Reue bedeutet, zur umgekehrten Perspektive der Ikonen

Der aktuelle Text
Heinrich Michael Knechten
Der geistliche Vater
»So habt ihr doch nicht viele Väter« (1 Kor 4,15)
Studien zur russischen Spiritualität XV, 2015, Seite 60.93.
Reue bedeutet, zur umgekehrten Perspektive der Ikonen zu gelangen.
Diese Aussage Sofronijs erfordert eine Erklärung. Im Florenz der
Renaissance wurden die Gesetze der Zentralperspektive erstmals konsequent angewandt. Diese Darstellungsweise ging aus der Kulissenmalerei der Theater hervor und täuscht eine Illusion vor, während die so
genannte umgekehrte Perspektive der Ikonen die Ralität darstellt. Die
Zentralperspektive ist für ein uneinheitliches Bewußtsein chrarakteristisch, während die so genannte umgekehrte Perspektive der Ikonen
eine Synthese der Welt gibt. Bei der Zentralperspektive liegt der Augenpunkt beim Betrachter, während die dargestellte Person der Ikone
den Betrachter anschaut und ein symbolischer Austausch zwischen
Urbild und Abbild möglich wird. Der Mensch wurde ja als Abbild Gottes erschaffen (Gen 1,26) ...
Als Sofronij durch ein Geschenk von oben das Prinzip der Person im
göttlichen Sein erkannte, änderte sich alles und geriet in die umgekehrte Perspektive: Die menschliche Person wurde als Möglichkeit,
nicht als Verwirklichung erschaffen. Durch die Beobachtung der Gebote des Evangeliums realisiert der Mensch seine personenhafte
Gottähnlichkeit.