AWO Kreisverband Konstanz e.V. Heinrich-Weber-Platz 2 78224 Singen Tel.: 07731 9580-0 Fax: 07731 9580-99 [email protected] www.awo-konstanz.de Menschen auf der Flucht, Informationen zur Lebenssituation von „Flüchtlingen und Asylbewerbern“ Warum fliehen Menschen? Die Gründe, aus denen Menschen gezwungen sind zu fliehen, sind vielfältig: Verfolgung, Folter, Vergewaltigung, Krieg und Bürgerkrieg, drohende Todesstrafe, Zerstörung der Existenzgrundlagen. Jedes Jahr fliehen hunderttausende Menschen vor schweren Menschenrechtsverletzungen, Diskriminierungen und Repressalien, oder aus Lebensgefahr. Darunter sind auch Kinder, die von ihren Eltern allein auf die Flucht geschickt werden, deren Familien zerrissen oder deren Angehörige tot sind. Derzeit befinden sich weltweit knapp 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Dies ist die höchste Zahl, die jemals von UNHCR verzeichnet wurde. Und sie wächst weiter. 2014 wurden 13,9 Millionen Menschen zur Flucht getrieben - viermal so viele wie noch 2010. Jeden Tag machten sich durchschnittlich 42.500 Menschen auf den Weg auf der Suche nach Frieden, Sicherheit und einem neuen Leben. (Stand Ende 2014). Wohin flüchten Menschen? Den größten Teil – 38,2 Millionen – bilden die sogenannten Binnenvertriebenen. Sie fliehen innerhalb ihres eigenen Landes, ohne dabei internationale Landesgrenzen zu überschreiten. Die zweite Gruppe sind die 19,5 Millionen Flüchtlinge sowie 1,8 Millionen Asylsuchende, die noch auf den Ausgang ihres Asylverfahrens warten. Neun von zehn Flüchtlingen (86 Prozent) leben in Entwicklungsländern, da die meisten Flüchtlinge lediglich in ein angrenzendes Nachbarland fliehen. Die sieben größten Herkunftsländer von Flüchtlingen (Stand Ende 2014) Syrien - 3,88 Millionen, Afghanistan - 2,59 Millionen, Somalia - 1,11 Millionen, Sudan - 648.900 Südsudan - 616.200, Demokratische Republik Kongo - 516.800, Myanmar - 479.000 Die sechs größten Aufnahmeländer von Flüchtlingen (Stand Ende 2014) Türkei - 1,59 Millionen, Pakistan - 1,51 Millionen, Libanon - 1,15 Millionen, Iran - 982.400, Äthiopien - 659.500, Jordanien - 654.100 Besonders alarmierend: die Hälfte aller Flüchtlinge sind Kinder. Wer ist ein "Flüchtling"? Flüchtling ist nach der "Genfer Flüchtlingskonvention" eine Person, die sich außerhalb ihres Heimatstaates aufhält, da ihr dort aufgrund ihrer Ethnie, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe Verfolgung droht. Diese Definition gilt für die gesamte Europäische Union, so dass niemand abgeschoben werden darf, wenn diese Voraussetzungen vorliegen. Wer ist ein "Asylbewerber"? Das deutsche Grundgesetz kennt den Begriff "Flüchtling" nicht, sondern verwendet den Begriff "Asyl". "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht", heißt es in Artikel 16a Grundgesetz. Damit ist nur staatliche Verfolgung gemeint. In der Praxis ist ein "Asylberechtigter" nach dem Grundgesetz fast immer auch ein "Flüchtling" nach der Genfer Flüchtlingskonvention. "Flüchtlinge" und "Asylberechtigte" erhalten ein Aufenthaltsrecht für drei Jahre. Schon während des Verfahrens erhalten die Bewerber Sach- und Geldleistungen zur Existenzsicherung. Wir sind mitverantwortlich für die Bedingungen, die Menschen in die Flucht treiben! Wie werden die Flüchtlinge in Deutschland verteilt? In Deutschland werden die Flüchtlinge nach dem "Königsteiner Schlüssel" auf die Bundesländer verteilt. Anhand von Bevölkerungszahlen und Wirtschaftskraft werden Quoten festgelegt, welches Bundesland wie viele Flüchtlinge aufnehmen soll. So entfallen z.B. auf NordrheinWestfalen 21 Prozent der Flüchtlinge, auf Baden-Württemberg 13 Prozent. Das Land BadenWürttemberg hat 4 Erstaufnahmestellen. Die meisten sind aber auf die Landkreise verteilt. Dürfen Asylbewerber arbeiten? Asylbewerber dürfen nur arbeiten, wenn sie mindestens drei Monate in Deutschland sind und der Arbeitgeber keine anderen Beschäftigten aus Deutschland, der EU oder unter den anerkannten Flüchtlingen und Asylberechtigten für die Stelle findet. Erst nach 15 Monaten dürfen Asylbewerber uneingeschränkt arbeiten. Welche staatlichen Leistungen bekommen Asylbewerber und Flüchtlinge? Asylbewerber und Flüchtlinge erhalten Unterkunft, Essen, Kleidung, Medikamente und Hygieneartikel (Sachleistungen) sowie ein Taschengeld. Die Sachleistungen sollen in den staatlichen Aufnahmeeinrichtungen ausgegeben werden, plus Taschengeld in Höhe von 84 Euro (für Kinder) bis 143 Euro (für alleinstehende Erwachsene). Leben Asylbewerber in Wohnungen oder provisorischen Unterkünften, die die Kommunen errichtet haben, erhält ein alleinstehender Erwachsener für Essen, Kleidung und Hygiene 216 Euro. Hinzu kommen die 143 Euro Taschengeld, insgesamt also 359 Euro monatlich. Zum Vergleich: Der Regelsatz für Hartz IVBezieher liegt bei 399 Euro pro Monat. Wie wohnen Asylbewerber? Asylbewerber leben in der Regel zwischen 3 bis 24 Monate in einer Gemeinschaftsunterkunft. Hier besteht ein Anspruch auf 4,5 qm pro Person. Die Kosten der Unterkunft übernimmt das Landratsamt. Wenn der Antrag auf Asyl früher als nach 2 Jahren als berechtigt bescheinigt wird, dürfen sich diese Menschen eine eigene Wohnung auf dem freien Markt suchen. Hier erhalten sie dann dieselbe Kostenerstattung für die Unterkunft wie Hartz IV Empfänger. Kann man die Leistungen für Asylbewerber nicht kürzen? Das Bundesverfassungsgericht hat 2012 entschieden, dass alle Menschen in Deutschland Anspruch auf ein menschenwürdiges Existenzminimum haben. Das gilt also für alle Deutschen und alle Menschen anderer Staaten, die hier leben. Hartz IV-Leistungen sichern ebenfalls das Existenzminimum, deshalb müssen die Leistungen an Asylbewerber und Flüchtlinge ähnlich hoch sein. Die Leistungen für Flüchtlinge dürfen nur dann niedriger sein, wenn nachgewiesen ist, dass der Bedarf für Unterkunft, Essen, Kleidung, Körperpflege, Gesundheit und Sozialleben niedriger ist. Vor etwa 65 Jahren war Deutschland weltweit dasjenige Land aus dem die meisten Menschen fliehen mussten. Viele von ihnen fanden keinen Weg, bzw. standen vor verschlossenen Grenzen.
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