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AWO Kreisverband Konstanz e.V.
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Menschen auf der Flucht,
Informationen zur Lebenssituation von „Flüchtlingen und
Asylbewerbern“
Warum fliehen Menschen?
Die Gründe, aus denen Menschen gezwungen sind zu fliehen, sind vielfältig: Verfolgung, Folter,
Vergewaltigung, Krieg und Bürgerkrieg, drohende Todesstrafe, Zerstörung der
Existenzgrundlagen.
Jedes Jahr fliehen hunderttausende Menschen vor schweren Menschenrechtsverletzungen,
Diskriminierungen und Repressalien, oder aus Lebensgefahr. Darunter sind auch Kinder, die von
ihren Eltern allein auf die Flucht geschickt werden, deren Familien zerrissen oder deren
Angehörige tot sind.
Derzeit befinden sich weltweit knapp 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Dies ist die höchste
Zahl, die jemals von UNHCR verzeichnet wurde. Und sie wächst weiter. 2014 wurden 13,9
Millionen Menschen zur Flucht getrieben - viermal so viele wie noch 2010. Jeden Tag machten
sich durchschnittlich 42.500 Menschen auf den Weg auf der Suche nach Frieden, Sicherheit und
einem neuen Leben.
(Stand Ende 2014).
Wohin flüchten Menschen?
Den größten Teil – 38,2 Millionen – bilden die sogenannten Binnenvertriebenen. Sie fliehen
innerhalb ihres eigenen Landes, ohne dabei internationale Landesgrenzen zu überschreiten.
Die zweite Gruppe sind die 19,5 Millionen Flüchtlinge sowie 1,8 Millionen Asylsuchende, die noch
auf den Ausgang ihres Asylverfahrens warten.
Neun von zehn Flüchtlingen (86 Prozent) leben in Entwicklungsländern, da die meisten
Flüchtlinge lediglich in ein angrenzendes Nachbarland fliehen.
Die sieben größten Herkunftsländer von Flüchtlingen (Stand Ende 2014)
Syrien - 3,88 Millionen, Afghanistan - 2,59 Millionen, Somalia - 1,11 Millionen, Sudan - 648.900
Südsudan - 616.200, Demokratische Republik Kongo - 516.800, Myanmar - 479.000
Die sechs größten Aufnahmeländer von Flüchtlingen (Stand Ende 2014)
Türkei - 1,59 Millionen, Pakistan - 1,51 Millionen, Libanon - 1,15 Millionen, Iran - 982.400,
Äthiopien - 659.500, Jordanien - 654.100
Besonders alarmierend: die Hälfte aller Flüchtlinge sind Kinder.
Wer ist ein "Flüchtling"?
Flüchtling ist nach der "Genfer Flüchtlingskonvention" eine Person, die sich außerhalb ihres
Heimatstaates aufhält, da ihr dort aufgrund ihrer Ethnie, Religion, Nationalität, politischen
Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe Verfolgung droht. Diese
Definition gilt für die gesamte Europäische Union, so dass niemand abgeschoben werden darf,
wenn diese Voraussetzungen vorliegen.
Wer ist ein "Asylbewerber"?
Das deutsche Grundgesetz kennt den Begriff "Flüchtling" nicht, sondern verwendet den Begriff
"Asyl". "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht", heißt es in Artikel 16a Grundgesetz. Damit ist nur
staatliche Verfolgung gemeint. In der Praxis ist ein "Asylberechtigter" nach dem Grundgesetz
fast immer auch ein "Flüchtling" nach der Genfer Flüchtlingskonvention. "Flüchtlinge" und
"Asylberechtigte" erhalten ein Aufenthaltsrecht für drei Jahre. Schon während des Verfahrens
erhalten die Bewerber Sach- und Geldleistungen zur Existenzsicherung.
Wir sind mitverantwortlich für die Bedingungen, die Menschen in die Flucht treiben!
Wie werden die Flüchtlinge in Deutschland verteilt?
In Deutschland werden die Flüchtlinge nach dem "Königsteiner Schlüssel" auf die Bundesländer
verteilt. Anhand von Bevölkerungszahlen und Wirtschaftskraft werden Quoten festgelegt,
welches Bundesland wie viele Flüchtlinge aufnehmen soll. So entfallen z.B. auf NordrheinWestfalen 21 Prozent der Flüchtlinge, auf Baden-Württemberg 13 Prozent. Das Land BadenWürttemberg hat 4 Erstaufnahmestellen. Die meisten sind aber auf die Landkreise verteilt.
Dürfen Asylbewerber arbeiten?
Asylbewerber dürfen nur arbeiten, wenn sie mindestens drei Monate in Deutschland sind und
der Arbeitgeber keine anderen Beschäftigten aus Deutschland, der EU oder unter den
anerkannten Flüchtlingen und Asylberechtigten für die Stelle findet. Erst nach 15 Monaten
dürfen Asylbewerber uneingeschränkt arbeiten.
Welche staatlichen Leistungen bekommen Asylbewerber und Flüchtlinge?
Asylbewerber und Flüchtlinge erhalten Unterkunft, Essen, Kleidung, Medikamente und
Hygieneartikel (Sachleistungen) sowie ein Taschengeld. Die Sachleistungen sollen in den
staatlichen Aufnahmeeinrichtungen ausgegeben werden, plus Taschengeld in Höhe von 84 Euro
(für Kinder) bis 143 Euro (für alleinstehende Erwachsene). Leben Asylbewerber in Wohnungen
oder provisorischen Unterkünften, die die Kommunen errichtet haben, erhält ein alleinstehender
Erwachsener für Essen, Kleidung und Hygiene 216 Euro. Hinzu kommen die 143 Euro
Taschengeld, insgesamt also 359 Euro monatlich. Zum Vergleich: Der Regelsatz für Hartz IVBezieher liegt bei 399 Euro pro Monat.
Wie wohnen Asylbewerber?
Asylbewerber leben in der Regel zwischen 3 bis 24 Monate in einer Gemeinschaftsunterkunft.
Hier besteht ein Anspruch auf 4,5 qm pro Person. Die Kosten der Unterkunft übernimmt das
Landratsamt.
Wenn der Antrag auf Asyl früher als nach 2 Jahren als berechtigt bescheinigt wird, dürfen sich
diese Menschen eine eigene Wohnung auf dem freien Markt suchen. Hier erhalten sie dann
dieselbe Kostenerstattung für die Unterkunft wie Hartz IV Empfänger.
Kann man die Leistungen für Asylbewerber nicht kürzen?
Das Bundesverfassungsgericht hat 2012 entschieden, dass alle Menschen in Deutschland
Anspruch auf ein menschenwürdiges Existenzminimum haben. Das gilt also für alle Deutschen
und alle Menschen anderer Staaten, die hier leben. Hartz IV-Leistungen sichern ebenfalls das
Existenzminimum, deshalb müssen die Leistungen an Asylbewerber und Flüchtlinge ähnlich hoch
sein. Die Leistungen für Flüchtlinge dürfen nur dann niedriger sein, wenn nachgewiesen ist, dass
der Bedarf für Unterkunft, Essen, Kleidung, Körperpflege, Gesundheit und Sozialleben niedriger
ist.
Vor etwa 65 Jahren war Deutschland weltweit dasjenige Land aus dem die meisten Menschen
fliehen mussten. Viele von ihnen fanden keinen Weg, bzw. standen vor verschlossenen
Grenzen.