150616_Eine Hochpreisinsel - so what

16. Juni 2015
Seite: 18
Autor: Roland Wyss-Aerni
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Die Hochpreisinsel bleibt ein Thema. Sollen Markenhersteller transparenter über ihre hohen Schweizer Kosten informieren? Darüber war man
sich am «Tag der Marke» von Promarca uneinig.
WYSS-AERNI. Silvio Borner, der
streitbare Basler Ökonomieprofessor, war der
heimliche Star des diesjährigen «Tages der
Marke» von Promarca, dem Verband der Markenartikelhersteller. Seine Attacken gegen die
Grossverteiler, gegen übereifrige Politiker,
gegen Bauern und Konsumentenschützer ernteten unter den Teilnehmern beifälliges
Gemurmel und Gelächter. Borner kritisierte
aber nicht nur Abwesende, sondern legte sich
auch mit Reto Corazza, dem Präsidenten der
Wettbewerbskommission (Weko), an. Dieser
hatte vor ihm referiert und die Markenartikelhersteller gewarnt, dass «inakzeptable Preisdifferenzierungen» sprich zu grosse Preisunterschiede zwischen der Schweiz und Deutschland
oder Frankreich von den Konsumenten nicht
verstanden würden. Letztlich führe dies dazu,
dass von der Politik her noch mehr geregelt
werde. Das könne nicht im Sinn der Unternehmen sein.
Borner widersprach scharf: «Was heisst
denn <inakzeptabel>? Wenn mir als Konsument
ein Preis nicht passt, dann kaufe ich das Produkt halt nicht.» Alternativen gebe es immer.
Wenn man in der Schweiz die Agrarmärkte
abschotten wolle, wenn man eine Lohninsel
mit flankierenden Massnahmen wolle und eine
Zinsinsel mit Negativzinsen, dann müsse man
auch mit den Konsequenzen leben, nämlich
mit der Hochpreisinsel. «Das Leiden an der
Hochpreisinsel ist eine eingebildete Krankheit,
und es verleitet zur wirtschaftspolitischen
Falschbehandlung.» Man habe seit 1995 ein
sehr gutes Kartellgesetz, aber es werde immer
wieder versucht, dieses für politisch-opportunistische Interventionen zu missbrauchen. Die
politischen Vorstösse von SP-Nationalrätin
Priska Birrer-Heimo zum «Lieferzwang» zu
ausländischen Preisen (bereits abgelehnt) und
von FDP-Ständerat Hans Altherr zur «relativen
Marktmacht» (noch hängig) seien gefährlich:
weil so praktisch jede Marke zum Monopol
ROLAND
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erklärt werden könne. Der Wettbewerb unter
den Marken werde so negiert. Dass auch die
Migros solche Vorstösse unterstütze, sei klar,
weil sie «in den Genuss risikoloser Renten auf
den Produkten der Markenhersteller» kommen
wolle, sagte Borner.
Hohe Preise in der Schweiz habe man beispielsweise auch, weil Coop und Migros
zusammen ein «Kuschel-Duopol» bildeten,
ohne formelle Abreden, aber mit gemeinsamem Ausweichen der Preiskonkurrenz, sagte
Borner weiter. Und der um io bis 20 Prozent
überbewertete Franken führe auch dazu, dass
man als Schweizer jenseits der Grenze die
Euro-Preise als umso tiefer wahrnehme, weil
die eigene Kaufkraft grösser sei.
Vertikale Preisabsprachen, die oft kritisiert
würden, seien nur dann schädlich, wenn sie mit
horizontalen Absprachen oder horizontalem
Missbrauch von Marktmacht einhergingen,
sagte Borner weiter. Normalerweise seien «verticals» notwendige Instrumente, um Preis- und
Leistungsdifferenzierungen umzusetzen.
Potenzielle Abnehmer seien nur dann bereit, in
Regalplätze, Servicekapazitäten, Logistik, Werbung und anderes zu investieren, wenn sie
sicher sein könnten, dass nicht nach erfolgreichem Markteintritt die lokale Konkurrenz
unentgeltlich davon profitiere. Ohne vertikale
Preisbindungen könne der Markt gar nicht
erfolgreich bearbeitet werden.
Wie transparent kommunizieren?
In der Podiumsdiskussion äusserte sich Alexander Kühnen, Country Manager von Unilever
Schweiz, kritisch zu den Rahmenbedingungen in
der Schweiz. Noch vor ein paar Jahren habe er das
Land als liberal und wirtschaftsfreundlich wahrgenommen, inzwischen habe es politische Vorstösse gegeben, allen voran die Swissness-Vorlage,
die vieles schwieriger machten. Die Kostenstruktur in der Schweiz sei bei Unilever ein ständiges
Thema, es gebe vorerst keine Pläne, die Produktion aus der Schweiz zu verlagern, aber seine
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internationalen Kollegen im Konzern verstünden
nicht, wie man in der Schweiz unter diesen Bedingungen produziere. Kühnen wehrte sich auch
gegen die Annahme, dass bei importierten
Gütern die Kosten nur im Ausland entstünden.
Wegen höherer Löhne in Marketing und Vertrieb
entstehe ein Grossteil der Kosten auch bei importierten Produkten in der Schweiz. Von diesen
Zusammenhängen hätten auch die Politiker
erstaunlich wenig Ahnung, sagte Kühnen. WekoPräsident Corazza meinte dazu, die Unternehmen müssten transparenter darüber informieren, welche Kosten entstünden. Etwas bissig
fügte er hinzu: «Dann müsste man eben kommunizieren, dass Nivea viel Marketing ist, viel
Dienstleistung, und dann noch ein wenig
Crme.» Das brachte wiederum Silvio Borner
in die Sätze: «Nein, man muss doch nicht mit
den Kosten argumentieren und sich rechtfertigen. Entweder gibt es einen Markt oder nicht.»
Erland Brügger, CEO von Rivella, sagte,
dass er den Kontakt zu Politikern suche und
dabei als Chef einer urschweizerischen Marke
vielleicht einen Vorteil habe. Öffentlich über
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Kosten zu diskutieren, könne aber tatsächlich
heikel sein. Viele Konsumenten seien an Markenprodukten zwar interessiert, die Werbung
dafür wollten sie aber nicht bezahlen.
Unilever-Mann Kühnen übte vorsichtige
Kritik an Coop und Migros, die mutmasslich
deutlich höhere Margen einstrichen als der
Detailhandel im Ausland. Dabei wurde er kräftig unterstützt von Borner. Rivella-Chef Brügger relativierte: In Dänemark etwa seien die
Preise ähnlieh hoch wie in der Schweiz, weil der
Markt klein sei. Die Schweizer Detailhändler
hätten letztlich mit ähnlichen Problemen und
Kosten zu kämpfen wie die Hersteller auch.
Nicht zuletzt, so fand Borner, sei ein
Grund für die heutige Situation eine Art allgemein akzeptierter «nationalpolitischer, ideologischer Protektionismus». Im Fernsehen werde
mit staatlichen Geldern Werbung für Schweizer Fleisch und für Schweizer Zucker gemacht.
Das sei der «grösstmögliche Blödsinn», den
man sich leisten könne.
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Umsatzsteigerung dank Export
Die im Verband Promarca organisierten Markenartikelhersteller erzielten 2014 inklusive
Export einen Umsatz von knapp 13 Milliarden
Franken, was eine leichte Steigerung von
0,67 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Ohne Export sank der Umsatz leicht um
0,47 Prozent. Insgesamt boten die PromarcaMitglieder 19 700 Vollzeitstellen.
Nespresso ist die stärkste
Schweizer Marke
Am Tag der Marke in Bern wurde erstmals die
«Promarca Brand of the year 2015», die
erfolgreichste Marke» gekürt. Anhand einer
repräsentativen Umfrage und einer Medienanalyse mit den Kriterien «Dynamik der
Marke» und «Vertrauen in die Marke» wurden im Rahmen der brand predictor-Studie
der Werbeagentur Havas insgesamt 540 Marken aus 20 Nationen abgefragt. Davon gehörten 127 Marken Mitgliedfirmen von Pro-
marca.
Nespresso gewann die Ausmarchung mit
Abstand, auf den weiteren Plätzen folgen
Lindt, Zweifel, Cailler, Emmi, Caffü Latte,
Ricola, Thomy, Toblerone und Rivella.
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Rot de chertö, et
Mors?
Eliot de cherte reste d'actualite. Les fabricants
de marques doivent-ils etre plus transparents
sur leurs coüts en Suisse? A la «Journee de la
marque» de Promarca, les avis etaient partages.
Silvio Borner, professeur d'economie controverse, fut la star surprise de la «Journee de la
marque» 2015 organisee par Promarca, Union
suisse de l'article de marque. Ses attaques contre
les Brands distributeurs, les politiciens trop
empresses, les agriculteurs et les defenseurs des
consommateurs n'ont pas manque d'agiter l'assistance. Avant lvi, le president de la Commission de la concurrence (COMCO) avait
denunce les «differentes de prix inacceptables»
entre la Suisse et les pays voisins. Pour Silvio
Borner, l'arglment nest pas recevable: il y a toujours des alternatives. «Si un prix ne me
convient pas, je n'achete simplement pas le prodult». Quand an veut, en Suisse, proteger ies
marches agricoles et crcer un Hot de salaires
eleves ou d'interets negatifs, il faut 'etre pret a
vivre avec les consequences de cc choix. Supprimer la concurrence entre les marques et faire de
chacune d'entre elles un monopole est une voie
hasardeuse a ne pas suivre. Et de noter encore
que Tune des raisons de la cherte en Suisse
reside aussi dans le «duopole amical» de Migros
et Coop, qui s'arrangent pour eviter la concurrence au niveau des prix.
Pour Reto Corazza, president de la COMCO,
les entrcprises devraient informer de maniere
plus transparente sur leurs coüts. Ei donc
«communiquer que Nivea, c'est beaucoup de
marketing et de service, et aussi un peu de
creme». Silvio Borner est dun autre avis: «Il
nest pas necessaire d'argumenter avec les coüts
et de se justifier. Il y a un marche ou il n'y en a
pas».
La «Promarca Brand of the year 2015» a par ailleurs ete designee pour la premiere fois lors de
la cette «Journee de la marque» a Berne. Sur la
base dun sondage representatif et dune analyse des medias, 540 marques (dont 127 d'entreprises membres de Promarca) de 20 nations ont
ete analysees dans le cadre de l'etude «brand
predictor» de l'agence publicitaire Havas. En
Suisse, Nespresso arrive clairement premiere,
devant Lindt, Zweifel, Cailler, Emmi, Calfe
Latte, Ricola, Thomy, Toblerone et Rivella. rw
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