Phyle drei davon zu, damit jede Phyle an allen Gegenden Anteil habe. Auch verband band er die in jedem Demos Wohnhaften miteinander zu Demenmitgliedern, damit sie nicht mehr durch Verwendung der Vatersnamen die Neubürger bloßstellten, sondern sich nach ihren Demen nannten; deshalb benennen sich die Athener nach den Demen. [...] Infolge dieser Maßnahmen wurde die Verfassung viel demokratischer als die Solons. Es war nämlich so, daß die Tyrannis die Gesetze Solons, weil sie nicht angewandt wurden, außer Kraft setzte, und daß Kleisthenes andere, neue Gesetze erließ, mit denen er auf die Gunst der Menge zielte; darunter war auch das Gesetz über das Scherbengericht (ostrakismós). Aufgabe: 1. Stelle die Phylenreform des Kleisthenes dar und erkläre die möglichen Folgen dieser Reform für die politische Landschaft Athens. Q: Aristoteles: Der Staat der Athener – 20 f., übers. und herausg. v. Martin Dreher, revid. und ergänz. Aufl., Stuttgart, 2009, S. 53 f. Die Phylenreform des Kleisthenes Q: Piepenbrink, Karen: Das Altertum, Stuttgart, 2006, S. 59.
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