Haushaltsrede 2016 von Bürgermeister Werner Peitz

Einbringung des Haushaltsplanentwurfes 2016
am 05.11.2015 von
Bürgermeister Werner Peitz
(es gilt das gesprochene Wort)
Sehr geehrte Damen und Herren,
so wie in den letzten Jahren auch, darf ich Ihnen heute den Haushaltsentwurf für das
kommende Jahr vorlegen.
Auch im Haushalt 2016 klafft wiederum ein millionenschweres Finanzierungsloch, das nur
durch einen Griff in die allgemeine Rücklage der Stadt auszugleichen ist. Frau Hartmann wird
anschl. genauer auf die Zahlen zum Haushalt eingehen.
Nur soviel vorab: Auch für das Haushaltsjahr 2016 ist eine der Ursachen wieder einmal eine
dramatische Erhöhung der Kreisumlage um sage und schreibe fast 1,7 Millionen Euro, d.h. auf
insgesamt 21,3 Millionen Euro. Wir zahlen somit 1,77 Millionen Euro pro Monat an den Kreis
Paderborn. Für mich sind diese Zahlen und damit die jährlichen dramatischen Erhöhungen der
Kreisumlage alarmierend und gleichzeitig erschreckend. Wie soll das eine Stadt wie Delbrück
künftig
überhaupt
noch
finanzieren.
Da
stimmt
doch
generell
etwas
nicht
am
Finanzierungssystem. Es scheint nahezu, dass alle zusätzlichen Aufgaben und Kosten einfach
an die Städte und Gemeinden durchgereicht werden, denn die können sich ja nicht dagegen
wehren und wie sie das bezahlen sollen scheint nicht zu interessieren.
Wenn man dann noch weiß, dass im Kreishaus Paderborn eine Schuldenuhr hängt und man
dort stolz darauf ist, das der Kreis die Schulden abbaut, dann darf man aber gleichzeitig nicht
verschweigen, dass nicht der Kreis die Schulden abbaut, sondern die Kommunen hier zur
Kasse gebeten werden, das Delbrücker Bürgerinnen und Bürger zur Kasse gebeten werden,
um die Kreisschulden abzustottern. Besser wäre es sicherlich, die von der Energie der
finanziell ausblutenden Kommunen angetriebene Schuldenuhr in den Keller zu bringen.
Das zweite Stichwort lautet „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ oder besser „Solidaritätsumlage“.
Denn obwohl die Stadt Delbrück selber millionenschwere Kredite aufnehmen muss und
obwohl die Stadt Delbrück selber keinen ausgeglichenen Haushalt hat, muss die Stadt
Delbrück nun ab 2016 auch noch andere finanzschwache Kommunen unterstützen. Für mich
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klingt das wie ein Stück aus einem Dreigroschenroman mit dem Titel „Delbrücker Bürgerinnen
und Bürger nehmen Schulden auf, um die Schulden anderer Städte zu bezahlen“ und dies ist
ein verantwortungsloses Handeln der Landesregierung gegenüber den Kommunen, die immer
gut gehaushaltet haben. Wir mussten dafür fast 200.000 Euro im Haushalt veranschlagen.
Die gute Nachricht für die Delbrücker Bürgerinnen und Bürger: Trotz der schlechten Zahlen
haben wir eine Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuer nicht vorgesehen.
Wie Sie alle wissen, werden wir uns auch im nächsten Jahr weiterhin mit der größten
Herausforderung nach dem Zweiten Weltkrieg beschäftigen müssen, mit dem Thema
„Flüchtlinge in Delbrück“. Wir alle arbeiten dafür bereits am Limit.
Daher fordere ich auch an dieser Stelle, dass die politische Führung auf Bundes- und
Landesebene endlich eine glaubhafte Verantwortung in dieser Flüchtlingskrise übernimmt und
nicht länger herumeiert und Schwarzer Peter spielt. Allein ein „Wir schaffen das“ ist hier
deutlich zu wenig.
Angesichts der sich weiter verschärfenden Flüchtlingskrise fehlt mir hier ein erkennbarer Plan
der Bundesregierung, wie wir das schaffen sollen. In Delbrück sind bereits über 500
Flüchtlinge angekommen und untergebracht worden. Alles ganz ruhig und sachlich, ganz
selbstverständlich. Die Hilfsbereitschaft in allen Ortsteilen unserer Stadt ist beispielgebend.
Ich mache mir auch keine Sorgen um die Sicherheit in unserer Stadt, aber ich mache mir
große Sorgen um die menschwürdige Unterbringung der Flüchtlinge. Jede Woche kommen 30
bis 40 Menschen in unsere Stadt und der Wohnungsmarkt ist nahezu leergefegt.
Wir müssen jetzt bereits auch Sporthallen umrüsten, um die Menschen in der kalten
Jahreszeit menschenwürdig unterbringen zu können. Das bedeutet aber u.a., dass
traditionelle Veranstaltungen ggf. nicht mehr durchgeführt werden können und Sportangebote
für alle Generationen in den Hallen nicht mehr stattfinden. Dadurch steht der soziale Friede
auch in unserer Stadt vor einer schwierigen Zerreißprobe.
Nochmal: Allein der großen Anzahl an Flüchtlingen in so kurzer Zeit, die von uns
untergebracht und integriert werden müssen, gilt meine besondere Sorge.
Denn wenn das so weiter anhält, ist natürlich auch die Integrationsarbeit gefährdet. Daher
möchte ich unsere Ehrenamtler hier besonders erwähnen, denn der professionelle Einsatz der
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vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer in unserer Stadt, in allen 10 Ortsteilen, ist
beispielgebend. Ohne diese super Unterstützung wäre auch eine Fürsorge und persönliche
Ansprache sowie aktive Begleitung der Menschen gar nicht möglich. Mein ausdrücklicher
Dank, Respekt und Anerkennung gilt allen Helferinnen und Helfern.
Alle wissen, dass Deutschland diese Flüchtlingskrise nicht allein lösen kann. Doch große Teile
Europas schauen dabei tatenlos zu - oh Entschuldigung – schauen dabei einfach weg nach
dem Motto, wasch mir den Pelz - aber mach mich nicht nass, oder einfacher so formuliert,
diese Länder nehmen gern das deutsche Geld, aber sprechen sich ansonsten gegen den
europäischen Grundgedanken und gegen die Werte der Europäischen Union aus. Das kommt
einer europäischen Bankrotterklärung nahe.
Als es um Griechenland und Geld ging, trafen sich die Regierungschefs und Finanzminister
usw. fast wöchentlich in Brüssel. Milliarden und Abermilliarden spielten dabei gar keine Rolle.
In der Frage der Flüchtlingspolitik, wo es um Menschenleben geht, um Menschwürde, um
Humanität, um Freiheit und um Solidarität, ist Europa gelähmt, gespalten, zerstritten und nicht
in der Lage, sich an einen Tisch zu setzen und Entscheidungen zu treffen.
Die Menschen in Deutschland und so auch in unserer Stadt haben berechtige Ängste und
Sorgen was die Zukunft angeht, was die Versorgung angeht. Auf all diese Fragen muss daher
unsere Bundesregierung schnellstmöglich eine verbindliche Antwort finden. Gleiches gilt für
Europa.
Denn Ängste und Sorgen zu haben ist doch verständlich und menschlich.
Ängste und Sorgen offen auszusprechen zu dürfen ist eine Selbstverständlichkeit.
Hetze und Gewalt gegen Menschen aus anderen Kulturkreisen und gegen Menschen, die
einfach nur helfen wollen, ist hingegen einfach nur verachtenswert.
Alle lösungsorientierten Fragen müssen hingegen sogar angesprochen und offen diskutiert
werden z.B.
Was passiert, wenn Deutschland in der Flüchtlingskrise allein gelassen wird? Was passiert,
wenn Deutschland die Außengrenzen schließen würde? Würde dann Europa aus dem
Dornröschenschlaf erwachen?
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Wie gesagt, Europa macht es sich hier viel zu einfach. Europa will augenscheinlich das
Thema aussitzen. Europa schiebt die Gesamtverantwortung allein in Richtung Deutschland –
aber Deutschland allein ist nicht Europa.
Zur Wahrheit gehört meiner Meinung nach aber auch Folgendes:
Wie wir alle wissen, geht es Flüchtlingen um Sicherheit, also darum, dass sie nicht mehr um
ihr Leben fürchten müssen, darum, dass sie menschenwürdig leben können, darum dass sie
die Möglichkeit bekommen sich in einem neuen Land ein neues Leben zukunftsorientiert
aufbauen zu können. Dann müssen meiner Meinung nach aber auch die Flüchtlinge andere
europäische Länder als ihr neues Zuhause annehmen wollen.
Wir brauchen daher von unserer Bundesregierung jetzt sofort klare, ehrliche Worte und
machbare Lösungen, um diese Herausforderung auch bestehen zu können.
Noch einmal gesagt, aus mir spricht die persönliche Sorge um unsere Integrationskraft und die
aktuellen Probleme der Wohnraumbeschaffung. Das Thema Finanzierung spielt sicherlich
auch eine große Rolle, ordnet sich diesen beiden Punkten aber unter. Ebenso kenne ich die
Ängste und Sorgen unserer Bürgerinnen und Bürger, denen wir gemeinsam gerecht werden
müssen.
Allein das Werben um Verständnis von Eltern und Vereinen, z.B. wenn Sporthallen zu
Asylheimen umgenutzt werden sollen, ist eine Herausforderung in sich. Aber was passiert,
wenn weiterhin ungebrochen 280.000 Flüchtlinge monatlich in die Bundesrepublik strömen
und so auch in die Stadt Delbrück. Dagegen kann niemand bauen, kaufen oder mieten. Auch
darauf müssen wir Antworten finden.
Sehr geehrte Damen und Herren,
wie Sie sicherlich gemerkt haben, habe ich in diesem Jahr keinen Rückblick gehalten und
habe auch keinen Ausblick auf das Haushaltsjahr 2016 gegeben, obwohl Topthemen wie der
geplante Glasfaserausbau, die Umsetzung des Integrierten Handlungskonzeptes oder die
anhaltende gute Entwicklung unserer Baulandentwicklung tolle Beiträge gewesen wären.
Vielmehr wollte ich mit meiner Haushaltsrede die Herausforderung „Unterbringung und die
Integration von Menschen aus anderen Kulturkreisen“ ganz bewusst und der Bedeutung
entsprechend in den Mittelpunkt dieser Haushaltsrede stellen, dabei Ihr Verständnis und die
damit verbundene Problematik weiter schärfen und Sie alle bitten, das Thema weiterhin positiv
zu begleiten und letztlich auch dringend erforderliche wenn auch unpopuläre Entscheidungen
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zu treffen und/oder mitzutragen. Wir können nicht im kommenden Winter tatenlos zusehen,
wenn Menschen sich selbst und dem Wetter überlassen bleiben.
Des weiteren bitte ich Sie auch dringend auf die Landes- und Bundespolitik einzuwirken, dass
hier endlich verlässliche Entscheidungen auf den Weg gebracht werden.
Bei allen politischen Vertretern bedanke ich mich für die vertrauensvolle Zusammenarbeit in
diesem Jahr und freue mich auf das Jahr 2016, um gemeinsam mit Ihnen weiterhin unsere
Stadt nach vorn zu bringen.
Ich bedanke mich ganz ganz herzlich bei allen ehrenamtlich Tätigen, die unserer Stadt im
Rahmen der Flüchtlingsbetreuung in allen Ortsteilen ein freundliches, liebenswertes Gesicht
verleihen. Ohne Sie wäre vieles unerledigt geblieben, ohne Sie wäre das gar nicht zu
schaffen. Sie haben gemeinsam Großes geleistet und sind auch hier und da an Ihre Grenzen
gestoßen das weiß ich. Trotzdem bitte ich Sie inständig darum, auch weiterhin an der Seite
der Menschen aus anderen Kulturkreisen zu stehen.
Bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung Delbrück möchte ich mich
ebenfalls herzlich bedanken. Auch Sie haben Großes geleistet und ich weiß sehr gut, wie
außergewöhnlich stark die Belastung in diesem Jahr war, dass auch Sie vielfach am Limit
angekommen waren, aber uneingeschränkt den Menschen aus anderen Kulturkreisen mit viel
Kompetenz und insbesondere sehr großem persönlichen Einsatz geholfen haben.
Ich bedanke mich ganz herzlich bei dem Fachbereich II - Finanzen für die geleistete Arbeit.
Die Aufstellung eines Haushaltes war auch in diesem Jahr wieder mit viel Arbeit verbunden,
die sicher mehr Freude machen würde, wenn die Zahlen freundlicher wären. Dennoch haben
Frau Ingrid Hartmann und Frau Birgit Fraune-Kettelgerdes in den letzten Wochen
hervorragende Arbeit geleistet. Herzlichen Dank dafür.
Einzelheiten entnehmen Sie bitte dem Haushaltsplanentwurf 2016.
Ich danke Ihnen allen für die gute Zusammenarbeit im Jahresverlauf 2015 und freue mich auf
eine weiterhin konstruktive Arbeit mit Ihnen zum Wohle unserer Stadt.
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