dbb journal 10. bis 12. Januar 2016 dbb Jahrestagung 2016 Herausforderung für die Demokratie – Politik contra Bürger? dbb Jahrestagung 2016 Herausforderung für die Demokratie – Politik contra Bürger? Sonntag, 10. Januar 2016 Ab 19.00 Uhr Begrüßungsabend im „Wartesaal am Dom“ Grußwort Henriette Reker Oberbürgermeisterin der Stadt Köln Montag, 11. Januar 2016 10.00 bis 12.00 Uhr Gewerkschaftspolitischer Auftakt Begrüßung und Ansprachen Willi Russ Zweiter Vorsitzender des dbb Dr. Thomas de Maizière, MdB Bundesminister des Innern Dr. Norbert Walter-Borjans Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen 12.00 – 14.00 Uhr Mittagspause 14.00 – 15.00 Uhr Dunja Hayali im Gespräch mit Wolfgang Bosbach, MdB und Prof. Dr. Werner Patzelt Lehrstuhl für politische Systeme und Systemvergleich, TU Dresden 15.00 – 15.45 UhrFachvortrag Politik contra Bürger – Erreicht Politik noch den Bürger? Prof. Manfred Güllner Forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH 16.00 Uhr Get together Dienstag, 12. Januar 2016 Vortrag Die Flüchtlingssituation als Herausforderung für den öffentlichen Dienst 10.45 Uhr Podiumsdiskussion Von der Registrierung zur Integration Dr. Eva Lohse Präsidentin des Deutschen Städtetages Detlef Scheele Vorstand Bundesagentur für Arbeit Reinhold Gall, MdL Innenminister des Landes Baden-Württemberg Ulrich Silberbach Stellv. dbb Bundesvorsitzender und Bundesvorsitzender der komba gewerkschaft Moderation: Dunja Hayali 11.45 Uhr Schlusswort Willi Russ Zweiter Vorsitzender des dbb im Anschluss Mittagessen Stand: 5. Januar 2016 Impressum Herausgeber: Bundesleitung des dbb beamtenbund und tarifunion, Friedrichstraße 169, 10117 Berlin, Telefon 030.4081-40, Fax 030.4081-5599, E-Mail: [email protected], Internet: www.dbb.de Redaktion: Dr. Walter Schmitz (verantwortlich), Christine Bonath, Jan Brenner Layout: Benjamin Pohlmann. Titelbild: © markus dehlzeit – Fotolia.com Anzeigen: dbb verlag gmbh, Mediacenter, Dechenstraße 15 a, 40878 Ratingen, E-Mail: [email protected], Internet: www.dbbverlag.de Druck: L.N. Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien, E-Mail: [email protected], Internet: www.schaffrath.de © guukaa – Fotolia.com 10.00 UhrReinhold Gall, MdL Innenminister des Landes Baden-Württemberg Jahrestagung Köln 2016 dbb journal Vorwort Unsere Kolleginnen und Kollegen stellen sich den vielfältigen Heraus forderungen und leisten eine groß artige Arbeit. Ohne ihr besonderes Engagement wäre diese Situation nicht zu bewältigen. Aus der Ankün digung der Politik „Wir schaffen das“ erwächst der Anspruch an uns „Wir machen das!“ Dafür braucht der öf fentliche Dienst die entsprechenden personellen, rechtlichen und organi satorischen Mittel, damit die Hand lungsfähigkeit des Staates sicherge stellt bleibt beziehungsweise wird. Bei allen Herausforderungen, bei al lem zeitlichen Druck muss im Übri gen klar sein, dass rechtsstaatliche Standards auch weiterhin uneinge schränkt gelten müssen. Marco Urban Zu Beginn des Jahres 2016 stehen Deutschland und Europa vor Heraus forderungen, deren Ausmaße noch nicht absehbar sind: Angesichts der internationalen Krisenherde werden auch weiterhin Flüchtlinge zu uns kommen. Deutschland ist sich seiner humanitären Verpflichtung bewusst und die gesamtgesellschaftliche Unterstützung zur Bewältigung der Situation war und ist überaus beein druckend. Solidarität mit Schutzbe dürftigen ist immer auch ein Grund gedanke gewerkschaftlichen Handelns. agentur für Arbeit, Detlef Scheele, werden gemeinsam mit Reinhold Gall und dem stellvertretenden dbb Bun desvorsitzenden und Bundesvorsit zenden der komba gewerkschaft, Ulrich Silberbach, die Erfahrungen und Herausforderungen diskutieren. Mit großem Interesse erwarten wir zu den vielfältigen Fragestellungen die Ausführungen des Bundesinnen ministers Dr. Thomas de Maizière sowie des Finanzministers von Nord rhein-Westfalen, Dr. Norbert WalterBorjans. 2016 wird mit zahlreichen Landtags wahlen eine Art Superwahljahr. Die Politik wird dabei besonders gefor dert sein, auch kontroverse gesell schaftliche Probleme nicht Populisten und radikalen Kräften zu überlassen. Wir müssen uns die Frage stellen, wie es um die demokratische Willensbil dung und Entscheidung in unserem Land bestellt ist, und ob das Verhält nis von Politik und Bürgern mittler weile mehr von einem Gegeneinan der als von einem Miteinander geprägt ist. Über die Bewältigung der Flüchtlings situation wollen wir mit Vertretern aus der Praxis ins Gespräch kommen und freuen uns, dass Innenminister Reinhold Gall, MdL, von den Erfahrun gen aus Baden-Württemberg berich ten wird. Die Präsidentin des Deut schen Städtetages, Dr. Eva Lohse, und das Vorstandsmitglied der Bundes Wir haben unsere Tagung in diesem Jahr unter das Motto „Herausforde rung für die Demokratie – Politik contra Bürger?“ gestellt und wollen aktuelle Entwicklungen beobachten und analysieren. Dazu freuen wir uns auf einen Austausch mit Wolfgang Bosbach, MdB, dem Politikwissen schaftler Prof. Dr. Werner Patzelt von der TU Dresden und Prof. Man fred Güllner von Forsa. Moderiert werden die Diskussionsrunden in be währter Weise von der Journalistin Dunja Hayali. Abschließend noch ein Wort in ei gener Sache: Die dbb Jahrestagung findet in diesem Jahr wegen einer Erkrankung leider ohne unseren Bun desvorsitzenden statt. Klaus Dauder städt befindet sich auf dem Wege der Genesung, und wir senden ihm aus unserem „Bad Köln“ alle guten Wünsche! Ich wünsche Ihnen – auch im Namen von Klaus Dauderstädt – eine viel seitige und interessante dbb Jahres tagung 2016, mit der wir Ihnen die Gelegenheit zu zahlreichen persönli chen Gesprächen und Begegnungen geben möchten. Herzlich willkom men! Willi Russ Zweiter Vorsitzender dbb beamtenbund und tarifunion 3 ? Grundsatzfrage ... Die dbb Jahrestagung 2016 wird überschattet von fanatischem Terror einerseits und dem Bestreben andererseits, den Flüchtlingen alle notwendige humanitäre Hilfe zukommen zu lassen. Viele Bürger haben aber zunehmend den Eindruck, es werde zu wenig getan, und es fehle vor allem ein Gesamtkonzept: Woran hakt es? ... an Hannelore Kraft, Ministerpräsidientin von NRW „Die zentrale Aufgabe lautet jetzt, die Integration der Flüchtlinge auf allen Ebenen voranzubringen. Dafür haben wir im Schulbereich insgesamt 5 786 zusätzliche Lehrerstellen wegen der steigenden Flüchtlingszahlen geschaffen. Wir haben die Mittel für die Deutschförderung für neu zugewanderte Erwachsene und Jugendliche auf eine Million Euro erhöht. Mit einer Wohnungsbauoffensive wollen wir in den nächsten Jahren den zusätzlichen Bedarf von 120 000 Neubauwohnungen decken. Das sind nur einige unserer Maßnahmen, damit die Integration der Flüchtlinge gelingen kann. Ebenso entschieden stellen wir uns aber auch gegen die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus. Die Sicherheitsbehörden tun alles, um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. In NRW werden in 2016 insgesamt 1 920 junge Polizistinnen und Polizisten eingestellt. Das sind so viele wie nie zuvor. Neben der Polizei wird auch der Verfassungsschutz um insgesamt 54 Stellen aufgestockt. Wir können die vor uns liegenden Herausforderungen meistern, wenn alle mithelfen, also Bund, Länder und Kommunen. Und wir brauchen natürlich weiterhin die vielen hauptamtlichen und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, für deren Engagement ich sehr dankbar bin.“ 4 Land NRW / O. Tjaden „Deutschland steht seit Langem im Fadenkreuz der Terroristen, nicht erst seit den jüngsten Anschlägen in Paris. Syrien, von Bürgerkrieg und Terror erschüttert, ist wenige Flugstunden entfernt. Hier in Deutschland treffen daher Mitgefühl für die Opfer und Sorge vor dem Terror aufeinander. Wir bleiben aufs Höchste wachsam, aber agieren müssen wir mit kühlem Kopf. Unsere Aufgabe ist es, die Menschen bestmöglich zu beschützen und zu unseren humanitären Werten und Pflichten zu stehen. Seit Monaten leisten unzählige Menschen im Land Außerordentliches. Gemeinsam haben Bund, Länder und Kommunen für schnellere Asylverfahren gesorgt, Verantwortlichkeiten geklärt und finanzielle Vorkehrungen getroffen, um die Aufgabe zu stemmen. Aber: Nicht jede Maßnahme wirkt sofort, und nicht jede kann Deutschland allein beschließen. Wir brauchen Geduld und Willen. Viele, die helfen, sind uns hier ein Vorbild.“ BPA / Jesco Denzel ... an Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des Innern Jahrestagung Köln 2016 dbb journal „Konzepte sind das eine, die tägliche Versorgung von Menschen in akuter Notlage das andere. Zu Jahresbeginn konnten wir gemeinsam mit allen Experten aufgrund der Prognosen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) davon ausgehen, das monatlich etwa 300 Flüchtlinge in Köln unterzubringen sein würden. Natürlich schreiben wir unsere Konzepte ständig fort. Dennoch war die Entwicklung in der zweiten Jahreshälfte von niemandem vorherzusehen. Aktuell kommen pro Woche mehr als 300 geflüchtete Menschen in Köln an, die von uns versorgt werden müssen – das sind 1 200 Menschen pro Monat. Dies führt dazu, dass wir Flüchtlinge im Moment auch in Turnhallen unterbringen müssen, was keine zufriedenstellende Lösung für mich ist. Zeitgleich arbeiten wir an vielen Alternativen, um die Situation zu verbessern, etwa winterfesten Leichtbauhallen oder dem Umund Ausbau von Bestandsgebäuden. Die Anschläge von Paris waren furchtbar. Sie dürfen aber nicht dazu führen, dass sich unsere Gesellschaft in einer Weise polarisiert, dass Menschen, die als Opfer von Gewalt und Terror zu uns kommen, weil sie Schutz suchen, pauschal unter Verdacht gestellt werden und weiter Angst haben müssen.“ << Dr. Thomas de Maizière … … Bundesminister des Innern, nutzt als oberster Dienstherr der Beschäftigten des Bundes 2016 zum dritten Mal in Folge die Gelegenheit, seine Sicht auf die Lage im öffentlichen Dienst in seiner ersten Grundsatzrede des Jahres darzustellen. Die Atmos phäre der dbb Jahrestagungen ist dem erfahrenen Bundespolitiker also gut vertraut. Nach Abitur und Wehrdienst studierte er Rechtswissenschaften und Geschichte in Münster und Freiburg und wurde 1986 zum Dr. jur. promoviert. 1990 wirkte de Maizière mit am Aufbau des Amtes des Ministerpräsidenten der letzten DDR-Regierung und gehörte der Verhandlungsdelegation für den Einigungsvertrag an. Es folgten Stationen in der Landespolitik von Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen, wo er von 1990 bis 2005 zunächst als Chef der Sächsischen Staatskanzlei, Finanzminister, Justizminister und Innenminister tätig war. Im November 2005 wurde er Bundesminister und Chef des Bundeskanzleramtes und fungierte ab Oktober 2009 zunächst als Bundesinnenminister, ab März 2011 als Bundesverteidigungsminister. Seit der Bundestagswahl 2013 ist er erneut Bundesinnenminister. Thomas de Maizière kam am 21. Januar 1954 in Bonn zur Welt. << Hannelore Kraft … … nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin, führt seit 2010 als erste Frau die Regierungsgeschäfte im bevölkerungsreichsten Bundesland, das rund 17,6 Millionen Einwohner zählt. Da die dbb Jahrestagung seit 2006 in der nordrhein-westfälischen Medienund Millionenstadt Köln stattfindet, ist Hannelore Kraft gleichsam „gastgebende Landesmutter“. Die studierte Diplom-Ökonomin arbeitete von 1989 bis 2001 als Unternehmensberaterin und ist seit Juni 2000 Mitglied des Landtags von Nordrhein-Westfalen. Von Juni 2005 bis Juli 2010 stand sie an der Spitze der SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag. Seit 2007 ist Hannelore Kraft Landesvorsitzende der NRW SPD und seit November 2009 stellvertretende SPD-Vorsitzende. Im Juli 2010 wurde sie Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen. Bei den vorgezogenen Neuwahlen im Mai 2012 erzielte sie mit der SPD die meisten Stimmen und verfügt in einer erneuten Koalition mit den Grünen über eine absolute Mehrheit der Sitze im Düsseldorfer Landtag. Am 20. Juni 2012 wurde sie wieder zur Ministerpräsidentin gewählt. Hannelore Kraft kam am 12. Juni 1961 in Mülheim an der Ruhr zur Welt. << Stadt Köln ... an Henriette Reker, Oberbürgermeisterin der Stadt Köln Henriette Reker … … Oberbürgermeisterin der Stadt Köln, hätte die Kandidatur um das höchste Amt der Domstadt um ein Haar mit ihrem Leben bezahlt. Die parteilose, von den Stadtrats-Fraktionen der Grünen, der CDU und der FDP unterstützte Juristin wurde am 17. Oktober 2015, dem Tag vor der Oberbürgermeisterwahl, während eines Wahlkampftermins auf einem Kölner Stadtteil-Wochenmarkt von einem rechtsextremistisch eingestellten Attentäter so schwer verletzt, dass zunächst nicht sicher war, ob sie das Mandat nach ihrem Wahlsieg – 52,66 Prozent der abgegebenen Stimmen im ersten Wahlgang – übernehmen konnte oder wollte. Die engagierte Kommunalpolitikerin, die zuletzt als Sozialdezernentin der Stadt Köln immer wieder die hohe Belastung der Städte und Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen thematisiert hatte, die diese zwängen, bei der Flüchtlingsunterbringung auch außergewöhnliche Wege zu beschreiten, ließ sich jedoch nicht ängstigen: Noch im Krankenhaus unterschrieb sie am 22. Oktober 2015 die Annahmeerklärung und wurde so Kölns erste Oberbürgermeisterin. Henriette Reker kam am 9. Dezember 1956 in Köln zur Welt. 5 ... Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen, ist – wie in den beiden vorangegangenen Jahren – der dritte Redner beim politischen Auftakt der dbb Jahrestagung. Es ist zu erwarten, dass der Volkswirt in seinen Ausführungen den Akzent auf jene Themen legen wird, denen sein Hauptaugenmerk gilt: der Konsolidierung des Landeshaushalts, der Ahndung von Steuerhinterziehung und der Herstellung von Steuergerechtigkeit. Nach dem Abitur 1971 studierte er zunächst Informatik in Bonn, wechselte 1972 zur Volkswirtschaftslehre und graduierte 1978 zum Diplom-Volkswirt. Anschließend arbeitete er im Produktmanagement von Henkel in Düsseldorf, kehrte 1980 in den Universitäts-Betrieb zurück und promovierte 1982 an der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Köln. 1984 wechselte er aus der wissenschaftlichen Arbeit in die nordrheinwestfälische Staatskanzlei. 1991 war er zunächst stellvertretender, 1996 bis 1998 Sprecher der von Ministerpräsident Johannes Rau geführten Landesregierung. Es folgten Stationen als Wirtschafts-Staatssekretär im Saarland und in Nordrhein-Westfalen sowie als Wirtschaftsdezernent und Stadtkämmerer von Köln. Im Juni 2010 übernahm Walter-Borjans in der rot-grünen Landesregierung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft das Finanzministerium, das er seit den Landtagswahlen 2012 in zweiter Amtszeit führt. Walter-Borjans kam am 17. September 1952 in Krefeld-Uerdingen zur Welt. << stellter Personalrat beim Fernmeldeamt Frankfurt/Main vertreten hatte. 2003 und 2007 wurde er vom Gewerkschaftstag der damals noch eigenständigen dbb Tariforganisation, der dbb tarifunion, zum Zweiten Vorsitzenden gewählt und gehörte der dbb Bundesleitung als kooptiertes Mitglied an. Nach der Verschmelzung von dbb tarifunion und dbb zum dbb Willi Russ ... ... Zweiter Vorsitzender des dbb und Fachvorstand Tarifpolitik, vertritt dbb Chef Klaus Dauderstädt als Gastgeber der dbb Jahrestagung 2016. Der gelernte Tontechniker, der bereits 1985 als stellvertretender Vorsitzender der dbb tarifunion und der später in die tarifunion integrierten GGVöD erste Erfahrungen in der bundesweiten Tarifpolitik für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sammeln konnte, arbeitete ab 1999 als stellvertretender Vorsitzender der dbb Tarifkommission. 1992 bis 2007 war Russ Bundesvorsitzender der Kommunikationsgewerkschaft DPV (DPVKOM), mit deren Unterstützung er die Inte ressen seiner Kolleginnen und Kollegen bereits in seiner Zeit als freige- Jan Brenner Dr. Norbert Walter-Borjans … Monika Nonnenmacher << beamtenbund und tarifunion im November 2012 wählten die Delegierten des „Fusionsgewerkschaftstages“ Willi Russ zum Zweiten dbb Vorsitzenden und zum Fachvorstand Tarifpolitik. Zu seinen Aufgaben in der amtierenden Bundesleitung des dbb gehören neben der Tarifpolitik, Arbeitnehmerfragen, Arbeitsrecht, Zusatzversorgung, Problemstellungen der privatisierten Bereiche und die dbb akademie, deren Vorsitz er seit 2007 innehat. Willi Russ kam am 16. Dezember 1952 in Trier zur Welt. Politik contra Bürger: Schlaue Wahlbürger Die großen Differenzen zwischen den Werten der Parteien in NordrheinWestfalen bei den Bundestags- beziehungsweise Landtagswahlabsichten belegen ein weiteres Mal, dass die Wahlbürger auch an Rhein und Ruhr schlau sind und bei jeder Wahl recht 6 genau wissen, um was es dabei geht. Die häufig zu hörende Auffassung, Wahlen auf regionaler oder lokaler Ebene seien ein bloßer Reflex der generellen politischen Großwetterlage, weil die Bürger die verschiedenen Politikebenen nicht unterscheiden könn- ten, ist eine Unterstellung, die mit der Realität wenig zu tun hat. Wahlergebnisse bei Landtags- oder Kommunalwahlen dürfen deshalb auch nicht als Test für die bundesweite politische Stimmung gewer- Jahrestagung Köln 2016 Dass die CDU bei der Bundestagswahl 2013 auf fast 40 Prozent, bei der Landtagswahl 2012 jedoch nur auf 26 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen kam, während die SPD bei der Landtagswahl 39, bei der nachfolgenden Bundestagswahl aber nur 32 Prozent der Stimmen erhielt, war durch diese unterschiedlichen Mobilisierungsraten beider Parteien bedingt. Während die SPD bei beiden Wahlen von jeweils rund drei Millionen Wahlberechtigten gewählt wurde, wurde die CDU 2012 nur von knapp 2,1 Millionen Wählern gewählt, 2013 aber von fast 3,8 Millionen. Somit war die „Merkel-CDU“ über 1,7 Millionen mehr Stimmen wert als die nordrhein-westfälische CDU mit ihrem damaligen Spitzenkandidaten Norbert Röttgen. Die meisten dieser 1,7 Millionen poten ziellen CDU-Anhänger, die bei der Landtagswahl der CDU ihre Stimme nicht gaben, blieben der Wahl fern. Ein ähnliches Schicksal wie 2012 könnte der nordrhein-westfälischen CDU nach den aktuellen Zahlen auch bei der nächsten Landtagswahl im Frühjahr 2017 drohen, weil auch der jetzige CDU-Landesvorsitzende und mutmaßliche Spitzenkandidat wenig Rückhalt bei den eigenen Anhängern hat. So würden sich derzeit nur 38 Prozent der CDU-Anhänger für Armin L aschet entscheiden, wenn sie den Ministerpräsidenten selbst wählen könnten. Marco Urban tet werden. Das gilt auch für die im Frühjahr 2016 anstehenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt: Hier wird nicht über Merkels Flüchtlingspolitik abgestimmt, sondern die Bürger urteilen über den Zustand sowie das personelle und inhaltliche Angebot der Parteien ihres jeweiligen Landes. Die aktuell zu registrierenden großen Unterschiede bei den Wahlabsichten in Nordrhein-Westfalen kommen allerdings nicht durch Wanderungsbewegungen zwischen den Parteien, sondern aufgrund unterschiedlicher Wählermobilisierungen bei beiden Wahlen zustande. < < Prof. Manfred Güllner Für Angela Merkel hingegen würden sich bei der Kanzlerpräferenz trotz der heftigen Kontroversen um ihre Flüchtlingspolitik über 90 Prozent der CDU-Anhänger entscheiden. Rund 40 Prozent der CDU-Anhänger in Nordrhein-Westfalen möchten Angela Merkel in Berlin als Kanzlerin, bevorzugen aber in Düsseldorf Hannelore Kraft als Ministerpräsidentin. Einem solchen Entscheidungszwiespalt kann man nur dadurch entgehen, dass man gar nicht zur Wahl geht. Von jener Schnittmenge der CDU-Anhänger, die in Düsseldorf einen SPD-Ministerpräsidenten, in Bonn aber einen CDU-Kanzler wollten, hat im Übrigen auch schon Johannes Rau profitiert. dbb journal Dass schwache CDU-Kandidaten in Nordrhein-Westfalen Tradition haben, dürfte nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein, dass sich die CDU in Nordrhein-Westfalen nach dem Machtverlust von 1966 (bis dahin regierte sie in Düsseldorf zweitweise sogar mit absoluter Mehrheit) nicht zur Volkspartei weiterentwickelt, sondern eine dem früheren Zentrum ähnliche klerikale Milieupartei ohne Bindekraft für viele heterogene Wählergruppen blieb und deshalb 2012 nur noch von 15,5 Prozent aller Wahlberechtigten gewählt wurde. Allerdings ist auch die SPD an Rhein und Ruhr von ihrer alten Bindekraft weit entfernt: 2012 und 2013 wurde sie noch von 23 von 100 Wahlberechtigten gewählt und nicht mehr von 41 oder 39 Prozent wie zu Zeiten von Helmut Schmidt oder Johannes Rau. Die aktuellen Zahlen zeigen aber auch, dass trotz aller schwächer gewordenen Bindekraft von CDU und SPD rechtsradikale Rattenfänger an Rhein und Ruhr wenig Chancen haben. Durch den im Vergleich zu anderen Bundesländern hohen Anteil von Katholiken und die trotz Strukturwandel im Ruhrgebiet immer noch lebendige Industrie- und Arbeiterkultur war Nordrhein-Westfalen schon immer (auch während der Weimarer Republik) weitestgehend gefeit gegen rechtsradikale Tendenzen. Das zeigt auch aktuell die schwache Resonanz der AfD im Lande. Prof. Manfred Güllner Manfred Güllner ... … Geschäftsführer der Forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH, geht am Montagnachmittag in seinem Fachvortrag der Frage nach, in wieweit Politik die Bürger noch zu erreichen vermag. Da der Sozialwissenschaftler und Betriebswirt, der die 1984 von ihm gegründete Forsa-Gesellschaft neben Emnid, Allensbach und infratest dimap zum führenden deutschen Meinungsforschungsinstitut entwickelte, seit Jahrzehnten politisches Handeln empirisch erforscht und analysiert, dürfen die Zuschauer belastbare Fakten erwarten. Dies gilt auch in Bezug auf den öffentlichen Dienst, zumal Güllner auf eigene Erfahrungen aus seiner Zeit als Direktor des Statistischen Amtes der Stadt Köln zurückgreifen kann. Manfred Güllner kam am 31. Dezember 1941 in Remscheid zur Welt. 7 Herausforderung für die Demokratie – Politik contra Bürger? << Wolfgang Bosbach … … Bundestagsabgeordneter und Mitglied des Bundestags-Innenausschusses, ist auch nach seinem Verzicht auf den Ausschussvorsitz gern gesehener Teilnehmer der dbb Jahrestagung. Bosbach hatte die Leitung des parlamentarischen Gremiums, dem er seit Herbst 2009 vorstand, am 23. Juli 2015 niedergelegt, weil er markt. 1974 bis 1977 besuchte er die Rheinische Akademie Köln, wo er zum staatlich geprüften Betriebswirt graduierte und holte auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur nach, das er 1980 ablegte. Es folgte ein JuraStudium an der Universität Köln. Bosbach ist seit 1972 Mitglied der CDU, engagierte sich in der Kommunalund Landespolitik. 1994 wurde der Jurist zum ersten Mal in den Deutschen Bundestag gewählt und gehört diesem seitdem ohne Unterbrechung an. Wie er anlässlich seines Rücktritts vom Vorsitz des Innenausschusses mitteilte, möchte er fortan als Abgeordneter für den RheinischBergischen Kreis die Interessen seiner Heimatregion in Berlin vertreten. Wolfgang Bosbach kam am 11. Juni 1952 in Bergisch-Gladbach zur Welt. Sven Teschke << auch künftig seiner Überzeugung folgen und abweichend vom Kurs seiner Parteivorsitzenden gegen weitere Rettungspakete für Griechenland stimmen wolle. Nach der Mittleren Reife absolvierte er eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann und leitete von 1972 bis 1974 einen Super- 8 Prof. Dr. Werner J. Patzelt … … Inhaber des Lehrstuhls für politische Systeme und Systemvergleich an der TU Dresden, ist wegen seiner in den Medien verbreiteten politischen Bewertung der PegidaDemonstrationen einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden. Schwerpunkte seiner Lehr- und Forschungstätigkeit sind unter anderem die vergleichende Analyse politischer Systeme, Parlamenta rismusforschung, politische Kom munikation und die vergleichende historische Analyse politischer Ins TU Dresden Im Anschluss an den politischen Auftakt rückt das Sachthema der dbb Jahrestagung in den Fokus. Handelt die Politik/der Staat für oder gegen seine Bürger? Und erwächst gar aus diesem „gefühlten“ Zwiespalt eine Herausforderung für die Demokratie? Politische Entscheidungen, die der Bürger nicht versteht, führen zu Politikverdrossenheit und zu Misstrauen gegen „die da oben“. Nach einer Diskussion unter Leitung von Dunja Hayali zwischen Wissenschaft (Prof. Werner J. Patzelt) und Politik (Wolfgang Bosbach) wird deutlich geworden sein, ob der Staat mehr ist als die Summe seiner Bürger. titutionen s owie evolutionstheo retische Modelle in der Politikwissenschaft. Patzelt studierte Politikwissenschaft, Soziologie und Geschichte in München, Straßburg und den USA. Er graduierte 1980 in München zum Magister Artium (M.A.) und wurde dort 1984 auch zum Dr. phil. promoviert. Nach einer sechsjährigen Beschäftigung als wissenschaftlicher Assistent habilitierte er 1990 an der Universität Passau und wechselte nach mehreren Gastprofessuren zur Technischen Universität Dresden, wo er 1992 zum Gründungsprofessor des Instituts für Politikwissenschaft berufen wurde. Werner J. Patzelt kam am 23. Mai 1953 in Passau zur Welt. Jahrestagung Köln 2016 << Dunja Hayali ... Marco Urban … Journalistin und Fernsehmoderatorin, führt durch die Gesprächsrunden, deren Teilnehmer die aktuelle Flüchtlingsproblematik am Montagnachmittag zunächst politisch und am Dienstagvormittag als Herausforderung für den öffentlichen Dienst diskutieren. Dabei wird sich zeigen, ob die Tochter irakischer Christen, deren Eltern noch vor ihrer Geburt zum Medizinstudium von Bagdad nach Wien übersiedelten und sich später in Deutschland niederließen, an eigene Erfahrungen anknüpfen möchte. Die Arzttochter wuchs mit zwei älteren Geschwistern auf. Sie wurde katholisch erzogen und zeigte früh großes dbb journal Interesse am Sport. 1995 bis 1999 studierte sie an der Deutschen Sporthochschule in Köln Medien- und Kommunikationswissenschaften und arbeitete unter anderem als Sportmoderatorin beim Radio der Deutschen Welle (Köln/Bonn). Es folgten Stationen als Moderatorin der ZDF heute-Nachrichten und Co-Moderatorin beim heute journal. Seit Oktober 2007 gehört sie zum Team des ZDF-Morgenmagazins. Hayali ist Unterstützerin des Vereins „Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland“ und setzt sich als Botschafterin der Initiative „Respekt! Kein Platz für Rassismus“ gegen Diskriminierung ein. Dunja Hayali kam am 6. Juni 1974 im westfälischen Datteln zur Welt. Ruf nach dem starken Staat Sind viele Bürgerinnen und Bürger einerseits davon überzeugt, dass die Politk gegen statt für sie agiert, wird der Ruf nach einem „starken Staat“ andererseits seit Jahren immer lauter. Aufschluss über diese Entwicklung geben Zahlen aus der aktuellen Bürgerbefragung öffentlicher Dienst, die der dbb zusammen mit Forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen jährlich erhebt. Demnach sind aktuell 85 Prozent und damit mehr Befragte als vor sieben Jahren von der Notwendigkeit eines starken Staates überzeugt. 61 Prozent – ebenfalls noch etwas mehr als 2008, wenn auch etwas weniger als 2014 – meinen auch, dass der öffentliche Dienst eine flächendeckende Versorgung aller Bürger mit öffentlichen Dienstleistungen garantiere. Bei der Beurteilung der Effizienz des öffentlichen Dienstes überwiegen zwar nach wie vor die eher kritischen Urteile, allerdings mit leichtem Rückgang im Vergleich zu 2008. So meinen derzeit noch 66 Prozent, die öffentliche Verwaltung sei zu aufgebläht und koste zu viel. 75 Prozent halten die Verwaltung im Vergleich zur freien Wirtschaft für zu schwerfällig, 70 Prozent sehen durch Bürokratie und bürokratische Vorschriften die Freiheit der einzelnen Bürger immer stärker eingeschränkt. 66 Prozent meinen außerdem, dass viel zu viel verwaltet werde und mehr der eigenen Initiative der Bürger überlassen werden sollte. Die Verwaltung heute halten 64 Prozent für viel bürgerfreundlicher als früher und 35 Prozent meinen, die öffentlichen Verwaltungen seien inzwischen genauso leistungsfähig wie große Wirtschaftsunternehmen. Staat und Bürokratie: Notwendigkeit und Effizienz 2008 % 2014 % 2015 % 76 85 85 nein 22 14 14 ja 54 63 61 nein 43 35 37 Notwendigkeit: – „In einem Staat, der viel für seine Bürger tun will, ist eine starke öffentliche Verwaltung unerlässlich“ – „Der öffentliche Dienst garantiert, dass alle Bürger mit öffentlichen Dienstleistungen versorgt werden“ ja Effizienz: – „Die öffentliche Verwaltung ist zu aufgebläht und kostet zu viel“ – „Die Verwaltung ist viel zu schwerfällig“ – „Wenn es immer mehr Bürokratie und bürokratische Vorschriften gibt, wird die Freiheit des einzelnen Bürgers immer stärker e ingeschränkt“ – „Es wird viel zu viel verwaltet. Es sollte mehr der eigenen Initiative der Bürger überlassen werden“ ja 78 70 66 nein 19 27 31 ja 81 76 75 nein 16 21 22 ja 80 75 70 nein 20 23 29 ja 75 70 66 nein 24 30 34 – „Die Verwaltung ist heute viel bürgerfreundlicher als früher“ ja 58 63 64 nein 35 30 29 – „Öffentliche Verwaltungen sind heute genauso leistungsfähig wie große Wirtschaftsunternehmen“ ja 28 38 35 nein 67 57 60 Quelle: Bürgerbefragung öffentlicher Dienst 2015 9 Die Flüchtlingssituation als Herausforderung Die Bundesrepublik Deutschland steht vor einer der größten Herausforderungen ihrer Geschichte: 1,5 Millionen Menschen sind bereits eingereist, die aus ihren Heimatländern aus Furcht vor Verfolgung und Tod geflüchtet sind. Weitere werden folgen und um Asyl ersuchen. Sie wollen in Deutschland wohnen, arbeiten, ihre Kinder in Kitas und Schulen geben. Das muss die Bundesrepublik ihnen ermöglichen, wenn dem Asylantrag stattge geben wurde. Im Anschluss an ein Impulsreferat des baden-württembergischen Innen ministers Reinhold Gall wird sich am Morgen des 12. Januar eine Diskussionsrunde unter der Moderation von Dunja Hayali mit der Flüchtlingssituation „von der Registrierung bis Integration“ befassen. ? „Welche Aufgaben muss der öffentliche Dienst zur Bewältigung der Flüchtlingskrise übernehmen?“ „Wer muss welche Mittel zur Verfügung stellen?“ „Wie kann und muss der Personalbestand aufgestockt werden?“ „Welche Anreize müssen zur Reaktivierung ehemaliger Beschäftigter des öffentlichen Dienstes geschaffen werden?“ „Wie lässt sich die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen verbessern?“ Dr. Eva Lohse ... … Präsidentin des Deutschen Städte tages, skizziert mit ihren Lageberich ten aus der kommunalen Flüchtlings betreuung die aktuelle Situation in den Städten und Gemeinden. Als Oberbürgermeisterin von Ludwigs hafen wird sie hierbei sicher auch auf die Integrationsarbeit „ihrer“ rhein land-pfälzischen Heimatmetropole zu sprechen kommen. Die an den Universitäten Heidelberg, Genf und Freiburg ausgebildete Verwaltungs juristin arbeitete unter anderem an der Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Mannheim und promovierte 1995 im Bereich Ar beitsrecht. 1994 wurde sie in den Stadtrat von Ludwigshafen gewählt und trat 1999 als Spitzenkandidatin der CDU in der Kommunalwahl an. Bei der ersten Direktwahl der Oberbürgermeisterin setzte sie sich 2001 10 Präsidium des Deutschen Städteta ges, wo sie 2013 zunächst als Vize präsidentin und seit 2015 als Präsi dentin tätig ist. Eva Lohse kam am 23. Januar 1956 in Ludwigshafen zur Welt. << Stadtverwaltung Ludwigshafen << mit 55,5 Prozent der Stimmen im ers ten Wahlgang durch, übernahm am 1. Januar 2002 die Amtsgeschäfte und wurde bei der Wahl 2009 erneut gewählt. Seit 2005 ist sie Mitglied im Detlef Scheele … … Vorstand Arbeitsmarkt der Bun desagentur für Arbeit (BA), wird an lässlich der Podiumsdiskussion zur Flüchtlingsproblematik am Diens tagvormittag die Herausforderun gen benennen, denen sich die staat liche Arbeitsvermittlung stellen muss. Scheele war von 2011 bis Sommer 2015 im Senat I und II von Olaf Scholz Hamburger Senator für Arbeit, Soziales, Familie und Inte gration und 2008/2009 beamteter Staatssekretär im damals von Olaf Scholz geführten Bundesministeri Jahrestagung Köln 2016 dbb journal << Ulrich Silberbach ... … stellvertretender dbb Bundesvorsitzender und Bundesvorsitzender der komba gewerkschaft, vertritt auf der Podiumsdiskussion am Dienstagvormittag die gewerkschaftspolitischen Positionen. Von 1979 bis 1982 absolvierte er eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten und arbeitete bis 1990 im kommunalen Dienst seiner Heimatstadt Köln. 2003 wurde Silberbach zum stellver- gaben und das Ausmaß der Verantwortung, denen sich die Länder bei der Registrierung und Integration der Flüchtlinge stellen müssen. In der an- Ailura um für Arbeit und Soziales. Er studierte Politik-, Sport- und Erziehungswissenschaften in Hamburg und schloss 1984 mit dem Staats examen für das Lehramt am Gym nasium ab. Von 1985 bis 1987 war er persönlicher Referent des damaligen Hamburger SPD-Landesvorsitzenden Ortwin Runde und arbeitete in verschiedenen Hamburger Landesbetrieben, unter anderem auch als Geschäftsführer bei den ElbeWerkstätten für Menschen mit Behinderungen. Im Juli 2015 wählte der BA-Verwaltungsrat Scheele in einer außerordentlichen Sitzung zum neuen Vorstand Arbeitsmarkt. Detlef Scheele kam am 30. September 1956 in Hamburg zur Welt. tretenden Landesvorsitzenden der komba gewerkschaft nrw und im Frühjahr 2007 zum Landesvorsitzenden gewählt. Nach seiner Wahl zum komba Bundesvorsitzenden im Mai 2011 wurde Silberbach im Juni vom dbb Bundeshauptvorstand zum stellvertretenden dbb Bundesvorsitzenden gewählt. In dieser Funktion wurde er im November 2012 von den Delegierten des dbb Gewerkschaftstages bestätigt. Silberbach, der in der dbb Bundesleitung vorrangig für Kommunalpolitik, Arbeitsmarktpolitik sowie Fragen der Gesundheitspolitik einschließlich Pflege zuständig Marco Urban Bina Engel für den öffentlichen Dienst ist, gehört der Bundestarifkommis sion des dbb an. Auf dem europäischen Parkett engagiert er sich seit 2012 als Präsident der Europäischen Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Gewerkschaften der Bediensteten der Gemeinden und Gemeindeverbände (EULOS). Ulrich Silberbach kam am 27. August 1961 in Köln zur Welt. << Reinhold Gall … … Innenminister des Landes BadenWürttemberg, beleuchtet in seinem Impulsreferat die Vielfalt der Auf schließenden Podiumsdiskussion wird der seit Mai 2011 als Innenminister amtierende Sozialdemokrat an Beispielen aus seinem Ressort erläutern – Gall ist unter anderem zuständig für die Polizei, die Feuerwehr, das Rettungswesen und den Katastrophenschutz, das Kommunalwesen sowie ausländerrechtliche Angelegenheiten –, welche Akzente die grün-rote Regierung in Baden-Württemberg in der Flüchtlingsarbeit setzt. Der gelernte Fernmeldetechniker begann seine politische Laufbahn in der Kommunalpolitik. 1984 wurde er in den Gemeinderat der Gemeinde Obersulm (Landkreis Heilbronn) gewählt, 1989 Ortsvorsteher seines Heimatortes Obersulm-Sülzbach. 1994 zog er in den Kreistag ein. Seit der Landtagswahl 2001 vertritt er den Wahlkreis Neckarsulm im Landtag von Baden-Württemberg. Gall ist seit 2009 Vorsitzender des Kreisfeuerwehrverbandes Heilbronn und seit 1984 Kreisausbilder der Feuerwehren im Landkreis Heilbronn. Reinhold Gall kam am 31. Oktober 1956 in Sülzbach zur Welt. 11 ©Astrid Gast – Fotolia.com Amtsdeutsch: Rauhfutterverzehrende Großvieheinheit … … sagt und schreibt (angeblich) der deutsche Beamte, wenn ein Rind – ob Kuh, Kalb, Bulle oder Ochse – gemeint ist. B esagte rauhfutterverzehrende Großvieheinheit frisst auf der Alm auch kein Gras, sondern labt sich an den H almen einer Spontanvegetation. Unmissverständlich soll es sein, das oft g eschmähte „Behörden- oder Amtsdeutsch“, damit Gesetze und Verordnungen nicht heute so und morgen ganz anders ausgelegt werden können. Doch Wortungetüme und Bandwurmsätze, die mit Passivformulierungen und Substantivierungen überfrachtet sind, lassen sich durchaus in gängiges Deutsch fassen, ohne ihre Eindeutigkeit zu verlieren. Initiativen und Bemühungen, mehr Transparenz in die Kommunikation zwischen Staat und Bürger zu bringen, gibt es schon seit Langem – mit mäßigem Erfolg. Der Grat zwischen juristisch korrekter Formulierung und unfreiwilliger Sprachkomik ist schmal. Das musste Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus 1999 bei der Einbringung des Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetzes in den Landtag erfahren. Zahlreiche Abgeordnete brachen in schallendes Gelächter aus, und der Minister gestand zu, dass der Titel – möglicherweise – etwas lang sei. Genutzt hat weder die Heiterkeit noch die weise Erkenntnis: Das Gesetz wurde im Januar 2000 als „Gesetz zur Übertragung der Aufgaben für die Überwachung der Rinderkennzeichnung und Rindfleischetikettierung“ verabschiedet, der amtliche Kurztitel lautete 12 nun – noch länger – Rinderkennzeichnungs- und Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz (RkReÜAÜG). es nicht, dazu wurde 1999 der „Kollateralschaden“ gewählt. Ende Mai 2013 wurde das Gesetz zwar aufgehoben, doch der Titel dient noch heute als abschreckendes Beispiel für die Auswüchse der Behördensprache. Mit 63 Buchstaben gehört es zu den längsten zusammengesetzten Substantiven der deutschen Sprache. Die Gesellschaft für Deutsche Sprache schlug es sogar 1999 zum Wort des Jahres vor. Aufgrund der bevorstehenden Jahrtausendwende und des erwarteten Computer-GAUS setzte sich allerdings das Wort „Millennium“ durch. Auch zum Unwort des Jahres taugte Die Bürger selbst haben indes weniger ihre liebe Not mit verqueren Gesetzestexten als mit kryptisch formulierten Briefen vom Finanzamt oder von der Gemeindeverwaltung. Ein Beispiel aus einem Schreiben an eine Hundebesitzerin: „Das Führen von Hunden auf öffentlichen Wegen ist nur mit der Maßgabe gestattet, dass die Hunde an der Leine geführt werden.“ Warum heißt es nicht schlicht „Hunde müssen auf öffentlichen Wegen an der Leine geführt werden“? Das zweite Beispiel stammt aus einem Polizeibericht: „Der Verunfallte wurde von einem << Stilblüten von Amts wegen Jahrestagung Köln 2016 Rettungswagen erstversorgt und anschließend in das Krankenhaus verbracht. Zur weiteren Absuche der Einsatzstelle wurden die Kräfte der Feuerwehr alarmiert.“ Warum heißt es nicht „Die Besatzung eines Ret tungswagens leistete Erste Hilfe und fuhr das Unfallopfer anschließend ins Krankenhaus. Die Feuerwehr suchte die Unfallstelle ab“? Interessant wäre es auch für den Leser zu erfahren, wo nach die Feuerwehrleute gesucht ha ben, aber das geht aus dem Bericht leider nicht hervor. Gesetze und Amtsschreiben haben indes nur dann einen Sinn, wenn sie verstanden und infolgedessen beach tet werden können. Das ist in Bund, Ländern und Kommunen seit Langem erkannt, die inzwischen griffige For mulierungshilfen anbieten. In der ent sprechenden Broschüre des bayeri schen Innenministeriums „Freundlich, korrekt und klar. Bürgernahe Sprache in der Verwaltung“ heißt es im Vor wort: „Es ist nicht immer leicht, be hördliche Schreiben zu formulieren. Sie sollen einerseits den Sachverhalt und die rechtliche Situation richtig wiedergeben, andererseits aber ver ständlich formuliert und übersichtlich sein. Es ist ein hoher Anspruch, all die sen Zielsetzungen gerecht zu werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Behörde – und auch wir Politiker selbst – gewinnen aber an Überzeu gungskraft und Glaubwürdigkeit, wenn wir auch schwierige Zusammen hänge nachvollziehbar machen und transparent darstellen. Das ist Service für die Bürgerinnen und Bürger – aber auch ein Dienst an uns selbst.“ << Dem verbalen Amtsschimmel Beine machen Seit über zehn Jahren kümmert sich beispielsweise die „IDEMA. Gesell schaft für verständliche Sprache“ um lesbare Texte von Ministerien, Behör den und Gemeindeverwaltungen so wie von Parteien und Organisatio nen. Der erste große Auftrag bestand 2008 in der Übertragung der Image broschüre des Bundesinnenministeri ums in eine allgemein verständliche Sprache. Inzwischen steht den Be schäftigten der Bundesverwaltung eine Datenbank „Verständliche Ver waltungssprache“ (IDEMA Bund) zur Verfügung, deren Nutzung dazu bei tragen soll, Verwaltungstexte ver ständlicher zu gestalten. Auch viele Stadtverwaltungen, zum Beispiel in Bochum, Kleve, Lübeck oder Kiel, haben dem Amtsdeutsch den Kampf angesagt und vertreiben nach und nach den Amtsschimmel aus ihren Texten. Für die Stadt Bo chum überarbeiten die Sprachwissen schaftler der IDEMA die amtlichen Texte, indem sie die unverständlichen Formulierungen in modernes Deutsch übertragen. Juristen achten darauf, dass die Briefe und Mitteilungen den noch rechtssicher bleiben, und Mitar beiter der Bochumer Ämter prüfen abschließend die fachliche Richtigkeit. Inzwischen wurden auf diese Weise mehrere Hundert Texte bearbeitet und Einträge für das Wörterbuch „Amtsdeutsch – Deutsch“ entwi ckelt. Die Ergebnisse finden sich in einer Datenbank (IDEMA Kommunal), die gegen Gebühr von allen Verwal tungen genutzt werden kann. In Bo chum sieht man die kundenfreundli chen Texte durchaus auch unter Kostenaspekten, denn in Zeiten knapper Kassen sei Bürokratieabbau gefragt. Unverständliche Texte kos ten Geld, denn mancher Einspruch gegen einen Bescheid könnte bereits vermieden werden, wenn die Briefe verständlicher und auch kunden freundlicher verfasst worden wären. dbb journal Sprach-TÜV für Gesetze Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien, § 42 Abs. 5: „Gesetzentwürfe müssen sprach lich richtig und möglichst für je dermann verständlich gefasst sein. Gesetzentwürfe sollen die Gleich stellung von Frauen und Männern sprachlich zum Ausdruck bringen. Gesetzentwürfe sind grundsätzlich dem Redaktionsstab Rechts sprache zur Prüfung auf ihre sprachliche Richtigkeit und Ver ständlichkeit zuzuleiten. Die Zulei tung soll möglichst frühzeitig erfolgen. Das Ergebnis der Prüfung hat empfehlenden Charakter.“ So wurde in Bochum – und a nderswo – aus dem Fernsprecher das Telefon, aus fernmündlich telefonisch. Die Ab lichtung heißt nun Kopie, Augenglä ser Brille. Das ist nicht weltbewe gend, eher selbstverständlich, doch ein Schritt in die richtige Richtung ist es allemal. Dass sich trotzdem viele Behörden und Verwaltungen weiter schwertun, verständlich zu formulie ren, ist nicht zuletzt auch der fö deralen Struktur der Bundesrepublik geschuldet, die Zusammenarbeit er schwert, statt sie zu begünstigen. Eine Amtsmitteilungsbundesformu lierungsverordnung (AmiBufoVer) hätte deshalb wohl keine Chance. Allerdings bleibt es dem Bürger unbe nommen, den Absender eines unver ständlichen Textes um „Überset zung“ zu bitten. Meistens wird die „Rechtsbehelfsbelehrung“ sogar ausdrücklich angeboten. Redaktionsstab Rechtssprache Der Redaktionsstab Rechtssprache ist neben dem Sprachbüro Teil der Sprachbera tung im Bundesjustizministerium (BMJ). Sprachwissenschaftler bearbeiten Ge setz- und Verordnungsentwürfe und prüfen sie auf sprachliche Richtigkeit und Verständlichkeit gemäß § 42 Abs. 5 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien. Den Redaktionsstab Rechtssprache gibt es seit 2009. Er ist das Ergebnis des Modellprojekts „Verständliche Gesetze“, das vom BMJ gefördert und unterstützt wurde. Er wird seit Januar 2013 von der Lex Lingua Gesellschaft für Rechts- und Fachsprache mbH betrieben und von der Juristin Stephanie Thieme geleitet. Daneben gibt es den Redaktionsstab der Gesellschaft für deutsche Spra che beim Deutschen Bundestag, der sprachliche Beratung für die A bgeordneten, die Fraktionen und die Ausschusssekretariate anbietet. Quelle: BMJ 13 Zahlen Daten Fakten 2016: Dringender Handlungsbedarf Zahlen Daten Fakt en Der öffentliche Dienst in Deutschland hat ein Personalproblem: Während die zu bewältigenden Aufgaben nicht zuletzt mit Blick auf die Flüchtlingssituation stetig anwachsen, ist der Personalbestand seit 1991 fast kontinuierlich geschrumpft. Zusammen mit fehlendem Nachwuchs bringt sich der öffentliche Sektor in Deutschland immer weiter an den Rand des Funktionsversagens. Das lässt sich nicht nur an der wachsenden Zahl an Klagen aus der Praxis ablesen, sondern auch an statistischem Zahlenmaterial. 2016 ZahlenDatenFakten_ 2016.indd 1 Die Informationsbroschüre „Zahlen Daten Fakten“, die der dbb jährlich aktualisiert herausgibt, erlaubt eine vorurteilsfreie Orientierung über die wichtigsten Eckdaten des öffentli chen Dienstes. Aufbauend auf den jeweils neuesten Zahlen des Statisti schen Bundesamtes und der Statisti schen Landesämter, auf Informatio nen der Bundesministerien und auf eigenen Berechnungen liefert „Zah len Daten Fakten“ fundiertes Basis wissen und eignet sich als schnelles Nachschlagewerk, das bewusst auf eine Kommentierung verzichtet. Die Zahlen sprechen für sich und weisen auf Probleme hin, die gelöst werden müssen, um den öffentlichen Dienst auch künftig funktionsfähig zu halten. Die Ausgabe 2016 zeigt deutlich, dass Deutschland nicht mehr ausreichend für die Bewälti gung besonderer Situationen ge rüstet ist. Nach aktuellen Schätzun gen des dbb fehlen dem Staat fast 180 000 Beschäftigte, besonders in den Kommunalverwaltungen. Der zeit wird fieberhaft neues Personal gesucht. So ist zum Beispiel der Anteil der Bundesbeamten im Alter von 45 bis 54 Jahren vom Jahr 2000 bis 2014 um 14,4 Prozent von 22,1 Prozent auf 36,5 Prozent gestiegen. Der Anteil der Beamtinnen und Beamten im Alter von 55 bis 59 Jahren stieg im gleichen Betrachtungszeitraum um 3,3 Prozent von 10,6 auf 13,9 Prozent. 14 In den kommenden Jahren wird eine Pensionierungswelle auf den öffent lichen Dienst zukommen, die Lücken im Personalbestand schaffen wird. Der Arbeitsmarkt kann den Bedarf kaum decken, weil qualifiziertes Per sonal zunächst ausgebildet werden muss. Die Gewinnung motivierten Nachwuchses für den öffentlichen Dienst wird daher eine der dringlichs ten Aufgaben für die kommenden Jahre bleiben. Dabei spricht wenig gegen und vieles für Neueinstellungen, denn im euro päischen Vergleich steht Deutsch land schlank da, was sowohl die Ar beitnehmerentgelte in Prozent des Bruttoinlandsproduktes als auch die Personalausgaben in Prozent des deutschen Gesamthaushaltes betrifft: Die Personalausgaben sind von 1997 bis 2014 von 11,9 Prozent beinahe stetig auf 9,9 Prozent ge sunken und werden bis 2019 voraus sichtlich weiter sinken – ein Zeichen für die restriktive Personalpolitik im öffentlichen Dienst. Im Europaver gleich gibt die Bundesrepublik mit Abstand am wenigsten für das Perso nal im öffentlichen Sektor aus: Unter den Entgeltausgaben von 7,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts stehen lediglich die Tschechische Republik mit 7,4 Prozent und die Slowakei mit 7,1 Prozent. Zum Vergleich geben Spitzenreiter Dänemark 18,3 Prozent und Finnland 14,5 Prozent des Brut toinlandsprodukts für Arbeitnehmer entgelte aus. Daraus ergeben sich im direkten Vergleich finanzielle Spiel räume, die genutzt werden sollten, wenn Deutschland auch in Zukunft einen reaktionsfähigen öffentlichen Dienst bereithalten will, auf den sich Bürgerinnen, Bürger und Wirtschaft verlassen können. Zahlen Daten Fakten 2016 kann über die Homepage des dbb unter www.dbb.de als PDF herunter geladen werden. Altersstruktur der Beamtinnen und Beamten des Bundes (inkl. Richterinnen und Richter) im Vergleich der Jahre 2000 und 2014 2000 Altersgruppe unter 25 Jahre Anzahl 8 965 2014 % Anzahl % 6,8 2 580 2,0 12,9 25 bis 34 Jahre 31 405 23,7 16 355 35 bis 44 Jahre 41 078 31,0 33 175 26,3 45 bis 54 Jahre 29 353 22,1 46 055 36,5 55 bis 59 Jahre 14 038 10,6 17 515 13,9 7 745 5,8 10 620 8,4 132 584 100 126 300 100 ab 60 Jahre Summe Quelle: destatis, 2015 16.12.15 13:34 Jahrestagung Köln 2016 dbb journal Steffi S., Elektronikerin bei der Bundeswehr Öffentlicher Dienst ist unverzichtbar. Deswegen fordern wir, was uns zusteht! Ohne Bundeswehr und Bundeswehrverwaltung, Feuerwehrleute, Polizisten und Zöllner gibt es weder Sicherheit noch Ordnung. Beim Krankenpflegepersonal ist unsere Gesundheit in den besten Händen. Ohne Straßenwärter und Müllwerker sorgt niemand für freie Bahn und saubere Umwelt. Und wenn die Verwaltung nicht funktioniert, geht es in Deutschland drunter und drüber – zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Öffentlicher Dienst ist unverzichtbar. www.dbb.de 15 << Politik-TÜV Spätestens die Wirtschafts- und Finanzkrise hat einer Lieblingsbeschäftigung unserer Politiker zu neuer Hochkonjunktur verholfen: das Aufden-Prüfstand-Stellen. Alles und jedes wird gedreht und gewendet, zerlegt und neu zusammengesetzt. Dass Gesetze und Verordnungen indes keine Motoren sind, deren Schäden und Macken ein guter Mechaniker exakt zu diagnostizieren und zu beheben weiß, tritt in den Hintergrund: Beim politischen Auf-denPrüfstand-Stellen riecht es förmlich nach Boxenstopp, nach Sprit und Öl, anders gesagt: Sachkunde und kreatives Know-how sollen signalisiert werden. Doch das ist – mit Verlaub – nicht immer zutreffend, und das vermeintlich objektive Auf-den-Prüfstand-Stellen entpuppt sich so manches Mal als semantische Hohlraumversiegelung. Inzwischen funktioniert der Staatsmotor so komplex und kompliziert, dass Korrekturen hier unweigerlich zu Verwerfungen dort führen. Jedes 16 Drehen an irgendwelchen Stellschrauben setzt Kettenreaktionen in Gang, die gut Gemeintes ganz schnell zum sprichwörtlichen Sand im Getriebe werden lassen. Unsere Auf-den-Prüfstand-Steller sollten sich deshalb nicht scheuen, ihre Reparaturergebnisse durch den PolitikTÜV zu bringen. Dabei könnte es durchaus sein, dass so manches Päckchen ohne Plakette bliebe, weil sein Inhalt wieder einmal an der falschen Stelle einwirken würde. Kurzsichtige Spareingriffe in den Motor des öffentlichen Dienstes dürften – ob mit oder ohne Prüfstand – zweifellos dazu gehören. Denn eines ist sicher, nur die Ausgaben von heute ermög lichen das Wachstum von morgen. Oder mit den Worten einer lebenserfahrenen Großmutter ausgedrückt: „Billiges habe ich mir auf Dauer nie leisten können.“ << Pins & Puks Der moderne Mensch ist gläsern, so gläsern, dass er es meist selbst nicht weiß. Würde er das Recht auf Wahrung seiner Privatsphäre konsequent einfordern, müsste er Internet, Kreditkarte, Rabattpunkte und Co meiden wie der Teufel das Weihwasser. Aber da wir von den Informationsebenen hinter unseren Pins & Puks nichts wissen oder besser gesagt, nichts wissen wollen, sind wir stillschweigend damit einverstanden, dass es aufschlussreiche Käufer-Nutzer-Freizeit-Userprofile von uns gibt, die nicht nur unsere (geheimen) Vorlieben transparent machen, sondern auch unser Finanzverhalten und das Ringen um den letzten Cent. Wie sonst sollten einschlägige Unternehmen der freien Wirtschaft, die diese Daten teuer bei der Post oder den Kommunen einkaufen, wissen, was für maßgeschneiderte Angebote sie uns machen sollen? Einem unbestätigten Gerücht zufolge haben kürzlich die öffentlichen Arbeitgeber die Konsumentenprofile aller Beschäftigten des öffentlichen Dienstes erworben, um neue Argumente für die anstehende Einkommensrunde zu gewinnen. Die Auswertung hat etwas länger gedauert als fünf Verhandlungsrunden, aber ©Bacho Foto – Fotolia.com Politik contra Bürger – satirisch betrachtet Jahrestagung Köln 2016 << Staatsbedarfsartikel Not macht erfinderisch, Finanznot ganz besonders. Bund, Länder und Kommunen beweisen in Zeiten knap per Kassen einen schier unerschöpf lichen Erfindungsreichtum, wenn es darum geht, die Bürger ebenso zu schröpfen wie die Beschäftigten. Zunehmend öfter wird die Parole ausgegeben „Staat privat“. Gibt es beispielsweise nicht genug Betreu ungsplätze für Kinder unter drei Jah ren, sollen staatlich geförderte priva te Tagesmütter als Ersatzpersonal in die Bresche springen und den Bedarf in den eigenen vier Wänden decken. Drei bis sechs Kids dürfen es schon sein, bei entsprechendem Raum angebot auch gerne mehr. Ob die Option des staatlichen Aufgaben- Delegationsprinzips auch für die überfüllten, personalschwachen Vollzugsanstalten Anwendung fin den kann, wird derzeit auf höchster Ebene geprüft. In diesem Bereich werden dann insbesondere Hausbe sitzer gefordert sein, die über massiv gebaute Kellerräume verfügen. Damit alles seine Ordnung hat und die Ausstattungen den hohen Stan dards der öffentlichen Verwaltung genügen, sind Verhandlungen mit den großen Baumarktunternehmen im Gange, die neben den Angeboten an Hobby- und Bastelbedarf künftig auch Abteilungen mit Staatsbedarfs artikeln einrichten sollen. Dort kön nen dann flächendeckend nicht nur pädagogisch wertvolle Kinderbetreu ungsequipments erworben werden, sondern auch Sicherheitspakete von der Fußfessel bis zur soliden Gitter strebe zum nachträglichen Einbau in die Souterrainfenster. Auf einhellige Ablehnung gestoßen ist allerdings die Einbeziehung von No-Name-Dis countern, die zwar ähnliche Sorti mente vorhalten könnten, aber die hohen Standards der öffentlichen Verwaltung nicht erfüllen. Was der Staat anbietet, muss ohne Wenn und Aber hochwertig sein und Bestand haben. Schließlich geht es um das Wohl der Bürger und den Einsatz von Steuermitteln. Dem werden Billig anbieter nicht gerecht, denen es nur um Gewinnmaximierung geht, weil sie den Ausverkauf von Staatsbe darfsartikeln bei mangelnder Nach frage nicht ausschließen wollen. Undenkbar, eine solche Perspektive für die Zukunft des Sozialstaats. << Gut gemeint ... ... ist längst nicht immer gut. Manche Politiker meinen es zwar gut mit den von ihnen auf den Weg gebrachten Gesetzen und Verordnungen. Doch was in der Theorie rund ist, erweist sich in der Praxis ziemlich oft als freie-kreation - Fotolia jetzt liegen die Ergebnisse auf dem Tisch. BMI Thomas de Maizière hat sie aber nach kursorischer Lektüre zur Geheimen Chefsache erklärt. „Nicht auszudenken, wenn davon etwas bekannt würde“, soll der Mi nister gesagt haben, „sonst müssten wir wohl mindestens zehn Prozent drauflegen.“ dbb journal eckig: Alexander Dobrindt ist dabei, die Maut in den Sand zu setzen. Wolfgang Schäuble tut es ihm mit der Erbschaftsteuer gleich, Sigmar Gabriel dreht Pirouetten bei der Energiewende, Ursula von der Leyen kämpft mit einem Gewehr ohne Ge währ und Andrea Nahles ist mit dem von ihr (und anderen) schöngerede ten Tarifeinheitsgesetz in Karlsruhe gelandet. Aber das ist noch gar nichts gegen den Unbill, den die Arbeits ministerin sich durch ihren Paternos ter-Coup einhandelte. In der neuen Betriebssicherheitsverordnung hat sie es auf Personenumlaufaufzüge, sprich Paternoster, abgesehen und lässt aus purer Sorge um des Bürgers Wohlergehen seit dem 1. Juni 2015 nur noch geschulte Beschäftigte in die Aufzug-Dinos. Unbedarfte Kauf hauskunden oder Behördenbesucher müssen sogar ganz außen vor blei ben. Eines war Andrea Nahles sicher: Publicity, wenn auch keine schmei chelhafte. Und wachsender Wider stand, vor allem aus den Kommunen, stemmte sich der Ministerin und ih rem Paternoster-Stopp entgegen. Der Druck war zu groß, und bereits einen Tag nach dem Verbot ruderte sie zurück. Die Sicherheit der „VWKäfer unter den Aufzügen“ – so die Ministerin auf Facebook – soll kon kret vor Ort entschieden werden dür fen, und die Bundesländer wurden ermächtigt, die in die Aufzugs-Welt gesetzten Beschränkungen aufzuhe ben. So weit, so gut, oder doch nur gut gemeint? Denn hier hätte sich eine neue hoheitliche Aufgabe im Bereich der öffentlichen Sicherheit für Polizeibeamte des Bundes und der Länder (je nach Standort und Be treiber der PersonenumlaufaufzugsAnlagen) ergeben: Knapp 400 Pater noster sind bundesweit noch in Betrieb. Das hätte mindestens 1 000 Neueinstellungen im Paternoster dienst zur Einweisung und Kontrolle der Nutzer erfordert. Das wäre kon sequent gewesen statt lässig abzu winken nach dem Motto „hab’s doch nur gut gemeint“ ... 17 Koelnmesse: Tagungsstätte mit Tradition Seit 2006 findet die dbb Jahrestagung in Köln statt. Ausschlaggebend für den Wechsel aus dem fränkischen Bad Kissingen an den Rhein waren sowohl die steigenden Teilnehmerzahlen, die eine größere Veranstaltungsfläche notwendig machten, als auch die wachsenden Anforderungen an die Tagungstechnik. Das Congress-Centrum Nord der Koelnmesse bietet Platz und Technik für alle Ansprüche. Im April 1920 wurde auf Initiative des Kölner Oberbürgermeisters Konrad Adenauer erstmals ein Messe projekt für die geplante „Rheinische Musterschau“ präsentiert. Am 2. März 1922 genehmigte die Stadtverordnetenversammlung den Bau am Deutzer Ufer auf einer Fläche von 30 000 Quadratmetern. Am 11. Mai 1924 fand nach nur elf Monaten Bauzeit die Eröffnung mit der Kölner Frühjahrsmesse statt: 600 000 Gäste wurden gezählt, während die Leipziger Frühjahrsmesse 1924 lediglich 176 500 Besucher verzeichnete. Der Erfolg hielt an, und das Ausstellungsgelände wurde 1928 auf 66 500 Quadratmeter erweitert. Rund um die Messehallen entstanden zudem der Messeturm, die Rheinhallen, das Staatenhaus und eine Gartenanlage. schaftswunder in den 50er-Jahren kamen auch der KoelnMesse zugute: Die erste photokina wurde 1950 veranstaltet, die Anuga, die globale Ernährungsmesse, kehrte nach 14-jähriger Unterbrechung nach Köln zurück. Beide Messen gehören heute zu den sogenannten Weltleitmessen ihrer Branchen. Erst im September 1947 fand auf dem notdürftig instand gesetzten Gelände mit der Kölner Herbstmesse die erste Nachkriegsveranstaltung statt, die von 60 000 Gästen besucht wurde. Aufschwung und Wirt- 18 ©Blacky – Fotolia.com In der Zeit des NS-Terrors wurde das Messeglände unter anderem als Internierungslager für Kriegsgefangene sowie als Sammellager für Juden, Roma und Sinti missbraucht. Der Initiator des Messegeländes, Konrad Adenauer, wurde am 23. August 1944 verhaftet und in das „Arbeitserziehungslager Messe Köln“ gebracht. Er stand im Verdacht, am Attentat gegen Hitler beteiligt gewesen zu sein. Ende September 1944 wurde er in das Zuchthaus Brauweiler verlegt, aus dem er Ende November 1944 entlassen wurde. < < Der Messeturm aus dem Jahr 1928. Das Messegelände wuchs 1956 wieder auf 66 000 Quadratmeter; 1974 waren es 159 000 Quadratmeter, 1977, durch den Bau der Ost-Hallen, 203 000 Quadratmeter. Heute stehen Ausstellern und Besuchern 284 000 Quadratmeter Hallen- sowie 100 000 Quadratmeter Außenfläche für Veranstaltungen aller Art zur Verfügung. Die Koelnmesse entwickelte sich, gemessen an der Ausstellungsfläche, zum fünftgrößten Messeveranstalter der Welt. Jährlich finden über 80 Messen, Ausstellungen und sonstige Veranstaltungen mit knapp drei Millionen Besuchern statt. Zudem betreut die KölnKongress GmbH, eine Tochtergesellschaft der Koelnmesse und der Stadt Köln, rund 2 000 Kongressveranstaltungen im Jahr, die in den Congress-Centren Nord und Ost sowie unter anderem im Festhaus Gürzenich oder im Tanzbrunnen stattfinden. An diesen Veranstaltungen nehmen im Jahr über eine Million Gäste teil. Die Koelnmesse gibt der Stadt und der Region starke wirtschaftliche Impulse. Rund 115 000 Vollzeitjobs hängen allein vom Messegschäft ab. Die Hälfte aller Übernachtungsgäste in Köln sind Messebesucher. Mit dem Projekt Koelnmesse 3.0, einem 600 Millionen Euro umfassenden Investitionsprogramm, soll bis 2030 das Südgelände modernisiert werden, einschließlich der Verkehrswege und der Besucherlenkung. Auch weitere Neubaukomplexe sind geplant, unter anderem Logistik- und Parkflächen im Umfeld. Dass die gesamte Koelnmesse behindertengerecht gestaltet ist, versteht sich fast von selbst. Bundesweit für Sie da: Mit Direktbank und wachsendem Filialnetz. Für mich: das kostenfreie Bezügekonto 1) 1) Voraussetzung: Bezügekonto; Genossenschaftsanteil von 15,– Euro/Mitglied Banken gibt es viele. Aber die BBBank ist die einzige bundesweit tätige genossenschaftliche Privatkundenbank, die Beamten und Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes einzigartige Angebote macht. Zum Beispiel das Bezügekonto mit kostenfreier Kontoführung.1) Vorteil für dbb-Mitglieder: • 30,– Euro Startguthaben über das dbb vorsorgewerk Informieren Sie sich jetzt über die vielen speziellen Vorteile Ihres neuen Kontos für Beschäftigte im öffentlichen Dienst: Tel. 0 800/40 60 40 160 (kostenfrei) oder www.bezuegekonto.de dbb Jahrestagung 2016 Herausforderung für die Demokratie – Politik contra Bürger?
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