Fokus Chefbüro

42
einblicke
Fokus
Dr.-Ing. Kai Richter
Dr.-Ing. Kai Richter hat eine ungewöhnliche
Methode, um sich zwischendurch zu entspannen: Neben dem Schreibtisch steht ein Unimog
aus Lego, mit Bagger und Kompressor. »Den
nutze ich zur Zerstreuung. Manchmal bringt
mich das auf neue Ideen«, erzählt der Geschäftsführer der Symtavision GmbH. Als Kind hat er
viel gebaut: »Die Legotechnik hat mich angefixt
in Richtung Ingenieur.« Seit zehn Jahren führt
er nun gemeinsam mit Dr.-Ing. Marek Jersak
sein eigenes Unternehmen. Die Tools und Services ermöglichen eine schnelle Plattformentwicklung, Timinganalyse und Integration von
Echtzeit- und sicherheitskritischen Steuergerä-
»Zum Kundenkreis
­gehören die weltgrößten
­Autohersteller«
ten, Netzwerken und Systemen. Zu den Kunden gehören die »Big 4«, die vier weltgrößten
Autohersteller. »Neben der Arbeit für Toyota,
Volkswagen und General Motors starten wir
nun endlich auch in Südkorea mit einem großen
Projekt«, berichtet der gebürtige Northeimer.
Kai Richter ist bekannt für individuellen Stil,
zum Beispiel für seine besondere Frisur mit
wirtschaft 5/2015
Rasta-Zöpfen. »Das ist ein Markenzeichen«, sagt
er lachend. »Neben der Geschäftsführung ist
mein Bereich ja die Technologie, da passt das
ganz gut.« Anzug und Schlips trägt er bei der
Arbeit selten. »Aber ich kann beides. Ich fühle
mich auch im Anzug wohl, wenn es passt.« Statussymbole sind ihm nicht wichtig. »Ach doch,
eines habe ich: die Bahncard First.«
»Getting Things Done«
Sein Büro im ARTmax ist funktionell eingerichtet. »Vor allem brauche ich eine große Wand,
auf die ich Poster hängen und etwas malen
kann. In den effektiven Phasen laufe ich hier auf
und ab, mit verschiedenfarbigen Stiften in der
Hand.« In dieser Zeit und wenn er telefoniert,
ist die Tür geschlossen. Ansonsten steht das
Chefbüro offen. »Es kann jeder reinkommen.
Das habe ich lange unbewusst gemacht. Jetzt
mache ich es bewusst. Das fühlt sich gleich viel
besser an.«
Ihm ist es wichtig, kein abgehobener, entrückter Chef zu sein. »Wichtig ist, dass man immer
Leute hat, die einem die wichtigen Fragen
stellen, die auch mal wehtun können. Die darf
man sich auch selbst ausdenken. Wir haben
hier einige sehr scharfe Beobachter. Die bitte
ich regelmäßig um ihr Urteil. Gerade erst hat
mir ein Kollege wieder einmal ein Fachbuch
empfohlen: ›Getting Things Done: The Art of
Stress-Free Productivity‹ von David Allen.«
Jeder der 25 Mitarbeiter ist auch aufgefordert,
strategisch mitzudenken und auf etwaige Fehler
hinzuweisen, so Kai Richter. »Es gibt natürlich
eine Gruppe von Hauptgeigern, die das Ganze
trägt, vorangeht und Inspirationen gibt. Aber ich
wünsche mir eine Unternehmenskultur, in der
jeder strategisch mitarbeitet. Das ist allerdings
nicht immer leicht.«
Das Tagesgeschäft von Symtavision sind Echtzeitsysteme für die Kommunikation im Auto,
aktuell zum Beispiel auch für den Golf VIII.
Moderne Autos verfügen heute über eine Vielzahl elektronischer Systeme, die miteinander
vernetzt sind. Damit alle Steuergeräte zuverlässig und in Echtzeit funktionieren, bietet das
Unternehmen Software-Werkzeuge an, mit
denen das Zusammenspiel der Systeme exakt
analysiert und optimiert werden kann. 2008
wurde Symtavision – eine Ausgründung aus
der TU Braunschweig – dafür mit dem Technologietransferpreis der IHK ausgezeichnet.
Bei der Preisverleihung berichtete Kai Richter,
dass es im Golf 50 Steuerungssysteme gibt.
Sind es inzwischen noch mehr geworden? »Ja«,
antwortet er, »aber die Zahl stagniert nun. Die
Leistungsfähigkeit der Steuerungssysteme steigt
sehr stark. Das führt zu zwei Trends: der Anbin-
43
Chefbüro
dung des Kommunikationsstandards Ethernet
an Echtzeitsysteme sowie Mehrkern-Prozessoren. Damit können mehr Daten ausgetauscht
werden.«
Bereits vor zehn Jahren sagte Kai Richter voraus,
dass sich die Branche rasant entwickeln wird.
So kam es. »Unklar war, wann es ein tragfähiges
Businessmodell wird. Das ist inzwischen soweit.
Beim Unternehmensstart hatten wir weltweit
keinen maßgeblichen Wettbewerber. Heute gibt
es ein paar Firmen, die Ähnliches machen wie
wir. Im Gesamtmarkt gewinnt das Thema an
Bedeutung.«
»Der Business-Campus
im ARTmax strahlt richtig
­Spirit aus«
Zurück ins Büro, zu dem er häufig mit dem
Fahrrad fährt. Der Standort ARTmax hat was
von einem kleinen Business-Campus: »Der
strahlt richtig Spirit aus.« Im Büro vermisst er
nur eines: den Blick aufs Wetter. »Aber ich habe
einen rund 400 Quadratmeter großen Klein­
garten, da kann ich das nachholen«, erzählt er.
Der Unimog aus Lego ist nicht nur ein Hin­
gucker, sondern sorgt auch für Inspirationen.
»Meine Frau baut Gemüse an, ich übernehme
die Erdarbeiten und baue Häuser und fernbedienbare Bewässerungsanlagen.« Was hat er
außerdem für Hobbys? »Ich grille gern, ich bin
auf der Suche nach dem perfekten Steak. Im
»Doktorhut mit
­Pyrotechnik«
Urlaub bewandern wir gern Vulkane in fremden
Ländern. Meine Frau ist sehr interessiert an
Geologie. Es gibt einen unerschöpflichen Vorrat
an noch zu bereisenden Zielen.« Fotos der Rei-
Das Markenzeichen von Dr. Kai Richter ist
seine Frisur mit den Rasta-Zöpfen. In seinem
Büro auf dem Business-Campus im ARTmax
fühlt er sich wohl.
Fotos: Peter Pohl
sen gibt es im Büro nicht, auch keine anderen
Fotos; dafür den Doktorhut von Kai Richter.
Der sorgt auch für viel Gesprächsstoff: »Die
Doktorhüte des Fachbereichs Elektrotechnik
haben immer verschiedene elektromechanische
Effekte. Meiner hat sogar Pyrotechnik.« Zur TU
Braunschweig hat er nach wie vor guten Kontakt. Regelmäßig gibt es gemeinsame Projekte.
»Der nachhaltige Technologietransfer wird
weiterhin gepflegt.«