HAZ, vom 01 09 2005 Die Tiere in unserer Heimat Eine Serie in Ihrer Heimatzeitung, Folge 12 Reptilien „fahren“ aus der Haut Schlangen und Eidechsen gehören zu den Reptilien. Ihr auffälliges äußeres Merkmal ist die Haut. Anders als viele Menschen annehmen, ist sie nicht feucht und glitschig. Der gesamte Körper ist von einer trockenen Hornschicht bedeckt. Außer bei Krokodilen und Schildkröten wächst sie nicht mit. Wenn Schlangen und Ei- Heute: Schlangen, Eidechsen und Feuersalamander VON SANDHYA WILDE-GUPTA UND HEIKO LOSSIE Sie ekeln sich vor allem, was auf dem Boden kriecht? Dann sollten Sie trotzdem weiterlesen. Wir stellen Ihnen faszinierende Geschöpfe vor. Diese Schlangen, Feuersalamander und Eidechsen leben in den Mooren und Wäldern vor Ih- rer Haustür. Viele der Arten sind bedroht. Dennoch ist die Gegend im Norden und Osten der Region eine der wenigen, wo Reptilien in dieser Vielfalt noch vorkommen. Giftiger Film schützt Amphibien Salamander sind Amphibien. Sie brauchen sowohl das Land wie auch das Wasser als Lebensraum. Über ihre Haut nehmen Amphibien nicht nur Feuchtigkeit, sondern auch Sauerstoff auf. Ihre Haut funktioniert gewissermaßen wie eine große Lunge. Manche Kreuzotter Ringelnatter Schlingnatter Blindschleiche Zauneidechse Waldeidechse Wird 12 bis 18 Zentimeter lang Die Waldeidechse ist die häufigste Eidechse in Mitteleuropa. Sie ist überwiegend bräunlich gefärbt – eine gute Tarnung gegen ihre Feinde. Der Rücken der Waldeidechse ist mittelbraun und weist mehrere weiße und dunkle Streifen sowie Flecken auf. Das Weibchen ist an ihrem Bauch zitronengelb, das Männchen am Bauch hingegen eher Orange gefärbt und hat mehrere dunkle Flecken. Wie die anderen Eidechsen können auch die Waldeidechsen bei Gefahr ihren Schwanz abwerfen. Die Waldeidechsen lieben feuchte Biotope, Gras, Moor und Waldlichtungen. Vor allem Spinnen und Insekten, die am Boden leben, stehen auf ihrem Speiseplan. Waldeidechsen gebären fünf bis acht Junge. Wird 60 bis 75 Zentimeter lang Wird bis zu 1,5 Meter lang Wird 60 bis 70 Zentimeter lang Wird 30 bis 40 Zentimeter lang Wird 20 bis 27 Zentimeter lang Vorsicht Kreuzotter! Sie ist die einzige Schlange in unserem Verbreitungsgebiet, die giftig ist. Ihre aufstellbaren, röhrenförmigen Giftzähne kennzeichnen sie als Viper. Doch keine Panik: Kreuzottern greifen nur an, wenn sie sich bedroht fühlen. Außerdem ist die Chance, einer zu begegnen, sehr gering: Durch Trockenlegung und Verbuschung vieler Moore gehen ihre Bestände stark zurück. So ist sie auch im Norden und Osten der Region gefährdet. Zu erkennen sind die Giftschlangen an ihren schlitzförmigen Pupillen und dem gezackten Band auf dem Rücken. Echte Raritäten sind die tiefschwarzen Kreuzottern. Weil sie auf Menschen so bedrohlich wirkt, heißt sie im Volksmund „Höllenotter“. Die stahlgraue Schlange ist der Riese unter den Reptilien dieser Region. Die besonders großen Exemplare sind meist Weibchen. Sie können bis zu zweieinhalbmal so viel wiegen wie die männlichen Tiere. Ringelnattern legen manchmal lange Strecken zurück. Bei ihren Wanderungen verirren sie sich manchmal in Gärten, wo sie in Komposthaufen ein warmes Plätzchen suchen. Doch keine Angst: Die Schlange hat keine Giftzähne und kann dem Menschen nicht gefährlich werden. Früher war die Ringelnatter in dieser Gegend von allen Schlangen am häufigsten zu finden. Heute ist sie durch die Trockenlegung der Moore am meisten bedroht und steht wie alle hier beschriebenen Tiere unter Schutz. Die Schlingnatter ist der Würger unter den heimischen Schlangen. Sie hat keine Giftzähne. Ihre Waffe sind ihre Muskeln. Hat sie eine Eidechse oder auch eine andere Schlange aufgespürt, erwürgt die Schlingnatter das Tier. Anders als die Kreuzotter, mit der Menschen sie oft verwechseln, ist die Schlingnatter sehr aktiv. Sie wartet nicht, bis ein Beutetier vorbeikommt, sondern verfolgt ihre Opfer zuweilen über lange Strecken bis in unterirdische Höhlen hinein. Weil sie wie alle Schlangen nicht gut sieht, nimmt sie bei der Verfolgung mit ihrer herausgestreckten Zunge immer wieder den Duft ihrer Beute auf. Schlingnattern lieben es trocken. Von der Entwässerung der Moore hat das Reptil deshalb profitiert. Sie sieht aus wie eine Schlange, ist aber keine. Biologisch ist sie eine Eidechse ohne Beine. Äußerlich unterscheidet sich die Echse von den Schlangen nur durch ein einziges Detail: Sie hat bewegliche Augenlider und deshalb nicht den starren Blick der Schlangen. Anders als oft angenommen, sind Blindschleichen keineswegs blind. Ihre Bezeichnung leitet sich von ihrer Haut ab, die im Sonnenlicht stark glänzt und blendet. Nähert sich der Blindschleiche ein Feind, wirft sie den hinteren Teil ihres Schwanzes ab, um den Gegner abzulenken. Innerhalb weniger Wochen wächst der Schwanz wieder nach. Die Blindschleiche ist stark gefährdet. Dabei lohnt es sich, das Tier zu erhalten: Es ist ein hervorragender Schädlingsbekämpfer. Die Zauneidechse ist ein streitsüchtiger Artgenosse. Während der Paarung im Frühjahr sind heftige Beißereien unter den Männchen zu beobachten. Die Zauneidechse bewohnt vor allem sandige Böden, in die sie ihre Eier ablegt. Unter den in Norddeutschland zu findenden Reptilien ist sie zusammen mit der Ringelnatter die einzige eierlegende Art – alle anderen Arten gebären bereits fertige Junge. Die Zauneidechse ist im Norden der Region, in den verbleibenden Heidegebieten sowie in den lichten Kiefernforsten bei Fuhrberg zu finden. Auch bei Burgdorf und Uetze mit den dort vorherrschenden Sandböden lebt sie. Normalerweise haben die Tiere eine bräunliche Farbe. Zur Paarung tragen die Männchen ein leuchtend grünes „Hochzeitskleid“. dechsen größer werden, müssen sie daher in Abständen das zu klein gewordene „Hemd“ abstreifen. Reptilien können über ihre Haut weder atmen noch Wasser aufnehmen oder ausschwitzen. Dank dieses Verdunstungsschutzes können einige Arten auch in extrem heißen und trockenen Gegenden existieren. Amphibien wie etwa der Feuersalamander sind von einer glitschigen Schleimschicht überzogen. Der Film enthält giftige Substanzen. Sie töten Pilze und Bakterien ab, die sich auf der Haut sonst ansiedeln und dem Tier schaden würden. Unser Fachmann für die Reptilien MYTHOS SCHLANGE Ihr Kuss macht treu STICHWORT Kreuzotter-Gift Layout: Sabine Erdbrink Fotos: Erhard Hartmann • • • • • • • Schlangenbewegungen Sein Blut wird zu Gold Grafik: Bulls Pressedienst Keine Panik, wenn Sie von einer Kreuzotter gebissen werden! Das ist normalerweise nicht lebensgefährlich. Nur selten sind Menschen an ihrem Gift gestorben. Allerdings ist es wichtig, ein paar Regeln zu befolgen, damit der Biss auch wirklich glimpflich ausgeht. Nicht immer verspritzt die Kreuzotter ihr Gift. Weil es sie sehr viel Energie kostet, das Sekret herzustellen, geht sie sehr sparsam damit um. Ob der Biss giftig war oder nicht, spüren Sie schnell: An der Biss-Stelle gerinnt das Blut sofort, die Wunde schmerzt stark. Übelkeit und Kreislaufprobleme können auftreten. Das verletzte Körperteil schwillt an und bekommt blaue Flecken. Ruhe bewahren! Gehen Sie nicht in die pralle Sonne, damit der Kreislauf nicht strapaziert wird. Trinken Sie keinen Alkohol. Das belastet nur zusätzlich den Binden Sie das Körperglied Organismus. oberhalb der Biss-Stelle ab. Danach schnell zum Arzt. Nur in Ausnahmefällen spritzt er ein Gegengift. Meist klingen die Symptome nach einigen Tagen ab. Furcht und Abscheu vor Schlangen haben eine lange Geschichte. Das Christentum machte die Schlange mit seiner Schöpfungsgeschichte zum Inbegriff der Sünde und der Hinterlist. Kein Wunder also, dass die Schlange auch außerhalb kirchlicher Lehren mit Vorurteilen belastet ist. So glaubten die Menschen über Jahrhunderte, dass eine erschlagene Kreuzotter erst nach Sonnenuntergang richtig tot sei und dass der abgeschlagene Kopf des Tieres den Täter anspringen und beißen könnte. Eine andere Legende besagt, dass aus einer in zwei Stücke geschlagenen Kreuzotter 15 neue entstehen. Der alte Volksglaube schrieb der Kreuzotter aber auch positive Eigenschaften zu: Eine im Tontopf unter der Stalltür vergrabene Kreuzotter galt als Schutz vor Viehkrankheiten. Eine andere Legende verspricht dem Mann eine ewig treue Frau. Ihm musste es nur gelingen, die Zunge seiner Angebeteten mit der einer Kreuzotter in Berührung zu bringen. MYTHOS FEUERSALAMANDER In Portugal leben Feuersalamander gefährlich. Obwohl sie unter Schutz stehen, erschlagen viele Portugiesen die Tiere, weil sie in ihnen das Böse sehen. Diese Vorstellung hat eine alte Tradition: Für die antiken Philosophen Plinius (23 - 79 n. Chr.) und Aristoteles (384 322 v. Chr.) waren Feuersalamander die gefährlichsten Geschöpfe der Welt. Sie glaubten, dass Salamander die Obstbäume vergiften und so auch die Menschen. Ganze Völker sollten sie auf diese Weise vernichten können. Chinesische Kaiser ließen tote Feuersalamander in ihre Mäntel einnähen. Die Tiere sollten sie so vor Feuer schützen. Alchimisten des Mittelalters hatten die Theorie, dass sie aus Feuersalamandern Gold gewinnen können. Dazu schlitzten sie die Tiere auf und ließen sie über Feuer austropfen. Das erhoffte Resultat blieb natürlich aus. Im Norden und Osten der Region ist der Feuersalamander ausgestorben. Nur ganz selten gibt es noch Einzelfunde, die Herkunft dieser Tiere ist aber ungeklärt – vermutlich handelt es sich um ausgesetzte Exemplare. Im Deister ist der Feuersalamander noch öfter zu finden, auch dort ist die Population aber bedroht. Der Diplom-Biologe Uwe Manzke (42) aus Hannover ist Fachmann für Reptilien und Amphibien in der Region. Seit mehr als 25 Jahren setzt er sich für den Naturschutz ein und arbeitet beispielsweise bei Artenschutzprojekten mit den Nabu-Ortsgruppen der Region zusammen. Manzke hat Ihre Heimatzeitung bei dieser Serie wissenschaftlich beraten, die Stichpunkte ergänzt und geholfen, die Details in der Grafik über die Verbreitungsgebiete der Tiere zusammenzutragen. Mehr über ein Projekt Manzkes unter www.laubfrosch-hannover.de. Uwe Manzke
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