Bildungssystem und Fachkräftemangel

Bildungssystem und Fachkräftemangel in China
-Wie aus Überschuss ein Mangel wird -
Hochschule Bremen, Fakultät Wirtschaftswissenschaften
Studiengang Angewandte Wirtschaftssprachen &
Internationale Unternehmensführung/ China
Bremen, 17.06.2015
Niklas Gräbner, Felix Plaschka, Daniel Syniak
2015 Copyright © All Rights Reserved
Inhaltsverzeichnis
1
Einführung in Chinas Bildungssystem
2
Schwachstellen im Bildungssystem
3
Bildungssystem und Wirtschaft
4
Fachkräftemangel
5
Maßnahmen der chinesischen Regierung zur Verbesserung des
Bildungswesens
6
Maßnahmen der Unternehmen zur Bewältigung des
Fachkräftemangels
7
Ausblick
8
Quellenverzeichnis
05.07.2015
Bildungssystem und Fachkräftemangel in China
1
1 Einführung in Chinas Bildungssystem
http://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/forschungsboom-china-draengt-an-die-weltspitze-der-wissenschaft-a-753741.html
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Bildungssystem und Fachkräftemangel in China
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1.1 Historischer Überblick
Vor 1840
Schulische Bildung nur für den jungen Adel
Unterricht sehr starr und konfuzianisch geprägt
Einführung der Beamtenprüfung (Sui-Dynastie 581-618)
1840-1949
Zunehmender Einfluss westlicher Bildung
Abschaffung der Beamtenprüfung 1905
Fokus auf naturwissenschaftliche Fächer
1949-1976
Adaptierung des sowjetischen Bildungssystems
Aufbau eines zweigleisigen Bildungssystems
Ausbruch der Kulturrevolution 1966
Nach 1976
Erneuter Fokus auf Bildung
Einführung der Hochschulzulassungsprüfung (Gaokao)
Neuerungen im Bildungswesen
(Glöckner 2013: 193-2001) (Surowski 2000)
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1.2 Bildungslandschaft heute
Gesetzliche 9-jährige Schulpflicht
Breite Differenzierung des schulischen Angebots
Existenz von privaten und staatlichen Schulträgerschaften
Zuständigkeit des Ministry of Education
Abschaffung des national einheitlichen Lehrplans (Ende 1980er Jahre)
Wachsender Stellenwert der beruflichen Bildung
(Center on International Education Benchmarking) (Schnarr 2011)
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1.2 Bildungslandschaft heute
Quelle: GIC Shanghai 2010 in: iMOVE (2010), „Marktstudie China: Für den Export beruflicher Aus- und Weiterbildung“, S.16,
https://www.imove-germany.de/cps/rde/xbcr/imove_projekt_de/p_iMOVE-Marktstudie_China_2010.pdf, Zugriff am 10.06.2015
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1.3 Kennzahlen des chinesischen Bildungssystems
(Stand: 2013)
Land
Indikator
China
Deutschland
Bildungsausgaben in Prozent des BIP
3,9%
4,3%
Bildungsausgaben in Prozent des Haushalts
15,7%
14,9%
Anzahl der Hochschulen
2442
423
Anzahl der Studienanfänger
7 Mio
0,5 Mio
Eingeschriebene Studierende im Tertiärbereich
39,4 Mio
2,6 Mio
Gesamtpersonal im Bildungswesen
18,3 Mio
0,6 Mio
Quelle: DAAD; Destatis; Statista; Ministry of Education of the People`s Republic of China; China Statistical Yearbook 2014; Eigene Berechnungen
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2 Schwachstellen im Bildungssystem
http://www.china-kultur.at/content/index.aspx?CatalogItemID=30070
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2.1 Große interregionale Bildungsunterschiede
Über 600 Mio. Chinesen in ländlichen Regionen
Mehrzahl der Schüler vom Land
Studenten vom Land an der Peking University:
1990: 30%
2014: 10%
Stadt
Land
Sehr gut ausgestattete Schulen
Notdürftig ausgestattete,
heruntergekommene Schulen
Hoch qualifiziertes Lehrpersonal
Lehrpersonal unterqualifiziert
(Shi Yaojiang et al. 2014: 3) (Gao 2014)
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2.1 Große interregionale Bildungsunterschiede
Unterschiede der Analphabetenrate Stadt/Land (Stand: 2009)
Analphabetenrate
Männer
Frauen
Gesamt
Peking
1,0%
4,5%
2,8%
Tibet
31,6%
47,2%
39,6%
Anhui
7,5%
19,3%
13,4%
Gesamt
3,8%
10,5%
7,1%
(Schulte 2014: 508)
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2.2 Hohe Schulabbrecherquoten in ländlichen
Regionen
Schulart
Abbrecherquoten
Allgemeine Untere Mittelschule
31,0%
Allgemeine Obere Mittelschule
7,4%
Obere Berufliche Mittelschule
1
32,0%
Schüler, die die Allgemeine Obere Mittelschule nicht besuchen: 53,5%
Kumulierte Abbrecherquoten im Sekundarbereich: 63,0%
1 Offizielle
Rate: 2,6%
(Shi Yaojiang et al. 2014: 7 – 8)
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2.3 Einschränkungen der Institutionswahl durch
das Hukou-System
Einführung: 1958
Antrag bei Wohnsitzwechsel
Zugang zu städtischen Bildungseinrichtungen weiter schwierig
Große/wichtige Städte
Strenge Kontrolle der Genehmigungen
Seit 1990er Jahren mehrmals reformiert
Ziel: Bewegung der Bevölkerung kontrollieren
Strenger kontrolliert
Migrantenkinder in Städten oft auf private Bildungseinrichtungen
beschränkt
Teurer und minderwertiger
(Sicular 2013) (Schulte 2014: 522) (Gao 2014)
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2.4 Finanzielle und soziale Restriktionen der
Schüler und Studenten
Finanzielle Restriktionen
Soziale Restriktionen
Erschwerter Zugang zu
Bildungseinrichtungen durch
unerlaubte Gebühren
Gaokao-Teilnahme für
Migrantenkinder in einigen Städten
nicht zugelassen
Private Bildungsausgaben auf dem
Land ca. 30–50% des Einkommens1
Agraruniversität Peking: Nur 30% der
Studenten kommen vom Land
Teure Nachhilfelehrer zur
Vorbereitung auf Gaokao
Größere Chance für Kinder aus Peking,
an einer Universität in Peking zu
studieren
Gute Schulen meist nur in teuren
Wohngebieten
System der delegierten Studenten
1Nur
8–9% in Großstädten
(Schulte 2014: 515 – 526) (Gao 2014)
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2.5 Vernachlässigung von Kreativität und
Innovation
http://www.chinahush.com/2012/05/08/getting-amino-acids-student-receiving-iv-drips-during-study/
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2.5 Vernachlässigung von Kreativität und
Innovation
Neue
Unterrichtsmethoden
ungenutzt
• Auswendiglernen und Aussortierung
• Geringe geistige Flexibilität
Ausbilden statt
bilden
• Mangel an Neugier, Leidenschaft,
Kreativität
• Kaum Allgemeinbildung,
Transferdenken, Risikobereitschaft
Universitäten unter
rigider Kontrolle
• Verminderter intellektueller Diskurs
• Einschränkung des freien Denkens
(Nowak-Speich 2006) (Chen; Grant; Mourshed 2013) (Pham 2010) (Bergmann; Lang 2013) (Gu 2013)
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2.6 Personelle, finanzielle und lehrtechnische
Mängel an den Hochschulen
Steigende Studentenzahlen durch Senkung der Aufnahmeanforderung
Erfolgreiche Gaokao-Teilnahme 2013 77% (1990 40%)
Student-Professor-Verhältnis seit 1997 verdoppelt (14:1)
Unangemessenes Lernumfeld
Veraltete Lehrpläne, überfüllte Klassen, Frontalunterricht
Fehlender Praxisbezug (z.B. durch Praktika)
Soft Skills ungefördert
Fehlende Mittel
Investitionsrückstand vor allem in ländlichen Regionen
Geringere Budgets für Berufsbildende Hochschulen: nur ca. 50%
des Durchschnitts
(Bosler; Huang 2014) (Wäschle 2012) (Xin 2014) (Bergmann; Lang 2013) (Chen; Grant; Mourshed 2013)
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3 Bildungssystem und Wirtschaft
https://propelsteps.wordpress.com/about/our-story/critiques-on-indian-educational-system/
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3.1 Fehlen beruflicher Ausbildungen
Qualifikationslücke zwischen ungelernten Arbeitskräften und
Hochschulabsolventen
Geringes Ansehen handwerklicher Ausbildungen
Niedrige gesellschaftliche Position
Notlösung für Universitätsabbrecher
Traditionell: sozialer und wirtschaftlicher Status = Bildung
Besonders Einzelkinder zu akademischer Karriere gedrängt
Studium trotz mangelnder Begabung für akademische Bildung
(Beng 2014) (EconMatters 2011) (Hollmann 2008) (Wanner 2010) (Bergmann; Lang 2013)
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3.2 Unzureichende Abstimmung mit Bedarf der
Wirtschaft
Tertiärer Bildungssektor
weiter entwickelt als
Arbeitsmarkt
Wirtschaft auf Industrie
fokussiert, nicht auf
Dienstleistungen
Überangebot an
Akademikern, Mangel an
Facharbeitern
Bildung von arbeits- und
perspektivlosen
„Ameisenstämmen“
(Bosler; Huang 2014) (Econ Matters 2011) (Beng 2014) (Sharma 2014) (Gu 2013)
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4 Fachkräftemangel
http://blog.smvgroup.com/who-is-responsible-for-the-talent-shortage-in-advertising/
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4.1 Quantifizierung und Ausmaß
Nur 10% der chinesischen Universitätsabsolventen qualifiziert, in
multinationalen Unternehmen zu arbeiten
Probleme, Stellen zu besetzen, bei 35% der Arbeitgeber 2013
(+12% gegenüber 2012)
Am schwierigsten zu besetzende Stellen in China:
Techniker
Außendienstmitarbeiter
Managementpositionen
86% der Arbeitgeber in China: mittlerer bis starker negativer
Einfluss auf Kundenbindung durch Fachkräftemangel
(Mussenbrock & Wang 2013) (Manpowergroup 2013: 5 – 7; 24; 39)
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4.1 Quantifizierung und Ausmaß
Shenyang Servicebüro für Beschäftigung und Fachkräfte:
Studie zum Fachkräftemangel in 389 Betrieben mit 160.814
Arbeitnehmern in Shenyang (durchgeführt im 1. Halbjahr 2015):
Aktuelle Situation:
Offene Stellen:
160.814 Arbeitnehmer,
davon
2520, davon
Doktor
0,9%
3,3%
Master
5,5%
18,6%
(Mussenbrock & Wang 2013) (Manpowergroup 2013: 5 – 7; 24; 39) (Wang Ying 2015)
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4.2 Verschärfende, systemexterne Ursachen
http://www.springerprofessional.de/studie-zum-fachkraeftemangel/4729438.html
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4.2.1 Demographischer Wandel
http://www.zdwa.de/zdwa/artikel/20061009_59519867.php
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4.2.2 Abwanderung ausgebildeter Fachkräfte
Berufschancen,
Lebensqualität,
Anerkennung
• 2013: 8,5 Mio. Chinesen im Ausland
• Mittel- bis langfristig außer Landes
Schwieriger
Berufseinstieg in
China
• Studium und erste Arbeit im Ausland
• 2013: mehr als 400.000 junge
Chinesen gehen
Ansehen der
• Hohe Wertschätzung von
Auslandserfahrung als Anreiz
Auslandserfahrung
und Reiz des Auslands • Rückkehrerrate bei nur 37 Prozent
(Banu 2014) (Mishra 2013) (The Economist 2014) (Qiang 2014)
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5 Maßnahmen der chinesischen Regierung zur
Verbesserung des Bildungswesens
Chinesische Regierung
12. Fünfjahresplan (2011-2015)
Bildungsreform & Entwicklungsplan
Umfassende Entwicklung der Bildung
auf allen Ebenen
Förderung der „Gleichheit“ in der
Bildung
Förderung einer ganzheitlichen
Bildung
Verstärkung der Reformbemühungen
im Bildungssystems
Verbesserung der Qualität des
Bildungswesen
Erarbeitung neuer Bildungskonzepte
und Lernmethoden
Reduzierung der immensen
Belastungen für Schüler & Studenten
Verbesserung der
Anpassungsfähigkeit der Studenten
Flexibleres Bildungssystem
Mehr Authorität für Schulen und
Universitäten
Verbesserung der
Bildungsfinanzierung
(AEI 2010: 1-2) (Ash et. al. 2012: 84-86)
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6 Maßnahmen der Unternehmen zur Bewältigung des
Fachkräftemangels
Anwerbung von Auslandschinesen
Jobmessen & Kontakte
Besuch von Karriereforen &
Jobmessen an chinesischen
Universitäten
Frühzeitige Akquise der TopAbsolventen
Firmen
Rund 120.000 Chinesen an
Hochschulen in der EU
eingeschrieben
Direkte Abwerbung von
chinesischen Fach- und
Führungskräften im Ausland
Eigene Aus- und Weiterbildung
Image-Verbesserung
Employer Branding
Einsatz von Social media
Work-Life-Balance
Finanzielle Anreize
Corporate Social Responsibility
Akademie (z.B. Firma Weidmüller)
Ausbildungszentrum (z.B. Voith in
Kunshan)
(Bergmann; Lang 2013)
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(Stern 2013)
(Mussenbrock & Wang 2013: 2) (Wagner und Wang 2013: 50-54)
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7 Ausblick
Zahl der Hochschulabsolventen
steigt, in 2014 bereits 7
Millionen
Schwerpunkt der Wirtschaft
verlagert sich auf
Dienstleistungen
2020: ca. 24 Mio.
hochqualifizierte Fachkräfte
fehlen
2020: Opportunitätskosten
werden auf bis zu 250 Mio.
USD oder 2,3% des BIP
geschätzt
(Bosler; Huang 2014) (Chen; Grant; Mourshed 2013)
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Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit!
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8 Quellenverzeichnis
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Bildungssystem und Fachkräftemangel in China
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