Wilhelm Busch was ihn betrifft

KUNST UND: SOZIALES
Kunstvermittlung
für Kindergarten bis Oberstufe
Verkehrte Welt?
Für weiterführende Schulen
Neben allen »Schreckensszenen« transportiert der
Struwwelpeter auch Sehnsuchtsbilder von (revolutionärer) Gerechtigkeit. Etwa, wenn der Hund, eben noch
vom bösen Friederich geprügelt, nun an dessen Tisch
sitzt und tafelt. Für einen kostbaren Moment hat er
sogar den Platz seines bösen Herrchens eingenommen.
Auch wenn er mit unübersehbarer proletarischer Direktheit vom Teller frisst, hat er doch zum Symbol seines Sieges die Serviette der Mächtigen umgebunden
»Aß auch die gute Leberwurst / Und trank den Wein
für seinen Durst.« Hoffmann hat ein echtes Herz für
diskriminierte Minderheiten. Es gibt die Geschichte
vom großen Nikolaus, der die Buben dafür straft, den
Mohr ausgelacht zu haben; es gibt das Häschen, das
dem Jäger die Flinte entwendet und damit der Jägersfrau die Tasse zerschießt.
Solche Szenen geben Informationen zu sozialen Aspekten und genügend Anlass, darüber zu diskutieren.
KREATIVTEIL
PREISE
Führung
Themen und Überblicksführungen bis
max. 30 Personen; Gesamtdauer 60 Minuten 2 € pro
Kind, SchülerIn, Begleitperson.
Besonderes Angebot
Gerne können sie bereits ab 9 Uhr mit Ihrer Gruppe in
die Kunsthalle Würth kommen.
Comic
Alle Aktivitäten der Kunsthalle Würth sind
Projekte der Adolf Würth GmbH & Co. KG.
Wir erstellen auf der Grundlage von
Fotografien oder Abbildungen unsere eigenen Karikaturen.
Sowie weitere Kreativteile!
Die Kunsthalle Würth
in Kooperation mit dem
Museum Wilhelm Busch –
Deutsches Museum für
Karikatur & Zeichenkunst
Führung mit kreativem Arbeiten im Kunstatelier bis
max. 30 Personen;
Gesamtdauer: 120 Minuten 70 €
Gruppen im Kindergartenalter werden bereits ab einer
Größe von 20 Personen geteilt.
Wir freuen uns auf Ihren Besuch!
Karikatur
Max und Moritz treffen Struwwelpeter
Führung mit praktischer Kunstvermittlung
Unsere MuseumspädagogInnen leiten zu einem freien
und kreativen Umgang mit den neu gewonnenen
Erfahrungen an. Die Angebote werden inhalts- und
altersgerecht an die jeweilige Gruppe angepasst.
Es werden über Vorlagen Comics auseinandergenommen und neu zusammengesetzt, Sprechblasen mit anderen Inhalten formuliert oder selbst gleich von Grund
auf eigene Bildergeschichten entwickelt.
Wilhelm Busch
was ihn betrifft
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Kunsthalle Würth, Schwäbisch Hall
23.1.–18.9.2016
Wilhelm Busch, dem großen Humoristen, Zeichner und
Verseschmied sowie Erfinder der berühmten Lausbuben Max und Moritz, widmet die Kunsthalle Würth eine
umfassende Ausstellung. Mit von der Partie ist Heinrich Hoffmanns Struwwelpeter, dem Busch vieles verdankt. Beide Bücher erfuhren weltweite Rezeption und
werden in ihren Urschriften und zahlreichen Buchausgaben gezeigt, die von der historischen Erstausgabe bis
zur neuesten Edition reichen. Damit steht die Bildergeschichte des 19. Jahrhunderts, ein Vorläufer des Comics, wie wir ihn heute kennen, im Zentrum der
Ausstellung.
Darüber hinaus wird anhand von Gemälden, Zeichnungen und Dokumenten ein Gesamtbild des Künstlers und Menschen Wilhelm Busch vermittelt.
Unsere Angebote laden grundsätzlich zur lebendigen
Auseinandersetzung mit originalen Kunstwerken ein.
Dialogische Werkbetrachtungen vor den Originalen
und Aktivitäten zum Nachvollziehen, Mitmachen und
Selbermachen bieten jedem Alter einen innovativen
und erlebnisreichen Zugang zur Kunst, vom Kindergarten bis zur Oberstufe. In dieser speziellen Ausstellung
zu Wilhelm Busch wird außerdem eine Sensibilisierung
für die zeithistorischen Umstände des 19. Jahrhunderts
erreicht.
Mit dem vielfältigen Angebot möchten wir Ihre Neugier auf unsere Ausstellung wecken und aufzeigen, dass
auch fächerübergreifendes Betrachten der Kunstwerke
eine Bereicherung des Unterrichts darstellen kann.
Denn neben dem Fach Kunst sind auch LehrerInnen
und SchülerInnen der Fächer Deutsch, Geschichte,
Ethik, MeNuK, MSG und WZG eingeladen, die Werke
der Ausstellung im Kontext ihrer Themenstellungen zu
entdecken.
Sofern nicht anders angegeben, sind die Programme altersunabhängig und können individuell auf Ihre aktuellen Unterrichtsinhalte abgestimmt werden. Zudem
gehen wir gerne auf Ihre Wünsche ein. Sprechen Sie
uns an! Selbstverständlich dürfen Sie auch ohne konkreten Themenwunsch kommen. Unsere erfahrenen
MuseumspädagogInnen stellen für Sie und Ihre
Gruppe einen ansprechenden Gang durch die Ausstellung zusammen.
KUNST UND: KUNST
Dich mal richtig hin« usw. Struwwelpeter, dieser alte,
durchaus umstrittene Klassiker der Kinderliteratur,
bietet schon Vorschulkindern die Chance, eigene Erfahrungen und Konflikte – von Aggression über Essenskonflikte bis zu Tagträumerei – anzusprechen und
zu bearbeiten. Mit Hilfe kreativer Methoden versuchen
wir spielerisch die verschiedenen Inhalte der Szenen
der Ausstellung zu erschließen. Im kreativ-praktischen
Teil werden die so gewonnenen Eindrücke (z. B. im
Stegreiftheater) verarbeitet.
Lustige Bildergeschichten
Für Kindergarten und Grundschule
Hast Du Dir schon einmal einen Comic angeschaut? Sprechund Denkblasen oder Körperhaltung, Gestik, Mimik verraten dort, was die Figuren sagen, denken, fühlen. Wenn
Du noch nicht lesen kannst, macht das gar nichts, denn
wir nehmen auch ohne Worte gut wahr, was Sache ist.
Wilhelm Busch macht es uns leicht mit seinen ausdrucksstarken, klar umrissenen Darstellungen.
Wir tauchen ein in miniaturartige Szenen und erleben
comichafte Darstellungstechniken. Indem die Kinder
ihre visuellen Eindrücke sprachlich oder auch nur
akustisch – Bamm, Bautz, Zisch, Krawumm – umsetzen, stärken sie ihre Beobachtungsgabe und ihre
sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten.
Von der Bildergeschichte zum Comic –
Bild und Text in Wechselwirkung
Für weiterführende Schulen
Für seine Geschichten fand Busch stets »zuerst das Bild
und dann das Wort«. Beides müsse »ineinander greifen«. Doch während in den klassischen Bilderbögen
seiner Zeitgenossen jedem Bild ein Textabsatz zur Seite
steht, Bild- und Texthälften also jeweils dieselbe Handlung erzählen und daher auch isoliert verständlich
bleiben, verwebt Busch beide Erzählweisen so, dass sie
– nur noch zusammen – ein Drittes ergeben. Die
Grenze beider Bereiche markieren Laut-»Malereien« im
Text und graphische Metaphern im Bild. Es ist eine
Bildersprache, die die Konventionen seiner Zeit
sprengt und die modernen Sehgewohnheiten des Comics und des Films (Zoom, Totale) vorwegnimmt. In
der Führung erhalten die SchülerInnen Einblick in die
Entwicklung von Bildergeschichten.
Kinderleben im 19. Jahrhundert
Für weiterführende Schulen
Karikatur – Von der Zeichnung
zur Überzeichnung
Für weiterführende Schulen
Karikatur kommentiert Realität sowohl durch einseitige
Betonung als auch durch hemmungslose Veränderung
ganzer Gegebenheiten in einem willkürlich verformten Gegenbild zur Wirklichkeit. Sie wagt
respektlose Überschreitungen und kühne
visuelle Frechheiten; etwa wenn sich im
»Neujahrskonzert« bei Busch das Genie
am Klavier und sein vor Bewunderung
dahinfließender Zuhörer der Musik auf
absurde Weise von Kopf bis in die Zehenspitzen hingeben und sich der Virtuos
beim »Finale Furioso« in die einzelnen Bewegungsphasen auflöst. Für Komik im Text sorgen ReimSprachspiele oder der Wechsel zwischen niedrigem
und hohem Stil.
Mit seinen satirischen Überzeichnungen spricht Busch
auch schon die kindliche Fantasie an. Menschen abstrahiert Busch zu (Stereo-)Typen – durch karikaturistische
Mimik, theatralische Gesten und kühne Perspektiven.
Wie schafft es Busch, seinen Figuren mit wenigen Strichen Charakter zu verleihen? Wann verfremdet er die
Figuren, um bestimmte Merkmale zu unterstreichen?
KUNST UND: GESCHICHTE
»Sieh einmal, hier steht er.
Pfui! Der Struwwelpeter!«
Das Leben der Kinder um 1900
Für Kindergarten und Grundschule
Wir besuchen den Zappelphilipp und seine merkwürdigen Eltern, die gerade bei Tisch sitzen. So streng geht
es ja heute zum Glück nicht mehr zu. Aber bestimmt
kennen viele Kinder trotzdem Kommentare wie
»Träum nicht«, »Wir müssen uns beeilen«, »Jetzt setz
1844 bescherte uns der Frankfurter
Arzt Heinrich Hoffmann unter
dem Pseudonym Reimerich Kinderlieb den Struwwelpeter, das
vielleicht berühmteste, umstrittenste, oft gefürchtete Kinderbuch. Wilhelm Buschs Max
und Moritz haben zweifellos
davon profitiert.
In den Bildergeschichten von
Busch und
Hoffmann lernen wir viel über
das Leben der Kinder
im 19. Jahrhundert: Still
sitzen, geräuschlos essen,
nicht stören, möglichst
unsichtbar sein – heißt es,
wenn sich in Hoffmanns
Struwwelpeter-Inszenierung die bürgerliche Familie um den Esstisch drapiert.
Teller und Besteck, zartes Weinglas, blütenweißes
Tuch. All das muss gegen die Wildheit des Kindes verteidigt werden. Finger aus der Butter! Ellbogen runter!
Mund zu beim Kauen! Man sagt »Bitte«! Und was,
wenn nicht? Auf Unbotmäßigkeit stehen im Struwwelpeter meist drakonische Strafen. Man denke nur an Paulinchen, die mit ihrer Entdeckerlust als Demonstration
bürgerlicher Dressur ausscheidet und das mit dem
Leben büßen muss.
Ausreichend Stoff, um sich in Gesellschaft und Erziehung im 19. Jahrhundert zu vertiefen.
Busch in seiner Zeit – Alltag vor 150 Jahren
Für weiterführende Schulen
Wilhelm Busch
wurde in Goethes
Todesjahr 1832 geboren und starb
1908, im gleichen
Jahr, als das Frauenstudium an allen
deutschen Universitäten eingeführt
wurde. Die erste Jahrhunderthälfte war geprägt von Massenarmut,
in der zweiten brachten
die Industrialisierung und
die rationale Landwirtschaft sowie die Fabrik- und Sozialgesetzgebung sichtbare Fortschritte. »Wer etwas erfahren will vom Geist des deutschen Bürgertums in der
Bismarckzeit, der kann es in den Busch-Alben besser
als in manchen gesellschaftswissenschaftlichen Traktaten«, fand schon der Historiker Golo Mann.
Warum nicht mal eine Geschichtsstunde zum Alltag im
19. Jahrhundert in der Kunsthalle Würth verbringen?
Die Ausstellung lässt uns die Welt entdecken, in der
unsere Vorfahren gelebt haben, und hilft zugleich, unsere eigene Zeit besser zu verstehen.