Presseartikel - Enthüllt. Berlin und seine Denkmäler

Berliner Zeitung - Lenins Kopf ist in der Zitadelle Spandau angekommen
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Panorama - 10.09.2015
AUSGRABUNG DES LENIN-DENKMALS IM KÖPENICKER FORST
Lenins Kopf ist in der Zitadelle Spandau angekommen
Von Stefan Strauß, Silvia Perdoni und Uwe Aulich
Im Köpenicker Forst hebt ein Bagger den dreieinhalb Tonnen
schweren Kopf des Lenin-Denkmals auf einen Lastwagen, der ihn
quer durch die Stadt verfrachtet. Der steinerne Revolutionsführer
ist damit am Ziel einer turbulenten Reise.
Der Weg hinaus zu Lenin ist holprig. Immer tiefer in den Köpenicker Forst
hinein geht es, zwischen Kiefern und Birken hindurch, bis zu einem Hügel
aus Sand, Schutt und Gestrüpp. Hier ruhen seit 24 Jahren die 129
Einzelteile des 1991 abgerissenen Lenin-Denkmals - bis heute. Denn der
Am Ziel: Der Kopf des Lenin-Denkmals wird auf
einem Lastwagen in der Zitadelle Spandau
gehoben.
Foto: AFP
dreieinhalb Tonnen schwere Kopf der Statue hat Licht erblickt. Er wurde
am Morgen geborgen, ein LKW hat ihn in die Zitadelle Spandau gefahren,
wo er in der Ausstellung "Enthüllt. Berlin und seine Denkmäler" zu sehen
sein soll.
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Eine Handvoll Journalisten durfte in der Seddiner Heide dabei sein, als Lenin an Gurten von einem Bagger aus dem
etwa fünf Meter tiefen Loch gezogen wurde. Auch das russische und das japanische Fernsehen waren vor Ort, der
Senat wollte aber allzu großen Trubel vermeiden. Als die Journalisten eintrafen, sprach sich herum, was unter der
Abdeckungsplane in dem Loch in dem Moment noch nicht zu sehen war: Lenins linkes Ohr fehlt. Rund um die Grube
nahm man an, dass Spurensucher, die in der Vergangenheit auf eigene Faust nach Lenin suchten, das Denkmal
beschädigten.
Andrea Theissen, Leiterin des Kulturamts Spandau und Ausstellungs-Verantwortliche, ist dennoch zufrieden. "Der
Kopf ist ansonsten in hervorragendem Zustand", sagte sie und blickte auf den gelben Bagger neben dem Loch.
Restaurieren will Theissen das Haupt der Statue nicht, lediglich ein bisschen putzen. "Die Ausstellung soll die
Spuren der Geschichte zeigen. Alles bleibt, wie es ist."
Um Punkt neun Uhr setzte sich der Bagger in Bewegung, die Gurte zogen an. Hau ruck! Wenig später hing der Kopf
über dem Ausgrabungsloch. Er schwebte wieder in der Luft, Bauarbeiter um ihn herum. Eine Szene, fast wie 1991
beim Abriss, als ähnliche Fotos um die Welt gingen. Gegen halb zehn machte sich der Lastwagen mit der in
Schaumstoffplane gehüllten Büste auf den Weg Richtung Spandau, wo er um zwölf Uhr eintraf.
"Zur künftige Ausstellung gehören auch Denkmäler aus der DDR. Die kann man nicht vergraben", sagte Andreas
Nachama, Direktor der Stiftung Topografie des Terrors, in der Zitadelle. "Wir reden hier in der Ausstellung aber
nicht über politische Entscheidungen, die vor 24 Jahren getroffen wurden. Wir reden über Skulpturen und dieses
Monument." Der Lenins Kopf soll in der Ausstellung, die insgesamt über hundert Stücke zeigt, liegend präsentiert
werden.
Das 19 Meter hohe Lenindenkmal hatte 21 Jahre lang auf dem früheren Leninplatz (heute Platz der Vereinten
Nationen) in Friedrichshain gestanden. Vor den Augen von 200.000 Menschen weihte Walter Ulbricht es 1970 ein.
Ende 1991 musste Lenin der neuen Ordnung weichen, er wurde abgerissen und in der Seddiner Heide vergraben.
Der Film „Good Bye, Lenin!“ sorgte 2003 erneut für eine große Popularität des Denkmals. Und für die erneute
Frage, warum es damals überhaupt abgerissen werden musste.
22.09.2015 15:31
Berliner Zeitung - Lenins Kopf ist in der Zitadelle Spandau angekommen
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Als im Jahr 2009 die Idee öffentlich wurde, Lenin für die Denkmal-Ausstellung auszugraben, entwickelte sich die
Diskussion in die entgegengesetzte Richtung: Sollte man dieses Stückchen Vergangenheit wirklich wieder
ausgraben und so prominent zeigen? Erst sprach sich der Berliner Senat für die Bergung aus, dann dagegen. Zum
Schluss siegten die Befürworter der Ausgrabung.
KLEINES TIER, GROSSE WIRKUNG
Beinahe hätte ihnen allerdings noch einige Dutzend Zauneidechsen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die
kleinen Tiere lebten rund um den vergrabenen Lenin auf dem Hügel. Über Monate musste ein Eidechsen-Fachmann
sie umsiedeln, bis die Bergung des Kopfes nun stattfinden konnte.
Auch die Restaurierung der Räume in der Zitadelle Spandau ist komplizierter und aufwendiger als bisher geplant.
Die insgesamt 14 Millionen Euro teure Ausstellung, an deren Kosten auch das Land Berlin beteiligt ist, wird daher
wohl erst im Jahr 2016 eröffnen. Bleibt abzuwarten, ob Lenin dann, am Ende dieser langen Reise, in Spandau seine
Ruhe findet.
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