Medizin mit roter Nase

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Medizin mit roter Nase
Eine Gesundheitsclownin bringt auch in der Kirche die Menschen zum Lachen
Katrin Nolte in ihrer Arbeitsmontur als Clownin Frieda. In Krankenhäusern lenkt sie Kinder und Eltern von der Realität ab und zaubert ein Lächeln auf die Gesichter der kleinen und großen Patienten.
Fotos: Nicole Elß
Von Nicole Elß
Gera. Mit roter Nase und rotem
Hut bringt Clownin Frieda Abwechslung und gute Laune an die
Betten kranker Kinder. Doch auch
in Kirchen ist sie ein gern gesehener Gast.
Es ist Dienstagnachmittag halb drei.
Katrin Nolte ist auf dem Weg zur
Kinderstation des Waldklinikums
Gera. Menschen, die ihr begegnen,
lächeln im Fahrstuhl und auf den
Gängen. Der rote Hut auf ihrem
Kopf lässt erahnen warum. Katrin
Nolte ist eine Clownin.
Im Schwesternzimmer tauscht
sie ihre braune Hose gegen eine
knallbunte und darüber trägt sie ein
grünes Röckchen. „Das ist meine
Frühlingshose“, erzählt Katrin Nolte, während sie ihr Gesicht bemalt
und in die Rolle der Frieda schlüpft.
Jetzt geht es los. Mit dem orangen
Koffer in der Hand, der roten Nase
und dem Hut in derselben Farbe,
bimmelt sie leise mit Glöckchen
an den Schuhen über den Gang
der Kinderstation. „Heute ist nicht
viel los. Es sind ja Ferien“, ruft eine
Schwester am anderen Ende des
Ganges. Zwei Mal im Monat kommt
Frieda hier nach Gera, um den
kleinen Patienten den Aufenthalt zu
versüßen. Wenn Frieda an eine der
Türen klopft, weiß sie nie, wen sie
dort antrifft und in welcher Situation sie gleich den Clown spielen
wird.
sind doch was für kleine Kinder“,
meint der Ältere. Doch schon
sitzt sie am Bett des anderen. So
kommen sie ins Gespräch, spielen
Rätselraten und machen Witze. Am
Ende des Besuchs wühlt Frieda aus
dem Koffer einen Luftballon und
zaubert einen Papagei daraus. An
diesem Nachmittag klopft sie noch
mehrmals an die Tür der beiden
Jungen, um sie aus der Reserve zu
locken.
Über einen Clown freuen sich
Kinder und Eltern
Im ersten Krankenzimmer liegen
zwei Jungen, 15 und 10 Jahren alt.
Verdutzt schauen sie Frieda an.
Damit haben sie nicht gerechnet.
„Hallo, ich bin die Frieda, darf ich
reinkommen?“ Ohne eine Antwort
abzuwarten, steht sie keck mitten
im Zimmer und schaukelt kindisch
verlegen den Koffer hin und her.
Die Jungen schauen erwartungsvoll
auf Frieda. „Ich bin heute Besuch,
mögt ihr Besuch?“ Die beiden bejahen etwas verlegen, denn: „Clowns
Frieda klopft an viele Türen.
Hinter jeder Tür findet Frieda
eine neue Geschichte, eine andere
Situation, auf die sie sich einlässt
und darauf sehr sensibel reagiert.
Im Nachbarzimmer liegt die kleine
Paula, gerade acht Monate alt, mit
hohem Fieber. Es geht ihr nicht gut,
ihre Mama sieht besorgt aus. Frieda
bewegt sich ganz behutsam, lässt
leise schöne Seifenblasen für Paula
und ihre Mama aufsteigen. Lachen
ist hier schwer, aber einen kurzen
Moment des Staunens hinterlässt
Frieda, bevor sie die nächsten Patienten besuchen wird.
So verzaubert sie an diesem
Nachmittag mit Leichtigkeit und
Lachen die Atmosphäre des Krankenhausalltags. Von Tür zu Tür geht
Frieda, schenkt Colin einen Hut mit
Äffchen aus Luftballons, lässt Jenny
durch eine Postkarte steigen und
treibt ihren Schabernack auch mit
Eltern und Freunden der Patienten.
Kein Kind wird vergessen, auch
nicht, wenn sie in den Isolierzimmern liegen. „Wenn es sein muss,
macht sie die Späße auch durch das
Fenster der Tür“, erzählt eine der
Kinderkrankenschwestern. „Noch
tagelang schwärmen die Kinder
von der Clownin Frieda und ihren
Luftballons. Das ist eine tolle Sache,
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sie werden abgelenkt und
vergessen die Krankheiten und
den Alltag auf Station. Auch
die Mütter sind oft angetan von
Frieda, wenn sie ihre Kinder
lachen sehen. Die Luftballons,
welche sie in Äffchen, Herzen
oder Bioblumen verknotet, sind
sehr beliebt.“
Frieda alias Katrin Nolte,
schenkt den Kindern nicht nur
die tollen Luftballons, sondern
ist mit Herz und Seele bei ihrer
Arbeit. Mit einer Mischung aus
naiver Tollpatschigkeit und
gezielter Dreistigkeit zaubert
sie ohne Berührungsängste
den Menschen ein Lachen in
die Seele. Das plötzlich Unerwartete bringt den Betrachter
des Clowns zum Lachen. Das
Verhalten des Clowns widerspiegelt oft das Empfinden der
Zuschauer. „Die Leute lachen
darüber, was sie selbst anspricht: „ach ja, genau“, über
das, was sie selbst von sich
wiedererkennen, ihre eigenen
Zwänge und ihr Verhalten.“,
erklärt Nolte.
Ein langer Weg zur
Clownerie
Katrin Nolte, aus Halle an
der Saale stammend, kam
ursprünglich nach Erfurt, um
Landschaftsarchitektur zu
studieren. Richtig glücklich
machte sie dieser Beruf nicht.
Zur Clownerie kam sie durch
Zufall. Ein Artikel über einen
Klinikclown in einer Zeitschrift,
die sie eigentlich verschenken
wollte, ließ sie nicht mehr los
und als Katrin Nolte im Herbst
2004 bei einem Theaterworkshop die rote Nase aufsetzte,
entdeckte sie ihre Clownseele.
Mit Abschluss der Clownschule
Katrin Nolte und die rote Nase:
ein gutes Team!
in Konstanz nannte sie sich
Gesundheitsclown® und bringt
seitdem deutschlandweit
kranke, alte und behinderte
Menschen zum Schmunzeln
und zum Lachen. Auch für sterbende Menschen in der Hospizarbeit engagiert sie sich als
Begleitung. „Diese Zeitschrift
habe ich übrigens noch immer.“, erzählt Nolte und lacht.
Für sie ist Clown-sein, mehr
als nur ein Beruf. „Mit der
roten Nase im Gesicht tauche
Mit ihren
Luftballonkreationen
hat Frieda
schon vielen Kindern
eine Freude
gemacht.
ich in eine andere Welt, sie
gibt mir die Freiheit, die mich
machen lässt, was ich will.“
Katrin Nolte erlebt man als
eine ruhige und ausgeglichene
Person, nachdenklich und
zurückhaltend. Wer aber Frieda
erlebt, entdeckt eine Figur, die
allen Emotionen Raum in der
Performance gibt. Sie bringt die
Menschen zum Lachen auch
über sich selbst, sogar in der
Kirche.
Erst spät, mit 25 Jahren, fand
Nolte den eigenen Weg zum
Glauben und ließ sich im Jahr
2000 taufen. Das prägt auch ihr
Bühnenprogramm. Seit 2008
spielt Nolte immer wieder auch
in Kirchen und Gemeinden
eines ihrer Clowntheaterstücke:
„Nur ein bisschen warten“- ein
Stück auf der Suche nach Gott.
Weil Frieda eine Frage an Gott
hat, ist sie auf der Suche nach
ihm. Nur fündig wird sie nicht.
So schreibt sie an Gott einen
Brief gen Himmel. Während sie
geduldig auf die Antwort wartet, erleben Frieda und das Publikum eine Zeit voller Farben,
eingebunden in drei biblische
Textstellen, welche die Nähe
Gottes und seine Gegenwart
anschaulich machen. Am Ende
bekommt Frieda eine Antwort,
ganz anders als erwartet und
umschließt ihr Publikum mit
einem Band, das die Menschen
und Gott verbindet.
„Ich finde es auch überhaupt
nicht langweilig, das Stück
immer und immer wieder zu
spielen. Im Gegenteil, ich habe
jetzt das Bewusstsein und den
Ansporn, hinter dem zu stehen,
was ich auf der Bühne bringe.
Es ist mir wichtig, dass es mit
mir, Katrin, zu tun hat, dass
es meine Überzeugung ist“,
erzählt Nolte. Damit zeigt sie,
dass man mit Clownerie auch
Ernsthaftigkeit und Tiefe zum
Klingen bringen kann und
Clowns, Lachen und Kirchen
zusammenpassen.
Mehr Leichtigkeit spiegelt
sich für Frieda jedoch in der
Performance als Klinikclown
wider. Freude hat sie an all
ihren Acts und bis zum letzten
Krankenzimmer verbreitet
sie gute Laune. Mittlerweile
ist es gegen sieben Uhr am
Abend und bevor Frieda in
Richtung Schwesternzimmer
verschwindet, besucht sie die
letzte Patientin für heute. Josie
ist 15 Jahre alt, sie sieht blass
aus. Ihre Mutter sitzt am Bett.
Frieda schenkt ihr ein Herz aus
Luftballons und Josie freut sich
sehr. „Schön,“, findet die Mutter, dass „ mein Kind seit langer
Zeit mal wieder lacht.“
In zwei Wochen ist Katrin
Nolte wieder hier, mit ihrem
orangen Koffer, roter Nase und
dem Hut.
Programmhinweis
Auf Festen, in Krankenhäusern,
Altersheimen, zu Kirchentagen
oder zu Kinder- und Gemeindefesten trifft man Frieda an. Die
nächsten Briefe schreibt Frieda
am 29. Juni zum Gemeindefest
der evangelischen Reglergemeinde in Erfurt und am 29.
Juli zum Gemeindefest der
evang. Thomasgemeinde am 6.
Juli.
Weitere Informationen unter:
www.clownin-frieda.de